Markus Rohde von Cross Cult im Gespräch mit Jens Brehl über Segen und Fluch von Franchise-Romanen, die kämpfende Verlagsbranche und das, was dem Verlag Umsatz bringt.
Hat ein Film- oder Serien-Franchise eine große Fangemeinde, sollten sich entsprechende Romane bestens verkaufen. Doch im Falle von Star Trek geht die Formel nicht mehr auf, die Nachfrage sinkt seit Jahren. Die goldenen Zeiten der Fernsehserie in den 90ern sind lange vorbei. Bis Anfang der 2000er-Jahre waren die deutschsprachigen Romane bei Heyne angesiedelt, 2008 ist Cross Cult in die Bresche gesprungen. Markus Rohde spricht mit Jens Brehl über die Krux von extrem miteinander verwobenen Romanreihen und informiert über Hintergründe zur Sensation, dass 2016 erstmals deutsche Autoren Star-Trek-Romane schreiben durften.
Es gibt noch Star-Trek-Romanreihen wie The lost Era, die bislang nicht auf Deutsch erschienen sind. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, welche Star-Trek-Romane es ins Programm schaffen?
Die Handlungen der Romanreihen sind eng miteinander verknüpft. Auf Band vier der Titan-Reihe folgt die Trilogie Destiny, die wiederum auch nach dem fünften Band der The Next Generation-Reihe spielt. Daher müssen wir die Romane in chronologischer Reihenfolge auf den Markt bringen.
Am liebsten würde ich alles von Star Trek veröffentlichen, aber die Plätze für Neuerscheinungen sind begrenzt. Ich muss zwischen der Vernunft des Redakteurs und meinem Fanherz entscheiden.
Bis auf eine Ausnahme sind alle Romanreihen Übersetzungen aus dem US-amerikanischen. Dann 2016 der Paukenschlag: Bei Cross Cult erschienen mit der Prometheus-Trilogie erstmals Romane aus Deutschland. Wie kam es dazu, dass Bernd Perplies und Christian Humberg die Bücher schreiben durften?
Das war zu Beginn weder bei uns im Verlag, noch beim Rechte-Inhaber CBS denkbar. Vor ein paar Jahren gab es einen Wechsel der Agentur, die die Rechte vergibt. Dort hatten wir ein Treffen mit einem Verantwortlichen von CBS. Er bot uns an, eigene Inhalte zu schaffen, jedoch dachte man bei CBS eher an Sachbücher mit offiziellem Bildmaterial.
Doch wir wollten eigene Romane veröffentlichen. 2016 rückte das 50-jährige Jubiläum von Star Trek näher und wir wollten etwas ganz Besonderes machen. Über Monate führten wir teils schwierige Gespräche und mussten erste Ideen zu den möglichen Handlungen pitchen – natürlich auf Englisch. Schließlich bekamen wir das „Go“. Für uns ging damit die Arbeit erst richtig los.
Alles musste CBS auf Englisch zur Abnahme vorgelegt werden. Änderungswünsche arbeiteten unsere Autoren dann wieder in die deutschen Manuskripte ein und diese mussten schließlich wieder übersetzt werden. Das war nicht nur ein hoher logistischer Aufwand. Die vielen Übersetzungen ließen die Kosten explodieren. Auch die Lizenzgebühren waren nicht billig. Bernd Perplies und Christian Humberg hatten für uns bereits Romane übersetzt und kennen sich im Star-Trek-Universum bestens aus. Das hat die Sache zumindest an dieser Stelle vereinfacht.
Wir wussten von Anfang an, dass wir mit den Büchern finanziell nicht in den grünen Bereich kommen. Uns reizte aber die Herausforderung. Da es die ersten Star-Trek-Romane aus Deutschland waren, rechneten wir uns eine entsprechende Aufmerksamkeit der Presse aus, die dann dem Gesamtprogramm zugutekommen würde. Titan Books hat zudem nachträglich die Rechte eingekauft, sodass die Prometheus-Bücher auch auf dem amerikanischen Markt erscheinen.
Die meisten Star-Trek-Romanreihen bauen auf Serien wie The Next Generation, oder Voyager aus den 1980er- und 90er-Jahren auf. Manche Titel sogar auf der Originalserie aus den 60ern. Gibt es dafür heute noch genügend deutschsprachige Fans, die nach neuen Geschichten verlangen?
Es ist Vorteil und gleichzeitig eine Krux, dass die Romane eng untereinander und mit den Fernsehserien verknüpft sind. Es ist ähnlich wie bei Perry Rhodan oder den Comic-Reihen von DC (www.dccomics.com): Die Käufer stehen vor einer großen Fülle und fühlen sich damit teilweise überfordert.
Um sich tiefgehend mit den neuen Star-Trek-Romanen zu beschäftigen, muss man Titel aus mehreren Reihen lesen und sich fast schon richtig einarbeiten. Dazu haben viele vermutlich einfach keine Lust. Sie würden eventuell lieber zu einem Buch mit einer einzelnen abgeschlossenen Geschichte greifen.
So war es ja auch bei den meisten Star-Trek-Romanen von Heyne. Die Geschichten darin waren kein Kanon, es gab keine Charakter-Entwicklung und das Star-Trek-Universum wurde nicht fortgeschrieben. Es reichte, wenn man die Protagonisten aus der Fernsehserie kannte.
