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Perspektivwechsel in Geschichten: Chancen und Risiken

der selfpublisher
Mary Cronos
Frau mit zwei unterschiedlichen Gesichtshälften

Wie wirkt es sich auf Ihre Geschichte aus, wenn Sie die Perspektive wechseln? Welche Varianten gibt es? Und welche Chancen, Risiken und Herausforderungen sind damit verbunden?
Unsere Autorin Mary Cronos zeigt Ihnen, was so ein Wechsel alles kann und wann er sich anbietet.

Will ich eine authentische, in sich schlüssige Figur erschaffen, kann diese oft nur schwer alle Gesichtspunkte eines Themas erfassen und alle Meinungen widerspiegeln. Um also eine Figur nicht allwissend und unnatürlich erscheinen zu lassen, bietet es sich an, ihr ein Gegenüber zu geben, an dem sie sich reiben kann. Die Leserin, der Leser kann so beide Perspektiven wahrnehmen und sich ein eigenes Bild machen. Gelebte Dialektik.

Entdecke die Varianten!
Oder: Perspektivwechsel ist nicht gleich Perspektivwechsel

Bevor ich mich dem Für und Wider des Perspektivwechsels widme, möchte ich Ihren Blick für dessen Vielfalt schärfen:
1. Der Prolog/Epilog: Die Option für die Vorsichtigen unter den Mutigen. Der Fluss der Geschichte wird nicht gestört, weil die andere Perspektive der Geschichte voran- oder hintangestellt ist. Die andere Sicht rahmt die eigentliche Erzählung. Mit einem Prolog können Sie den Leser mit Zusatzwissen ausstatten. Mit diesem „Gepäck“ macht er sich dann auf die Reise durch den eigentlichen Roman. Ein Epilog am Ende Ihres Romans kann Ihnen helfen, manches zu klären, ohne auf ausschweifende Monologe der Hauptfigur angewiesen zu sein.
2. Zwischen den Kapiteln: Die Hauptgeschichte wird zwischen den Kapiteln mit kleinen außerperspektivischen Ergänzungen angereichert. Wichtig: Die Intermezzi sollten in sich konsistent und in verlässlicher Regelmäßigkeit auftauchen. Klassiker dieser Variante sind Tagebucheinträge, Briefe oder Dialogfetzen. Sie können sowohl in das Geschehen innerhalb der Kapitel eingebunden sein als auch autark für sich stehen und dem Leser so einen Wissensvorsprung verschaffen.
3. Ein ab und zu eingeschobenes Kapitel: Die deutlich gewagtere Methode, bei der ganze Kapitel in unregelmäßigen Abständen durch einen anderen Charakter bestritten werden. Sie ermöglicht einen genaueren Blick auf oder gar in eine andere Person. Diese Variante wird häufig genutzt, um zwischen mehreren Personen hin und her zu wechseln, ohne ihnen zu viel Raum zu geben.
4. Der kapitelweise Wechsel: Die Perspektiven wechseln sich kontinuierlich ab. Diese Variante besticht zwar durch ihre Regelmäßigkeit, engt aber auch ein. Sie eignet sich gut für eine Wettstreitsituation, in der sich beide Perspektiven nach und nach annähern.
5. Das halbierte Buch: Ungefähr ab der Hälfte des Buches wechselt der Erzähler. Auf diese Weise lassen Sie den Leser relativ lang beim ihm anvertrauten Protagonisten, bringen aber auf der Hälfte der Strecke neuen Wind in die Erzählung. Besonders gut geeignet, um die zuvor provozierte klare Meinung oder Haltung des Lesers gezielt umzustoßen.
6. Neues Buch, neue Perspektive: Diese Variante vereint die Vorzüge der Einzelperspektive mit den Möglichkeiten der perspektivischen Vielfalt. In zwei unabhängig-abhängigen Büchern wird die Geschichte jeweils aus einer anderen Perspektive erzählt. Die Bücher stehen für sich und sind zugleich in ihrer Symbiose interessant.
7. Die wechselnde Reihe: Alternativ können Sie bei einer mehrbändigen Reihe je Band einen neuen Protagonisten einsetzen. Diese Option mischt die Varianten vier und sechs. Allerdings sind Sie hier für den ganzen Band festgelegt.

