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Als Autorin und Autor weiterkommen durch Ausbildung und Fortbildung

Federwelt
Gabriele Albers
Seminarraum als Motiv für Bildung, Ausbildung und Fortbildung

Schreiben lernt man durchs Schreiben, so heißt es. Nur: Manchmal reichen Talent und viele Stunden am Schreibtisch nicht aus. Trotz jahrelanger Übung klingen die Sätze noch hölzern und ungelenk und der Plot findet kein Ende. Oder das Manuskript ist fertig, aber niemand möchte das Werk verlegen. Möglicherweise haben Talent und Fleiß sogar zur ersten Veröffentlichung geführt, aber der Roman verkauft sich so schlecht, dass der Verlag kein zweites Buch möchte.
All das sind Momente, in denen wir Autorinnen und Autoren aufgeben könnten. Oder Momente, in denen wir beschließen, dazuzulernen und besser zu werden.

Wie und wo werde ich besser?
Und hier fangen die Probleme an. Denn der Markt an Aus- und Fortbildungen ist riesig und unübersichtlich: In der achten Auflage vom Handbuch für Autorinnen und Autoren sind 75 Anbieter gelistet. Die Datenbank der Autorenwelt liefert aktuell rund 100 Weiterbildungen (Stand: 10. April 2019). Die Google-Abfrage spuckt 7.340 Treffer beim Stichwort „Seminare für Autoren“ aus. Stiftung Warentest hat den Weiterbildungsmarkt bislang nicht getestet. Wo also mit der Suche anfangen?
Vielleicht bei den berühmten Kolleginnen und Kollegen. Irgendwo müssen die das Schreiben schließlich gelernt haben. Haben sie Kurse belegt, Creative Writing studiert oder Schreibwerkstätten besucht? Und wenn ja, welche?

Andreas Eschbach und seine Rettung
Bestsellerautor Andreas Eschbach wirft meine Recherche gleich zu Beginn über den Haufen. „Gerne können wir zu dem Thema ein Interview führen“, schreibt er. „Allerdings sind wir schnell fertig, denn zu meiner Zeit gab es derlei so gut wie gar nicht.“ Der Autor von mehr als dreißig Büchern hat zwar seit seiner Kindheit geschrieben, aber mit Anfang zwanzig den Spaß an der Sache verloren. Kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag ist ihm das Buch Writing Down the Bones von Natalie Goldberg in die Hände gefallen. „Und das hat mich gerettet. Ihr ‚timed writing‘ hat meine verstopften Kanäle durchgeputzt und mein Schreiben wieder ins Fließen gebracht.“
„Timed writing“ heißt ganz praktisch: Stoppuhr stellen, losschreiben und ohne abzusetzen weitermachen, bis die Zeit abgelaufen ist.

Amelie Fried: von der leidenschaftlichen Leserin zur Autorin
Auch Amelie Fried, deren erster Roman ebenfalls 1995 erschien und die inzwischen über zwanzig Bücher in diversen Publikumsverlagen veröffentlicht hat, ist Autodidaktin. „Als leidenschaftliche Leserin habe ich grundsätzliche Gesetzmäßigkeiten des Erzählens früh erfasst und mich später im Selbststudium mit der Theorie des Schreibens beschäftigt“, erzählt sie. „Die Bücher von Sol Stein fand ich sehr hilfreich – oder die Beschäftigung mit Modellen wie der Heldenreise.“
Inzwischen bietet sie selbst Schreibkurse an. Ihr Tipp: vor der Wahl die eigenen Bedürfnisse hinterfragen. „Bin ich AnfängerIn und möchte erst mal den Mut finden, überhaupt anzufangen? Bin ich bereits AutorIn und möchte meine Fähigkeiten vertiefen? Will ich einen bestehenden Text mit Unterstützung bearbeiten oder zunächst die theoretischen Grundlagen des narrativen Schreibens lernen?“ Und dann schauen: „Wer leitet das Seminar? Welche Punkte umfasst das Curriculum?“

