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Hilfe ich habe Signierstunde! Von der Kunst, die passende Widmung zu finden

Federwelt
Katja Kulin
copyright: Nina George

Hilfe, ich habe Signierstunde!
Von der Kunst, die passende Widmung zu finden

Von Katja Kulin
Endlich ist Ihr Buch veröffentlicht. Jetzt beginnt die Vermarktung, es folgen Lesungen und Signierstunden.

Sie bieten die Möglichkeit, mit LeserInnen direkt in Kontakt zu treten und Rückmeldungen zu erhalten. Für die LeserInnen wiederum ist es meist etwas ganz Besonderes, „ihre“ AutorInnen zu treffen und ein Buch mit einer persönlichen Widmung zu ergattern. Wie aber gestalten Sie Ihre Signierrunde so, dass sie ein Höhepunkt für alle Beteiligten wird?

Autogramm oder mehr?

Reicht es aus, einfach die Unterschrift und das Datum in das hingehaltene Buch zu setzen, vielleicht noch begleitet von einem vorangestellten „Herzlichst, Ihr/Ihre“?

Für mich war vor meiner ersten Signierstunde glasklar, dass die Widmung einen Bezug zum Thema des Buchs haben musste, denn es handelte sich dabei nicht um einen Roman, sondern um einen Ratgeber zum Thema Fußgesundheit. So schrieb ich also „Bleiben Sie gut zu Fuß!“ oder auch „Sein Sie bald wieder gut zu Fuß!“ auf die Schmutztitelseite. Aber auch vor einem „Mit freundlichen Füßen“ schreckte ich nicht zurück und erntete so manchen Schmunzler damit.

Einige Zeit später rückte mit einer Veröffentlichung im belletristischen Bereich die nächste Premiere näher. Also startete ich eine kleine Umfrage unter AutorInnen, um herauszufinden, wie diese ihre Bücher signieren.

Vorbereitung ist alles

Dabei stellte sich heraus, dass eine gute Vorbereitung praktisch die ganze Miete ist. Fast jedeR Befragte nannte das Mitnehmen mehrerer Stifte als unbedingtes Muss, um peinliche Momente zu vermeiden, sollte einer versagen. Denn natürlich greift Murphys Gesetz auch bei Lesungen.

Wenn außerdem bereits vorher absehbar ist, dass viele Bücher über den Tisch gehen werden, etwa anhand der Voranmeldungen, können Sie Ihren Standardspruch oder das Grußwort samt Unterschrift schon vorbereiten, damit keine langen Wartezeiten entstehen. Dann müssen Sie später nur noch erfragen, ob und wem das Buch gewidmet werden soll. Natürlich können Sie auch Spontaneität walten lassen. „Je mehr Leute anstehen, desto kürzer der Text“, formuliert Klaus Märkert eine Faustregel. Er ist Autor humoristischer Romane und Kurzgeschichten.

Zitate und Sprüche sollten Sie gut auswendig lernen, besonders wenn Sie zwischen verschiedenen hin- und herspringen möchten, um sich individueller auf die LeserInnen einzulassen. Groß ist die Freude meist ebenfalls über ein Grußwort, das eine Beziehung zwischen LeserInnen und Buch herstellt. Robert Corvus, der auch unter dem Pseudonym Bernard Craw Fantasy und Science Fiction schreibt, erzählt: „Meistens schreibe ich einen kurzen Satz, der einen inhaltlichen Bezug zum Buch hat, aber kein direktes Zitat ist. Bei Sanguis B. Vampire erobern Köln könnte das zum Beispiel sein: ‚Viel Vergnügen in den dunklen Gassen im Schatten des Doms!‘.“

Viele AutorInnen fragen, ob die KäuferInnen sich eine persönliche Widmung wünschen. Mitunter stellt sich heraus, dass das Buch ein Geschenk sein soll. Nina George, Journalistin und Autorin von (Liebes-)Romanen und Krimis, legt dann noch einige Fragen nach. Mit dem Wissen um den Anlass für das Präsent oder eine besondere Stärke der beschenkten Person gibt sie der Widmung eine besondere Note.

Stefanie oder Stephanie?

