Petra Durst-Benning über Fanbeziehungen, Fantreffen, Lesungen als Genießerfeste und Marketingspecials und die Romane Die Fotografin, Die Glasbläserin und Spätsommerliebe
Die Bücher von Petra Durst-Benning haben sich über 2,5 Millionen Mal verkauft. In Amerika ist Durst-Benning ebenfalls eine gefeierte Bestsellerautorin; ihre amerikanischen Leser nennen sie schlicht und liebevoll „Petra“. Das Erfolgsgeheimnis der Autorin: Sie hat ein Händchen für tolle Stoffe – und einen super Draht zu ihren Fans. Die danken es ihr und katapultieren ihre Romane immer wieder auf die Bestsellerliste. Mit vielen hält sie über Facebook und ihr Fanforum Kontakt.
Ob historische Romane wie die Glasbläser-Trilogie und die Zarentochter-Saga oder zeitgenössische Stoffe wie in der Maierhofen-Reihe – Petra überlegt sich jedes Mal, wie sie ihre Bücher persönlich und charmant in Szene setzt.
Sind ihre Lesungen und Fantreffen das, was die Fans bindet? Oder liegt es daran, wie nahbar Petra in Interviews und in den sozialen Netzwerken erscheint? Und organisiert sie alle Events rund um ihre Bücher selbst? Anne Weiss hat für die Federwelt nachgefragt, um Tipps zu sammeln, wie man als Autorin oder Autor erfolgreich seine Fancommunity aufbaut.
Buchpräsentationen, Lesungen oder Signierstunden, Ausflüge zu Romanschauplätzen, Besichtigungen und literarische Spaziergänge: ein volles Programm! Du bist eine Autorin, die für ihre Leserinnen und Leser nicht nur innerhalb ihrer Bücher, sondern mit ihren flankierenden Events und Marketingideen eine Welt erschafft. Warum?
„Tu alles, was du tust, mit Liebe“, so lautet mein Lebensmotto. Es ist mir wichtig, meine Geschichten mit Leben und Liebe zu erfüllen. Den Menschen Freude schenken, das empfinde ich – über das Schreiben hinaus – als meine Aufgabe im Leben. Durch meinen Beruf kann ich meiner Berufung gerecht werden, dafür bin ich sehr dankbar.
Wie fing das alles einmal an? Hat es sich mit der Zeit entwickelt oder hattest du von Anfang an alle Aktionen im Programm, die du auch heute anbietest?
Lesungen habe ich vom ersten Buch an abgehalten, auch eine Plattform für mein Fanforum hatte ich sehr früh. Denn ich habe sehr schnell gemerkt, dass die Leser und die Besucher meiner Lesungen nicht nur Interesse an mir und meinen Büchern hatten, sondern auch am Austausch untereinander: In der Pause haben sich immer wieder Gespräche zwischen Fremden entwickelt, meine Romane waren der Anlass dazu, unter anderem, weil sie bestimmte Schauplätze haben. Beispielsweise hat jemand einen Foodblog, der sich mit regionalen Spezialitäten beschäftigt, und das ist dann für die anderen interessant. Mit meiner Lesung biete ich den Rahmen dafür, dass sich diese Menschen kennenlernen. Und ich ermuntere die Leute auch ein bisschen: Wenn einer sagt, meine Frau und ich wandern gern in der Alb, dann sage ich: „Möchtet ihr solche Touren nicht auch für andere Leserinnen und Leser anbieten?“ Ich bin einfach gerne Anstoßgeber.
Social Media, Fan-Aktionen, Werbeanzeigen – welche Form des Selbstmarketings ist deiner Erfahrung nach für Autorinnen und Autoren sinnvoll oder sogar unverzichtbar?
Es gibt Autoren, die kommen ganz wunderbar ohne all das aus. Wenn ich darüber nachdenke, finde ich die Fragestellung nicht gut: Denn wenn jemand den Kontakt zu seinen Lesern nur aus Marketing- und Verkaufsgründen hält, dann spüren die das. Ich persönlich habe einfach Spaß daran, mit meinen Lesern zu kommunizieren, ich lerne täglich viel über die Menschen dazu und das bereichert mein Leben sehr. Aber ich bin sowieso ein offener Mensch. Egal, wo ich hinkomme – überall entwickeln sich Gespräche, man lacht zusammen und geht mit dem Gefühl auseinander, die Welt ist doch nicht ganz schlecht.
