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Autorenmarketing und Buchmarketing. Teil 2: Mit Mehrwert Aufmerksamkeit gewinnen

der selfpublisher
Cally Stronk
Übersicht über Arten von Mehrwert

Ihr Buch ist bald fertig, Sie sind begeistert – nun muss der Funke nur noch auf die Leser überspringen. Zeit, sich ein paar Gedanken um das Marketing zu machen. Denn als Selfpublisher sind Sie Ihr eigener Verlag und damit Ihre eigene Marketingabteilung. 

Nachdem wir uns in der letzten September-Ausgabe (Heft 11, 03/2018) dem Thema „Marketing und Zielgruppen“ gewidmet hatten, bekam ich Feedback eines Autorenkollegen. Sinngemäß meinte er, dass es für mich als Kinderbuchautorin doch sehr viel einfacher wäre, Marketing mit niedlichen Werbeartikeln und lustigen Lesungen zu machen. Er selbst würde ja gerade an einem schockierenden Thriller schreiben, in dem ein Massenmörder seinen Opfern die Leber entferne. Aus Spaß schrieb er: Was soll ich denn tun? Leberwurst verschicken?
Jetzt mal im Ernst: Er hatte es zwar als Witz gemeint, aber damit voll ins Schwarze getroffen. Einfach ein paar schöne Gläser Leberwurst kaufen (es gibt auch vegane!), neue Etiketten im Stil des Covers drucken, das Buch und ein fies-fröhliches Anschreiben dazulegen und die ideale Marketingpost für Buchhändlerinnen, Blogger und Journalisten ist fertig: schräg, ein wenig makaber, aber auf jeden Fall auffällig. Und vor allem: fototauglich! Denn was ein gutes Foto abgibt, wird auch mit hoher Wahrscheinlichkeit in den sozialen Medien geteilt. Wenn das Buch dazu noch gut ist, erzielt man mit solch einem Werbegeschenk bestimmt den ein oder anderen Post und Interviewbeitrag.
Klar, eventuell wird es irgendwen geben, der sich empört, aber was soll’s! Man kann es ja sowieso nicht allen recht machen. Beleidigte Leberwürste gibt es eben immer. 

Mehr wert mit Mehrwert
Und weil es so schön passt, bleiben wir beim Thema Leberwurst. Eine Leberwurst als Marketing-Präsent verdeutlicht ein wichtiges Prinzip des Marketings. Obwohl sie das Buch bewirbt, bietet sie noch einen erweiterten Wert für die Beschenkten. Sie ist essbar und hat somit einen materiellen Mehrwert. Und nicht nur das: 100 Gramm vegane Leberwurst haben 273 Kalorien. 
Aber abgesehen von solchen Leckereien gibt noch weitere Formen des Mehrwerts. Die Marketing-Expertin Christina Maria Schollerer hat ein Modell entwickelt, um zu veranschaulichen, wie man Mehrwert erzielen und auf welchen Ebenen er wirken kann. Ihre Werbung kann somit gleich auf mehrere Arten nützlich sein. 

