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Macht unsere Bücher teurer! Ein Plädoyer für höhere Buchpreise

der selfpublisher
Jasmin Zipperling
Goldenes Buch mit Schmuck

Alles über Buchpreise und E-Book-Preise und warum unsere Buchpreise oft zu niedrig sind, aber 99-Cent-Aktionen bei E-Books okay sein können.

Letzten November in Bietigheim-Bissingen. Ich war auf einer Veranstaltung, die beim Barsortiment Umbreit stattfand. Eingeladen hatten der Selfpublisher-Verband, Books on Demand (BoD), epubli und Umbreit zu einem „Dialog vor Ort“. Wir wollten – so der Name der Veranstaltung – „Gemeinsam(e) Chancen für Buchhandel und Selfpublishing entdecken“.
An diesem Tag hatte ich eine Erleuchtung. Die Wolkendecke brach auf, Engelschöre sangen und das Sonnenlicht durchflutete meine Synapsen, bis mir endlich die Erkenntnis kam: Die Buchbranche hat Erektionsprobleme! Ernsthaft. Sie kriegt ihn einfach nicht hoch – den Buchpreis.

Worum es bei der Veranstaltung ging

Das Event drehte sich um Fragen wie: Wie arbeitet eine Buchhandlung? Wie kann ich einer Buchhändlerin meinen Selfpublishing-Titel schmackhaft machen? Welche Konditionen benötigt eine Buchhandlung, um gut arbeiten zu können? Dabei kam auch der Buchpreis zur Sprache. Offenbar ist der ein Problem, weil zu viele Menschen von zu wenig Geld leben müssen. Das musste ich erst einmal sacken lassen. Natürlich wusste ich, dass nur wenige Autor*innen alleine vom Schreiben leben können. Aber ich dachte, dass es ausschließlich ihnen so geht. Nicht auch den anderen, die am Produkt Buch beteiligt sind.
Das Thema hat mich auch nach der Veranstaltung so beschäftigt, dass ich mich im Nachhinein mit einigen Menschen vom Fach darüber unterhalten habe: Martina Raschke, Senior Marketing Managerin bei tolino media, Autor Timo Leibig, Autorin Annika Bühnemann, Autorin Katrin Ils, Ingrid Stratmann vom Einkauf beim Barsortiment Umbreit und Buchhändlerin Sarah Natusch.

Machen wir unsere Bücher zu billig?

„Ich würde das so unterschreiben, dass die Bücher zu billig sind. Da ist Luft nach oben“, sagt Martina Raschke, Senior Marketing Managerin bei tolino media. „Wenn man bedenkt, wie lange die Autor*innen an den Büchern arbeiten und für wie wenig Geld sie dann auf den Markt kommen … Neben der Lebenszeit des Autors stecken auch noch massig Arbeit und Kosten hinsichtlich Cover, Lektorat, Werbung et cetera drin. Und das dann für 3,99 Euro oder sogar weniger auf den Markt zu bringen … (seufzt) Ich habe dabei immer ein bisschen Schmerzen, weil die Leserinnen und Leser für ein E-Book aus dem Verlag auch deutlich mehr bezahlen. Die Bereitschaft ist eigentlich da.“
Ich muss zugeben: Ich fühle mich bei Martina Raschkes Worten ertappt. Bei meinem Buch habe ich selbst den Preis runtergeschraubt. Das konnte ich natürlich nur zu einem gewissen Maße machen, denn mein Buch erschien bei BoD. Dort gibt man ein, welches Format das Buch haben soll, welche Seiten farbig sind, wie es gedruckt werden soll, und – voilà! – schon empfiehlt mir der Preiskalkulator einen Preis von 18,99 Euro. Damals bin ich zusammengezuckt. Wer würde für mein Kinderbuch so viel Geld ausgeben? Ich hätte natürlich die Parameter ändern können. Aber dann hätte ich mit den Kolleginnen, die Illustrationen, Cover und Buchsatz für mich übernommen hatten, eine Krisensitzung einberufen müssen. Anderes Format? Doch lieber alles in Schwarzweiß? Sicher hätten die Kolleginnen auch gar keine Zeit mehr für mich gehabt. Bei ihnen standen die nächsten Projekte auf dem Plan. Das war also keine Option. Die einzige Zahl, an der ich etwas drehen konnte, war meine Autorenmarge. Ich habe sie heruntergesetzt, schließlich kostete mein Buch 16,99 Euro. 12,99 Euro wären mir damals lieber gewesen.