Ganz wichtig ist es, die nach der genauen Schreibweise der Namen zu fragen. Denn Namen sind nicht Schall und Rauch, sondern Teil unserer Identität. Ein „Für Stefanie“ wird verständlicherweise zur großen Enttäuschung für die Empfängerin (und zur Peinlichkeit für einen selbst), wenn sie sich in Wahrheit mit „ph“ schreibt. Deshalb: Fragen Sie lieber einmal zu oft als einmal zu wenig nach und lassen Sie sich den Namen gegebenenfalls auf einem Notizzettel vorschreiben. Einen guten Tipp, um dabei Zeit zu sparen, hat Robert Corvus: „Wenn der Andrang sehr groß ist, die Zettel in der Schlange verteilen lassen, sodass die Fans zur Vorbereitung dort schon ihre Namen draufschreiben können.“

Aber auch beim eigenen Namen ist mitunter Vorsicht geboten. „Wenn man sich im Eifer des Signiergefechts nicht sehr konzentriert, passiert es schnell, dass man mit seinem Realnamen statt mit dem Pseudonym unterzeichnet“, erzählt Nicole Wellemin, die als Teil eines Autorinnenduos Liebes- und Erotikromane unter verschiedenen Pseudonymen schreibt. Kim Henry ist eines davon.

Nein sagen ist erlaubt

Die allermeisten LeserInnen sind laut meiner Umfrage glücklich und zufrieden, überhaupt eine kurze Widmung zu erhalten, und überlassen es selbst auf Nachfrage den AutorInnen, was sie schreiben. Ab und zu kommt es dennoch vor, dass eine außergewöhnliche Widmung gewünscht wird. In Stephen Kings Buch Sara wird bei einer Signierstunde der Protagonist Michael Noonan aufgefordert, mit „Ihr bester Freund“ zu unterschreiben, „bester unterstrichen“. Noonan kommt dem Wunsch nach, obwohl er doch eine ziemliche Anmaßung darstellt.

Noch einen Schritt weiter als in dem fiktiven Beispiel ging eine Dame bei dem von mir befragten Mac P. Lorne, Autor historischer Romane. Sie bat ihn, mit „In Liebe“ zu unterschreiben. Da ihm die Dame völlig unbekannt war, verweigerte er ihr dies freundlich, aber bestimmt.

Auch Klaus Märkert wurde mit einem außergewöhnlichen Wunsch konfrontiert: „Schreiben Sie nur das Datum und Ihre Unterschrift.“ Das allein war nicht ungewöhnlich, das Datum allerdings sollte der 06.06.2050 sein. Märkert hat den Wunsch erfüllt, obwohl er sich kurz fragte, ob er damit nicht im Grunde eine Urkundenfälschung beging.

Grundsätzlich gilt: Sie dürfen Nein sagen, wenn Ihr Bauchgefühl ungut ist.

An der Quasselstrippe

Die meisten LeserInnen bedanken sich beim Signieren für die schöne Lesung oder die spannenden Abende mit dem Buch und erwähnen, wie lange sie schon Fan sind. Manche möchten, wenn sie schon einmal ihren LieblingsautorInnen gegenüberstehen, gern auch ein richtiges Gespräch mit ihnen führen. Dann berichten sie zum Beispiel, dass sie selbst die gleichen Probleme oder Erlebnisse wie die Hauptfigur haben, machen Verbesserungsvorschläge oder erwähnen, dass sie auch schon lange ein Buch schreiben wollen.

Letzteres kann in der Frage münden, ob Sie nicht behilflich sein und womöglich bereits Geschriebenes anschauen mögen. Hier souverän zu bleiben und freundlich abzulehnen, ist nicht immer leicht, aber nötig. Sonst kommen Sie bald nicht mehr zum Schreiben. Über das Buchthema, die Figuren oder neue Projekte reden wir AutorInnen in der Regel gern, die Rückmeldungen streicheln das Ego. Das Gesprächsheft sollten Sie dennoch fest in der Hand und den Smalltalk freundlich, aber kurz halten, wenn die Warteschlange lang ist.

„Wichtig für einen reibungslosen und professionellen Signierablauf privat organisierter Lesungen ist es, den Buchverkauf immer an Helfer zu delegieren, damit Sie selbst nicht noch zwischen dem Signieren mit Kleingeld hantieren müssen“, berichtet Thrillerautorin Ute Bareiss.

Findet Ihre Lesung in einer Buchhandlung statt, rät Nina George, die Exemplare, die die Buchhändlerin/der Buchhändler später allein verkaufen möchte, am Schluss zu signieren. Da jedoch ohne Datum, nur mit Unterschrift. Außerdem sei es eine schöne Geste, ein Exemplar aus dem eigenen Fundus persönlich der Buchhändlerin zu widmen, mit Dank für den Abend am ... in ...