Wichtig ist, dass es nicht nur ums Verkaufen geht. Schrecklich finde ich es, wenn Autoren sich immer nur dann gehäuft zu Wort melden, wenn ein neues Buch von ihnen erscheint, das wirkt auf mich sehr berechnend.
Rund um das Erscheinen von Spätsommerliebe habe ich mal das Foto einer Schale mit Früchten, die mir eine Freundin aus ihrem Garten geschenkt hatte, auf Facebook gepostet. Dazu habe ich meine Follower gefragt, was ich mit dem Obst machen soll. Flugs waren etliche Kommentare drunter. – Es macht den Leuten einfach Spaß, mich mit Ideen dafür zu versorgen. Das ist ganz was anderes, als hätte ich Buchwerbung gepostet, viel persönlicher. Und es ergibt sich, das kann man nicht erzwingen.
Mir ist wichtig, dass es von Herzen kommt. Wenn man nur die Verkaufszahlen im Kopf hat, ist das eine schlechte Voraussetzung. Man muss das, was man macht, mit Leidenschaft und Herzblut machen und andere mit dem eigenen Feuer anstecken.
Von regionalen Köstlichkeiten auf Lesungen, über eigenes Werbematerial und Buchverlosungen bis zu Marketingaktionen auf Facebook: Was ist realistisch, mit welchen Kosten sollte man als Autorin insgesamt fürs Selbstmarketing rechnen?
Bei Autogrammkarten und Werbematerial für die Marke Petra Durst-Benning übernehme ich die Gestaltung, den Druck finanziere ich selbst. Der Verlag macht auch schöne Sachen, Plakate und Aufsteller. Aber das mit den Geschenken für die Leser möchte ich mir nicht aus der Hand nehmen lassen. Was ich gerne bei meinen Lesungen ausgebe, sind Lesezeichen oder Postkarten mit Fotos von mir mit einem Sinnspruch (derzeit: „Work is love in action“) oder mit Zitaten aus meinen Büchern. Auch kleine und größere Flyer mit Zusatzinfos über die Durst-Benning-Welt – auf denen beispielsweise erklärt wird, wie es zur Glasbläserin kam – lasse ich online drucken, das kostet nicht viel. Das Design mache ich selbst – ich liebe es! Mein Zeitaufwand ist hier der teuerste Faktor. Wenn ich Bücher verlose, sind es Belegexemplare, da habe ich nur die Portokosten zu tragen. Also alles easy.
Und welche deiner Aktionen kommen bei den Fans am besten an – Gewinnspiele, Treffen oder etwas ganz anderes?
Gewinnspiele kommen immer gut an, ich verlose Bücher, aber auch mal ein Meet and Greet oder Eintrittskarten zu Lesungen. Auch die Treffen sind etwas ganz Besonderes – für mich genauso wie für die Fans. Wir hatten beispielsweise einen wunderschönen Tag am Bodensee, wo wir auf den Spuren von Bella Clara gewandelt sind. Mehrmals haben wir uns auch schon zu einem Picknick an einem meiner Schauplätze getroffen. Meine Fans bringen dann alle was mit, tauschen Ideen und Rezepte für den Tag vorher aus – vielleicht hat jemand eine Scheune, wo man bei Unwetter hingehen kann, ich bin dann eher Impulsgeberin, nicht Veranstalterin.
Ich mache Dinge, auf die ich Lust habe, nicht aus Berechnung. Ich bin eben so – und ich fände es falsch, mich zu verstellen. Ich freue mich auf meine Leser, stürze mich gern ins Geschehen. Meine Fans mögen es dann sehr, wenn ich einfach aus meinem Leben erzähle. Nicht jeder hat so ein bewegtes Leben wie ich, und die Menschen genießen es, wenn ich sie teilhaben lasse. Ich erzähle genauso von Buchmessen, Reisen, Filmproduktionen wie von meinem Haus in Südfrankreich. Ich spüre auch, dass ich es erzählen kann, ohne dass jemand neidisch wird. Meine Fans gönnen mir alle diese Dinge und sind jeden Tag gespannt, wie es mir geht, gerade weil ich sie wie eine Freundin daran teilhaben lasse.