Annika Bühnemann ist Autorin und gibt auf ihrem Blog und ihrem YouTube-Kanal Tipps rund um die Themen Schreiben und Buchmarketing. Zum Buchpreis meint sie: „Ich unterscheide zwischen dem Buch als Konsumgut und dem Buch als Kunstgegenstand. Es gibt durchaus Menschen, die für eine Schmuckausgabe von Harry Potter 50 Euro und mehr ausgeben, einfach, weil die Verpackung schöner ist. Es kommt bei Büchern bekanntermaßen nicht unbedingt nur auf den Inhalt an, sondern auch darauf, wie man seine Bücher vermarktet, wie die Menschen das Buch auch sehen sollen und was man damit letztlich erreichen will. Wenn ich als Selfpublisherin drei oder vier Bücher im Jahr produziere, sie jeweils zum Einführungspreis von 99 Cent anbiete und den Preis dann auf 2,99 Euro oder 3,99 Euro erhöhe, übermittle ich natürlich auch eine gewisse Botschaft. Nämlich: Meine Bücher sind Konsumgüter. Ich meine das völlig wertfrei. Konsumgüter sind ja nicht schlecht. Es ist lediglich eine von vielen Möglichkeiten, sich im Markt zu positionieren.“

Die Krux mit dem lieben Geld

„Immer mehr Verlage gehen jetzt den Weg, die Preise anzuheben“, erklärt mir Ingrid Stratmann vom Einkauf beim Barsortiment Umbreit. „Das registrieren alle Beteiligten sehr positiv. Vielleicht glauben einige Selfpublisher, dass niedrigpreisige Bücher eher gekauft werden. Das ist aber in der Buchbranche erwiesenermaßen nicht so. Hier kommt es darauf an, wie die Ausstattung oder der Inhalt eines Buches ausschaut. Für Bücher müssen Begehrlichkeiten geweckt werden. Die Attraktivität hat eine höhere Priorität als der Preis. Wenn mich ein Buch besonders anspricht und ich will das einfach haben, dann sind für mich zwei, drei Euro mehr oder weniger nicht ausschlaggebend.“

Der Autor Timo Leibig hat darüber gebloggt, was das Schreiben wert ist. Er sieht das ähnlich. „Aus meiner Sicht müssten alle Bücher teurer werden, unabhängig, ob es ich es im Selfpublishing oder beim Verlag veröffentliche, weil viele Akteure daran beteiligt sind.“
Ich verstehe, was er meint. Vom Verkaufspreis eines Buches müssen viele verschiedene Menschen Futter auf den Tisch bekommen. Schreibende, Lektorat, Korrektorat, möglicherweise auch Übersetzung, Buchsatz, Coverdesign, Illustrationen, Sensitivity Reading, Marketing, Distributor oder Verlag, Druckerei, Auslieferung, Barsortiment und Buchhandel – alle bekommen ein kleines Stück vom Kuchen ab und müssen davon leben können. Bieten wir – Selfpublisher oder Verlage, die die Preise festlegen – unsere Bücher zu billig an, gehen alle hungrig zu Bett.

Ganz wichtig: die Buchpreisbindung

Aufgrund der in Deutschland geltenden Buchpreisbindung darf eine Buchhändlerin für ein Buch nicht einfach ein paar Euro mehr verlangen, wenn zum Beispiel ihr Vermieter die Ladenmiete erhöht. Oder den Preis reduzieren, weil der Kunde sie nett darum bittet. Ihr sind die Hände gebunden. Ein Zehn-Euro-Buch muss in Deutschland überall im (Online-)Handel für zehn Euro verkauft werden. Wer das nicht tut, macht sich strafbar.
Die Preise von Hardcover und Taschenbuch dürfen sich schon unterscheiden, aber nicht die Preise derselben Ausgabe. Das Taschenbuch von Timo Leibigs Thriller Totenfahrt muss also überall zum selben Preis angeboten werden: bei Dussmann, bei Hugendubel, bei Amazon, im Autorenwelt-Shop oder in meiner Stammbuchhandlung Eselsohr in Köln Longerich. Wenn ich eine Preisaktion mache, dann muss ich diese überall gleichzeitig umsetzen. Ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung kann teuer werden. So richtig teuer.

