Sie sind hier

Suchformular

Twitter in der Literaturbranche – Braucht’s das oder kann das weg?

Federwelt
Cally Stronk
Social Media Icons

Cally Stronk hat Kolleginnen wie Kollegen gefragt und liefert eine schnelle Anleitung zum ersten Zwitschern. Spannend, wie unterschiedlich Twitter-Konten verwendet werden!

Twitter ist schon so eine Sache für sich. Immer wieder habe ich mich gefragt, ob sich dieser Kurznachrichtendienst lohnt oder nicht. Schließlich sind die meisten von uns doch schon auf Facebook und Instagram. Und dafür Posts zu schreiben, Fotos zu machen, zu interagieren und Beiträge anderer zu kommentieren, das kostet schon Zeit. Macht es da Sinn, noch eine weitere Plattform ins Portfolio zu nehmen? Bringt es das? Was ist der Nutzen? Das Besondere? Und wie funktioniert Twitter überhaupt?
 
Aller Anfang ist (nicht) schwer …
Ein Konto bei Twitter anzulegen, ist eigentlich ganz einfach. Entweder man lädt sich die Twitter-App aufs Handy und registriert sich direkt oder man meldet sich auf seinem Computer an. Mit ein paar Klicks wird man durch das Menü geführt, lädt eventuell schon mal ein Profilbild hoch und tippt eine Kurzbeschreibung von sich ein (überspringen und später machen geht auch). Abschließend vernetzt man sein Telefonbuch, das heißt, Twitter verbindet einen automatisch mit allen Handykontakten, die auch Twitter nutzen, und schon kann man loslegen. Der erste Tweet könnte heißen: „Juhuuu, ich bin jetzt auch bei Twitter! #firsttweet“ Oder so ähnlich. Und was passiert dann? Wahrscheinlich erst mal nicht so viel … aber irgendwie muss man ja beginnen.
Ja, ich muss zugeben, anfangs fühlt sich Twitter ziemlich sinnlos an. Man hat kaum Follower und die Resonanz scheint auch sehr mäßig. Immer wieder bekommt man das Gefühl, einsam auf weiter Flur zu sein. Sieht überhaupt jemand, was ich hier absende? Liest es jemand? Warum reagiert so selten jemand auf meine Tweets?
Hätte ich nicht doch immer wieder die App geöffnet, darin herumgeschmökert, das ein oder andere retweetet, also den Ursprungstweet auf meinen eigenen Account gestellt, kommentiert und hin und wieder etwas ins gefühlte Nichts geschickt, wäre ich wahrscheinlich schon längst nicht mehr dabei. Allerdings haben mich dann doch ein paar Erlebnisse davon überzeugt, dass Twitter sich lohnt.
 