Selbstverständlich stehen diese Varianten nicht nur für eine weitere Perspektive zur Verfügung. Genauso gut ist es möglich, gleich mehrere Figuren zu Wort kommen zu lassen. 
Während im Krimi gern eine klassische Wettstreitsituation durch zwei Perspektiven ausgeführt wird, ist es in der Phantastik durchaus üblich, mehr Figuren in die Erzählung einzubinden.
In der Wettstreitsituation im Krimi werden oft Täter und Ermittler gegeneinander ausgespielt. Sie nähern sich immer weiter an – bis zum Finale. Durch die Wechsel erzeugen Sie Spannung und mit Schnitten an den richtigen Stellen lenken Sie die Aufmerksamkeit des Lesers.
Wird eine Phantastik-Erzählung durch mehrere Perspektiven bereichert, dann bewegen sich die einzelnen Erzählstränge häufig zeitgleich aufeinander zu, um ebenfalls in einem gemeinsamen Finale zu gipfeln. Bei größeren Fantasy-Epen mit ausufernden Welten und vielen Völkern und Konflikten eröffnen sich so spannende Möglichkeiten – aber auch Herausforderungen.

Optimist versus Kritikerin – ein Streitgespräch
Oder: Über die Vorteile und Nachteile weiterer Perspektiven

Opti-Oskar: Das große Plus einer weiteren Perspektive ist, dass sich die Regel Show, don't tell auf diese Weise ideal umsetzen lässt. Relevante Nebenschauplätze und für den Plot wichtige Handlungen, an denen der eigentliche Protagonist nicht teilnimmt, können vom Leser live erlebt werden. Die Alternative wäre das langatmige Nacherzählen in Mono- oder Dialogen.
Krittel-Karla: Bei zeitlich aufeinanderfolgenden Szenen mag das stimmen. Aber wenn die Perspektiven teilweise Überschneidungen und damit Wiederholungen liefern, dann bringt die neue Perspektive vor allem Langeweile.
Opti-Oskar: Das kann nicht passieren, wenn die neue Perspektive eine neue Information enthält. Auch bei einem Dialog aus zwei Perspektiven kann die Autorin durch geschicktes Einfügen von Gedanken oder Beobachtungen einen Mehrwert generieren. Das gewisse Extra macht die neue Perspektive wertvoll.
Wenn die Perspektiven sich chronologisch aneinanderreihen, dann kann eine andere Perspektive langatmigen Szenen sogar vorbeugen. Die zu ereignislose Szene bei Figur A (etwa eine längere Reise) wird überbrückt mit einer spannenden Szene bei Figur B.
Krittel-Karla: Mag ja stimmen. Aber wenn die neue Perspektive zu viel verrät, ist sie auch wieder ein Hort der Langeweile. Die Leserin ärgert sich über die Unwissenheit oder Naivität des Protagonisten, jetzt, wo sie selbst ins Bild gesetzt wurde.
Opti-Oskar: Die neue Perspektive sollte natürlich nicht spoilern – und wenn, dann nur ganz bewusst und als stilistisches oder erzähltechnisches Mittel. Beispielsweise, weil es sich um eine falsche Fährte handelt. Ich kann den Perspektivwechsel aber auch wunderbar nutzen, um neue Erkenntnisse einer Figur vor dem Leser zu verbergen. Beispielsweise indem ich Figur A einen wichtigen Gegenstand finden lasse und in die Perspektive von Figur B wechsle, bevor der Leser erfährt, um was für einen Gegenstand es sich handelt. Die Zauberformel lautet: Gib dein Wissen gezielt und gut geplant weiter!
Krittel-Karla: Schön und gut. Aber zu häufiger Wechsel verwirrt die Leserin. Ständig muss sie sich in neue Figuren hineinversetzen – wenn sie überhaupt durchschaut, durch wessen Augen sie nun auf die Szene sieht. Folgt der Einschub keiner Regelmäßigkeit, an die sich die Leserin gewöhnen kann, ist das gefährlich. Sie kann so aus dem Lesefluss herausgerissen werden und das Interesse verlieren.
Opti-Oskar: Das ist das geringste Problem. Dieser Verwirrung kann ich vorbeugen, indem ich die Perspektivwechsel klar anzeige. Optisch durch den Buchsatz und vom Inhalt her durch den Einsatz anderer Ausdrucks- und Verhaltensweisen.
Krittel-Karla: Das bringt mich direkt zur nächsten Gefahr: Durch die teilweise parallel angeordneten Perspektiven kann es sehr leicht zu Stil- und Logikfehlern kommen!
Opti-Oskar: Und genau für diese Fälle gibt es das Lektorat. Logikfehler findet ein Außenstehender immer schneller als das eigene Autorenhirn, in dem die gesamte Geschichte mit allen ihren alten und neuen Versionen beheimatet ist.
Krittel-Karla: Das ist auch für die Lektorin ein klarer Mehraufwand, den sie sich teuer bezahlen lassen wird.
Opti-Oskar: Ein gutes Lektorat kostet eben. Aber wenn ich mir ein paar Tage oder gar Wochen Abstand zum Text gönne, fallen mir solche Logikfehler – bei erneuter sorgfältiger Lektüre – auch selbst auf.
Krittel-Karla: Du sagst es: Das kostet mehr Zeit. Eine weitere Perspektive verkompliziert alles! Nicht nur das Plotten und Planen. Auch das Schreiben selbst. Plötzlich muss man sich Gedanken um die Sprache und das gesamte Wesen einer weiteren Person machen.
Opti-Oskar: Das ist doch das Schöne! Die Vielfalt, die durch die Perspektiven entsteht! Und eine andere Ausdrucksweise hilft bei der Orientierung. Der Leser lernt so mehrere Personen besser kennen – mit ihren Gedanken, Gefühlen und allem drum und dran.
Krittel-Karla: Du magst mehr Einblicke erhalten, dafür sind sie oberflächlicher. Nur bei einer Erzählung einer einzigen Person kann die Leserin ein wirklich starkes Band zwischen sich und der Protagonistin entwickeln.
Opti-Oskar: Eine andere Perspektive kann aber auch helfen, den Protagonisten mit anderen Augen zu sehen und ihn so besser kennenzulernen. Dass man eine Person über dreihundert Seiten kennenlernt, muss nicht bedeuten, dass man eine ehrliche, echte Version dieser Person zu sehen bekommt. Auch Romanfiguren neigen zu einer falschen Selbstwahrnehmung.
Krittel-Karla: Vielleicht solange es um eine Person geht, die zur Geschichte hinzukommt. Aber je mehr Perspektiven in eine Handlung hineingezwungen werden, desto unübersichtlicher wird sie. Die ganze Wechselei kann schnell zum Verlust des roten Fadens führen und dazu, sich auf Nebenschauplätzen zu verirren.
Opti-Oskar: Natürlich ist es absolut notwendig, bei jedem Einschub zu prüfen, ob er dem Fortgang der Handlung guttut. Ein Perspektivwechsel kann für den Plot- und Spannungsaufbau auch förderlich sein. Ein Konflikt kann so beispielsweise von unterschiedlichen Seiten gezeigt und zugespitzt werden.
Krittel-Karla: Zu viele Informationen können aber ebenso verwirren: die Leserinnen während der Lektüre und die Autorinnen beim Entwicklungs- und Schreibprozess. Perspektivwechsel sind und bleiben eine große Fehlerquelle!
Opti-Oskar: Wenn ich als Leser verschiedene Sichtweisen kennenlerne, macht mich das mitfühlender, empathischer. Werde ich zum Beispiel auf eine falsche Fährte gelockt oder verdächtige eine Person zu Unrecht, urteile ich in Zukunft weniger vorschnell – und das hoffentlich auch im richtigen Leben.
Krittel-Karla: Die Hoffnung stirbt zuletzt. 