Was geschieht bei den Treffen, die deine Fancommunity regelmäßig veranstaltet? Gab es für dich ein besonderes Erlebnis mit Fans?
Es kommt immer auf das jeweilige Programm an. Manchmal machen wir eine Wanderung, gehen ins Museum oder unternehmen einen literarischen Spaziergang. Das kommt von den Fans selbst: Einer hat mal eine Führung durch Meersburg am Bodensee angeboten, ein anderer eine Orchideenwanderung auf der Schwäbischen Alb. Ich fand das eine tolle Idee und habe das Treffen angeregt – der Rest ergibt sich. Das Ganze hat eine Eigendynamik: Ich bin dann eine von vielen, hake mich mal hier, mal dort unter. So ein Treffen klingt nach der gemeinsamen Unternehmung meist noch mit einem Essen oder Kaffee aus.
Mal sind es kleine Treffen am Rande einer Lesung, mal auch etwas Größeres, so wie das große Maierhofen-Genießerfest, das ein Buchhändler anlässlich des Erscheinens von Spätsommerliebe im Juli organisiert hat. Einmal haben wir sogar eine dreitägige Reise nach Lauscha gemacht, wo der gläserne Christbaumschmuck erfunden wurde und wir die Glasbläser besucht haben – auch das haben Einheimische für uns organisiert.
Sehr bewegend war vor ein paar Jahren ein Fantreffen, bei dem wir uns alle von einem todkranken Mitglied verabschiedet haben, die Frau ist kurz darauf gestorben. Aber dieses eine Treffen war ihr wichtig und uns anderen auch.
Wie hältst du sonst Kontakt zu deinen Fans?
Viele schreiben mir per Mail, Brief und in privaten Nachrichten auf Facebook von ihren Sorgen, aber auch von schönen Erlebnissen, das berührt mich sehr! Für manchen habe ich einen Rat, anderen höre ich nur zu. So erfahre ich, was meine Leser bewegt, und ich habe das Gefühl, das bereichert mein Schreiben.
Nur wenn mich jemand schreibtechnisch um Rat bittet, lehne ich ab. Ich bin keine Lektorin, sondern Autorin.
Holst du dir Hilfe, etwa beim Ausbau deiner Fancommunity?
Ich arbeite gern mit Profis zusammen und outsource alles, was geht. Briefe schreiben, Rechnungen ausstellen, zur Post gehen – all das machen zwei Assistentinnen, die mich im Alltag toll unterstützen und mir so den Rücken freihalten fürs Schreiben. Die eine ist nur für Lesungen verantwortlich, sie ruft beispielsweise zehn Tage vorher beim Buchhändler an und checkt, ob das mit dem Büchertisch läuft, ob alles vorbereitet ist und auch ein Mikro da ist. Wenn ich losfahre, dann bringt sie mir eine Mappe mit allen Infos, hat mir sogar die Strecke noch mal ausgedruckt, falls das Navi versagt.
Wo und wie hast du die tollen Assistentinnen gefunden und arbeiten sie fest oder auf Honorarbasis für dich?
Die beiden sind fest bei mir angestellt. Ich habe nicht über eine Anzeige gesucht, sondern es sind Freundinnen.
Ist das Fanforum auf Facebook von jemand anderem moderiert – oder machst du das alles selbst?
Das läuft eigentlich von selbst. Außer mir ist noch eine meiner Assistentinnen Admin.
Warum hast du dich für eine geschlossene Gruppe entschieden und was bekommen die Fans dort von dir?
Ich mache keine Werbung für das Fanforum. Es läuft so nebenher mit, auf die Größe kommt es mir nicht an. Die meisten Mitglieder kennen sich inzwischen persönlich und in diesem sicheren, geschlossenen Rahmen können sie sich austauschen. Bei uns laufen auch immer ganzjährige Aktionen wie „Fotografieren – Am Wegesrand“ oder „Eine gute Tat am Tag“ oder ein Gedichte-Wettbewerb et cetera. Durch diese Aktionen entdecken viele erst, welches Talent sie haben oder was sie selbst alles Schönes erleben und tun.