Was so passieren kann bei Twitter
1. Ich habe über Twitter die Bibliothekarin und Bloggerin Thea kennengelernt (bei Twitter unter Thea-tralisch@Endwinterwunder zu finden), die ich schließlich im Café bei mir um die Ecke getroffen habe und die über mehrere Treffen zu einer lieben Freundin geworden ist, einem Herzensmenschen.
2. Meine neue Freundin hat mich dann mit der großen Familienbloggerin Béa Beste (Twitter: @TOLLABEA) vernetzt. Wir haben uns ebenfalls getroffen und dann festgestellt, dass wir beide das Gleiche studiert haben, nämlich Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste. Ein gemeinsames Studium am selben Ort verbindet ungemein und schafft irgendwie grundlegend eine Loyalität. Mittlerweile haben Bea und ich eine schöne Kooperation, von der wir beide profitieren: Ich schreibe ihr Content und sie berichtet über meine Bücher. Eine Win-win-Situation.
3. Des Weiteren hat mich Thea vor Kurzem eingeladen, bei drei Folgen des RTL- Podcasts Das gewünschteste Wunschkind zum Thema Vorlesen, Leseförderung und Kinderliteratur mitzumachen; sie hat schon mehrere Lesungen und gerade erst sogar eine Schreibwerkstatt für mich organisiert. Super Sache!
4. Durch Twitter habe ich noch etliche andere neue Kontakte bekommen, mit denen ich mich dann auch auf Facebook vernetzt habe. Einige habe ich irgendwann auf Messen und anderen Veranstaltungen getroffen. Und wir hatten gleich ein paar Gesprächsthemen, weil wir ein bisschen was über den Anderen oder die Andere wussten. Diese Twitter-Erstkontakte sind quasi zu echten Menschen geworden. Das mag ich. 
Ihr seht schon, man kann auf jeden Fall sagen: Durch Twitter lernt man Menschen kennen. Durch die Hashtags, also Schlagwörter, die man am Anfang mit der Raute „#“ markiert, (wie #Federwelt, #Lieblingsheft für #AutorInnen #ichbinfan ;-)) können auch Leute außerhalb der eigenen Filterblase auf einen aufmerksam und zu Kontakten werden. Und wenn man jemandem auf einer Literaturveranstaltung begegnet, kann man sich wiederum vernetzen … so behält man sich im Blick! Klar, das geht über Facebook und Instagram ebenfalls, aber es geht halt auch per Twitter.
Was ist eine Filterblase?
Bei Facebook wie bei Twitter heißt es im Grunde: Gleich und gleich gesellt sich gern. Häufig verbindet man sich mit Menschen, die ähnliche Werte und Interessen haben wie man selbst.
Filterblase oder filter bubble nennt man das Phänomen, dass der angelegte Algorithmus auf der jeweiligen Plattform meist hauptsächlich Informationen und Meinungen einblendet, die unsere bisherigen Ansichten und Interessen weitestgehend bestätigen. So befinden wir uns in einem digitalen Raum, der uns von Menschen abschirmt, mit denen wir selten Kontakt haben, deren Posts kaum geteilt werden oder die sich für andere Dinge interessieren ...
 
Mai 2019: Eine Twitter-Begegnung in der Bahn
„Entschuldigen Sie bitte, darf ich Sie mal fragen, was Sie da machen?“, hörte ich plötzlich eine Stimme neben mir.
„Öhöm, ich schreibe Autogrammkarten. Ich bin Kinderbuchautorin und fahre gerade zu zwei Lesungen. Da wollte ich die Zeit im Zug nutzen …“, erklärte ich der sympathischen Dame am Nebentisch.
„Darf ich davon ein Foto machen und bei Twitter posten? Das interessiert bestimmt meine literaturinteressierten Follower!“
So oder so ähnlich klang der Dialog zwischen mir und Edda Klepp (bei Twitter unter @eddaklepp zu finden). Herausgekommen sind dabei ein spontaner Post, ein sehr nettes Gespräch und eine neue Twitterfreundschaft.
Spreng deine Bubble mit Hashtags
Bei Facebook sehen Freunde deine Posts und du hoffst, dass die Freunde von Freunden eventuell auch deine Beiträge sehen. Dort werden Hashtags kaum unterstützt, aber bei Instagram oder Twitter schon.
Twitter entfaltet mit der Nutzung dieser Hashtags erst sein ganzes Potenzial. Bei Twitter ist zwar nicht viel Platz für Hashtags, denn man hat insgesamt ja nur 280 Zeichen, die man füllen kann, aber zwei bis drei Hashtags pro Post machen Sinn.
Manchmal gibt es regelrechte Twitter-Events zu gewissen Hashtags und Zeiten. Wenn man beispielsweise die Oscarverleihungen, Wahlen oder Sportveranstaltungen wie Weltmeisterschaften verfolgt, gibt es immer die passenden Hashtags, unter denen viele, viele Menschen ihre Gedanken zu diesem Ereignis teilen. Dies gilt auch für Buchmessen und andere Veranstaltungen. Per Hashtag klinkt man sich in den Stream ein und tauscht sich mit Gleichgesinnten darüber aus. Das kann richtig Spaß machen!
 