Arwed Vogel: Zeit – ein wichtiger Faktor
Arwed Vogel, Landesvorsitzender des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) in Bayern, Autor und selbst Seminarleiter, ergänzt: „Man sollte sich fragen: Passt das Format? Wie lang ist der Kurs, wie viel Zeit muss ich investieren? Überfordere ich mich oder brauche ich mehr Anregungen?“
Bleibt das Problem, ein passendes Angebot für die eigenen Bedürfnisse zu finden.
Für die Federwelt habe ich mich umgehört und mit AbsolventInnen von insgesamt zehn Institutionen gesprochen. Wichtig ist mir: Wer hier nicht erwähnt wird, kann trotzdem ganz hervorragende Seminare anbieten. Und umgekehrt: Auch bei den hier vorgestellten Anbietern läuft mal was schief, passt die Chemie nicht, waren die Erwartungen unklar oder die Dozentin unausgeschlafen. Oder wie Henriette Dyckerhoff von den BücherFrauen es formuliert: „Manchmal passt es einfach nicht mit dem Seminarleiter und mir. Aber für jemand anderen war es das Seminar seines Lebens.“ Die Autorin und Lektorin berät angehende Autoren zum Thema Weiterbildung und betont: „Wenn ich Autorin werden will, brauche ich vor allem eines: Zeit. Neben dem ganz normalen Alltag kann das schwierig werden. Trotzdem sollte man auf keinen Fall den Brotjob kündigen.“
Auch Arwed Vogel warnt: „Von der Schriftstellerei kann man in aller Regel nicht leben und die allgemeine Situation wird eher schlechter als besser. Deshalb ist es wichtig, einen Beruf zu erlernen und erst dann Schriftsteller zu werden.“

Geht Studieren über Probieren?

Aber was ist mit einem der Studiengänge in Hildesheim und Leipzig? Wenn man so eine renommierte, mehrere Jahre umfassende Ausbildung durchlaufen hat – ist man dann nicht automatisch erfolgreicher Schriftsteller? „Wenn man drei Jahre Zeit hat, kann man ruhig an eine der Unis gehen“, meint Vogel. „Aber es gibt keine Garantie, dass man mit diesem Studium hinterher für seinen Lebensunterhalt sorgen kann.“

Das Literaturinstitut Hildesheim bietet Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus als Bachelor-Studiengang und Literarisches Schreiben und Lektorieren als Master-Studium an – deutliche Hinweise darauf, dass die Studierenden sich nicht allein aufs Romane-Schreiben fokussieren sollten. „Uns wurde von Anfang an gesagt, dass pro Jahrgang vielleicht zwei AutorInnen vom Schreiben leben können und wir uns auch mit anderen Verdienstmöglichkeiten im Kulturbetrieb auseinandersetzen sollten“, erzählt Alina Herbing.
Herbing hat 2013 ihren Master in Hildesheim gemacht und 2017 ihren inzwischen preisgekrönten Roman Niemand ist bei den Kälbern veröffentlicht. Zuvor hatte sie Germanistik studiert. In Hildesheim wollte sie ausprobieren, wie das Schreiben für sie funktioniert, wenn sie ihr ganzes Leben darauf ausrichtet. „Schon während der ersten Wochen ist mir klar geworden, dass ich schreiben will. Das Studium hat mich inspiriert, mich gefordert, mich sehr produktiv gemacht. Und: Ich hatte zum ersten Mal Menschen um mich herum, denen Literatur genauso wichtig war wie mir.“

