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Blogg dein Buch

Federwelt
Angelika Lonnemann
Bild zum Thema Blogg dein Buch

Was kann die Marketingplattform Blogg dein Buch für Verlage und AutorInnen tun? Wie wichtig sind Buchblogger für AutorInnen? Was ist eigentlich der Lohn fürs Bloggen und welche BloggerInnen sind allseits gefragt? All das und mehr hat Angelika Lonnemann herausgefunden.

Was ist Blogg dein Buch?

Im April 2012 ging Cao Hung Nguyen mit bloggdeinbuch.de ans Netz. Blogg dein Buch ist eine Marketingplattform für Verlage: Ihre Neuerscheinungen werden von Blogg dein Buch an BloggerInnen vermittelt. Die Geschäftsidee dahinter ist, die Zusammenarbeit zwischen BloggerInnen und Verlagen zu professionalisieren. Der Verlag, der einen Titel auf bloggdeinbuch.de einstellt, zahlt pro Buch eine dreistellige Gebühr an die Betreiber. Sobald es auf der Startseite erscheint, können sich die BloggerInnen online um ein kostenloses Rezensionsexemplar bewerben und ankündigen, dass sie es besprechen wollen.

Zwei Wochen lang bleibt der Buchtitel online. Über den eigenen Verlagszugang kann der Verlag sehen, welche BloggerInnen sich beworben haben. Nach seinen eigenen Kriterien wählt er schließlich fünf bis 20 BloggerInnen aus und schickt ihnen ein Freiexemplar. Die „GewinnerInnen“ haben dann 30 Tage lang Zeit, eine Rezension zu bloggen. Diese Rezension erscheint nicht auf bloggdeinbuch.de, sondern auf der Internetseite des Bloggers oder der Bloggerin, dorthin wird aber von bloggdeinbuch.de aus verlinkt.

Wird das Angebot genutzt?

Aktuell stellen 160 Verlage bei bloggdeinbuch.de Titel ein, darunter „alle großen“, erzählt Geschäftsführer Nguyen. „Das Feedback der Verlage war von Anfang an gut. Unser Internetauftritt erleichtert den Verlagen die Arbeit sehr.“ 6000 BloggerInnen haben sich auf seiner Plattform registrieren lassen. Bevor eine Bloggerin/ein Blogger freigeschaltet wird, kontrollieren die bloggdeinbuch-Redakteure deren Netzauftritt nach bestimmten Kriterien. Dazu zählen erkennbarer Traffic auf dem Blog und qualitativ anspruchsvolle Rezensionen, die selbst erstellt sein müssen. BloggerInnen dürfen sich ihre Texte also nicht via Copy-and-paste von anderen AutorInnen stehlen. Wichtig ist dann noch, dass der Blog direkt mit der jeweiligen Verlagswebsite verlinkt ist/wird. In den Richtlinien von bloggdeinbuch.de steht, dass die BloggerInnen bestimmte Google-konforme Backlinks setzen müssen, wenn sie ein Rezensionsexemplar erhalten.

Blogg dein Buch unterstützt auch die sogenannten „Selfies“, also AutorInnen, die ihr Buch im Selbstverlag herausgeben, klassischerweise über kein Werbebudget verfügen und noch kein Netzwerk zum Bekanntmachen ihrer Veröffentlichungen geknüpft haben. Für sie bietet Nguyen Sonderaktionen an, aktuell die Aktion „lovely Selfies“, wo sie zu einem Nettopreis von 99 Euro den BloggerInnen ihr Buch anbieten können. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass die AutorInnen zwei BloggerInnen als Fürsprecher haben. Außerdem rät Nguyen zu einem gut gestalteten Cover und einer aussagekräftigen Kurzbeschreibung, die Lust auf mehr macht, denn „der Blogger muss ja animiert werden, dieses Buch haben zu wollen“.

Nguyen berichtet auch von Erfolgserlebnissen, die über bloggdeinbuch.de zustande gekommen sind. Der Titel „Eine dunkle und grimmige Geschichte“ von arsEdition konnte sich auf dem Buchmarkt zunächst nicht behaupten, wurde dann von BloggerInnen entdeckt und für gut befunden – und hat 2012 schließlich den Publikumspreis Leipziger Lesekompass gewonnen.

Wie steht es mit E-Books?

Auch reine E-Books seien inzwischen gut zu vermarkten, der dotbooks Verlag sei ein erfolgreiches Beispiel dafür, weiß Nguyen. „Entscheidend für den Erfolg sind auch hier der Klappentext oder der Presse-Blurb und die ansprechende Präsentation“, ist sich Nguyen sicher, der mit seinem Bruder Cao Thanh und Andreas Hudzieczek 2010 den EPIDU Verlag gründete und dadurch auch als Verleger Erfahrungen hat.