Humor macht’s!
Ein weiteres Beispiel dafür, dass sich Twitter lohnt, ist mein Mann. Er heißt Christian Friedrich, ist Inhaber einer Ideenagentur, Medienberater, Filmemacher, Moderator und auch Autor. Besonders gut kennt er sich im Bereich Humor aus.
Mein Mann hat Twitter irgendwie immer vergessen (und da ist er nicht der einzige). Immer wieder habe ich ihn daran erinnert, seine Inhalte doch auch noch schnell zu twittern. So auch, als wir in der Agentur ein lustiges Plakat zur Wahl des Abgeordnetenhauses 2016 entwickelt hatten, zu der er als parteiloser Kandidat antrat. Zu der Zeit gab es den Pokémon-Go-Trend und wir wohnen in Pankow, so entstand die Idee zu folgendem Plakat:
 
„Ich hab doch kaum Follower bei Twitter. Das sieht doch niemand!“, meinte er, als ich ihn mal wieder daran erinnerte, das Plakat auch dort reinzusetzen.
Zum Glück hat er es trotz seiner Bedenken getan. Denn durch die richtigen Hashtags (#agh16 und #berlinwahl) entdeckte der Journalist Martin Fuchs Christians Plakat und nahm es auf in einen Artikel mit dem höchst schmeichelhaften Titel: „Wahlplakate des Grauens“. Prompt landete mein Mann bei SPIEGEL ONLINE und in der FAZ. Was für eine Reichweite!
Trotz seiner anfänglich geringen Followerzahlen hat Christian eine beneidenswerte Resonanz bekommen.
Hier zeige ich euch noch ein weiteres Beispiel von Christian:
 
Twitter in der Literaturbranche
Zurück zur Literaturbranche. Verlage sind jetzt nicht alle bei Twitter unterwegs, manche behandeln ihre Konten eher stiefmütterlich. Es gibt aber durchaus Verlage, die spannende Twitterprofile haben. Schaut doch beispielsweise mal bei KiWi rein (https://twitter.com/KiWi_Verlag). Für einen kleinen Verlag hat KiWi ordentlich Follower und macht das richtig gut. Auch AutorInnen, BloggerInnen, JournalistInnen, hier und da ein paar BuchhändlerInnen ... und natürlich potenzielle LeserInnen sind bei Twitter unterwegs. Ich mache Twitter immer ein bisschen mit. Das heißt, wenn ich ein interessantes Foto geschossen habe und eine Idee für einen Post habe, stelle ich ihn auf verschiedene Plattformen. Allerdings immer mit leicht abgewandeltem Text. Denn jede Social-Media-Plattform funktioniert ja etwas anders. Was Twitter von anderen Plattformen unterscheidet? Man hat weniger Platz für Text. Und es ist auf jeden Fall viel schneller. Das heißt, der Feed (Nachrichtenstrom) ändert sich in einem viel höheren Tempo und Gepostetes rutscht leichter außer Sicht. Deshalb ist es bei Twitter auch okay, Dinge mehrfach zu posten, Themen zu wiederholen …

Die Suche nach dem Twitter-Glück
Eine wichtige Frage für alle, die Twitter nutzen, ist die nach dem Inhalt: Was lohnt sich als Autorin oder Autor zu posten? Was sollte man lieber lassen?
Im Endeffekt ist es wie bei anderen Social-Media-Plattformen: Die Mischung macht’s! Posts zu Neuerscheinungen, Lesungen und Messebesuchen, Witziges/Interessantes rund um die Literaturbranche, aber auch ganz andere Themen, Hobbys, tolle Fotos, lustige Beobachtungen … 
Jeder sollte sein individuelles Profil haben. Und jeder wird natürlich Twitter auf seine eigene Weise nutzen.
Die Harry-Potter-Autorin Joan K. Rowling (@jk_rowling; 14,6 Millionen Follower) zum Beispiel ist eine leidenschaftliche Twitterin. Sie äußert sich gerne politisch und erreicht eine riesige Gruppe von Menschen.