Deine Buchlesungen sind legendär. Oft gibt es passende kulinarische Köstlichkeiten für deine Gäste wie bei dem erwähnten Sommerfest zur Präsentation von Spätsommerliebe. Wie schaffst du es, jede Lesung zum Event zu machen?
Ich weiß genau, mit welchem Veranstalter ich was machen kann, wer für „verrückte“ Ideen aufgeschlossen ist und wen schon das Glas Sekt in der Pause sehr fordert. Auch spreche ich im Vorfeld viel mit meinem Veranstalter, bin für gemeinsames Brainstorming da, mache Vorschläge. Ich gebe Anstöße fürs Begleitprogramm der Lesung. Manchmal wiegle ich auch mal etwas ab, von dem ich glaube, dass es nicht funktioniert.
Wenn ich Vorschläge mache, schaue ich mir an: Was ist das Kernthema des Buches, was könnte man fürs Rahmenprogramm einer Lesung gut aufgreifen? Der Schauplatz ist auch ein guter Aufhänger. Auf der Alb gibt es beispielsweise deftige Speisen, Schmalzbrote oder eine Brezel, das kann man dann anbieten. Wenn man den Veranstaltern Ideen gibt und sie in ihrem Ort gut vernetzt sind, dann setzen sie es oft ganz toll um.
Aber wenn ich die Anregungen gegeben habe, muss ich mich freimachen. Dann liegt es nicht mehr in meiner Hand. Im Schwäbischen sagt man: „Man kann net alles verhebe.“ Wenn am Ende weniger Gäste kommen als erwartet, liegt es vielleicht an einer parallel stattfindenden Veranstaltung.
Mein Tipp: Je mehr Kooperationspartner dabei sind, desto wahrscheinlicher ist ein volles Haus. An das Naheliegende denken, das funktioniert am besten: Landfrauenvereinigungen, Sparkassen, Schulen, der örtliche Bäcker oder Weinhändler – je mehr Vernetzung, desto mehr Gäste. Dass ich damit richtig liege, mir so viele Gedanken zu machen, zeigt mir der Erfolg: Wo ich einmal gelesen habe, werde ich immer wieder eingeladen.
Trotz all meines Einsatzes gibt es aber hin und wieder auch ganz einfache Lesungen ohne viel Drumherum. Dann, wenn der Veranstalter sich trotz meiner Vorschläge zu keinem Rahmenprogramm bewegen lässt und ich trotzdem „hin muss“, weil es sich um einen „wichtigen Kunden“ handelt. Mit ein bisschen Glück gibt’s dann wenigstens ein Glas Sekt in der Pause.
Gelegentlich will der Veranstalter auch keine Pause machen. Das bedeutet nämlich, dass die Bestuhlung lockerer sein müsste, damit die Gäste in dieser Zeit zu mir kommen oder sich unterhalten können. Lockere Bestuhlung bedeutet aber manchmal, dass weniger Leute eingelassen werden können. Letztlich mache ich das, was der Veranstalter möchte. Aber mir tun dann immer die Gäste ein wenig leid, weil ich weiß, dass es anderswo so viel schöner geht …
Wie nimmst du Kontakt zu Buchhändlern auf und pflegst die Beziehung zu ihnen? Gibt es Dos and Don’ts, besondere Tipps, die du teilen möchtest?
Am Anfang habe ich Klinken geputzt wie wohl jeder, es kannte mich ja noch kein Mensch. Jetzt kommen die Veranstalter entweder auf den Verlag oder auf mich direkt zu, das hat sich mit der Zeit entwickelt. Mit den Buchhändlern kommuniziere ich dann wie mit jedem anderen Menschen auch, sie sind ja schließlich keine besondere Spezies. Somit gibt es keine Dos and Don’ts. Wenn es etwas anzusprechen gilt, mache ich das höflich, aber bestimmt. Ich lobe, wo Lob angebracht ist. Ich motiviere, ich kontrolliere auch ein bisschen, was wann, wo und wie läuft … Schließlich wollen wir alle eins: die perfekte Lesung! Auch deswegen habe ich eine Checkliste erstellt, die man sich vom Veranstalterforum auf meiner Website herunterladen kann: www.durst-benning.de/fileadmin/user_upload/_imported/fileadmin/media/downloads/checkliste-lesung.pdf.