Was bedeutet „Kreatives Schreiben“ in Hildesheim?
Auch Herbings Studienkollegin Shida Bazyar wurde für ihren Debütroman Nachts ist es leise in Teheran mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Sie sagt: „Für mich war es wichtig, etwas zu studieren, was mich interessiert. Ich habe versucht, nicht über die Zukunftsaussichten nachzudenken. In Hildesheim habe ich mich zum ersten Mal eingeladen gefühlt, das Schreiben ernsthaft zu betrachten und zu betreiben. Durch das Studium wurde das Schreiben zu einem wichtigen Element im Leben, nicht etwas, das man nach Feierabend ins Leben reinquetscht. Es ist wichtig, diese Erfahrung zu machen, dass Schreiben Arbeit ist.“
Kreatives Schreiben bedeutet in Hildesheim vor allem die Auseinandersetzung mit Texten anderer. Seien es zeitgenössische Werke aus den USA oder die Prosa der PreisträgerInnen vom Bachmannpreis. „Ich bin oft nach einem Textgruppengespräch nach Hause gefahren und hatte dann Lust zu schreiben“, erzählt Bazyar.
Sie hat in Hildesheim ihren Bachelor und Master gemacht und sagt rückblickend: „Für mich hat sich diese Zeit wahnsinnig gelohnt. Aber man muss selbst die Disziplin mitbringen, zu Hause weiterzuschreiben. Das Studium gibt Anreize, umsetzen muss man sie selbst.“ Für alle, die lieber allein im stillen Kämmerlein sitzen, sei dieses Studium nicht zu empfehlen. „Es passt für Menschen, die gerne in Gruppen über Texte reden und die das für ihre eigene Arbeit inspiriert.“

Das Schreiben als Kunstform in Leipzig
Am Deutschen Literaturinstitut Leipzig (DLL) wird ebenfalls viel über Texte geredet. Für Sascha Macht, der 2007 dort angefangen hat, war es am Anfang hart: „Die Jahrgänge waren damals noch stärker gemischt, es gab viele Ältere mit mehr Erfahrung und stärkeren Meinungen und die haben in den Textbesprechungen ordentlich draufgehauen. Aber als ich durch die Mühle der ersten Semester durch war und mich sicherer gefühlt habe, haben mir das Schreiben und die Beschäftigung mit der Literatur viel Spaß gemacht.“
Auch das DLL bietet sowohl ein Bachelor- als auch ein Masterstudium an. Es gibt drei feste Professoren (darunter zwei Männer) und wechselnde Gastdozenten, darunter viele namhafte wie Nora Bossong oder Martin Hielscher. „Es ist ein künstlerischer Studiengang“, erklärt Macht, „die meisten Seminare konzentrieren sich auf das Schreiben, nicht auf die Maschine dahinter. Es geht darum, wie schreibe ich den Roman, nicht wie finde ich eine Agentur.“
Machts Roman Der Krieg im Garten des Königs der Toten ist das Ergebnis seines Master-Studiengangs. Und gleichzeitig sein ganz eigenes Projekt: „Im Masterstudium spricht man permanent über ein Projekt, das es noch nicht gibt. Da kann man schnell schlechte Laune kriegen. Ich habe mehrmals das Thema gewechselt und im vorletzten Semester entschieden: Ich mach es noch mal ganz neu, schmeiß 100 Seiten weg. Sieben Jahre lang war ich im Austausch übers Schreiben und wusste, jetzt muss ich alleine schreiben, ohne dass mir jemand reinredet.“
2016 gewann er mit diesem Roman den Debütpreis der lit.COLOGNE.