Von der Theorie zur Praxis
Oder: Auswertung durch eigene Erfahrungen

Vier der sieben Varianten, weitere Perspektiven in eine Geschichte zu bringen, habe ich bei meinen Büchern bereits selbst ausprobiert. Der Dialog zwischen Opti-Oskar und Krittel-Karla zeigt ungefähr, was in meinem Kopf vor sich ging, bevor ich mich jeweils für eine Lösung entschied.

Für meinen Verlagstitel Houston Hall (Krimi mit Fantasyeinschlag) habe ich die Varianten 2 und 5 kombiniert – siehe „Zwischen den Kapiteln“ und „Das halbierte Buch“. 
Vor jedem Kapitel steht ein Tagebucheintrag, der eine dreihundert Jahre zurückliegende Geschichte erzählt. Die Tagebucheinträge schreiten mit dem Fortgang der Hauptgeschichte mit voran und spiegeln die Recherchen meines Protagonisten wider. Sie sind also in den Hauptplot eingebunden. Auf diese Weise gebe ich meinen Leserinnen die Chance, selbst an den Nachforschungen der Geschichte teilzunehmen und bei gleicher Quellenlage womöglich andere Schlüsse zu ziehen. Außerdem kann ich so verhindern, dass mein Protagonist Anthony ständig in Monologen Zusammenfassungen seiner Quellen wiedergeben muss. 
Zusätzlich habe ich mich dazu entschieden, nach genau der Hälfte des Buches aus der Perspektive von Anthony in die von Mary zu wechseln. Mary ist Anthonys romantischer Gegenpart. Durch diesen Wechsel erfährt die gesamte Geschichte eine Wendung bis hin zum Genrewechsel. Die erste Hälfte des Romans ist ein Krimi mit historischem Hintergrund, während die zweite Hälfte durch große Emotionen und Motive aus der schottischen Mythologie in die Romantasy wechselt. Letzteres wäre aus Anthonys Perspektive als steifer Anwalt und Realist nicht möglich gewesen. Die Protagonisten und ihre Figuren bleiben authentisch. Sie entwickeln sich zwar weiter, werden aber nicht in Rollen gezwungen, die nicht zu ihnen passen.

