
Dr. Gerd Robertz, Sprecher der Geschäftsführung BoD, im Gespräch mit Ingird Haag,
Mit Cornelia Funke ist kürzlich eine der bekanntesten deutschen Autorinnen nach einer Meinungsverschiedenheit mit ihrem US-amerikanischen Verlag unter die Selfpublisher gegangen. Verlieren Verlage für Autoren an Bedeutung?
Selfpublishing hat das Verlagsgeschäft demokratisiert und allen Autoren einen freien Zugang zum Buchmarkt eröffnet. In diesem Sinne haben Verlage als ehemalige Gatekeeper tatsächlich an Bedeutung verloren. Auch hat Selfpublishing die Rolle des Autors gestärkt. Als Selfpublisherin hat Cornelia Funke die inhaltliche und gestalterische Kontrolle über ihr Werk und kann selbst über den Zeitpunkt der Veröffentlichung bestimmen. Letztlich unterstreicht ihr Entschluss, wie erfolgreich sich Selfpublishing etabliert hat und wie Autoren künftig verstärkt veröffentlichen werden: gleichberechtigt sowohl über einen Verlag als auch im Selfpublishing.
Wohin geht die weitere Entwicklung im Selfpublishing? Was sind aus Ihrer Sicht wichtige Trends?
Ein zentrales Feld ist der Ausbau der Reichweite und Sichtbarkeit von Selfpublishing-Titeln. Immer mehr neue Titel wetteifern auf dem Buchmarkt um die Aufmerksamkeit der Leser. Vor allem im Online-Buchhandel wird dies deutlich. Um die Sichtbarkeit der Bücher bei den gewünschten Zielgruppen zu erhöhen, wird die Optimierung von Metadaten immer wichtiger. Statt starrer Warengruppensystematiken stehen vermehrt zielgruppenspezifische Schlagworte im Vordergrund, die das aktuelle und künftige Interessenfeld der Leser berücksichtigen. Ziel ist es, potenziellen Käufern neue, themenverwandte Titel auch innerhalb der gängigen Suchanfragen zu präsentieren.
Als führende deutsche Selfpublishing-Plattform haben wir es uns zudem zur Aufgabe gemacht, die Präsenz von selbstverlegten Titeln im stationären Buchhandel auszubauen. Schließlich sind die über 6.000 Buchhandlungen in Deutschland nach wie vor der wichtigste Verkaufskanal für Bücher. Es geht vor allem darum, den Dialog zwischen Autoren und Buchhändlern zu verbessern, so dass beide Seiten stärker vom Selfpublishing-Boom profitieren können.
Welche Voraussetzungen sollte ein Selfpublishing-Titel erfüllen, um das Interesse von Buchhändlern zu wecken?
Grundsätzlich sind Buchhändler immer bereit, Titel aufzunehmen, die in ihr Sortiment passen, professionell erstellt sind und von denen sie glauben, dass sie das Interesse ihrer Kunden wecken. Entscheidende Voraussetzung auf Vertriebsseite ist ein einfaches und schnelles Beziehen der Titel über das Barsortiment, wie es BoD anbietet. Zudem sollten die Bücher remissionsfähig sein. Buchhändler stehen allerdings auch vor der Herausforderung, aus der großen Vielfalt an verfügbaren Titeln ihr Sortiment zusammenzustellen. Um daher auf interessante Selfpublishing-Titel leichter aufmerksam zu werden, muss der Informationsfluss für Buchhändler verbessert werden – beispielsweise durch Novitätenkataloge.
Eine große Herausforderung für Selfpublisher ist häufig das Marketing. Haben Sie einen Tipp parat?
Autoren sollten die Vermarktung vor allem frühzeitig und geplant angehen. Ausgangspunkt ist eine eigene Website und die Nutzung von Social Media. Zum Veröffentlichungsstart des E-Books hilft ein Aktionspreis, um die Verkäufe anzukurbeln und eine bessere Sichtbarkeit in den Verkaufsrankings zu erzielen. Zeitgleich sollten sich Autoren bemühen, Rezensionen beispielsweise über Leserunden auf Goodreads oder Lovelybooks zu gewinnen. Hat das Buch einen Verkaufsrang und erste Rezensionen erhalten, lohnt sich die Werbung über reichweitenstarke Buch- und E-Book-Plattformen, um den Absatz weiter zu fördern. Die Grundlage für erfolgreiches Marketing wird allerdings schon beim Buch selbst gelegt – durch Korrektorat, Lektorat und ein professionelles Coverdesign.
Das Interview mit Dr. Gerd Robertz führte Ingrid Haag.
Foto: BoD
In: »der selfpublisher«, Oktober 2015 (Startausgabe), nur in der E-Book-Ausgabe