Sollte man aus deiner Sicht denn versuchen, eine Lesung oder ein Event bis ins Letzte zu planen? Wie viel überlässt du dem Zufall?
Um ein neues Lesungsprogramm inhaltlich und dramaturgisch zu erarbeiten, brauche ich einige Wochen. Ich kürze, gestalte die Lesungen für das Event. Manchmal schreibe ich sogar eigene Übergänge für die einzelnen Passagen, damit eine gewisse Dramaturgie in meinem Leseprogramm ist. Und ich überlege mir, was ich dazwischen erzähle, mache mir Stichworte, was ich als Hintergrund erzählen kann, das nicht im Buch steht. Dazu kommen dann vorher noch Sprechtraining und das Üben der Lesepassagen. In der heutigen Zeit, wo die Menschen auf allen Medienkanälen hochwertige Performances anschauen können, dürfen wir Autoren uns keine minderwertige Vorstellung erlauben.
Du bietest auch literarische Spaziergänge an, wie muss ich mir diese vorstellen?
Das mache ich nicht selbst, sondern eine gute Freundin von mir, Andrea Hahn. Sie ist Inhaberin der renommierten Agentur LitSpaz (litspaz.de) in der Literaturstadt Marbach am Neckar und seit vielen Jahren Profi auf diesem Gebiet. Es macht mich stolz, dass Andrea seit diesem Jahr nun auch literarische Spaziergänge auf den Spuren meiner Romane anbietet. Sie denkt sich die Routen aus, sie sucht die Besichtigungspunkte nach den Stellen im jeweiligen Roman heraus. Das Historische erzählt dann sie, eine Schauspielerin trägt die passenden Passagen aus meinen Büchern vor.
Neuerdings gibt es außerdem eine Petra-App. Was ist das, wer hat sie entwickelt und was erhoffst du dir davon? Und, wenn du das erzählen magst: Was sind die Kosten dafür in etwa?
Die Firma kaelberer services oHG (kaelberer-online.de) hat die App entwickelt, das Konzept haben sie selbst erstellt, denn mit Apps habe ich keine Erfahrung. Das kostete knapp 4.000 Euro. Viel Geld, gewiss. Aber ich liebe es, mit der Zeit zu gehen, und ich mag die Annehmlichkeiten, die neue Techniken uns allen bieten. Mit der Petra-App kommen meine Leser mit einem Klick überall hin: zu den Lesungsterminen, zu meiner Pinterest-Seite, zu aktuellen Veranstaltungen, zu meiner Facebook-Seite. Ich erhoffe mir nichts Konkretes davon, es ist einfach ein Gimmick für die Leser. Das finde ich genial!
Neue Ideen für die Fans entwickeln, die Community und Leserunden betreuen – ist das nicht wahnsinnig viel Aufwand? Was würdest du schätzen, wie viel Zeit dich das pro Woche kostet? Fehlt dir diese Zeit nicht zum Schreiben?
Ich schätze, zehn Stunden pro Woche kommen da schon zusammen. Beim Schreiben fehlt mir die Zeit nicht, aber meine privaten Unternehmungen müssen seit einigen Jahren schon sehr zurückstecken. Alles hat seinen Preis – das ist unbestritten!
Auf der Weltpremiere von Spätsommerliebe war angekündigt, es gebe die „Möglichkeit für ein Schwätzle mit der Autorin“. Nehmen die Fans dieses Angebot wahr? Wie „privat“ wird das – oder geht es nur um deine Bücher?
Ja, die Fans nehmen das gerne wahr, und ich liebe es, mit ihnen zu plaudern! Das machen wir teilweise sogar während der Lesungen, wenn ich eine Frage ins Publikum werfe. Solche Fragen ergeben sich aus dem Kontext. Sie beziehen sich zwar immer auch auf das Thema des Buches, sind aber oft auch so etwas wie Gewissensfragen. Das kann man nicht planen. Vielleicht frage ich „Gehen Sie gern mit Ihrem Mann aus oder würden Sie den lieber zu Hause lassen?“, weil die Heldin meines Romans gerade vor einer ähnlichen Entscheidung steht. Die Gäste spielen mir dann ihre Antworten zu, daraus entwickelt sich oft ein kurzer, meist lustiger Dialog. Manchmal ist die Frage auch persönlicherer Natur, dann schlage ich vor, dass die Leute das kurz mit dem Sitznachbarn erörtern wie mit einer guten Freundin – wieder ein toller Anlass zur Vernetzung untereinander. Dadurch entsteht eine gute Stimmung.
