
PR-Agenturen für AutorInnen
Bei rund 80.000 Verlagsneuerscheinungen pro Jahr und vielen Tausend Neuerscheinungen im Bereich Selfpublishing ist es eine echte Herausforderung, aus der Masse herauszustechen. Dabei können eine gezielte Pressearbeit und ein durchdachtes Marketing helfen.
Wie bei allen Tätigkeiten rund ums Buch sind Selfpublisher auch hierfür selbst verantwortlich. Was aber tun, wenn dafür Zeit, Kenntnisse oder Kontakte zu passenden Ansprechpartnern fehlen? Lohnt es sich für AutorInnen, PR-Agenturen mit der Pressearbeit und gegebenenfalls dem Marketing für ihr Buch zu beauftragen? Und was kostet der Spaß?
Seriöse Agenturen erkennen
Es gibt eigens auf Buch-PR spezialisierte Agenturen. Aber nicht jede davon nimmt jedes Werk an. Das würde auch nicht im Interesse der AutorInnen liegen, die im ungünstigsten Fall für eine Leistung bezahlen würden, obwohl ihr Buch keine Chancen auf ein Medienecho oder auf Aufmerksamkeit bei der anvisierten Zielgruppe hat.
Eine gute und seriöse Agentur wählt also aus, für welche AutorInnen und Werke sie die PR übernimmt. Gesine Prittwitz, Leiterin der Agentur Prittwitz & Partner, sagt zum Beispiel: „Entscheidend ist die Qualität, dabei spielt auch die Herstellung eine Rolle: Cover, Satzspiegel et cetera; bei gedruckten Büchern auch Papier, Bindung und Haptik. Darüber hinaus muss der Titel Alleinstellungsmerkmale und einen Mehrwert bieten.“
Mathias Voigt, Geschäftsführer der PR-Agentur Literaturtest, erklärt: „Im ersten Schritt schauen wir uns das Buch an – idealerweise das Manuskript, da wir unsere PR-Maßnahmen gerne rechtzeitig vor Veröffentlichung beginnen. Danach entscheiden wir, ob wir uns zutrauen, mit unseren Kontakten, unseren Dienstleistungen möglichst viel zu erreichen.“
Dr. Michael Gestmann von Dr. Gestmann & Partner sieht das ähnlich: „Autor und Thema müssen seriös sein und uns qualitativ überzeugen. Wichtig ist uns, dass sich unsere Leistungen für den Autor auszahlen. Aufwand und Nutzen müssen unseres Erachtens im rechten Verhältnis zueinander stehen.“
Hapert es bei einem Werk an der ein oder anderen Stelle noch, hilft beispielsweise Deborah Klein mit nützlichen Tipps weiter: „Wenn mit wenig Erfolgschancen in der Pressearbeit zu rechnen ist, lehne ich den Auftrag vorerst ab. Ich gebe gern Hinweise, was vor dem Einsatz von PR zu verbessern ist.“
Was PR-Agenturen leisten
Die angebotenen Leistungen unterscheiden sich von Agentur zu Agentur. Die klassische Pressearbeit decken die meisten ab. Einige haben ihr Angebot noch um Veranstaltungsmanagement erweitert oder übernehmen zusätzlich bestimmte Werbemaßnahmen. Literaturtest etwa bietet AutorInnen eine Komplettbetreuung. Hier können AutorInnen bei Bedarf auch die fotografische oder filmische Dokumentation von Lesungen und anderen Events buchen, die Websitegestaltung beauftragen oder sich beraten lassen. Mit mehreren hundert produzierten Buchtrailern verfügt die Agentur über eine große Expertise in diesem Bereich.
Auch das Angebot von Prittwitz & Partner geht über das klassische Portfolio einer PR-Agentur hinaus: „Da es zweckmäßig ist, den PR-Dienstleister möglichst frühzeitig in das Projekt einzubinden, bieten wir zudem Lektorat und Beratung an. So begutachten wir etwa Manuskripte hinsichtlich ihrer Zielgruppen und medialen Platzierungsmöglichkeiten. So der Autor bloggt, liefern wir ihm auch dafür Content“, erklärt Gesine Prittwitz.
Mehr als eine reine PR-Agentur ist auch die Schoneburg. Literaturagentur. Sie arbeitet als Literaturagentur, vermittelt also Manuskripte an Verlage und verhandelt die zugehörigen Verträge. Den von ihr vertretenen AutorInnen bietet sie aber auch Pressearbeit und Veranstaltungsmanagement an und unterstützt sie beim Erstellen von Werbematerial. Diese Dienstleistungen können – gegen Entgelt – auch AutorInnen in Anspruch nehmen, die nicht von dieser Agentur vertreten werden.