Bloggen – was für mich?

Wer selbst Bücher bloggen möchte, der muss sich, klar, einen Blog einrichten (hierzu finden sich Anleitungen im Netz – ganz wichtig ist das korrekte Impressum!) und Rezensionen einstellen. Wer das lange genug tut und genügend Traffic auf seiner Seite hat, auf den werden Verlage aufmerksam. Natürlich kann man Verlage auch ansprechen.

Die Buchbloggerin Ricarda Ohligschläger (herzgedanke.de) gehört zu den erfahrenen Bloggerinnen in Deutschland. Sie betreibt ihren Blog seit 2009, hat etwa 10.000 LeserInnen und ein großes Netzwerk, das aus AutorInnen, Verlagen und MitbloggerInnen besteht. Angefangen hatte Ohligschläger die Seite als Experiment für ihre eigene Lyrik, dann wollte sie ihre Leseerfahrungen mit ihren BlogleserInnen teilen und so sind inzwischen rund 400 Rezensionen zusammengekommen. Wenn Ricarda Ohligschläger auf ihrem Blog ein Buch lobt, dann steigen in den nächsten Tagen seine Verkaufszahlen. Ohligschläger bloggt übrigens auch Interviews mit AutorInnen und über Lesungen, die sie besucht oder im eigenen Wohnzimmer veranstaltet hat. Bei ihr waren schon Kerstin Gier, Eva Völler und „unsere“ Britta Sabbag zu Gast. Längst bekommt Ohligschläger von Verlagen und AutorInnen neue Bücher zugeschickt, ohne diese angefordert zu haben. Sie wird nicht nur in Danksagungen erwähnt, sondern kommt sogar als Figur in einem neuen Roman vor.

Sie hat einen gewissen Ruhm erreicht, und viel Ehre erfahren – aber Geld verdient hat sie mit dem Bloggen nicht. „Mein Lohn sind zahlreiche unbezahlbare Kontakte und Erinnerungen“, erzählt die gelernte Einzelhandelskauffrau lächelnd. Zwar bekomme sie von den Verlagen manchmal Pressekarten für eine Messe oder eine VIP-Einladung für tolle Lesungen. Aber mehr sei es eben nicht. „Ich fände es natürlich super, wenn mal ein Verlag oder der Buchhandel mit einem Job-Angebot auf mich zukommen würde“, sagt sie.

Obwohl Ohligschläger inzwischen ein kleines Kind hat, will sie weiter bloggen. „Ich teile gerne meine Leseleidenschaft und freue mich über den Austausch mit anderen. Die Herausforderung ist für mich, immer aktuell zu bleiben.“ Bis heute hat sie weit über hundert AutorInnen interviewt.

Was sagen die Verlage?

Claudia Geßwein, in den Stuttgarter Verlagen Freies Geistesleben und Urachhaus zuständig für die Pressearbeit in Sachen Kinder- und Jugendbuch, arbeitet gerne mit Blogg dein Buch zusammen. Sie hat dort schon 18 Titel eingestellt und ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. „Anfangs haben wir auch mit Sach- und Kochbüchern experimentiert, inzwischen nutzen wir bloggdeinbuch.de vor allem für Titel aus den Bereichen Belletristik und Jugendbuch.“ Geßwein sieht bloggdeinbuch.de als gutes Medium für junge Leserinnen, die sich von Empfehlungen in Buch-, Test- oder Videoblogs leiten lassen.

Für ihren relativ kleinen Verlag, der nicht in jeder Buchhandlung vertreten ist, und wenn doch, da auch ein bisschen untergeht, war es mit bloggdeinbuch.de leichter, an die junge Zielgruppe heranzukommen. „Auf Messen passiert es uns, dass Leute unsere Titelbilder sehen und sagen: ‚Den Titel habe ich doch auf Blogg dein Buch gesehen!‘“, berichtet Geßwein. Ihr ist auch wichtig, dass der Verlag bekannter wird.

Die meisten BloggerInnen auf bloggdeinbuch.de posten ihre Rezensionen einerseits auf ihrem eigenen Blog, andererseits auch bei Amazon, Twitter, Facebook oder in Filmbeiträgen auf YouTube. „Bevor ich einem Blogger ein Buch zur Rezension schicke, schaue ich mir selbst den Blog auch noch mal an“, erzählt Geßwein. „Ich habe meine eigenen Kriterien und will wissen, wen ich beliefere. Mir kommt es nicht auf die Anzahl der Follower an, sondern auf die Qualität der Blogs. Die sollen eine gewisse Sprache haben, einen Stil, die sollen nicht vor unserem Buch ein Make-Up und danach einen Spinat-Smoothie empfehlen.“ Ihrem Verlag habe Blogg dein Buch den Zugang zur Bloggerszene eröffnet. „Wir haben damit sehr viel mehr Zuspruch, als wenn wir einzelne Blogger angeschrieben hätten, ob sie vielleicht unser Buch besprechen wollen.“