Mehrwertmodell nach Christina Maria Schollerer 

Sozialer Mehrwert                        (Re)-präsentativer Mehrwert

                       Emotionaler Mehrwert

Informativer Mehrwert                    Materieller Mehrwert

Einen informativen Mehrwert bietet eine Information, die für den Nutzer wichtig ist. Das kann zum Beispiel ein Veranstaltungsdatum sein oder eine Rabattinformation, die wiederum einen materiellen Mehrwert hat, da man Geld sparen kann. Klassische Flyer landen – sobald die Information, also der Mehrwert nicht mehr wichtig ist – in die Papiertonne. Deshalb ist es wichtig, einen Mehrwert zu bieten, der über den informativen hinausgeht.
Die Illustratorin Constanze von Kitzing und ich haben zum Beispiel statt eines Flyers zu unserer Kinderbuchserie Leonie Looping Stundenpläne drucken lassen. Auf der Rückseite gibt es einen Überblick über alle erschienenen Bände und Hörbücher sowie Fotos von uns Macherinnen. Diese Stundenpläne hatten einen Mehrwert für Buchhändlerinnen und Lehrer. Sie konnten sie verschenken (sozialer Mehrwert), und auch für die Familien bot er einen Nutzen: Das Kind konnte den Stundenplan benutzen und die Eltern mussten keinen kaufen – wiederum ein materieller Mehrwert. Der materielle Mehrwert ist der Gegenwert, der etwas in einem Laden hätte. Verschenke ich einen Stundenplan oder Brotaufstrich, muss dieser nicht gekauft werden. Der Empfänger spart also Geld.
Wenn man sich über Präsente oder einen Post in den sozialen Medien miteinander austauscht, können Beziehungen untereinander gestärkt werden – es entsteht ein sozialer Mehrwert. Darüber hinaus gibt es den (re)präsentativen Mehrwert. Beispiel: Wenn man als eine der Ersten etwas zu einem Buch erfährt oder erhält, kann man gegenüber seinen eigenen Followern damit glänzen.
Im Zentrum des Mehrwert-Modells steht allerdings das Wichtigste: der emotionale Mehrwert. Etwas erfreut, weil es schön ist (der Leonie-Looping-Stundenplan hoffentlich), es gruselt, weil es eklig ist (die Leberwurst), etwas jagt Angst ein oder begeistert, wir finden etwas süß … Dies ist der wichtigste Punkt des Mehrwertmodells. Kann ich mein Gegenüber emotional bewegen, habe ich eine gute Chance, dass er oder sie wiederum dieses Erlebnis mit anderen teilen möchte.

Für unsere Leserinnen und Leser: 
Cally Stronk denkt mit!

In Heft 11 (3/2018) haben wir Ihnen angeboten, uns Ihr Buchkonzept zu schicken, damit unsere Autorin Cally Stronk Sie mit Marketing-Ideen unterstützen kann (https://www.autorenwelt.de/blog/der-selfpublisher/cally-stronk-denkt-mit). Dem sind zahlreiche Autor*innen nachgekommen. Wir haben ein Projekt für Sie ausgewählt, anhand dessen wir einige Marketingkniffe verdeutlichen.

Exposé von Angela Rose

Arbeitstitel: Ella und die Abenteuer im magischen Kinderhotel
Genre: Kinderbücher, ca. 8–9 Jahre
Thema: Glaube an deine Träume und Wünsche, alles ist möglich

Kurzinhalt: Ella besucht in den Ferien ihre Tante Misses Schnuck. Diese Tante führt ein ganz besonderes Hotel: ein verzaubertes Kinderhotel. 
In den Vollmondnächten werden die Wünsche der Kinder wahr: einmal im Leben im Zirkus auftreten, einen Tag mit dem verstorbenen Opa verbringen, mit dem Lieblingsfußballer der Nationalmannschaft trainieren, im selbstgebauten Legotraumschiff durch das Weltall fliegen, auf einem Einhorn reiten … 
Vor der spannenden Nacht malen und basteln die Kinder ihre Träume auf Papier, dabei entstehen tolle Collagen.
Dann ist da noch Odelo, der dreibeinige Hund, und natürlich die quirlige Tante, die sich zu den Vollmondnächten besondere Backrezepte einfallen lässt, zum Beispiel den Vollmondcheesecake mit Sternenkrümel.
Ella begleitet die Kinder durch die Traumnächte und erlebt tolle Abenteuer.
Wenn nur nicht der griesgrämige Nachbar immer für Ärger sorgen würde.

Zusatzinfo: Es gibt 4 Hotelzimmer in dem Kinderhotel und es wird immer nur ein Traum je Vollmondnacht wahr. Das heißt, es ist eine Serie geplant, je Ausgabe ca. 120 Seiten.
Am Ende des Buches gibt es eine Anleitung, wie eine Collage entsteht, welche Materialien man benötigt etc. 

Das Besondere an dieser Kinderbuchserie ist die Botschaft: Es stärkt den jungen Leser, an sich und seine Träume zu glauben. 