Auch beim Signieren sprechen wir miteinander, und oft bekomme ich Mails oder Nachrichten über Social Media. Die Fans fragen dann aber weniger, sie erzählen eher von ihren Erlebnissen mit meinen Büchern oder Dinge aus ihrem Leben. So manch einem half ein Durst-Benning schon über eine schwere Zeit hinweg, über Krankheiten et cetera. Es gibt auch Leser, die durch meine Geschichten Mut und Kraft schöpfen, selbst etwas zu beginnen oder zu beenden – das berührt und ehrt mich immer sehr.
Was geben deine Fans dir zurück, was schätzt du an ihrem Feedback und an dem Kontakt? Wie gestaltest du die Beziehungen zu deinen Fans und wo musst du vielleicht auch manchmal Grenzen ziehen?
Eine amerikanische Kollegin (mit 4,5 Millionen verkauften Büchern) hat einmal zu mir gesagt: „Wenn man es genau betrachtet, dann sind im Bücher-Business nur zwei Parteien unersetzlich: der Autor und der Leser. Alles andere kannst du zur Not weglassen.“ Das sagt im Grunde genommen alles über die Wichtigkeit der Beziehung zwischen Autor und Leser.
Grenzen ziehe ich bewusst keine, mir sagt mein Gefühl immer ganz genau, wie weit ich jemanden an mich heranlassen kann und wann es mir zu viel wird. Und das spüren 99 Prozent meiner Gegenüber.
Aus einer Leserzuschrift: Ihre Bücher würde ich blind am Schreibstil erkennen. Die Liebe zu den Figuren, die szenische Dichte, die Spannung und der Spaß beim Leben – das alles macht einen echten Durst-Benning aus!
Du erzählst freimütig über dein Engagement im Tierschutz, deine Abneigung für die Politik von Herrn Seehofer, deine Vorliebe für leckere Kuchen und über deinen veganen Lebensstil. Du postest Bilder von dir im Garten und im Urlaub oder bei Spaziergängen mit deinen Hunden. Hast du jemals Bedenken, dass du zu viel Privates preisgibst? Was würdest du niemals posten?
Die Menschen glauben, mich zu kennen, aber sie kennen nur einen Bruchteil meiner vielen Facetten, insofern habe ich keine Bedenken. Bei allem, was ich poste, möchte ich immer authentisch bleiben, das ist mir wichtiger als Everybody’s Darling zu sein.
Was ich schrecklich finde, ist dieses ganze Online-Gejammere! Wenn jemand krank ist oder keine Lust auf was hat oder ihm das Wetter auf die Nerven geht – wen interessiert’s? Damit würde ich die Leute niemals langweilen. Wenn man nichts zu erzählen hat, sollte man es einfach lassen, ist meine Meinung.
Wirst du außerhalb der Heimat auf der Straße erkannt? Wie gehst du damit um, wenn dich jemand mit „Hallo Petra“ grüßt, den du gar nicht kennst?
Wenn mich jemand mit „Hallo Petra“ grüßt, freue ich mich und grüße freundlich zurück. Das ist eigentlich seit der Glasbläserin und der Verfilmung so. In ganz Amerika nennen mich die Leser auch nur beim Vornamen! Die Leute sprechen mich überall an, im Supermarkt, am Telefon bei Behörden-, Versicherungs- oder sonstigen Anrufen, sogar bei meinen Hundespaziergängen kommen sie auf mich zu. Aber immer nur mit einem kurzen Hallo, das empfinde ich als sehr angenehm. Es gab allerdings auch schon den Fall, dass jemand in meiner Einfahrt stand und ein Buch signiert haben wollte. Das mag ich dann nicht so sehr ... Ich habe eher verhalten freundlich reagiert und klar gesagt, dass ich mir wünschen würde, er würde nachfragen, bevor er kommt.
Ich muss meine Grenzen ziehen – zwischen Bewunderung und Stalking ist ein sehr schmaler Grat. Wenn ich spüre, dass es den überschreiten könnte, bin ich ganz offen und klar zu den Fans.