Kai Meyer
Andere Autoren wie Kai Meyer (@KaiMeyer; 5.049 Follower) entscheiden sich hingegen, sich auf Twitter von allem Politischen fernzuhalten. „Keine Statements, keine Retweets, keine Likes“, sagt er. „Und ich habe begonnen, eine Menge Schlagworte zu blockieren. Man bringt niemanden mit ein paar Zeilen von seiner/ihrer Meinung ab – meist auch nicht mit vielen –, und nur zur Beruhigung meines Gewissens ein wenig Empörung über dieses oder jenes Thema zu verbreiten, halte ich für sehr oberflächlich. Wer mag, soll das tun, aber ich will so etwas weder dort lesen noch andere damit belästigen – zumal in meiner Timeline eh fast alle derselben Ansicht zu sein scheinen, nur der Grad der öffentlichen Aufgeregtheit unterscheidet sich.“
Kai Meyer, Autor mit weltweiter Auflage in Millionenhöhe, differenziert bei Twitter stark zwischen dem, was er liest, und den Dingen, die er selbst veröffentlicht: „Als Leser bin ich dort zu 90 Prozent privat unterwegs und folge vor allem Autoren und Filmemachern, die mich interessieren. Meine eigenen Tweets drehen sich zum größten Teil um meine Arbeit, also um das Schreiben, meine Bücher, Ankündigungen von Veranstaltungen et cetera. Außerdem retweete ich gelegentlich Schreibratschläge von Leuten, die eine größere Motivation haben als ich, anderen etwas beizubringen. Mir fehlt dazu meist schlichtweg die Zeit, auch wenn ich weiß, dass das durchaus eine kluge Form von PR sein kann, die auf Twitter gut funktioniert.“
Verfolgt er beim Zwitschern einen Plan? Nein! „Meine Aktivitäten – abgesehen von den Ankündigungen – sind spontan, sowohl Postings sowie Retweets und Kommentare. Wieder gilt: Um nach einem cleveren Plan vorzugehen, fehlt mir die Zeit und, ehrlich gesagt, auch die Lust. Von allen sozialen Medien macht mir Twitter als Leser den größten Spaß, und den mag ich mir nicht verderben durch das Gefühl, zu regelmäßigen Tweets verpflichtet zu sein. Ich schaue öfter dort rein als bei Facebook, mehrmals täglich, beantworte natürlich auch Leserfragen und teile manchmal Rezensionen, letztere jedoch nicht allzu inflationär, damit meine Tweets nicht als reine Eigenwerbung wahrgenommen werden, die dort eh keiner will.“

Markus Heitz
Für den Fantasyautor Markus Heitz (@markus_heitz; 4.530 Follower), der schon mehr als fünf Millionen Bücher verkauft hat, „ist Twitter Narrenkappe“: „Lustiges, Spannendes, Interessantes, Musiktipps, Politisches und Eigenwerbung – oder auch mal ein Danke an die Fans. Ich nutze es am meisten von sämtlichen sozialen Medien, weil ich die Kurzform mag. Und die Spontaneität. Allerdings trauere ich der alten Zeichenzahl noch hinterher, aber es hat auch Vorteile, mehr schreiben zu können. Und die LeserInnen sind nicht so schnell genervt von Tweets. Am Erfolgreichsten sind überwiegend die lustigen oder die politischen Postings. Der Mix macht's.“