Alles ganz entspannt

Mit ein wenig Vorbereitung können Sie ganz entspannt in Ihre erste Signierstunde gehen und dort nach Belieben Spontaneität walten lassen. Denn die allerwichtigste Regel lautet natürlich: Verkrampfen Sie nicht, haben Sie Spaß!

Tipps rund um die Signierstunde:

  • mehrere Stifte bereitlegen
  • Verträglichkeit von Stiften und Papiersorte testen, um zu verhindern, dass Farben zerfließen, zu stark durchscheinen, die Folgeseite(n) durchtränken ...
  • signierfähiges Material für reine Autogrammsammler mitnehmen
  • immer die genaue Schreibweise von Namen erfragen
  • schwierige Namen auf Notizzetteln vorschreiben/vorschreiben lassen
  • Pseudonym und Realnamen nicht verwechseln
  • stets freundlich und zugewandt sein, plaudern, aber nicht auf längere Gespräche einlassen
  • Widmungen bei erwartetem Andrang weitgehend vorbereiten oder spontan in der Länge anpassen
  • Bücherverkauf immer an den Buchhändler oder die Buchhändlerin beziehungsweise an einen Helfer delegieren
  • am Ende ein Exemplar mit persönlichem Dank für den Veranstalter signieren
  • „Buchhaltung“ nicht vergessen: Stadt, Datum und Lesungsort gern über die Unterschrift setzen
  • locker bleiben und genießen

Mini-Umfrage: Wie signieren andere AutorInnen Ihre Bücher?

(15 Befragte, Mehrfachnennungen möglich)

  • persönliche Anrede, Grußwort, Unterschrift (12)
  • kurzes Grußwort, Unterschrift (11)
  • Individuelle Widmung nach LeserInnenwunsch (10)
  • Zitat, das zum Buchthema passt, Unterschrift (5)
  • HeldIn des Buchs kommt zu Wort, Unterschrift (2)
  •  

Frank Goosen, Autor und Kabarettist, leitet das Ende seiner Auftritte immer mit diesen Worten ein: „Wenn Sie mögen, entwerte ich Ihnen Ihre Bücher gleich noch mit meiner Unterschrift.“
 

Anekdoten

Robert Corvus: „Aus der Menge näherte sich eine wunderschöne junge Dame, Mitte 20, blond gelocktes Haar, Traumfigur, eine engelsgleiche Erscheinung. Sie rief: ‚Oh, Perry Rhodan! Bekomme ich ein Autogramm ...?‘ Ich zückte mit stolzgeschwellter Brust meinen Signierstift, legte Heft und Autogrammkarte bereit und überlegte, wie ich ein überzeugendes Gespräch beginnen könnte. Sie fuhr aber direkt fort: ‚... für meine Mutter!‘“

Heidemarie Brosche: „Einer Spontan-Frau wie mir fordert es ein Höchstmaß an Konzentration ab, wenn Bücher zu signieren sind, die ich unter Pseudonym geschrieben habe. Habe da schon tolle Kombinationen vollbracht, etwa Hildegard oder Hildemarie Brosche. Ich verkaufe das dann als etwas sehr Persönliches. Ist es ja auch. Die Persönlichkeit der Autorin schlägt voll durch. ;-)“

Titus Müller: Persönlich vor Ort zu sein, als Autor ‚zum Anfassen‘, ist eine große Stärke von uns Midlistautoren. Das können die Stars nicht bieten, die fahren nicht nach Posemuckel. Wenn sich beim Signieren ein kurzes Gespräch ergibt oder wenigstens ein freundliches Lächeln für jeden, dann bleibt man in Erinnerung, auch über das Lesen dieses Buchs hinaus. Manche meiner Lesungsbesucher kommen jedes Jahr wieder. Ich bin, als ‚Geheimtipp‘, ihr Autor geworden.“

Nina George: „Ich schreibe NIEMALS, dass jemand Spaß haben soll beim Lesen. Passend fände ich das nur, bei einem zutiefst amüsanten humorvollen Werk. – Zur Unterschrift: Man kann auch eine Signatur entwickeln, die einem Icon ähnelt.“

 

Autorin: Katja Kulin | http://katja-kulin.de/
In: Federwelt, Heft 119, August 2016
Foto: Nina George | http://www.ninageorge.de/