Wie begegnest du den Fans bei den Buchmessen, der lit.Love oder bei Premieren zu deinen Verfilmungen? Wie bereitest du dich darauf vor?
Im Vorfeld sorgen wir dafür, dass Presse da ist, darum kümmert sich die Presseabteilung des Verlags. Das ist mein Wunsch und das habe ich so mit den Kolleginnen besprochen. Mir geht es speziell um die Lokalpresse – die Redaktion bekommt von uns eine persönliche Einladung. So etwas hat für die Region viel mehr Wirkung, als dass ein überregionales Magazin berichtet.
Auch ist mir meine äußere Erscheinung sehr wichtig. Vor einem Event frisiere ich mir die Haare, schminke mich und ziehe mir was Hübsches an. Das hat nichts mit Auftakeln zu tun! Aber wenn ich manchmal sehe, wie „schluderig“ so mancher Autor auf die Bühne geht ... Das empfinde ich dem Gast gegenüber als nicht respektvoll. Man muss sich doch nur vorstellen, dass die Gäste zwei Stunden nichts anderes tun, als auf die Bühne zu schauen. Da wird jedes Detail bemerkt! Ich möchte nun wirklich nicht, dass meine Gäste auf abgelaufene Absätze oder fettige Haare schauen müssen.
Und wie gehst du mit dem Rummel um deine Person um? Wann wird dir der Wirbel zu viel und wie gleichst du das dann aus?
Mein Umfeld erdet mich und würde auch niemals erlauben, dass ich irgendwie „abhebe“, dazu sind alle viel zu bodenständig! Was den Wirbel angeht: Im Laufe der Jahre habe ich mir viel Power und Durchhaltevermögen antrainiert, sonst würde ich mein Pensum gar nicht schaffen. Wenn du ehrgeizig bist und ganz oben mitspielen willst, musst du dich durchsetzen können und dich zusammenreißen! Dass ich das kann, ist zum einen eine Typsache, aber es kostet natürlich auch mich Kraft. Wenn du nicht bereit bist, dich an die Kandare zu nehmen, dann bist du für diesen Job nicht geeignet.
Während der Lesereisen ist das wie eine riesengroße Welle, aus der man nicht rauskommt, da hilft mir an den Abenden und bis in die Nacht hinein das Adrenalin. Auch die Begegnungen mit den Leserinnen und Lesern geben mir Kraft. Während der Lesezeiten braucht man sehr verständnisvolle Freunde. Viele haben eben ein ganz anderes Lebenskonzept, da steht die Karriere nicht so im Vordergrund. Erst etwa drei Monate nach Erscheinen kehrt wieder Ruhe ein. Dann brauche ich Zeit für mich, gehe vom Außen wieder ins Innen, tanke Ruhe und Kraft durch die Spaziergänge mit meinen Hunden, die stabile Beziehung zu meinem Mann und Treffen mit Freundinnen.
Gab es eine Aktion von Fans, Verlag oder Buchhändlerinnen, die dich besonders überrascht und gefreut hat?
Derzeit verschickt der Verlag Vorabexemplare der Fotografin an meine Veranstalter wie Bibliotheken, Buchhändler und Lesefestveranstalter. Dabei liegt immer ein Gruß von mir – dafür bekommen wir ein großes Echo und viel Dank.
Einige deiner Bücher – Die Glasbläserin und Die Samenhändlerin – sind verfilmt worden. Kamen die Sender oder Produktionsgesellschaften direkt auf dich zu, über den Verlag oder deine Agentur?
Das ging alles über den Verlag.
Worauf achtest du, wenn du Filmrechte vergibst? Lässt du dir zum Beispiel ein Mitspracherecht einräumen, was das Drehbuch angeht?
Buch ist Buch. Und Film ist Film. Das trenne ich als Autorin sehr klar. Wenn der Verlag und ich die Rechte verkaufen, dann darf derjenige damit machen, was er mag. Ich schaue mir die Leute, mit denen wir es zu tun haben, schließlich im Vorfeld genau an, und wenn ich jemandem nicht vertrauen würde, käme es gar nicht zur Vertragsunterzeichnung. Würde RTL II bei mir anfragen, bekämen die beispielsweise kein Buch von mir!