Sönke Andresens Weg zum Grimme-Preis 2019
Sönke Andresen hat von 2000 bis 2005 in Leipzig studiert, damals war es noch ein Diplom-Studium. Für sein Drehbuch Familie Lotzmann auf den Barrikaden wurde er vor Kurzem mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. „Leipzig hat mich und mein Schreiben sehr beeinflusst“, sagt er. „Ich glaube, ich habe mir einen Rest des Wahnsinns und der Freiheit bewahrt, auch wenn ich jetzt für SAT.1 schreibe. Ich habe meinen eigenen Stil, gehe gerne in die Spitze, mache Boulevard-Theater auf Speed.“ Oder wie es in der Grimme-Preis-Begründung heißt: „So sieht es aus, wenn der Standard verrückt wird.“
Bis dahin war es allerdings ein weiter Weg. „Der Fokus in Leipzig liegt auf der Entwicklung als Schriftsteller. Wir haben viel über Texte geredet und gelernt, Kritik auszuhalten. Man durfte sich aufs Schreiben konzentrieren, ohne sich um Markt und Verkauf zu kümmern. Der Nachteil: Ich hatte bis zum Ende des Studiums keine Ahnung, was danach auf mich zukommt.“ Deshalb studierte er im Anschluss auf Lehramt und arbeitete als Deutschlehrer, bevor er schließlich über die Hochschule für Fernsehen und Film München erneut ins kreative Fach wechselte. „Das war handfester, praxisorientierter. In München habe ich das Plotten gelernt, Figurenentwicklung, das ganze Handwerk. In Leipzig haben wir in fünf Jahren nicht einmal über Wendepunkte geredet.“
Für ihn wäre eine Verbindung aus München und Leipzig perfekt gewesen: „Nicht immer nur Markt, Markt, Markt, aber eben auch nicht immer nur Tiefenanalyse. Für die Künstler-Initiation ist das Studium in Leipzig gut geeignet, aber es ist keine Berufsausbildung.“

Berufsbegleitende Aus- und Fortbildungen

Die staatlich geförderte Bundesakademie in Wolfenbüttel ist einer der bedeutendsten Institutionen für praxisnahe berufliche Fortbildung im Bereich Kultur. Und der Basiskurs Erzählen ist der Klassiker unter den berufsbegleitenden Autorenausbildungen. In sechs auch einzeln zu buchenden Wochenendkursen werden die Grundlagen des kreativen Schreibens vermittelt – unter Schwerpunkten wie: Figuren, Perspektive, Dialoge, Stil und Dramaturgie. Dabei gilt das Motto: „Erst lesen, dann schreiben.“ Anhand von Gegenwartsliteratur besprechen die TeilnehmerInnen die theoretischen Grundlagen, vertiefen mit Schreibübungen das Gelernte und diskutieren ganz am Ende des Seminars ihre vorab eingereichten Texte.

 „Ich habe diesen Kurs schon vor zehn Jahren belegt und sehr viel dabei gelernt“, betont Anke Küpper, die seit über zwanzig Jahren als Autorin arbeitet und damals zum ersten Mal in den belletristischen Bereich hineingeschnuppert hat. Seitdem hat sie zahlreiche Kurzgeschichten, Pixi-Bücher und ihren ersten Kriminalroman geschrieben. „Bei der Arbeit an meinem Krimi habe ich manches Mal in die Unterlagen hineingeguckt. Obwohl der Kurs schon lange her ist, sind die Sachen immer noch sehr hilfreich.“ Im August erscheint ihr Romandebüt Der Tote vom Elbhang bei HarperCollins.

Das Besondere in Wolfenbüttel: die Kollegialiät
Frank Friedrichs, Autor der Vertikow-Krimireihe, hat 2014 ein Modul aus dem Basiskurs Erzählen gebucht und 2015 und 2017 zwei weitere Seminare mit Wulf Dorn und Ursula Poznanski zum Thema „Spannung“ besucht. Er lobt neben dem vermittelten Wissen vor allem die Kollegialität unter den Autorinnen und Autoren: „Wir waren alle auf einer Ebene, egal, ob jemand schon zwanzig Bücher geschrieben hatte oder gerade seinen ersten Plot entwickelte. Man gibt sich gegenseitig Tipps, inspiriert sich, unterstützt sich beim Testlesen.“

