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Der mühsame Weg zum Buch

Federwelt
Ben Weber
Bild zum Thema Der mühsame Weg zum Buch

Nein, ich habe dieses Buch nicht geschrieben, weil es schon immer mein Wunsch war, Schriftsteller zu werden. Oder berühmt zu sein. Doch wie bin ich auf die Idee gekommen? Die Antwort lautet: Das Buch „Papa-Probetraining“ kam zu mir.

Drehen wir die Uhr zurück – ins Jahr 2007: Zu diesem Zeitpunkt war ich Teilzeittherapeut und Hausmann, verheiratet und (unfreiwillig) kinderlos. Einer beginnenden Midlife-Crisis lief ich energisch davon, der Berlin-Marathon war mein großes Ziel. Doch es sollte anders kommen ...

Meine Frau kümmerte sich damals um einen neunjährigen Jungen aus dem Kinderheim der Nachbarstadt. Er war ihr Schüler gewesen, bis seine Pflegeeltern sich von ihm getrennt hatten. Ich war neugierig auf den Burschen, den meine Frau so ins Herz geschlossen hatte. Schon bei unserem ersten Treffen war ich von seiner Erscheinung beeindruckt. Denn trotz seiner schlechten Erfahrungen strahlte der Junge noch immer ungebrochene Lebensfreude und Energie aus. Dieses gute Gefühl war so ansteckend, dass ich tatsächlich zu seinem „Wochenend-Papa“ wurde! So begann für mich eine abenteuerliche Zeit: Zoobesuch, Schwimmbad, gemeinsames Shoppen ... alles mit Kind. Einem quirligen, neunjährigen Jungen, der oft zu laut lachte, manchmal aber auch zu Wutanfällen neigte.

Um das Besondere unserer Begegnung nicht zu verlieren, schrieb ich es auf. Anfangs nur Notizen, aus denen ich später Kurzgeschichten formte. Umfangreicher und lesenswerter, als ich es selbst erwartet hatte. Die Idee zum Buch war geboren ...

150 Seiten Minimum
150 Seiten Minimum, die sollten es schon sein, das hatte ich im VHS-Kurs „Von der Schublade zur Veröffentlichung“ erfahren. Also bemühte ich mich, regelmäßiger zu schreiben. Trotzdem, es dauerte noch fast vier Jahre bis ich meine Geschichte (mit über 230 Seiten) zu Ende brachte.

Im Herbst 2012 versandte ich schließlich einen Teil meines Manuskripts an mehrere Verlage. Zweimal kamen die Texte schon nach kurzer Zeit zurück, jungfräulich ungelesen. Kein Bedarf. Die anderen ließen sich Zeit. Nach Monaten rief ich in einem Verlag an, um nachzufragen. Aber man wusste dort nicht einmal, wo mein Werk sich befinden könnte. Es war nicht registriert worden. Ich hatte die Nase voll, schon jetzt, nach nur wenigen Absagen! Damit stand auch mein Entschluss fest: Ich würde am Neobooks-Wettbewerb teilnehmen. (Damals – im Frühjahr 2013 – konnte man auf der Droemer-Knaur-Plattform www.neobooks.com ein kostenloses Lektorat erhalten, wenn man einen Romanauszug hochlud und dieser nach dreimonatiger Beurteilung durch die Leserinnen und Leser einen Top-Ten-Platz erreichte. Inzwischen sind die Konditionen des Wettbewerbs geändert worden.)

Zustimmung, Kritik, E-Book-Verlagsvertrag
In den folgenden Wochen bekam ich viel Zustimmung, erntete aber auch Kritik. Ich überarbeitete meine Textproben entsprechend und erreichte schon bald die Top Ten.

Dort blieb mein Werk über Wochen und Monate. Bis eine Zwei-Sterne-Rezension es zu Fall brachte – wenige Stunden vor Ablauf der Wettbewerbsfrist! Ich vermutete Vetternwirtschaft und Manipulation, war furchtbar wütend und sehr enttäuscht.