Bei meiner Selfpublishing-Reihe Nafishur (Urban/High-Fantasy) habe ich mich für eine Kombination der Varianten 1 und 6 entschieden, siehe „Der Prolog/Epilog“ und „Neues Buch, neue Perspektive“.
Jedes meiner Bücher beginnt mit einem kurzen Prolog aus einer anderen Perspektive. Wer hinter dieser Perspektive steckt, verrate ich dabei nicht. Mit dem Wissen des Prologs im Hinterkopf kann der Leser dessen Urheber aber im Laufe der Geschichte erahnen. Meine Prologe beinhalten dabei meist ein Spannungselement, um von Seite eins an neugierig zu machen.
Haupterkennungsmerkmal meiner Nafishur-Reihe sind die zwei Bücher pro Band. Meine Leserinnen können wählen, ob sie die gesamte Reihe aus einer Sicht lesen wollen oder beide Perspektiven nacheinander. Jeder Band hat dabei seinen eigenen Schwerpunkt und Spannungsbogen. Die Perspektive Caras konzentriert sich auf ein großes Familiengeheimnis, Magie und Freundschaft; die Perspektive von Dariel legt den Fokus auf Spannung und etwas mehr Flirt und Beziehung. Die Protagonisten haben eigene Probleme zu bewältigen. Zugleich sorge ich immer wieder für Überschneidungen. Die Leser können einen Mehrwert aus dem Wissen der jeweils anderen Perspektive ziehen und kleine Aha-Momente genießen.
Es sind zwei Geschichten, die zufällig zur selben Zeit am mehr oder weniger selben Ort spielen. Damit halte ich mir alle Möglichkeiten offen. Lege ich es auf Szenen aus zwei Sichtweisen an, um etwas zu verdeutlichen, oder möchte ich eine eigenständige Szene erzählen? Beides ist jederzeit möglich.
Allerdings muss ich zugeben, dass diese Art zu schreiben einen enormen Mehraufwand darstellt. Nicht nur, weil ich meine – ohnehin schon lange Reihe – doppelt schreibe, sondern auch, weil ich sehr viel planen und plotten muss, damit sich keine Fehler zwischen den Perspektiven einschleichen. Ich muss zu jeder Zeit genau wissen, wo, wann und warum sich jede einzelne Figur befindet. Ich muss sämtliche äußere Umstände jeder Szene kennen. Beispiel: Wenn Dariel sich an einem Ort befindet, an dem es gerade regnet, kann sich Cara nicht in der Nähe aufhalten und dort von der Sonne geblendet werden. Wer also zwei komplette Geschichten parallel schreiben will, sollte sich auf einen deutlichen Mehraufwand gefasst machen.

Alles eine Frage der Technik
Oder: Tipps zur Umsetzung für die Mutigen

Sie sind sich nicht sicher, ob ein oder mehrere Perspektivwechsel Ihrer Geschichte guttun würden? Dann stellen Sie sich folgende Fragen:
1. Besteht in der Geschichte eine unmittelbare Notwendigkeit für eine andere Perspektive (zum Beispiel für den Spannungsaufbau)?
2. Würde eine weitere Perspektive die eigentliche Geschichte und ihren Plot wesentlich unterstützen?
3. Enthält die neue Perspektive einen Mehrwert für die Entwicklung der Geschichte oder Charaktere, auf den ich nicht verzichten will?

