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Mit Schnäppchen an die Spitze

der selfpublisher
Matthias Matting

Mit Schnäppchen an die Spitze

Eine geschickte Preispolitik gehört für viele Selfpublisher inzwischen zu den wichtigsten Marketing-Werkzeugen. Was dafür spricht – und wie Sie am besten vorgehen.

„Zum Start nur 99 Cent“. „Heute kostenlos!“ „Aktionspreis – jetzt zuschlagen!“ – wer die Produktbeschreibungen der E-Books auf der aktuellen Bestsellerliste studiert, stößt sehr oft auf solche Ankündigungen. Die betreffenden AutorInnen zielen damit auf eine spezielle Gruppe von Käufern, die Schnäppchenjäger. Diese kaufen, so die Hoffnung, Lesestoff gezielt nach dem Preis, selbst wenn sie ein Buch vielleicht gar nicht in nächster Zeit lesen wollen.

Das Prinzip Grabbelkiste also, das Sie aus großen Kaufhäusern kennen – allerdings mit ungleich stärkeren Folgen für den Verkauf des jeweiligen Artikels. Denn während der Inhalt eines typischen Schnäppchen-Tisches einfach nur Käufer anlockt, kann eine Preisaktion einem Buch zu etwas sehr Wichtigem verhelfen: zu Sichtbarkeit. Ein Titel, der in der Grabbelkiste gut läuft, wird anschließend von den schlauen Verkäufern (hier in Form intelligenter Algorithmen) auch in den normalen Verkaufsregalen ganz nach vorn gerückt und verkauft sich dadurch auch zum Normalpreis besser.

Nachahmen sollten Sie eine solche Strategie trotzdem nur bedingt. Denn das Nennen von Preisen in der Produktbeschreibung verstößt zumindest bei Amazon gegen die Geschäftsbedingungen. Was Sie aber durchaus in Erwägung ziehen sollten, ist die Preisaktion an sich. Gut geplant und ausgeführt, kann sie den Unterschied machen zwischen einem Buch, das sich ganz ordentlich verkauft, und einem echten Bestseller. Was sie allerdings nicht vermag: Aus Sch... Gold zu machen. Am Anfang all Ihrer Überlegungen sollte deshalb stets ein gutes Buch stehen.

Dass es bei einer Preisaktion um einen niedrigeren Buchpreis geht, ist klar. Die entscheidende Frage ist aber: Gehen Sie ganz auf Null („Verschenkaktion“) – oder verlangen Sie zumindest noch einen kleinen Betrag („Preisaktion“ im engeren Sinn)? Die beiden Marketing-Möglichkeiten funktionieren sehr unterschiedlich, deshalb müssen wir sie getrennt voneinander betrachten.

Die Preisaktion

Die Preisaktion ist heute das Mittel der Wahl und passt in den meisten Fällen. Sie brauchen dazu so gut wie keine Voraussetzungen, und Preisaktionen funktionieren auf allen E-Book-Plattformen. Das einzige Hindernis ist die Preisbindung für E-Books – das Problem ist aber organisatorischer, nicht prinzipieller Art.

Denn damit ein Buch überall gleich viel kostet, müssten die Händler alle gleich schnell reagieren. Das ist in den seltensten Fällen so. Vor allem, wenn der Preis danach wieder hochgehen soll, passiert gern folgendes: Sie geben den neuen, höheren Preis bei Amazon, Apple und so weiter ein. Amazon reagiert am schnellsten, Thalia oder eine andere Firma lässt sich Zeit. Der Amazon-Robot merkt, dass der Preis bei einem anderen Anbieter niedriger ist – und setzt ihn auch bei Amazon wieder herunter. Das ist lästig, aber lösbar. Wenn Sie nur über Amazon verkaufen, haben Sie das Problem nicht.

Wo genau Sie eine Preisaktion bei Ihrem Distributor eingeben müssen, ist von Firma zu Firma unterschiedlich. Oft (aber nicht bei Amazon) können Sie Start- und Enddatum definieren und müssen sich dann nicht um die erneute Anpassung kümmern.

Eine Preisaktion verpufft allerdings, wenn Sie nicht dafür werben. Unten finden Sie Dienste aufgelistet, die Sie dabei unterstützen. Über diese Seiten kaufen besonders preissensible Nutzer Ihr Buch. Das E-Book steigt im Verkaufsrang, wird dadurch mehr gesehen und mehr gekauft. Das ist alles. Wichtig ist dabei, dass Sie die Werbeaktionen gut planen. Starten Sie mit den eher unbekannten Seiten am Ende der Liste. Diese bringen Ihr Buch in eine gute Ausgangsposition für die umsatzstärkeren Angebote.

Nachteil einer Preisaktion könnte sein, dass sich frühere Käufer, die mehr Geld ausgegeben haben, vielleicht veralbert fühlen. Sie sollten also bei einer beabsichtigten Preisaktion besonders Ihre Fans einbeziehen. Die Gefahr, dass Ihnen die Aktion übelgenommen wird, ist aber nicht groß.

Die Verschenkaktion

Bei einer Verschenkaktion bekommt der Käufer das E-Book kostenlos. So weit, so einfach. Aber die Umsetzung ist komplizierter. Wenn Sie nur bei Amazon verkaufen, müssen Sie Ihr Buch bei KDP Select anmelden. Dann dürfen Sie es für fünf Tage im Quartal verschenken (nicht länger). Auch einige (wenige) Distributoren erlauben Verschenkaktionen. Da KDP Select aber Exklusivität erfordert, können Sie Ihr Werk in dieser Zeit über keine andere digitale Plattform verkaufen.