Stephan Porombka: Erfolg und Rückzug
Ein herausragendes Beispiel für erfolgreiche Tweets mit Literaturbezug lieferte über Jahre Stephan Porombka (@stporombka; 9.986 Follower), Professor für Texttheorie und Textgestaltung an der Universität der Künste Berlin. Seine Posts sind kreativ, witzig, intelligent, manchmal auch klamaukig und gut geeignet zum Reposten. – Durch sie hat Stephan Porombka eine eigene Kolumne Professors Praxis in der ZEIT bekommen, die er einige Jahre schrieb. Doch trotz seines großen Erfolgs hat Stephan Porombka Twitter den Rücken zugekehrt und seit Oktober 2018 nichts mehr gepostet. Warum?
„Für mich waren Twitter und Facebook immer Orte, an denen ich neue Sachen ausprobieren konnte. Um mit meinen Sachen weiterzukommen. Um meine künstlerische und wissenschaftliche Praxis als kommunikative Praxis weiterzuentwickeln. Und um mir über diese Weiterentwicklung rund um die Uhr immer und überall mit anderen Gedanken zu machen. Das war für mich jahrelang elektrisierend toll! Disruption, Aufklärung, Paradigmenwechsel am laufenden Band! Die sozialen Medien waren mein Labor zur Entwicklung von Neuem. Es waren echte Verwandlungsjahre. 
Aber, aber: Wenn in so einem Labor alles gut läuft, entwickelt man sich ja wirklich weiter. Und man denkt irgendwann anders. Und produziert anders. Und kommuniziert anders. Und will etwas anderes. Und ich habe gemerkt, dass mich Twitter und Facebook, so viel sie mir ermöglicht haben, mich dabei aufhalten. Die Wiederholung der Formate. Das Rotieren in Likes und Retweets. Das Umschlagen der allgemeinen Aktivitäten von Produktion in Selbstmarketing. Das radikale Schlechterwerden der Stimmung. Die Verflachung und Abstumpfung von eigentlich interessanten UserInnen in den schrägsten, verbissensten, bald verächtlichst geführten Auseinandersetzungen: Menschen zu Müll erklären und Applaus bekommen. Das depravierte Verhalten von UserInnen, die dauernd abspringen wollen, aber nur jammern, dass sie den Absprung nicht schaffen ... Mir war es zu eng irgendwann. Zu viel Gefängnishof mit 280 Zeichen Auslauf. Zu viele Leute, denen man beim Auslauf zusieht. Und mitläuft. Ich mag Neues machen. Anders nachdenken. Anders sprechen. Anderes ausprobieren. Vielleicht gehe ich mal wieder zurück, aber dann will ich erst woanders etwas Neues gelernt haben.“
Es kann also auch passieren, dass man – obwohl man erfolgreich ist auf Twitter – es wieder sein lässt oder auch mal pausiert. Manchmal braucht man einfach Luft, um sich neu zu erfinden. Egal wie man Twitter oder andere soziale Medien nutzt, es geht ja immer darum, dass man sich wohlfühlt.

Jasmin Zipperling – Hauptziel: Netzwerken
Die Autorin und Literaturbloggerin Jasmin Zipperling (@JZipperling; 2.866 Follower) nutzt Twitter zum Vernetzen mit anderen Buchmenschen. „Es ist nicht die geeignete Plattform, wenn das einzige Ziel ist, Bücher zu verkaufen“, sagt sie. „Hauptsächlich twittere ich, was mich gerade beschäftigt, was ich gerade lese, welchen positiven Aspekt ich an meinem Tag entdecken kann (#ZippiSuchtDasGlueck) oder was auf einer Veranstaltung passiert, die ich gerade besuche. Dabei ganz wichtig: #BenutztDenHashtagVerdammteAxt.“
Ist Zippi aus eigenem Wunsch heraus bei Twitter oder erfüllt sie eine Verlagserwartung? „Es war meine eigene Entscheidung, mich dort anzumelden. Es würde mich auch sehr wundern, falls ein Verlag mich zum Twittern aufforderte. Da wäre Instagram sicher wichtiger.“
Weiter habe ich sie gefragt, mit welchem Erfolg sie Twitter nutzt: „Ist zum Beispiel eine Redaktion durch einen Tweet auf dich aufmerksam geworden und es gab daraufhin einen Bericht in einem Magazin oder ähnliches?“
Ihre Antwort: „Für ein Romanprojekt habe ich AnsprechpartnerInnen einer bestimmten Berufsgruppe auf Twitter gesucht. Dadurch habe ich Jennifer Waschke gefunden, die selbst auch nebenberuflich Autorin ist. Dank Twitter habe ich also eine neue und sehr talentierte Freundin gefunden. Überhaupt stammen viele meiner Freundschaften von einem Erstkontakt durch Twitter. – Zur Fußballweltmeisterschaft habe ich es mir auch nicht verkneifen können, über die Spiele zu twittern. Mit einem Tweet bin ich bei BuzzFeed gelandet und mit einem anderen bei FOCUS online.“