Sie haben wenigstens eine der Fragen mit Ja beantwortet? Dann sollten Sie erwägen, in Ihrer Geschichte Perspektivwechsel zu nutzen. Hier einige Tipps dazu.
1. Machen Sie sich bewusst, welche Rolle die weitere Perspektive in Ihrer Geschichte spielen soll. Nimmt Ihre Hauptfigur den Großteil der Handlung ein und die neue Perspektive taucht nur ab und an auf, ist letztere klar untergeordnet. Wechseln sich beide Figuren regelmäßig ab, ist es wichtig, dass auch beide ihren eigenen Spannungsbogen erhalten. Sonst besteht die Gefahr, dass die weitere Perspektive nur ein ablenkendes Beiwerk ist, über das schnell hinweggelesen wird.
2. Für das Halten der Spannung über den Wechsel hinaus darf sich eine Szene vor dem Wechsel gern zuspitzen. Mitten in einer schnellen Kampfszene abzubrechen ist allerdings keine gute Idee. Tempo und Anspannung, die Sie vorher mühsam aufgebaut haben, gehen dann mit einem Schlag verloren.
3. Je mehr Perspektiven vorkommen, desto länger dauert die Rückkehr zur jeweiligen Figur. Fragen Sie sich immer, welcher Wechsel wirklich eine Bereicherung ist und bei welchem der rote Faden verloren geht.
4. Perspektivwechsel sollten Sie für den Leser stets deutlich machen. Das kann durch Grafiken, Überschriften oder Schriftarten geschehen. Passen Sie aber vor allem die Erzählsprache an die jeweilige Figur an. Jede Figur nimmt die Welt anders wahr und sollte an ihrer Wahrnehmungsweise zu erkennen sein.
5. Viele Autorinnen legen sich Charakterkarten zu ihren Figuren an. Bei den Figuren mit eigener Perspektive sollten Sie darauf auch deren sprachliche Besonderheiten notieren: Lieblingswörter, Sprachschwächen oder Sprichwörter. Gibt es eine bestimmte Wortwahl, an der Sie eine Figur sofort erkennen würden? Ginga, eine meiner Hauptfiguren, ist beispielsweise nicht dazu in der Lage, Sprichwörter und Redewendungen korrekt wiederzugeben.
6. Vor allem bei zeitlich parallelen Erzählsträngen hilft es immens, Tabellen und Zeitleisten anzufertigen. Sonst kann es Ihnen passieren, dass Person A in beiden Perspektiven zur gleichen Zeit an zwei Orten auftaucht oder in einer Perspektive Zeit „verloren geht". In meinen zwei Nafishur-Versionen wäre mir das fast so ergangen. Gerade noch rechtzeitig bemerkte ich, dass Cara eine Woche, die bei Dariel existierte, verschlafen hatte.
7. Mindmaps, die Beziehungen und Überschneidungen darstellen, verschaffen Übersicht – zwischen Personen, aber auch zwischen Orten oder Situationen. Welches Ereignis soll zu welchem Resultat führen? Und welche Erkenntnis ist in welcher Perspektive am besten aufgehoben?

„Ach so! Sag das doch gleich!“
Oder: Fazit 

Im Grunde lässt sich der Streit um die Perspektiven in einer Geschichte einfach beilegen: Eine zusätzliche Perspektive kann einen Mehrwert darstellen, eine Geschichte bereichern, den Leser neugierig, offen und reflektiert an ihr teilhaben lassen und Spannung erzeugen. 
Dafür ist es wie bei jedem erzählerischen Mittel wichtig, dass Sie sich vor der Anwendung fragen: Was nützt es mir und meiner Geschichte? Bin ich auf diese Art des Schreibens vorbereitet und traue ich sie mir zu? Passt diese Technik zu dem, was ich mit meiner Geschichte vermitteln will? – Fallen die Antworten positiv aus, steht dem Einsatz einer weiteren Perspektive nichts mehr im Wege.

Über die Autorin: Mary Cronos ist freischaffende Künstlerin, Autorin, Coach und Podcasterin aus Berlin. Als Künstlerin unterstützt sie ihre schreibenden Kolleginnen unter anderem mit Coverdesigns und Illustrationen, als Autorin veröffentlicht sie Fantasy sowohl im Selfpublishing bei BoD als auch im Verlag über ihre Literaturagentur Langenbuch & Weiß.
Künstlerwebsite: www.colors-of-cronos.de | [email protected]
Autorenwebsite: www.mary-cronos.world | [email protected]
Podcastwebsite: www.carpe-artes.de | [email protected]
SP-Messeprojekt: www.fakriro.de | [email protected]
Weiterlesen in: der selfpublisher, Heft 17, März 2020
Blogbild: Mary Cronos

 

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Dieser Artikel steht in der selfpublisher, Heftnr. 17, März 2020: /magazin/der-selfpublisher/archiv/der-selfpublisher-12020
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