Doch nur wenige Tage später meldete sich Droemer Knaur bei mir. Mein Textauszug hatte neugierig gemacht. Man forderte mein Manuskript an, fand es überaus lesenswert und handelte mit mir einen E-Book-Vertrag aus. Es folgten Lektorat, Korrektur und mehrfache Überarbeitung. Im Dezember 2013 wurde „Papa–Probetraining“ veröffentlicht. Ich war so stolz und zufrieden, endlich war ich ein „richtiger“ Schriftsteller!

Werbung und Wirkung?
Der Verlag hat die übliche Werbung arrangiert (Aufnahme ins Herbstprogramm, Leserunde bei LovelyBooks, Präsentation auf der Verlagsseite), aber mit mäßigem Erfolg.

Ich selbst verteilte fleißig Werbeflyer, ließ mir eine Homepage einrichten, produzierte mit meinem Sohn einen Buchtrailer und präsentierte mich und mein Buch auf Facebook. Ich nahm Kontakt zu den Medien und zu Bücherblogs auf und erreichte, dass über mich berichtet wurde und ich Rezensionen bekam, die sehr positiv ausfielen. Im Juli 2014 war mein Roman – während einer zeitlich begrenzten Rabattaktion (angekündigt auf xtme und Facebook) – für wenige Tage sogar der Bestseller Nummer eins.

Wird das Buch auch gedruckt?
Die einjährige Option, das Buch auch als Printversion herauszubringen, hat der Verlag im November 2014 leider verstreichen lassen. Obwohl die Lektorinnen den Roman in seiner Endfassung mitgestaltet hatten, war er der Marketingabteilung nun „zu wenig reißerisch“ und „zu nah am Leben“ orientiert.

Schlage ich nun im „Traumziel Buch“ (Uschtrin Verlag) nach, welche Forderungen hinsichtlich der Rechtenutzung (Vertragspflichten: Werbemaßnahmen) man an seinen Verlag stellen sollte, muss ich resümieren: Ich war sehr naiv. Absichtserklärungen wie „... wir präsentieren via Facebook und vermutlich produzieren wir auch ein Serial ...“ sind völlig unverbindlich, solange sie nicht im Vertrag festgeschrieben sind. Beides fand nicht statt. Die Pflichten des Verlages waren dort so vage formuliert, dass ich nichts einfordern konnte. Inzwischen haben wir uns geeinigt: Zum 30.04.2015 sind alle Rechte an mich zurückgegangen.

Stünde ich heute noch einmal vor der Wahl, würde ich meinen Roman nicht mehr als E-Book an einen großen Verlag abgeben. Ich würde ihn zunächst kleineren Verlagen in Nordrhein-Westfalen anbieten und diese darauf aufmerksam machen, dass meine Geschichte einen ausgeprägten Bezug zum Ruhrgebiet hat. Böten diese mir keine Veröffentlichungsmöglichkeit, würde ich den Text auf eigene Kosten lektorieren lassen und selbst publizieren.

Schon jetzt – nur in der E-Book-Version – habe ich durch mein eigenes Engagement viel größere Aufmerksamkeit erreicht als das Verlagshaus. Das sollte der PR-Abteilung dort doch zu denken geben ...

Meinen Roman habe ich nun mithilfe von BoD drucken lassen. Ein „echtes“ Buch in den Händen zu halten, ist ein tolles Gefühl! Ich merke allerdings auch, wie anstrengend und zeitaufwendig die „Vermarktung“ ist, wenn man sie selbst bewältigen muss. Trotzdem reizt mich die Herausforderung, „Papa-Probetraining“ bekannter zu machen und vielleicht sogar erfolgreicher zu verkaufen als ein Buchverlag.

Ben Weber: www.ben-weber-bochum.de

In FEDERWELT, Heft 112, Juni/Juli 2015

 

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