Die neueren Veröffentlichungen in den USA zu The Next Generation gehen den Weg zu abgeschlossenen Einzelabenteuern, die man knackig lesen kann. Allerdings sind sie dennoch in das Star-Trek-Buchuniversum eingebettet. Letztendlich ist das weder Fisch noch Fleisch.
Als wir 2008 die ersten Romane veröffentlichten, waren die Fans förmlich ausgehungert und die Verkaufszahlen entsprechend hoch. Heute liegen wir ungefähr bei einem Fünftel der damaligen Verkäufe. Große Hoffnungen hatten wir auf die Trilogie Prey gesetzt, aber sie war ein regelrechter Flopp. In diesem Jahr werden wir weniger Star-Trek-Titel veröffentlichen. Das ist nicht schön, als Fan tut es mir besonders weh, und ich kann jeden enttäuschten Leser verstehen. Cross Cult kann als kleiner Verlag aber nicht pro Buchprojekt mehrere Tausend Euro versenken.
Die ganze deutsche Verlagsbranche kämpft mit sinkenden Verkaufszahlen. Bislang versucht man, das mit höheren Preisen zu kompensieren.
Also gibt es bei Cross Cult eine schleichende Ausdünnung in Sachen Star Trek ...
Von einigen Lesern wissen wir, dass sie bei der Fülle von Büchern noch einiges aufholen und gar nicht auf dem aktuellen Stand sind. Wer aus zeitlichen Gründen nicht alle Romane lesen kann, muss sich zwischen einzelnen Reihen entscheiden, was sich dann auf die Einzelverkäufe auswirkt. Es ist daher vielleicht nicht verkehrt, die Zahl der Neuerscheinungen etwas zu senken.
Um zusätzlich den Neueinstieg zu erleichtern, legen wir vergriffene Titel über Books on Demand wieder auf.
Konnte der Verlag mit den Büchern zum Reboot der Star-Trek-Kinofilme und zur aktuellen Serie Discovery neue Leserinnen und Leser gewinnen?
Die Romane zum Reboot der Kinofilme sind in der Schublade verschwunden, weil die Filmfirma von J. J. Abrams diese nicht veröffentlicht sehen wollte. Daher gibt es nur vier Jugendbücher, die wir auf Deutsch herausgegeben haben. Persönlich hätte ich mir größer angelegte Geschichten gewünscht.
Zu Discovery haben wir drei Romane im Programm. Mit dem ersten Band haben wir die in der Branche üblichen Verkaufszahlen von Sci-Fi-Titeln erzielt, die etwa zwischen 2.000 und 7.000 Exemplaren liegen. Als kleiner Verlag waren wir damit zufrieden. Der dritte Band hat allerdings noch nicht einmal ein Drittel der Verkäufe der Vorgängerbücher erreicht. Das lässt uns ratlos zurück.
Ab welchem Punkt reicht die Nachfrage nicht mehr aus, um neue Romane zu veröffentlichen?
Das kann ich nicht an einzelnen Verkaufszahlen festmachen. Entscheidend sind auch die finanziellen und personellen Möglichkeiten des Verlags und der Umfang einzelner Bücher.
Es klingt aber so, als ob in Sachen Star Trek ein Damoklesschwert über Cross Cult hängt.
Das ist doch immer so. Jeder Hersteller muss regelmäßig überprüfen, wie sich seine Produkte verkaufen. Auch wir machen das ständig quer durch das ganze Verlagsprogramm. Bezüglich der Star-Trek-Romane ist die Situation aber nicht akut.
Was sind denn nun die echten Umsatzbringer?
Das sind ganz klar die The Walking Dead-Comics. Es ist ein Phänomen sondergleichen. Nachdem die Comics verfilmt wurden und als TV-Serie liefen, sind die Verkaufszahlen regelrecht explodiert. Auch die Comics aus der Avatar-Reihe sind stark nachgefragt.
Die Romane zu Castle waren dank eines besonderen Gimmicks extrem erfolgreich. In der Fernsehserie begleitet der fiktionale Buchautor Richard Castle für seine Recherchen Polizisten bei der Arbeit. Daraus entsteht ein Buch, das auch im Fernsehen gezeigt wird. Das Buch ist dann mit gleichem Cover in der realen Welt erschienen. Natürlich hat es ein Ghostwriter geschrieben, aber „offizieller“ Autor ist Richard Castle. Es folgten weitere Titel und die Verkäufe gingen durch die Decke – auch wenn der deutsche Buchhandel zunächst eher zurückhaltend war. Doch kurze Zeit später wurden die Bücher palettenweise geordert. Die Fernsehserie ging 2016 nach acht Staffeln zu Ende. Nach langer Pause ist in den USA in diesem Frühjahr der zehnte Roman erschienen, den planen wir ebenfalls zu veröffentlichen.
Autor: Jens Brehl | www.jens-brehl.de | [email protected] | Twitter: @jensbrehl
- www.cross-cult.de
- https://translateordie.wordpress.com/2017/04/06/trend-zur-science-fiction-ein-kleines-zwischenfazit/
- https://diezukunft.de/neuerscheinungen/buch/science-fiction-highlights-2019
- www.startrekromane.de/
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Foto: Raj Eiamworakul auf Unsplash
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