Brücke zwischen Buch und Realität: Wenn das Kind das Buch zuklappt, soll sein erster Wunsch sein, selbst eine Traumcollage anzufertigen und durch die Betrachtung eine innere Visualisierung zu erlangen, nach dem Motto: deine Gedanken werden Dinge. Gleichzeitig ist durch die Anfertigung der Collage die kreative Seite des Kindes gefordert. Das Thema Mond kann als sachlicher Anhang im hinteren Bereich des Buches Platz finden.

Meine besonderen Talente sind: 

  • kreatives Werkeln mit Papier und Farben;
  • Backen und Rezepte kreieren und probieren: Kuchen, Törtchen, Muffins, Tartes;
  • Neugier und Interesse an allen kreativen Themen.

Social-Media-Präsenz: Instagram/Facebook, Blog in Planung

Marketingideen: Rezeptkarten von den Kuchen aus dem Buch, Backmischungen zu Muffins, gestaltete Briefbogen mit Vollmondlayout für Wunschcollagen

Zeitrahmen: Das Buch soll illustriert werden. Das fertige, unlektorierte Manuskript für den 1. Band habe ich zum 31.01.2019 geplant. Dann muss es noch lektoriert werden. Das fertige Buch möchte ich am 12.06.2019 in der Hand halten.

Nachsatz: Dieses ist mein erstes Buch, ich habe bislang noch keine Bücher veröffentlicht. Derzeit besuche ich diverse Schreibseminare/Workshops. Die Idee zum Buch hatte ich während einer Autofahrt, die Geschichte war auf einmal einfach da. Das komplette Konzept ist ausgearbeitet, inklusive Figuren, Ort etc.
Die ersten Seiten sind fertig getippt und es fühlt sich richtig und gut an. 
Ich schreibe nebenberuflich, mein Hauptberuf ist Vertriebsassistentin. Seit jeher beschäftige ich mich gerne und viel mit Kinderbüchern, meine eigenen Kinder (inzwischen 21 und 15 Jahre) haben sehr davon profitiert.
Es ist mein Traum, als Kinderbuchautorin tätig zu sein und lustige, aber auch sinngebende Bücher für Kinder zu schreiben. 

Der Cally-Stronk-denkt-mit-Marketingtipp

Als erstes muss man sich darüber klar werden, wer die Zielgruppe dieses Buches ist. Für Kinderbücher gibt es zahlreiche Zielgruppen: die Kinder, die Eltern, die Großeltern, die Onkel und Tanten, die Lehrer, die Buchhändlerinnen, die Blogger … Wichtig ist es, die Multiplikatoren zu erreichen, die wiederum ihre Zielgruppen ansprechen. 
Allerdings ist Selfpublishing im Kinderbuchbereich sehr, sehr schwierig. Ohne das „Qualitätssiegel“ eines Verlages, dem die Eltern vertrauen, ist es so gut wie unmöglich, in den klassischen Buchhandel zu kommen. Also gibt es zwei Möglichkeiten: 

  1. Es wird ein Verlag gesucht – die vorhandenen Marketingideen können ein zusätzliches Argument für den Einkauf eines solchen Projektes bieten.
  2. Es wird weiterhin auf einen Verlag verzichtet, dafür arbeitet man direkt mit Kooperationspartnern zusammen, also mit Kitas, Schulen, Vereinen et cetera. Eventuell ist hier auch eine Zusammenarbeit mit Vereinen möglich, die sich mit Kinderhospizarbeit beschäftigen, da das Thema der Buchserie (Wunscherfüllung) gut zur Hospizarbeit passt. 

Unique Selling Proposition (USP)
Das Exposé beinhaltet eine wunderbare Grundidee: ein Hotel, in dem Träume wahr werden. Das ist etwas, das dieses Hotel von allen anderen Hotels unterscheidet, und auch etwas, das dieses Buch von allen anderen unterscheidet. Hier liegt unser sogenannter USP.
USP nennt man im Marketing und in der Verkaufspsychologie das Alleinstellungsmerkmal, das ein Produkt von allen anderen unterscheidet. Hierauf sollte der Schwerpunkt beim Marketing gelegt werden. 
Der USP könnte also folgendermaßen formuliert werden: „Traumhotels gibt es viele, es gibt aber nur ein magisches Wunschhotel, in dem die Träume wahr werden.“