Printbücher

Buchhandlung vor Ort

Wichtig ist, dass der Buchhandel mein Buch über eines der Barsortimente bestellen kann. Außerdem müssen die Konditionen stimmen. Denn auch der stationäre Buchhandel hängt an der „Verwertungskette Buch“ und möchte seine Rechnungen bezahlen können.
„Die Selfpublisher, die versuchen, in den Buchhandel zu kommen, werden merken, dass sie von günstigen Preisen nicht leben können“, sagt Sarah Natusch von der Buchhandlung Hoffmann in Eutin. „30 Prozent Rabatt vom Nettoverkaufspreis sind, je nach Größe der Buchhandlung, Standard. Es gibt sicher welche, die mehr gewöhnt sind. Wir überlegen natürlich, was wir an einem Buch verdienen und ob es die Kosten aufwiegt, die uns dabei entstehen. Haben wir einen Mehrwert davon, wenn wir ein günstiges Buch mit mehr Rabatt annehmen?“
Diese Überlegungen sind für eine Buchhandlung wichtig, denn sie finanziert sich von diesem Rabatt. Gehälter, Miete, Strom, Wasser … all das will davon bezahlt werden.

Spread the word! Das Barsortiment

Auf der Umbreit-Veranstaltung habe ich gelernt, dass ich einem Barsortiment ungefähr die Hälfte von dem, was das Buch kostet, als Rabatt einräumen sollte.

Ich pausiere an dieser Stelle, damit alle, die meinen Artikel gerade lesen, entrüstet aufschreien können: „Waaaas? 50 Prozent Rabatt? Bei denen piept’s wohl!“
Geht’s wieder? Okay.

Ingrid Stratmann vom Barsortiment Umbreit erklärt es noch einmal genauer. „Eine feste Prozentzahl gibt es nicht. Es gibt Richtwerte und es gibt bei uns Standardkonditionen. Zum Beispiel bei den Bereichen Kinder-, Jugendbuch, Belletristik gehen wir davon aus, dass der Verlag an den Buchhändler bei einer Einzelbestellung zwischen 30 und 35 Prozent abgibt. Und wir brauchen auf diese 35 Prozent noch 15 Prozent Funktionsrabatt. Das heißt, wir brauchen von dem Verkaufspreis abzüglich Mehrwertsteuer 50 Prozent. Das ist der Einkaufspreis, den wir von einem neuen Verlag erwarten.
Dazu kommen Zahlungskonditionen. So, wie wir unseren Kunden Skonto gewähren müssen, so erwarten wir das von unseren Lieferanten natürlich auch. Da ist die Standardkondition drei Prozent Skonto. Es ist alles Verhandlungssache, aber das sind unsere Standardkonditionen, und das sind die, die man bedienen muss, um auch mal reinzukommen.“
Die 50 Prozent Rabatt für das Barsortiment kommen also nicht zusätzlich zum Rabatt für die Buchhandlung dazu. Das ist ein gemeinsames Päckchen. Gibt das Barsortiment mein Buch an den stationären Buchhandel weiter, pflückt es von den eigenen 50 Prozent ganze 30 bis 35 Prozent ab, bindet eine Schleife darum und schiebt es der Buchhandlung mit meinem Buch rüber. Da. Kommt von Herzen.

Was ist ein Barsortiment?
Ein Barsortiment ist ein Zwischenbuchhändler. Dort gibt es ein riesiges Lager, das mit einem ausgeklügelten System eng mit Büchern bestückt ist. Welche Titel dort liegen, entscheidet der Einkauf in Absprache mit den Verlagen beziehungsweise auch mit Selfpublishern oder Distributoren. In Deutschland gibt es KNV Zeitfracht, Libri und Umbreit.
Liegt ein Buch in einem Barsortiment auf Lager, ist innerhalb von Deutschland eine Lieferung des Titels über Nacht möglich. Bestellt man also in einer Buchhandlung das Buch bis zu einer bestimmten Uhrzeit, kann man es bereits am nächsten Tag dort abholen. In einem solchen Tempo erhält man ansonsten nur Medikamente in der Apotheke.

