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Marketingtool Facebook

Federwelt
Nicole Neuberger
Bild zum Beitrag von Nicole Neuberger

Lohnt sich noch die Jagd auf Likes? 4715 „Gefällt mir“-Angaben. Stellen Sie sich vor, Ihre Facebook-Seite hätte derart viele Likes. Wow, könnten Sie als AutorIn denken, ich habe es geschafft! Meine Autorenpage ist beliebt, ich bin beliebt und mein nächstes Buch schafft den Sprung in die Charts praktisch von allein. Einen Post bei Facebook und schon aktiviere ich 4715 potenzielle KäuferInnen. Immerhin ist Facebook das wichtigste Marketingtool für AutorInnen und außerdem kostenlos. Richtig?

Nein! Klar, Sie sind einer von Facebooks 500 Millionen Freunden, aber: Facebook ist ein Milliarden-Dollar-Unternehmen, das in erster Linie Gewinn erzielen will. „Pay to Play“ – bezahle, um zu spielen – ist das unausgesprochene Motto, mit dem die Social-Media-Plattform Seiten von Unternehmen, Dienstleistern oder AutorInnen behandelt. Was das genau bedeutet, erkennen Administratoren von Fanseiten, wenn sie einen Blick auf ihre Statistik werfen. Dort erfahren sie: Von den 4715 Fans haben gerade einmal 400 den Hinweis auf das neue Buch gesehen. Erschreckend wenig. Wer möchte, dass der Beitrag sämtlichen Fans der Seite angezeigt wird, muss ihn sponsern, also schlichtweg bezahlen. „Abzocke!“, werden jetzt einige rufen. Nachvollziehbar, aber noch einmal: Facebook ist ein Wirtschaftsunternehmen und keine Wohltätigkeitsorganisation. Außerdem ist die Auslese bei Facebook nicht nur auf Profit ausgerichtet, sie soll NutzerInnen auch vor Spamming schützen und ihnen genau die Inhalte im Newsfeed, der Liste neuer Meldungen, präsentieren, die sie wirklich interessieren. Um dieses Ziel zu erreichen, verwendet Facebook einen ausgeklügelten Algorithmus. Dieser bevorzugt seit Sommer 2015 zum Beispiel Statusmeldungen von Freunden gegenüber denen von AutorInnen, Dienstleistern und Unternehmen sowie Fotos oder Videos gegenüber einfachen Links und individuelle Posts gegenüber mehrfach gleichen. Und genau in diesen Punkten liegt die Lösung für eine höhere organische, das heißt kostenlose, Reichweite.

Fans besser erreichen
Was also können Sie tun, um von Ihren Fans so viele wie möglich zu erreichen?

  1. Posten Sie interessante Beiträge, die zu Kommentaren, Likes und zum Teilen animieren. Fragen Sie Ihre LeserInnen nach ihrer Meinung zu einer Szene, einem Namen oder Ihrem Cover, veröffentlichen Sie besonders schöne (kurze) Zitate aus Ihren Büchern oder eine Fotoinspiration zu einer Ihrer Geschichten.
  2. Laden Sie Videos und Bilder immer direkt von Ihrem PC oder Smartphone hoch und teilen Sie sie nicht von anderen Portalen wie YouTube oder Instagram.
  3. Je länger ein Leser auf einem Beitrag verweilt, desto eher stuft Facebook ihn als relevant ein. Ein „Guten Morgen“ an die Fans ist nett, wird aber vermutlich untergehen. Schreiben Sie lieber ein paar Sätze dazu, was Sie für den Tag geplant haben.
  4. Verteilen Sie Ihre Fans auf keinen Fall auf mehrere Seiten wie zum Beispiel individuelle Buchseiten, egal wie oft Sie diese Empfehlung hören. Auf den ersten Blick erscheint die Idee gut, weil Sie so mehr Fans sammeln. Genau besehen ist sie jedoch nur von Nachteil: Sie verteilt Ihre Social-Media-Power und wertet Ihre Beiträge ab. Denn was tun Sie, wenn Ihr neues Buch erscheint und Sie eine Autorenseite und zwei Seiten zu bereits erschienen Büchern haben? Richtig, Sie posten den Link zum Roman auf allen drei Seiten und wahrscheinlich auch auf Ihrem privaten Profil. Was macht Facebook daraus? Spam. Die Sichtbarkeit der Beiträge wird herabgestuft. Und mal ehrlich, ganz unrecht hat das Unternehmen damit nicht. Wer will den gleichen Link vier Mal sehen?
  5. Gefühle zeigen! Facebook gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihrer Statusmeldung ein Smiley und damit ein Gefühl zuzuordnen und belohnt die Smiley-Nutzung mit Reichweite. Übrigens können Sie auch individuelle Smileys kreieren.

Beherzigen Sie diese Empfehlungen, erhöhen Sie die Sichtbarkeit Ihrer Meldungen. Wenn Ihre LeserInnen dann noch interagieren, erreichen Sie vielleicht sogar einen Großteil Ihrer Fans.
Eine weitere Lösung soll nicht unter den Tisch fallen, ist aber mit Vorsicht zu genießen. Wie gesagt, bevorzugt Facebook Statusmeldungen von Freunden. Warum also nicht auf die Autorenseite verzichten und LeserInnen zu Freunden machen? Das geht. Aber nur 5.000 Mal. Mehr Freunde sind nicht erlaubt, sonst werden Sie zur Person öffentlichen Interesses und daher aufgefordert, Ihr privates Profil in eine Fanseite umzuwandeln.

Außerdem sollten Sie sich fragen, ob Sie Ihre Privatsphäre wirklich aufgeben möchten, Ihren Account öffentlich machen und Ihre „echten“ Freunde mit Ihren virtuellen vermischen. Wollen Sie, dass Ihre LeserInnen, die Fotos von der letzten Geburtstagsparty sehen? Und sollen Ihre Nachbarn, Freunde und die Familie jede Konversation mit Ihren LeserInnen mitverfolgen müssen?
Das alles klingt kompliziert und eventuell sogar nicht der Mühe wert. Eine Frage stellt sich beinahe automatisch:

Lohnt die Jagd auf Likes noch?
Die Antwort lautet jein. Wer sich beim Marketing auf andere verlässt, seien es Facebook, Amazon oder LovelyBooks, muss nach deren Regeln spielen und geht das Risiko ein, seine Verkaufsgrundlagen zu verlieren, sobald sich diese Regeln ändern. Wer auf Nummer sicher gehen und die Kontrolle behalten will, bindet die LeserInnen an die eigene Homepage, etwa über einen Newsletter. Andererseits ist Facebook die derzeit wichtigste Social-Media-Plattform für den Kontakt mit LeserInnen und – bei aller Kritik – das momentan günstigste Marketingtool. Eine gekonnt platzierte Anzeige oder ein gesponserter Beitrag schlagen mit nur einem Bruchteil von dem zu Buche, was andere Werbemaßnahmen kosten, und sie erzielen Reichweiten, von denen Wurfzettel, Werbeportale und Blogs nur träumen können. Fans zu sammeln lohnt also immer noch, aber nicht um jeden Preis. Denn wer für seinen Newsletter 4715 AbonnentInnen hat, erreicht diese mit jeder Neuigkeit, wann immer er möchte, vollkommen kostenlos. Aber das ist ein Thema für einen anderen Artikel.

In: FEDERWELT, Heft 114, Oktober/November 2015