Katharina Waltermann arbeitet beim DuMont Buchverlag und ist dort verantwortlich für die digitalen Entwicklungen. Sie berichtet, dass sie ihre BloggerInnen durch E-Mailverkehr, Telefonate und Veranstaltungen wie Buchmessen und Bloggertreffen findet. Auch DuMont erhält täglich viele Mails mit Anfragen zu Rezensionsexemplaren. „Mit vielen Bloggern verbindet mich mittlerweile eine Freundschaft, die über die verschiedenen Social-Media-Kanäle hinausgeht“, so Waltermann. „Wir freuen uns immer sehr, wenn ein Blogger eines unserer Bücher bespricht und weiterempfiehlt. Denn der Blogger ist für viele wie ein guter Freund, dessen Tipps man gerne annimmt.“ Bei DuMont spürt man, wenn ein Blog mit einer hohen Reichweite ein Buch positiv bespricht, das schlägt sich in den Verkaufszahlen nieder.

Einerseits bietet Waltermann ihren BuchbloggerInnen Titel an, da sie inzwischen weiß, welcher Titel zu welchem Blog passen könnte. Denn: „Oftmals birgt ein Verlagsprogramm kleine Schätze, die leicht übersehen werden. Diese Titel, oft meine persönlichen Favoriten, lege ich den Bloggern gerne besonders ans Herz.“

Die Verlage unterstützen BuchbloggerInnen aber nur, wenn sie tatsächlich selbst geschriebene Meinungen in einem seriösen Blog veröffentlichen. Dazu der geschäftsführende Verleger der BOOKSPOT Verlag GmbH, Burkhard P. Bierschenck: „Leider gibt es Buchblogger, die unter Rezensionen verstehen, sich irgendwelche Bücher schicken zu lassen, den Verlagstext als ‚Rezension‘ einzustellen und das Buch dann sofort bei Amazon oder eBay als ‚neu‘, da noch ungelesen, verkaufen. Das schadet dem Ansehen der seriösen Blogs.“

Wöchentlich erhält Bierschenck Anfragen von „16- bis 20-jährigen Gymnasiastinnen, die treuherzig verkünden, sie würden jetzt halt auch mal Bücher vorstellen, weil sie doch so gerne lesen. Und dann bestellen sie gleich ein paar Bücher, die allerdings oft bereits vor drei oder vier Jahren erschienen sind, weil sie sich noch nicht mal die Mühe gemacht haben, die Internetseite des Verlages bezüglich der Neuheiten anzusehen.“ Bierschenck schickt solchen BloggerInnen keine Bücher mehr.

Ricarda Ohligschläger rät DebütautorInnen

Ricarda Ohligschläger hat Tipps für AutorInnen, die ihr Erstlingswerk in einem Buchblog unterbringen wollen. „Als erstes Mal: Finger weg von Zuschussverlagen! Ich geb meinem Chef auch kein Geld dafür, dass ich ins Büro komme.“ Sie würde mit einem Manuskript stattdessen über eine Literaturagentur gehen, und wenn das Buch dann auf dem Markt ist, gezielt nach BloggerInnen suchen, zu denen der Titel passen könnte. „Außerdem wirkt eine facebook-Seite Wunder, das ist meiner Meinung nach die günstigste Art und beste Möglichkeit, mit Lesern in Kontakt zu kommen“, sagt Ohligschläger und ergänzt: „Natürlich sollte der Autor da nicht nur Buchwerbung machen, sondern auch ein bisschen Privates zeigen – das gefällt den Lesern!“

Ohligschläger erwartet, dass sich der Buchhandel gehörig wandeln wird und eines Tages nur noch auf Beratung setzt. „Wenn ich ehrlich bin: Ich gehe kaum noch in Buchhandlungen. Ich nehme Buchempfehlungen von anderen BloggerInnen, lese die Buchbeschreibungen im Verlagsprogramm und bestelle online. Das E-Book habe ich nach wenigen Sekunden auf meinem Reader, das Buch kommt am nächsten Tag mit der Post.“

Mein Fazit: Wer als Neuling auf sein Buch aufmerksam machen will, sollte die Möglichkeiten des Bücherbloggens unbedingt nutzen.

Angelika Lonnemann:
www.lonnemann.de/angelika; https://postkartenkrimi.wordpress.com

In FEDERWELT, Heft 111 April/Mai 2015

 

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Dieser Artikel steht in der Federwelt, Heftnr. 111, April 2015: /magazin/federwelt/archiv/federwelt-22015
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