Mit dem Textmanufaktur-Fernstudium zum Debüt
Einer der bekanntesten privaten Anbieter ist vermutlich André Hille. In seiner Textmanufaktur bietet er eine Vielzahl von Kursen, die vom Tagesworkshop bis zum zertifizierten 18-monatigen Fernstudium reichen.
Linda Graze ist Geschäftsführerin einer Personalberatung für die Werbebranche. Präsenzseminare passen nicht in ihren Alltag, aber das Fernstudium schien ideal. „Wie jeder Werbetexter hatte ich diverse Manuskripte in der Schublade, bei denen ich nie über die ersten 50 Seiten hinausgekommen war“, erzählt sie. Nach einer Internetrecherche entschied sie sich für die Textmanufaktur und für den Lektor Matthias Jügler. „Ich habe ihn mir bewusst als Gegenpol zu mir ausgesucht: Mann, Autor im ernsthaften, literarischen Bereich, Lektor bei Suhrkamp.“ Einmal im Monat bekam sie ein Studienheft mit Aufgaben zu einem bestimmten Thema. Die arbeitete sie anhand ihres eigenen Manuskripts ab und schickte Jügler die Seiten zum Überarbeiten. Am Ende hatte sie nicht nur den Regiokrimi Schmälzle und die Kräuter des Todes geschrieben, sondern – vermittelt von André Hilles Agentur – einen Vertrag bei Rowohlt bekommen. „Es ist aber eine Illusion zu glauben, man belegt einen Kurs und schwupp, ist man vermittelt“, warnt sie vor überzogenen Erwartungen.
Ihren Debütroman hat sie „fünf, sechs, sieben Mal“ überarbeitet, bevor sie die Agentur überzeugen konnte. Außerdem schreibt sie seit dreißig Jahren. Jeden Tag.

Am Anfang war nur die konfuse Idee
Alexandra Holenstein hat bereits ein Berufsleben als Lehrerin hinter sich. Das Schreiben war zunächst nur ein Hobby. „Ich wollte lernen, wie das Romanschreiben geht“, berichtet sie. Also buchte sie bei der Textmanufaktur eine Seminarreihe zur Romanentwicklung mit André Hille und Cordelia Borchardt, leitende Lektorin beim S. Fischer Verlag. „Im Zeitraum von anderthalb Jahren haben wir uns dreimal für jeweils ein Wochenende in Frankfurt am Main getroffen. Der Prozesscharakter war dabei sehr hilfreich. Man stand unter einem gewissen Zeitdruck, musste an seinem Roman arbeiten, gleichzeitig konnte man sehen, wie es bei den anderen weitergegangen war.“ Und dann passierte etwas, das sie selbst als „Märchen“ bezeichnet: „Als ich bei dem Seminar anfing, hatte ich nur ein paar konfuse Ideen, aber mit Sicherheit nicht den Gedanken, dass ich dort für meinen Roman einen Verlag finde.“
André Hille war von ihrem „Heinrich-Projekt“ jedoch so angetan, dass er ihr beim dritten Termin einen Agenturvertrag anbot.
„Da die Geschichte zügig Gestalt annahm und zu Seminarende schon in weiten Teilen fertig war, hatte André Hille wohl das Gefühl, dass es sich um etwas Brauchbares handelte, vielleicht auch wegen der vielen Lacher beim Vorlesen einzelner Textauszüge“, erinnert sich Holenstein. „Ich denke, und das wurde mir auch mehrmals gesagt, dass ich einen bestimmten Schreibstil habe, leicht ironisch, ein bisschen hintersinnig. Dieser eigene ,Ton‘ ist ja etwas, worauf Lektoren achten.“
Drei Monate später hatte der Fischer Verlag das Manuskript gekauft, seit Februar 2019 gibt es „Das Heinrich-Problem“ als Taschenbuch.