Die Agentur Ideekarree betreut viele Selfpublisher. Sie bietet unter anderem die Produktion von Audio-Trailern und Podcasts an sowie Layout und Satz für analoges und digitales Publizieren. Für den größtmöglichen Erfolg sieht Alexander Pohl, Inhaber der Agentur, die AutorInnen selbst in der Pflicht: „Ein vernünftiger Umgang mit Social Media ist sehr wichtig. Ziel einer jeden Autorin sollte sein, sich einen Namen zu machen. Dann zahlen sich unsere gemeinsamen Maßnahmen erst richtig aus. Das bedeutet viel kontinuierliche Arbeit für uns und den Autor.“
Statt auf ein breites Portfolio setzt Sylvia Mortzinietz mit ihrer Agentur Ad Publicum auf Spezialisierung. Während viele klassische PR-Agenturen das Veranstaltungsmanagement für Lesungen und Lesereisen nicht oder nicht mehr abdecken, konzentriert sich Ad Publicum eben darauf.
Wer selbst genau weiß, was er haben möchte, kann die einzelnen Maßnahmen bei verschiedenen Spezialisten buchen oder eine Agentur wählen, die alles aus einer Hand bietet. Dabei kann man nicht pauschal raten, was sinnvoller ist. Manche AutorInnen können einige Maßnahmen gut selbst oder über Freunde abdecken, während sie für andere Unterstützung brauchen. Allerdings möchten manche Agenturen die Maßnahmen, die erfolgen sollen, komplett abdecken, um sie bestmöglich aufeinander abstimmen zu können. Dazu Ulrike Plessow von der Agentur BUCH CONTACT: „Wir bieten unsere Dienste nie als Einzelleistung an, sondern im Rahmen eines Pakets, das eine verbindliche Zusammenarbeit für mindestens sechs Monate voraussetzt.“
AutorInnen, die erwägen, eine PR-Agentur mit Leistungen zu beauftragen, sollten auf jeden Fall prüfen, mit welcher Kombination sie die bestmöglichen Erfolgsaussichten erreichen können – und was das eigene Budget hergibt.
Preise
Was kostet die professionelle Unterstützung? In der Regel schnüren PR-Agenturen ein Maßnahmenpaket, das auf AutorIn und Werk zugeschnitten ist und das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis verspricht. Daher variiert der Preis von Werk zu Werk. Die folgenden Angaben dienen der groben Orientierung:
Bei einigen der befragten Agenturen gehen die Paketpreise bei 400 bis 600 Euro los. Darin enthalten sind meist eine auf das Werk zugeschnittene Pressemitteilung, der zielgruppengerechte Versand an Medien und Blogger sowie die Platzierung in Social-Media-Kanälen wie Facebook und Twitter. Eine längerfristige, also mindestens drei Monate dauernde, strategische PR-Begleitung mit zusätzlichen Autoren- und/oder Buchporträts, Mailings, Nachfassaktionen und Reporting ist werk- und maßnahmenabhängig ab etwa 1.800 Euro zu haben, kann je nach Aufwand aber auch rund 4.000 Euro kosten. Werbematerialien wie Flyer, Poster oder Postkarten sowie Buchtrailer, Webseitengestaltung oder Betreuung der autoreneigenen Social-Media-Kanäle können bei einigen Agenturen einzeln zugebucht werden.
Und lohnt sich die Ausgabe? Ein Bonmot unter Werbern soll auf ein Zitat von Autobauer Henry Ford zurückzuführen sein: „Fünfzig Prozent bei der Werbung sind immer rausgeworfenes Geld. Ich weiß aber leider nicht, welche Hälfte das ist.“ Andersherum betrachtet würden immerhin 50 Prozent zu Erfolg führen – wenn man nur wüsste, welche.
Wichtige Auswahlkriterien
Worauf muss ich bei der Auswahl einer PR-Agentur achten? Wichtig ist vor allem, dass die Agentur genau mitteilt, welche Erfolgschancen sie bei einer PR-Kampagne sieht. Wirkt sie überzeugt von dem Werk, gar begeistert? Entsteht der Eindruck, dass sie sich so richtig ins Zeug legen wird? Das ist schon mal eine gute Basis. Zudem ist viel Erfahrung im Literaturbetrieb und in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unabdingbar, damit die Agentur das Potenzial eines Werkes realistisch einschätzen kann. AutorInnen sollten sich bei Interesse und vor einer Buchung also immer die Referenzen der Agentur ansehen. Manche Agenturen haben auch Arbeitsbeispiele und Erfolgsstorys auf ihrer Website.
Zudem sollte die PR-Agentur zum Werk passen. Beispielsweise sollte sie bei einem Buch zu einem Nischenthema die Zielgruppe gut kennen und die richtigen Kanäle bedienen sowie über die entsprechenden Kontakte verfügen.