Weiter erzählt sie: „Einmal hat mich tolino media öffentlich auf Twitter dazu aufgefordert, einen Gastbeitrag für ihren Blog zu schreiben. Das war so frech, dass es schon wieder witzig war. Bei dem Beitrag ging es übrigens um Twitter … – Ansonsten ist ‚Erfolg‘ auf Twitter eher eine Sache der Perspektive. Ich habe viel Erfolg, weil ich da auf sehr liebe Menschen aufmerksam geworden bin, die ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte.“
Hat sie etwas wie einen „erfolgreichsten Tweet“?
„Puh … schwer. Ich führe keine Statistik. Aber mein derzeit fixierter Tweet zählt definitiv zu meinen erfolgreichsten. Humor geht halt immer.“

Faktor Zeit
Wie viel Zeit sie auf Twitter verbringt, will Jasmin Zipperling gar nicht so genau wissen. „Die Antwort könnte mich schockieren.“ Sie twittert sowohl nach Plan als auch „live“: „Die Tweets, in denen ich auf mein wöchentliches YouTube-Video aufmerksam mache, sind zum Beispiel mit TweetDeck vorgeplant und werden zu einem von mir bestimmten Zeitpunkt veröffentlicht.“
Als ich sie nach Tipps frage, erzählt sie: „Twitter ist nicht für jeden Menschen die richtige Plattform. Derzeit nehme ich die Stimmung dort als sehr angespannt wahr, es kommt häufiger zu hitzigen Diskussionen. Persönlich würde ich allen von Twitter abraten, die nicht gewillt sind, sich auch mal in andere hineinzuversetzen. Ansonsten lautet mein Tipp immer: Hashtags! Leute, denkt an die Hashtags!“

Peter Prange
Peter Prange ist quasi der deutsche Ken Follett, er schreibt sehr erfolgreich Historienromane. Er gesteht auf Nachfrage: „Ehrlich gesagt verbringe ich überhaupt keine Zeit mit Twitter. Soweit ich weiß, werden meine Facebook-Posts automatisch weitergeleitet. Was dann passiert, geschieht ohne mein Zutun und ohne meine Kenntnis.“
Er hat auf @peterprange 482 Follower. Twitter-Nutzer wollen den Menschen hinter dem Profil kennenlernen und keiner Maschine folgen.