Jetzt schnappen immer noch alle nach Luft. Wie sollen wir das mit dem Rabatt denn hinkriegen? Spoiler: In diesem Artikel geht es um die Frage, ob wir unsere Bücher zu billig machen. Ergo …?
Bei der Umbreit-Veranstaltung fragte Vera Nentwich, damals Vorsitzende des Selfpublisher-Verbandes, Dieter Keilbach aus dem Einkauf von Umbreit: „Ich publiziere Taschenbücher, die kosten 9,95 Euro. Und dann verlangt ein Barsortiment 50 Prozent! Ist das nicht unverschämt?“
„Unverschämt ist, dass Sie mit einem Preis wie 9,95 Euro arbeiten!“, erwiderte Dieter Keilbach. „Gehen Sie von 12,95 Euro aus, haben Sie viel mehr Spielraum. In Ihre Kalkulation müssen die Konditionen für den Handel einfließen – auch das gehört zum professionellen Arbeiten!“ 
Keine Sorge. Dieser Dialog fand lächelnd und mit einem Augenzwinkern statt. Die beiden haben dem Publikum das Thema wunderbar veranschaulicht. Weiter betonte Dieter Keilbach, dass es nun einmal BuchHANDEL heiße und man kaufmännisch denken solle. „Wir müssen uns trauen, die Preise für Bücher gemeinsam kontinuierlich höherzuschrauben und das auch gemeinsam offensiv zu vertreten.“

Die Sache mit der Mehrwertsteuer

Einen Aspekt des Buchpreises hatte ich nicht im Blick. Die Mehrwertsteuer. „Ein Problem ist, dass Selfpublisher meistens den Kleinunternehmer-Status haben“, sagt Sarah Natusch. „Dann bezahlen sie keine Mehrwertsteuer – wir als Buchhandlung aber schon! Wir müssen also sieben Prozent des Nettoverkaufspreises abführen. Wenn du zum Beispiel nur 25 Prozent von zehn Euro netto hast, dann sind das 2,50 Euro. Von denen gehen noch mal sieben Prozent – in diesem Beispiel 70 Cent – ab. Da bleiben uns 1,80 Euro. Das ist nicht mehr viel. Vor diesem Hintergrund überlegt man als Buchhändlerin, wie wichtig es wäre, dass wir diesen Titel aufnehmen.“
Was kann ich als Selfpublisher also machen? Ich könnte offen ansprechen, dass mir bewusst ist, dass der Buchhandlung Mehrkosten entstehen, die ich nicht trage, wenn sie mein Buch ins Sortiment aufnehmen. Ich könnte also noch mehr Rabatt gewähren und so zeigen, dass ich gut informiert bin. Spätestens hier zeigt sich, ob der Preis meines Buches zu niedrig ist – nämlich dann, wenn ich es mir nicht leisten kann, der Buchhandlung dieses Angebot zu unterbreiten.

So setzt sich der Buchpreis zusammen

Gerne möchte ich an dieser Stelle veranschaulichen, wie sich der Buchpreis zusammensetzt und wie sich ein höherer Buchpreis auf die Kalkulation auswirkt.

Beispielkalkulation Verlag
20,00 €    Verkaufspreis brutto    107,00%
1,31 €    Mehrwertsteuer    7,00%
18,69 €    Verkaufspreis netto    100,00%
9,35 €    Barsortiment    50,00%
9,35 €    Umsatz    50,00%
1,50 €    Honorar für Autor*in1    8,00%
0,93 €    Verlagsauslieferung²    10,00%
0,47 €    Verlagsvertreter*innen²    5,00%
6,45 €    Verlagserlös³    
1wird vom Verkaufspreis netto berechnet, aber vom Umsatz bezahlt
²wird vom Umsatz berechnet
³Umsatz minus Autorenhonorar, Verlagsauslieferung und Verlagsvertreter*innen ergibt den Verlagserlös. 

Achtung! Ein Erlös ist kein Gewinn! Von diesem „Erlös“ muss der Verlag noch die Herstellungskosten bezahlen, also Lektorat, Korrektorat, Buchsatz, Druck. Und auch die Gemeinkosten sind zu bestreiten: Personalkosten, Mieten, Büroausstattung, EDV-Anlage und so weiter.