Kontakte sind generell das A und O für PR-Agenturen. Natürlich sollten sie über viele davon verfügen. Aber die schiere Anzahl ist nicht der wesentliche Punkt. Wichtiger ist, dass die vorhandenen Kontakte gut gepflegt werden.
Pressearbeit mit der Gießkanne, also das Berieseln aller verfügbaren Kontakte, ist nicht zielführend. Die Agentur sollte entweder über einen schon passgenauen Verteiler für das Werk verfügen oder über viele Kontakte zu unterschiedlichen Medien, Redaktionen und Multiplikatoren, aus denen der genaue Verteiler zusammengestellt wird. Dieser sollte sich exakt nach dem Thema, dem Genre und der Zielgruppe richten, die man erreichen möchte.
Tipps von PR-Profis für AutorInnen
Ad Publicum: „Autoren sollten zur Vorbereitung auf eine Lesung oder Lesereise ein Lesecoaching bei einem professionellen Sprecher machen. Schon ein kurzes Training kann oft Wunder bewirken. Wie gut sich ein Buch nach der Lesung verkauft, hängt stark mit der Qualität des Vortrags zusammen. Liest ein Autor beispielsweise sehr monoton, nehmen die Zuhörer auch das Buch selbst als langweilig wahr. Daher sollte man vorher an der Vorlesetechnik feilen.“
BUCH CONTACT: „Ich rate Autoren, die sich selbst bekannt machen wollen: Netzwerken, was das Zeug hält! In Richtung Social-Media-Kontakte, traditionelle Medien, Buchhändler, Veranstalter. Wer das nicht selbst machen möchte oder kann, sollte sich Hilfe von außen holen. Je höher jedoch die Bereitschaft, selbst aktiv zu werden, desto größer die Erfolgsaussichten.“
Deborah Klein: „Es ist wichtig, sich konkret auf die eigene Zielgruppe auszurichten, mittels Autoren-Website und der Präsenz in den sozialen Medien. Wie tickt meine Leserschaft? Wo finde und erreiche ich sie? Und: Welche Medien machen wirklich Sinn?“
Dr. Gestmann & Partner: „Autoren sollten wissen, dass sie für die Vermarktung ihres Werkes Konsequenz und Ausdauer benötigen. Das gilt für unbekannte Autoren umso mehr, schließlich konkurrieren sie mit zigtausend anderen Autoren um die begrenzte Gunst oder Aufmerksamkeit des Publikums.“
Ideekarree: „Schreiben Sie viel, am besten gute Bücher! Kontinuität eröffnet Ihnen die wesentlichen Möglichkeiten eines gelungenen Marketings. Zielen Sie nicht auf ‚das eine Durchbruchswerk‘, sondern bauen Sie sich Ihre Karriere als Autor langfristig auf. Und verzichten Sie niemals auf ein Lektorat und ein professionelles Cover! Das sind die Basics, und sie sind es aus gutem Grund.“
Literaturtest: „Damit Buchtrailer ihre maximale verkaufsfördernde Wirkung entfalten können, sollten sie die Emotionen der Zuschauer ansprechen. Das kann sowohl mit einem Autorenporträt gelingen, in dem die Persönlichkeit des Autors zur Geltung kommt und das neugierig auf dessen Werk macht, als auch mit einem animierten Buchtrailer, in dem das Buch selbst im Mittelpunkt steht.“
Prittwitz & Partner: „Man sollte die Buch-PR möglichst früh angehen, in keinem Fall erst dann, wenn der Titel vorliegt oder – so das Buch gedruckt wurde – wie Blei im Schrank liegt. Und darüber hinaus: Selbstkritisch sein (das eigene Werk ist nicht der Nabel der Welt!), über den Tellerrand blicken und quer denken.“
Schoneburg. Literaturagentur: „PR bedeutet zuerst Information, nicht Werbung! Die Information sollte immer im Mittelpunkt stehen, sie sollte positiv und einladend formuliert, aber keine eigentliche Werbung sein.“
PR-Agenturen, die AutorInnen betreuen (Auswahl):
- Ad Publicum, Buch & Kultur PR, Köln: www.ad-publicum.de
- BUCH CONTACT, Freiburg, Berlin: www.buchcontact.de
- Deborah Klein, Hamburg: http://deborahklein.de
- Gabriele Becker PR, München: http://becker-pr.de
- IDEEKARREE, Leipzig: www.ideekarree.de
- Literaturtest, Berlin: www.literaturtest.de
- Mediakontakt Laumer, Marburg: www.mediakontakt-laumer.de
- Prittwitz & Partner, Berlin: www.prittwitzundpartner.de
- Schoneburg. Literaturagentur, Berlin: www.schoneburg.de
Autorin: Kerstin Brömer | www.kerstin-broemer.de
Foto: Carola Vogt und Peter Boerboom | www.boerboom-vogt.de
In: der selfpublisher, Heft 1, März 2016