Ein Onlinekurs bei Lea Korte: intensiv!
Ähnlich wie das Fernstudium bei der Textmanufaktur funktioniert auch der Autorenkurs bei Lea Korte. Im Prinzip ist es ein einjähriges Dauerlektorat zum Festpreis mit 24 Lektionen zum Schreibhandwerk und Romanaufbau. Anders als beim Fernstudium der Textmanufaktur gehört hier außerdem die Textarbeit mit den SchreibkollegInnen dazu. Auf Lea Kortes Internetseite sind die Voraussetzungen für die Teilnahme gelistet: „Sprachgefühl, die Lust zum Schreiben und die Bereitschaft, an Ihren Texten zu ARBEITEN.“
Juliane Jacobsen ist seit fünf Jahren publizierte Kinderbuchautorin und begeistert: „Ich bin über diesen Kurs gestolpert und er war richtungsweisend. Ich hatte ein Jahr zuvor zum ersten Mal beim NaNoWriMo mitgemacht, aber der Text war voller Lücken und das erste Drittel komplett überflüssig. Da dachte ich mir, es muss doch bessere Wege geben.“
Zweimal im Monat bekam sie Lektionen zugeschickt mit Lesebeispielen und Hausaufgaben, die sie an Lea Korte zurückschickte. Zeitnah kam die korrigierte Fassung zurück, die Juliane Jacobsen dann selbst ins Forum stellte, wo ihre MitstudentInnen weiter an dem Text arbeiteten. „Es ist natürlich kein Zwang, dass man die Texte der anderen diskutiert“, erzählt Jacobsen. „Aber wer sich nicht beteiligt, bekommt auch nicht viel Feedback.“

Die Textarbeit in der Gruppe
Obwohl es nicht einfach ist, Hausaufgaben, Überarbeitungen und Forumsarbeit zeitlich im Alltag unterzubringen, schwört Heike Sonn auf die Textarbeit in der Gruppe: „Mein Blick für die Schwächen eines Textes schärfte sich. Und umso mehr Stolpersteine mir bei den Szenen der anderen auffielen, desto öfter gelang es mir, in meinen eigenen Texten die Fehler auszumerzen und die Texte zu straffen. Nach und nach fand ich sogar heraus, wann es vermutlich richtig ist, bei meinem eigenen Stil zu bleiben.“
Ihr Debütroman erscheint im nächsten Jahr.
Wer vorankommen wolle und gleichzeitig gut damit umgehen könne, auch mal kleinteilige Kritik zu bekommen, der sei bei Lea Korte gut aufgehoben, meint Jacobsen. „Man muss sich nur darüber im Klaren sein: Dieser Onlinekurs ist keine Kosmetik. Er ist intensiv. Er ist Arbeit.“

Schreibhain: von den ersten Schritten bis zum Agenturpitch
Intensiv gearbeitet wird auch im Schreibhain – trotz des schönen Namens. Gegründet von Tanja Steinlechner, die ihr Handwerk an der Uni Hildesheim gelernt hat, bietet die Berliner Autorenschule ein umfassendes Programm von der offenen Schreibwerkstatt über die Schreibreise nach Venedig bis hin zur „Masterklasse“.
Jessica Potthast hat 2016 an der berufsbegleitenden Autorenausbildung teilgenommen. „Der Schreibhain war ein geschützter Ort, an dem ich mich ausprobieren konnte“, sagt sie. Die Studierenden treffen sich drei Semester lang einmal im Monat. Im ersten Semester wird das Handwerkszeug vermittelt, im zweiten lernt man die verschiedenen Genres kennen und im dritten geht es schließlich um die Entwicklung des eigenen Stoffs. Am Ende kann man sein Romanprojekt einer Agentur präsentieren. Jessica Potthast ist seitdem bei Keil & Keil unter Vertrag.

Die Fortbildung als Mutmacher
Für Christian Hödl, der im Oktober 2017 als Stipendiat im Schreibhain angefangen hat, war die berufsbegleitende Ausbildung eine gute Gelegenheit, das Prosaschreiben auszuprobieren. Parallel studierte er zu der Zeit an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film; dieses Studium hat er inzwischen abgeschlossen. Seit Oktober 2018 studiert er am DLL. „Ohne den Schreibhain hätte ich mich vielleicht gar nicht getraut, mich dort zu bewerben“, verrät er. Die Texte, die er nach Leipzig geschickt hat, sind teilweise im Schreibhain entstanden. Genauso wie der Text, mit dem er 2018 beim Open Mike auftrat. „Im Schreibhain gab es immer konstruktives, direktes Feedback, keine Beschönigungen aber auch kein ‚Das muss man jetzt genau so machen‘.“