Selfpublisher, Beispielkalkulation 1
Für diese Kalkulation auf Selfpublishing-Basis habe ich mir ein Beispiel überlegt: einen 300-Seiten-Roman mit folgenden Kosten: 1.350 Euro fürs Lektorat (4,50 Euro pro Normseite), 500 Euro fürs Korrektorat, 500 Euro für den Buchsatz, 500 Euro fürs Cover und 50 Euro für den Druck. Das wären insgesamt 2.900 Euro (in der Kalkulation unter „Gesamtkosten zur Herstellung“).
Ich möchte noch einmal betonen, dass es sich hierbei lediglich um ein Beispiel handelt. Es ist nicht möglich, die eine richtige Kalkulation anzuführen, weil es so viele Variablen gibt. Einige Selfpublisher erhalten das Lektorat vielleicht für einen geringeren Preis als Freundschaftsdienst oder haben keine Kosten für den Buchsatz, weil sie den Text selbst setzen. Außerdem führe ich hier auch die Mehrwertsteuer auf, weil ich durchrechnen möchte, wie ich kalkulieren sollte, um attraktiv für den stationären Buchhandel zu sein.

20,00 €    Verkaufspreis brutto    107,00%
1,31 €    Mehrwertsteuer    7,00%
18,69 €    Verkaufspreis netto    100,00%
9,35 €    Barsortiment    50,00%
9,35 €    Umsatz    50,00%
2.900,00 €    Gesamtkosten zur Herstellung    
311    Verkaufte Bücher    
2.907,85 €    Umsatz verkaufte Bücher    
Setze ich bei diesem Beispiel den Bruttoverkaufspreis bei 20,00 Euro an, muss ich mindestens 311 Bücher verkaufen, um meine Herstellungskosten zu decken. Und das beinhaltet noch nicht die Kosten für das Marketing!

Selfpublisher, Beispielkalkulation 2 
Nun erhöhe ich den Preis in der Kalkulation um nur zwei Euro:
22,00 €    Verkaufspreis brutto    107,00%
1,44 €    Mehrwertsteuer    7,00%
20,56 €    Verkaufspreis netto    100,00%
10,28 €    Barsortiment    50,00%
10,28 €    Umsatz    50,00%
2.900,00 €    Gesamtkosten zur Herstellung    
283    Verkaufte Bücher    
2.909,24 €    Umsatz verkaufte Bücher    
Mit diesen zwei Euro mehr muss ich nur 283 Bücher (also 28 Bücher weniger) verkaufen, um den Break Even bei den Herstellungskosten zu erreichen. Auch alle anderen bekommen etwas mehr vom Kuchen ab.
Übrigens ist es bei BoD aufgrund des Preiskalkulators nicht möglich, weniger als kostendeckend zu arbeiten. Bei epubli gibt es für ein Printbuch einen Mindestverkaufspreis von 6,99 Euro. Die Marge liegt hier immer bei 70 Prozent.

Also rauf mit den Preisen?