Lesen, lesen, lesen … 
Das Beste, was Sie machen können, wenn ein neues Buch von Ihnen erscheint, ist: lesen, lesen, lesen … Lesungen sind ein wunderbarer Anlass, um darüber zu berichten. Versuchen Sie also, möglichst viele und auch besondere Lesungen zu veranstalten. 
Zu unserem magischen Wunschhotel sind verschiedene Lesungen möglich: in Kinderhotels, in Küchenstudios, kombiniert mit einem Back-Workshop für Eltern und Kinder oder auch für Multiplikatoren (Journalisten, Buchhändler und Bloggerinnen), wenn hier schon Kontakte bestehen.
Auch Bastelworkshops an Schulen oder in Horten und eventuell auch bei Buchhändlern, bei denen Traum- oder Wunschcollagen gebastelt werden, sind eine gute Idee.
Wichtig: Bei der gesamten Kommunikation sollten Sie einheitliche Begriffe verwenden. Ich würde vermutlich von einem magischen Wunschhotel und Wunschcollagen sprechen. Das grenzt sich klarer vom klassischen „Traumhotel“ aus Reiseprospekten ab.

Print
Plakate drucken Veranstalter oft selbst. Hierfür muss man allerdings das druckfähige Cover und ein Autorenfoto zuliefern. Wenn man noch Budget übrighat, kann man auch selbst Plakate drucken. Hier ist es sinnvoll, eine Fläche leer zu lassen, in die der Veranstalter das Datum der Veranstaltung eintragen kann. Ich verteile gerne Plakate an die Schulklassen, für die ich gelesen habe. 
Statt Flyern könnte man für das Wunschhotel auch Wunschzettel drucken und verteilen. Hier würde ich vor dem Druck mit Lehrerinnen und Buchhändlern sprechen und fragen, wie viele sie gebrauchen können, um den Druck zu kalkulieren. Wichtig: Auf der Vorderseite sollte das Logo / der Titel des Buches abgedruckt sein und gerne auch der Hauptcharakter oder Motive aus der Geschichte, die die Wiedererkennbarkeit unterstützen. Schriftarten und Farben sollten an das Buchcover und an das Gesamtlayout angepasst sein.
Auch die Rezeptkärtchen klingen nach einer guten Idee. Ganz klar ist mir hier nur nicht die Zielgruppe. An wen sollen die verteilt werden und sind das wirklich meine (potenziellen) Buchkäuferinnen?

Weitere Aktionen
In Kooperation mit einem Verlag gäbe es eventuell mehr Budget und somit andere Möglichkeiten. Beispielsweise könnte man ein Preisausschreiben veranstalten mit dem Gewinn, dass ein Traum erfüllt wird. Die Dokumentation eines solchen Ereignisses wäre wiederum interessant für die Presse. 
Will man selbst in den sozialen Medien etwas anschubsen, könnte man unter einem bestimmten Hashtag wie #MeinWunschgehtinErfüllung die Leute dazu auffordern, ihre Wünsche zu posten. Hierzu würde ich dann auch auf dem Wunschzettel und anderem Werbematerial hinweisen. Außerdem können der Blog und die sozialen Medien dazu genutzt werden, über all die Aktionen, Lesungen und Workshops zu berichten und Kooperationspartner zu finden.

Autorin: Cally Stronk | http://callystronk.blogspot.de | [email protected]
Weiterlesen in: der selfpublisher, Heft 14, Juni 2019
 

Über die Autorin: Cally Stronk ist hauptberuflich Kinderbuchautorin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden schwer erziehbaren Katzen in Berlin, wo sie Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin studiert und bereits zahlreiche Kommunikationskampagnen entwickelt und umgesetzt hat. Sie ist im Vorstand des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS). Darüber hinaus bietet sie Coachings für AutorInnen an. 

 

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Dieser Artikel steht in der selfpublisher, Heftnr. 14, Juni 2019: /magazin/der-selfpublisher/archiv/der-selfpublisher-22019
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