Wissen, wo es hingeht
Relativ neu am Markt ist die Montségur Akademie, zu deren Anspruch es gehört, Romanprojekte bis zur Marktreife zu begleiten. Ziel, so steht es auf der Homepage, ist die Veröffentlichung in einem Verlag. Die Ausbildung an der Akademie ist unterteilt in drei Module mit jeweils drei bis vier Präsenz-Wochenendseminaren in Konstanz und Berlin. Zwischendurch gibt es Hausaufgaben und Betreuung. Im ersten Modul geht es um Figuren und Psychologie, im zweiten um Plot und Dramaturgie und im dritten um Sprache und Form.
Sabine Eschbach gehörte von Januar 2017 bis Dezember 2018 zum ersten Jahrgang der Akademie. „Gestartet bin ich mit dem Torso eines Romans und dem Wunsch, solides, literarisches Handwerkszeug zu erlernen. Ich hatte häufig das Gefühl, an einer Weggabelung zu stehen, jede Entscheidung konnte folgenschwer sein. Jetzt, nach dem Abschluss der Akademie, fühle ich mich viel sicherer, die Szenenfolge ist klar, ich weiß, wo es hingeht.“
Ähnlich erging es ihrer Mitstudentin Larissa Hieber. „Ich habe nie systematisch vorgeplant, sondern den Großteil meiner Texte in einem Fluss geschrieben. Bei einer Kurzgeschichte ist das noch möglich, bei einem Roman eher selten. Nun gehe ich systematischer an Inhalt und Form heran, hinterfrage beim Überarbeiten jedes Satzzeichen. Ich denke, dass der Text so an Qualität gewinnt.“

Wochenkurse und Wochenend-Seminare

Das Nordkolleg in Rendsburg ist eine Akademie für kulturelle Bildung, die zahlreiche Kurse rund um Literatur und Medien, Musik, Sprachen und Kommunikation sowie Kulturwirtschaft anbietet. Barbara Sievers, die aktuell an einem Young-Adult-Roman arbeitet, hat dort bereits an vielen Seminaren und Werkstätten teilgenommen. „Für die verschiedenen Stadien und Bedürfnisse gibt es immer ein passendes Angebot“, sagt sie und schwärmt unter anderem vom Romancoaching, bei dem sie fünf Tage lang mit neun weiteren AutorInnen am eigenen Romanprojekt feilen konnte. Außerdem nimmt sie regelmäßig an der Schreibzeit teil, wo sie sich mit Gleichgesinnten im Nordkolleg einmietet. „In einer Woche schreibe ich dann mehr als sonst in vier oder fünf Monaten.“
Anne Müller war bislang einmal beim Nordkolleg. Bei dem Seminar Nordtext stellte sie einen Auszug aus ihrem Romanmanuskript vor. „Das war ein wahnsinnig interessantes Wochenende“, erinnert sich Müller. „Jeder hatte drei Seiten eingereicht, sodass wir etwa 45 Minuten Besprechungszeit pro Text hatten. Aber das reichte. Bei guten Dozenten profitiert man auch, wenn es gar nicht um den eigenen Text geht.“ Ihr Auszug habe von den anderen TeilnehmerInnen viel Zuspruch erhalten, „auch wenn es natürlich immer noch einiges zu monieren gab“.
Im vergangenen Jahr ist ihr Debüt mit dem Titel Sommer in Super 8 im Penguin Verlag erschienen.