Möglicherweise wäre es wirklich die Lösung, dem Buchpreis eine Räuberleiter zu bauen und ihn anzuheben. Ja, da höre ich schon die ersten: „Wenn mein Buch zu teuer ist, kauft es niemand mehr!“ Aber wäre das wirklich so?
„Auf meinen Blogartikel über den wirtschaftlichen Erfolg als Autor haben mir meine Fans signalisiert, dass sie auch mehr für meine Bücher zahlen würden“, meint Timo Leibig. „Da sehe ich kein Problem. Aber wenn man nicht Sebastian Fitzek oder Charlotte Link heißt, kann man nicht von den Fans nicht allein leben. Dann brauchst du bei jeder Publikation neue Leser*innen. Eine neue Leserin investiert Lebenszeit und Geld in einen Autor. Die Lebenszeit ist das Entscheidende, denn nichts ist schlimmer, als Zeit mit einem schlechten Buch vergeudet zu haben. Deswegen sind neue Leser*innen gegenüber unbekannten Autor*innen oft sehr kritisch und deswegen ist der Preis hier ein spannendes Instrument. Man kennt diese 3,99-Euro-Kisten in manchen Buchhandlungen. Da stehen die Leute und probieren neue Autor*innen aus. Ich bin mir nicht sicher, ob man noch genügend Absatz macht, wenn man den Buchpreis deutlich teurer gestaltet. Daher müsste die gesamte Branche mit den Buchpreisen nach oben.“
„Es geht ja auch permanent durch die Branchenpresse, dass die Ladenpreise für Bücher einfach zu niedrig sind“, sagt Ingrid Stratmann. „Sie müssen dringend steigen. 2019 lag der durchschnittliche Buchpreis bei 14,43 Euro, 2018 bei 14,36 Euro. Das heißt, von 2018 auf 2019 ist der Buchpreis nur um sieben Cent gestiegen. Die Inflationsrate betrug 2019 aber 1,4 Prozent. Das heißt, man hätte eigentlich den Buchpreis um circa 20 Cent erhöhen müssen, um die Inflationsrate abzudecken.“
Sarah Natusch: „Wir Buchhändler*innen fordern schon seit Jahren, dass die Verlage ihre Preise erhöhen, damit auch unser Gewinn höher ausfällt. Derzeit beobachten wir einen Anstieg. Taschenbücher kosten zum Beispiel nicht mehr 9,99 Euro, sondern 10,99 Euro oder 11,99 Euro – oder noch mehr. Wenn dann ein Selfpublisher sein Buch für 7,99 Euro verkauft, fragt sich die Käuferschaft, wieso die großen Verlage ihre Bücher nicht ebenso günstig anbieten. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Preisunterschied ein schlechtes Licht auf die großen Verlage wirft.“

Dann halt ohne stationären Buchhandel?

Vielleicht sind einige Selfpublisher nun der Meinung: Wozu soll ich denn zugunsten des Buchhandels auf Geld verzichten? Als Selfpublisher brauche ich den nicht!
Ich bin nicht sicher, ob das so stimmt. 2019 hat BoD erneut eine Selfpublishing-Umfrage durchgeführt. Daraus geht hervor, dass der stationäre Buchhandel in Deutschland immer noch der wichtigste Vertriebskanal ist.

Den Preis für das eigene Printbuch kalkulieren

Annika Bühnemann hat zu Beginn des Jahres einen Social-Media-Kalender für Autorinnen und Autoren veröffentlicht. Das Taschenbuch kostet 29,99 Euro, das Hardcover 39,99 Euro. „Tatsächlich habe ich lange überlegt, ob ich den Kalender für diesen Preis anbieten kann“, sagt sie. Sie hat bereits die Erfahrung gemacht, dass Menschen gewillter sind, Geld für Wissen als für Unterhaltung auszugeben. Die relativ hohen Preise kamen durch die vielen farbigen Seiten zustande; sie hoben den Preis beim BoD-Preiskalkulator nach oben. 
„Bei mir war das Problem, dass ich großen Zeitdruck hatte. Im November 2019 kam mir der Gedanke, einen solchen Kalender zu veröffentlichen, und der sollte logischerweise vor Ende des Jahres erscheinen, dabei war die Kalendersaison schon fast gelaufen. Das heißt, ich hatte kaum Zeit, um einen anderen Weg zu gehen als über BoD oder einen vergleichbaren Anbieter. Ich musste mich daher an den Preisvorschlag halten. Den Eigenpreis von 24,99 Euro fand ich ganz schön happig. Man will pro Buch schließlich auch noch etwas verdienen. Daher habe ich mich entschieden, den Kalender für 29,99 Euro zu verkaufen. An der Hardcover-Version verdiene ich ungefähr vier Euro. 
Beim nächsten Mal werde ich eine Druckerei beauftragen, die die Kalender für acht oder zehn Euro produzieren kann. Dann kann ich den Preis senken. Mein Kalender liegt preislich im Mittelfeld, wenn man ihn mit ähnlichen Produkten vergleicht, und ich kann voll und ganz zu dem Preis stehen, weil das Produkt absolut sein Geld wert ist.“ 
Ich verstehe, was sie meint, weil ich den Kalender selbst schon in der Hand hatte. Damit kann man das ganze Jahr 2020 arbeiten. Wenn man 30 Euro durch 366 Tage teilt, geht der Preis eigentlich. „Tatsächlich wurden Kooperationsfragen wegen des hohen Preises abgelehnt“, erzählt sie. „Meine Traumpreise wären 19,99 Euro für das Taschenbuch und 29,99 Euro für das Hardcover. Ich möchte eine hohe Verdienstmarge haben, weil ich von meiner Arbeit leben will und weil ich weiß, dass meine Kund*innen bereit sind, zwanzig Euro für einen solchen Kalender auszugeben.“