Karla Paul: sich als Marke etablieren
Gesprochen habe ich auch mit Karla Paul (@Buchkolumne). Von 2009 bis 2014 war sie Redaktionsleiterin und Social-Media-Managerin für LovelyBooks.de, danach bei Hoffmann und Campe die Verantwortliche für die digitalen Publikationen und im Anschluss Leiterin der Verlage Edel Elements und edel & electric. Seit 2018 ist sie „nur noch“ freiberuflich unterwegs: als Journalistin, Autorin, Moderatorin, Literaturpodcasterin (www.randomhouse.de/Long-Story-Short/aid83299.rhd).
Twitter ist für sie „eine sehr wichtige Plattform für die tägliche, dauerhafte Vernetzung sowie die Etablierung als Marke. Nach über zehn Jahren Nutzung habe ich inzwischen 14.000 FollowerInnen, darunter sehr viele JournalistInnen und LiteraturakteurInnen. Ich bin dort ausschließlich beruflich unterwegs und überlege mir sehr genau, was ich warum teile, wozu ich Stellung nehme und wie ich mich positioniere – das gilt aber für alle sozialen Netzwerke, von denen ich keines privat nutze. Durch die Reichweite kann ich nicht nur Aufmerksamkeit für meine Projekte schaffen, sondern auch schnell Verbindungen knüpfen oder Informationen einholen. Ich überprüfe regelmäßig meine Aktionen auf den verschiedenen Plattformen und was wie gut funktioniert, zudem lösche ich immer wieder alte Inhalte. Aus meiner Sicht und für meine Tätigkeiten ist Twitter ein wertvolles Medium!“

Ein Twitterprofil macht also Sinn, wenn man Spaß dran hat. Es eignet sich vor allem zum Netzwerken, was natürlich Werbe-Nebeneffekte haben kann. Um Bücher zu verkaufen, braucht man Twitter nicht zwingend. Viele, die auf der Bestsellerliste sind, sind gar nicht auf Twitter oder posten kaum etwas. Andere sind regelrechte Twitter-Fans. Ich persönlich finde, Twitter lohnt sich und macht gar nicht so viel Mehraufwand.

[Die Followerzahlen im Text spiegeln den Stand vom 22. August 2019 wider.]

Dos and Don’ts bei Twitter
+ Twittere viel und häufig und oft. Wenn du nur sporadisch zwitscherst, ist das aber auch in Ordnung, jedeR wie er oder sie mag.
– Mach nicht nur Werbung auf deinem Account.
+ Poste was von deinen Haustieren, deinen Hobbys ...
– Verwende nicht nur vorprogrammierte Tweets: Das merkt man und das macht eher unsympathisch.
+ Kommentiere fleißig andere Tweets und lerne von spannenden Profilen: @sasa_s, @kathrinpassig ...
– Menschen zu folgen, damit sie einem zurückfolgen und ihnen dann wieder zu „entfolgen“ muss nicht sein.
+ Poste Videos, Links und Bilder, achte dabei auf das Bildformat und den angezeigten Ausschnitt. Denk dabei an das Urheberrecht.
– Bitte auf keinen Fall einfach so Bilder posten, die dir nicht gehören. Bitte frag die Fotografin, den Fotografen und die Fotografierten, ob sie mit der Verwendung einverstanden sind.
+ Nutze auch mal GIFs als Kommentare, das sind die kleinen animierten Bildchen.
+ Humor ist sehr beliebt auf Twitter. Du hast eine lustige Idee? Na dann los!
+ Bleib authentisch.
+ Sei höflich und diplomatisch.
+ Benutze Hashtags.

 

 
Autorin: Cally Stronk | https://callystronk.blogspot.com | [email protected]
Weiterlesen in: Federwelt, Heft 138, Oktober 2019
Blogbild: George Pagan III auf Unsplash
 

SIE MÖCHTEN MEHR LESEN?
Dieser Artikel steht in der Federwelt, Heftnr. 138, Oktober 2019: /magazin/federwelt/archiv/federwelt-52019
Sie möchten diese Ausgabe erwerben und unsere Arbeit damit unterstützen?
Als Print-Ausgabe oder als PDF? - Beides ist möglich:

PRINT
Sie haben gerne etwas zum Anfassen, und es macht Ihnen nichts aus, sich zwei, drei Tage zu gedulden?
Dann bestellen Sie das Heft hier: /magazine/magazine-bestellen
Bitte geben Sie bei »Federwelt-Heft-Nummer« »138« ein.

PDF
Download als PDF zum Preis von 4,99 Euro bei:

Oder in vielen anderen E-Book-Shops.
Suchen Sie einfach mit der ISBN 9783967460001.