Mimi Reventlow heißt die Heldin deines neuen Romans Die Fotografin, der im September erschienen ist. Er erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die Anfang des vergangenen Jahrhunderts einen Lebensweg geht, der den meisten Frauen ihrer Generation verschlossen bleibt – als Fotografin reist sie durchs Land und findet die große Liebe. Wie wirst du Mimi dabei unterstützen, die Welt der Bücher zu erobern? Was hast du für die Buchvorstellung geplant, wann beginnst du mit einer solchen Planung und wie machst du deinen Fans Lust auf den Stoff?
Bei jeder Neuerscheinung in der fünfteiligen Saga wird es eine Lesereise geben, allein diesen Herbst sind über zwanzig Lesungen geplant, im kommenden Frühjahr nochmals so viele. Schon beim Schreiben dachte ich mir immer wieder: „Das musst du später unbedingt auf deinen Lesungen erzählen!“ Und so entstand das Gerüst für die Fotografin-Lesungen zum ersten Mal wie von selbst ... Bei diesen Lesungen greife ich natürlich auch den Schauplatz mit auf – die Schwäbische Alb. Auch das Thema Fotografie bietet sich an, wir holen dann zum Beispiel einen Fotografen dazu oder jemanden, der historische Fotos sammelt und ausstellt. Das zweite Thema, das auf der Hand liegt, ist die Leinweberei. Auch dafür können Veranstalter einen Experten einladen, der zusätzlich von seinem Handwerk erzählt. Das ist ein schönes Rahmenprogramm.
Außerdem bietet gerade dieser Stoff noch etwas ganz Besonderes, und das liegt mir sehr am Herzen. Die Fotografie war eine disruptive Innovation – eine bahnbrechende Erfindung. Sie eröffnete neue Märkte und ganz neue Möglichkeiten für die Zukunft, und die sich rasant entwickelnde Fototechnik zu Mimi Reventlows Zeit verdrängte auch vorhandene Dienstleistungen. Irgendwann war die Wanderfotografie ausgestorben und man musste sich auf Neues einstellen, ohne zu wissen, wie das gehen soll und was kommen wird. Das ist ein sehr aktuelles Thema! Gerade heute sorgt die Digitalisierung dafür, dass keiner genau weiß, was uns erwartet. Meine Fans wissen nicht, wie sie ihre Kinder für ihr kommendes Arbeitsleben möglichst gut vorbereiten sollen. Da kann ich einen schönen Bogen zu heute schlagen und den Menschen auf den Lesungen durch den Blick zurück Mut für das Morgen machen. Und da bin ich wieder bei meiner eigentlichen Aufgabe – den Menschen etwas geben –, denn das ist mir am wichtigsten.
Linktipps
www.durst-benning.de
www.facebook.com/groups/DurstBenningFanforum
www.randomhouse.de/Feiern-wie-in-Maierhofen-Petra-Durst-Benning-stellt-ihren-Schauplatz-kulinarisch-vor/Superschnelle-Focaccia/aid79980_16513.rhd
Auch mit Podcasts lädt Petra Durst-Benning Fans in ihre Welt ein, berichtet von der lit.Love, ihrem Jahresmotto 2018, von echtem und gefühltem Stress: www.podcast.de/podcast/617317
Die kostenlose Petra-App – im Google Playstore https://play.google.com/store/apps/details?id=de.bikado.myapp.android191ea3cfc8508 und im Apple Store https://itunes.apple.com/us/app/petras-app/id1360212315?l=de&ls=1&mt=8
Interviewerin: Anne Weiss | www.bonnerweiss.de | [email protected]
Weiterlesen in: Federwelt, Heft 132, Oktober 2018
Foto: privat
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Dieser Artikel steht in der Federwelt, Heftnr. 132, Oktober 2018: /magazin/federwelt/archiv/federwelt-52018
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• umbreit: https://umbreit.e-bookshelf.de/federwelt-132-05-2018-oktober-2018-11712038.html
• buecher: https://www.buecher.de/shop/ebooks/federwelt-132-05-2018-oktober-2018-ebook-pdf/durst-benning-petra-gruber-andreas-uschmann-oliver-pagendamm-bri/products_products/detail/prod_id/54114324/
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