Textgruppen

Das Autorendock wurde 2010 von Sven Amtsberg gegründet. Es bietet Wochenendseminare mit erfolgreichen Autorinnen und Autoren wie Juli Zeh oder Clemens Meyer sowie Jahres- und Onlinekurse, die Amtsberg selbst leitet. Vorkenntnisse sind dafür nicht erforderlich. Seine Jahreskurse sind Präsenzkurse, die in Hamburg stattfinden. Dabei verbindet er von Anfang an die Theorie mit der Praxis. Im ersten Halbjahr schreiben alle an Kurzgeschichten, die sie bei Wettbewerben einreichen. Im zweiten Halbjahr steht ein Romanprojekt im Fokus. Am Ende bewerben sich die Autorinnen und Autoren mit ihrem Exposé und dreißig Seiten Text um den Hamburger Förderpreis für Literatur.
Frank Linder arbeitet als Manager in einem großen Konzern. Schreiben macht ihm Spaß, belletristisches Schreiben war etwas, das er einfach mal ausprobieren wollte. Der Kurs an der Volkshochschule war ihm zu verklönt, das Fernstudium am ILS zu einsam. Irgendwann ist er auf das Autorendock gestoßen – und nun seit drei Jahren dabei. „Ich will wissen, wie weit komme ich“, erklärt er. Als der Jahreskurs vorbei war, entschloss sich die Gruppe weiterzumachen.

Positiver Druck
Sven Amtsberg moderiert und unterstützt die acht Autorinnen und Autoren weiterhin. „Wir treffen uns alle zwei Wochen abends für drei Stunden und reden dann über jeden Text. Es gibt die Ansage, wie viele Seiten man maximal mitbringen darf, eine Seite ist Minimum. „Das sorgt schon für Druck, wenn man alle zwei Wochen etwas abgeben muss, guten Druck“, so Linder.
„Meistens kommt das mit den drei Stunden ganz gut hin, ich hatte jedenfalls nie das Gefühl, dass jemand zu kurz kommt“, bestätigt Juliane Pickel, die sich ebenfalls weiter mit anderen Jahreskurs-TeilnehmerInnen trifft. Sie ist Journalistin und hat mit einer im Autorendock entstandenen Kurzgeschichte bereits den Walter-Kempowski-Literaturpreis der Hamburger Autorenvereinigung gewonnen. Im Jahr darauf hat sie sich mit ihrem Romankonzept um einen der Hamburger Förderpreise für Literatur beworben – und gewonnen. Seitdem hat sie einen Vertrag bei der Literarischen Agentur Silke Weniger. „Für mich ist dieser kontinuierliche Rahmen extrem wichtig“, beschreibt sie das Besondere am Autorendock. „Dass ich Feedback bekomme, dranbleibe, mich austauschen kann, ich finde das so wertvoll. Man braucht dieses ehrliche Feedback, um sich weiterzuentwickeln.“ Gleichzeitig sei es toll zu sehen, wie alle von der Gruppe profitierten: „Talent ist natürlich die Voraussetzung. Aber man kann erst sehen, wie viel daraus entstehen kann, wenn man über längere Zeit dranbleibt.“

Fazit
Egal, wer sich wo und wie weiterbilden möchte, diese drei Elemente tauchen immer wieder auf: Talent, Fleiß, Feedback. „Manchmal bringen auch schon Textgruppen sehr viel“, findet Henriette Dyckerhoff von den BücherFrauen. „Für mich persönlich ist der Austausch mit KollegInnen oft die beste Art, mit meinem Text voranzukommen.“
Nur wie eine passende Textgruppe finden? Manchmal sind Seminare hilfreich, um persönliche Kontakte zu knüpfen und wie beim Autorendock nach Kursende weiter zusammenzuarbeiten. Manchmal helfen AutorInnen-Netzwerke und manchmal der Zufall.
Ich selbst war 2016 an dem Punkt, wo nichts mehr ging. Fünfmal hatte ich mein Manuskript überarbeitet, aber niemand wollte es. Eher zufällig kam ich zu einer kleinen, privat organisierten Textgruppe. Die Kolleginnen fanden auf den ersten Seiten ein Problem bei der Figurenzeichnung – und mit einer nur leicht überarbeiteten Version konnte ich 2017 in Leipzig drei Verlage von meinem Manuskript überzeugen.
2018 erschien Nordland im acabus Verlag.

Autorin: Gabriele Albers | www.gabriele-albers.de | [email protected]
Weiterlesen in: Federwelt, Heft 136, Juni 2019
Foto: Nathan Dumlao/Unsplash

 

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