Auch dabei gilt stets: Es bringt nichts, wenn keiner davon erfährt. Beziehen Sie die einschlägigen Websites für E-Book-Verschenkaktionen (siehe Tabelle) in Ihre Werbung ein.

Verschenkaktionen beeinflussen das Verkaufsranking negativ – Sie verkaufen ja ein paar Tage nichts. Gleichzeitig verbessern Sie das Beliebtheitsranking Ihres E-Books, das die Sortierung beim Stöbern in den verschiedenen Amazon-Kategorien betrifft. Der Effekt hält für 30 Tage an. Auf die Bestenlisten in anderen Shops haben solche Aktionen keine Wirkung.

Aber Vorsicht: Es könnte sein, dass Leser Ihr Buch in die Hände bekommen, die gar nicht zur Zielgruppe gehören. Es kostet ja nichts! Und diese Leser sind dann womöglich enttäuscht und verfassen eine entsprechende Rezension. Die Hoffnung, durch Verschenken mehr gute Rezensionen zu erhalten, erfüllt sich nur sehr selten. Gegen die Buchpreisbindung verstoßen Verschenkaktionen übrigens nicht.

Oh, ein Kindle-Deal!

Eine der wichtigsten Plattformen für Werbeaktionen fehlt in der Übersicht unten: die Kindle-Deals. Hier können Sie sich nicht bewerben, die Deals funktionieren nach dem Prinzip „Don’t call us, we will call you.“ Immer am Quartalsanfang erhalten zahlreiche Nutzer von Amazons KDP-Programm eine Anfrage per E-Mail, ob sie bereit wären, ihr Buch für eine solche Amazon-exklusive Preisaktion zur Verfügung zu stellen.

Die Anfrage bedeutet allerdings noch nicht, dass Sie tatsächlich dabei sind. Das entscheidet sich erst später und auch, ob Sie in einem Wochen- oder Monatsdeal vertreten sind. Sie müssen aber trotzdem ab sofort die Bedingungen erfüllen. Vor allem muss Ihr Buch in KDP Select angemeldet bleiben. Sie dürfen es also nicht auf anderen Plattformen verkaufen. Der Gedanke liegt nahe, dass Amazon sich auf diese Weise auch geschickt exklusive Inhalte sichert.

Wenn Ihnen die Idee nicht absolut widerstrebt, sollten Sie den Kindle-Deal trotzdem annehmen. Denn wenn Amazon selbst seine Kunden informiert, ist das noch deutlich effizienter als jeder andere Werbekanal. Außerdem erhalten Sie trotz der Preissenkung ihre 70 Prozent Honorar. Kindle-Deals sind zwar längst kein Garant für eine Top-100-Platzierung mehr, schaden aber so gut wie nie. Sie sind umso effizienter, je weiter oben ein Buch vorher in der Bestenliste rangierte.

Ähnliche Deal-Programme fahren die anderen E-Book-Shops übrigens längst auch. Hier ist es allerdings noch schwieriger, eine Teilnahme zu ergattern. Sprechen Sie am besten mit Ihrem E-Book-Distributor, der ja ebenso wie Sie an guten Verkäufen interessiert sein sollte. Bei Apple können Sie die Redaktion einfach selbst ansprechen. Halten Sie dazu gute Argumente parat, warum gerade Ihr Buch gesondert beworben werden sollte. Auch das Team von Tolino Media organisiert regelmäßig Preisaktionen in den angeschlossenen Shops. Fragen kostet nichts!

Nicht mit den Kindle-Deals zu verwechseln sind die Countdown-Deals, die als Teil des KDP-Select-Programms angeboten werden. Sie funktionieren auf der deutschsprachigen Amazon-Seite noch nicht. Und werden es vermutlich nie tun, weil dieses Instrument nur schwer mit der deutschen Preisbindung in Einklang zu bringen ist. Die Idee ist, dass der Preis des E-Books schrittweise nach oben geht. Wer sofort zugreift, bekommt das Werk also am günstigsten. Da Sie damit auf amazon.de nicht arbeiten können, sind Countdown-Deals nur für englischsprachige Titel sinnvoll. Sie dürfen allerdings 30 Tage zuvor keine Preiserhöhung durchgeführt haben. Bonus: Liegt der Startpreis über 2,99 Euro, bekommen Sie in allen Preisstufen trotzdem 70 Prozent Honorar.

Preis und Wert

Es gibt AutorInnen, die diese Überlegungen zwar nachvollziehen können – sich aber vor deren Umsetzung scheuen. Sie befürchten, mit einer Preisaktion den Wert ihres über Monate und Jahre hart erarbeiteten Werkes zu senken, also ihre eigene Arbeit zu verschleudern.

Diese Furcht ist verständlich – und doch ist sie irrational. Denn Wert und Preis sind zwei unterschiedliche Kategorien. Denken Sie an die Leserin oder den Leser, für die Sie das Buch doch geschrieben haben. Haben diese weniger Freude an Ihrem Text, nur weil der Preis niedriger ist? Bemisst sich der Wert Ihres Buches wirklich am Preis eines Exemplars – oder nicht doch eher an der Summe Ihrer Einnahmen?

 

Autor: Matthias Matting | www.selfpublisherbibel.de
In: der selfpublisher, Heft 1, März 2016

 

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