Der Autorenwelt-Shop – die besondere Buchhandlung

Die Online-Buchhandlung der Autorenwelt hat rund zwei Millionen Print-Bücher, Hörbücher, Karten und Kalender im Angebot. Sie arbeitet mit dem Barsortiment Libri zusammen. Kauft jemand ein Buch im Autorenwelt-Shop, wird die Bestellung an Libri weitergeleitet und im Auftrag der Autorenwelt an den Endkunden ausgeliefert. Die Besonderheit: Kaufe ich dort ein Buch, zweigt die Autorenwelt sieben Prozent vom Bruttoverkaufspreis von ihrer eigenen Marge ab und gibt sie der Autorin (oder – wenn sich der Betrag keiner Person konkret zuordnen lässt –Autorenvereinigungen).
Doch wie schaut es hier mit den günstigen Büchern aus? Zahlt die Autorenwelt da nicht drauf?
Sandra Uschtrin von der Autorenwelt: „Ja, bei günstigen Büchern zahlen wir drauf. Das lässt sich leicht nachrechnen. Nehmen wir ein Buch, das 10 Euro kostet. Bei einem Buchhandelsrabatt von 30 Prozent, kaufen wir das Buch also für 7 Euro bei Libri ein und müssen mit der Differenz auskommen, also mit 3 Euro. Davon gehen 70 Cent an den Autor oder die Autorin. Bleiben noch 2,30 Euro übrig. Davon gehen die Versandkosten ab. Das sind je nach Gewicht und Dicke des Buches mal 2,04 Euro (weniger als 500 Gramm und bis zu zwei Zentimeter dick) oder 2,68 Euro (weniger als ein Kilo und bis maximal fünf Zentimeter) oder 3,20 Euro (mehr als ein Kilo). Hinzu kommen noch die Kosten für den Bezahldienstleister (PayPal, Sofortüberweisung, Pay Later und andere). Und natürlich Kosten für die IT und vieles mehr.
Bei Büchern, die 10 Euro oder weniger kosten, rutschen wir immer ins Minus. Die Freude, solche Bücher zu verkaufen, hält sich folglich in Grenzen. Dankenswerterweise sind viele Bücher teurer. Und manche Kunden kaufen auch gleich mehrere Bücher auf einmal, das spart Versandkosten.
Es geht uns bei alledem nicht um Profitmaximierung, sondern um soziale und ökonomische Nachhaltigkeit. Mit unserem Geschäftsmodell wollen wir erreichen, dass mehr Autorinnen und Autoren vom Schreiben leben können. Genauso, wie andere Menschen von ihrem Beruf leben können.“

E-Books

Mit Amazon geht’s am Buchhandel vorbei

Als Selfpublisher kann ich mich entscheiden, mit dem Buchhandel zusammenzuarbeiten oder daran vorbei. Was ich exklusiv bei Amazon veröffentliche (egal, ob Print oder E-Book), kann ich nicht im stationären Buchhandel verkaufen. Veröffentliche ich mein Buch über einem Distributor wie BoD, epubli, Nova MD, tolino media, Tredition oder TWENTYSIX steht mir der Weg in den Buchhandel offen.

E-Books für 99 Cent

Die Idee dahinter

Ein Buch für 99 Cent rauszuhauen … bisher habe ich das nur bei E-Books gesehen. Und meistens bei Amazon. Aber wieso sollte ich mein Buch freiwillig für einen so geringen Betrag anbieten? Es muss schließlich einen Grund haben, dass das so viele Autor*innen machen. 
„99 Cent-Aktionen sind ein probates Mittel, um Marketing zu betreiben“, erklärt Annika Bühnemann. „Das nennt sich Verknappung. Wenn man sagt, dass es ein Buch für eine bestimmte Zeit vergünstigt gibt, regt es das Interesse der Käuferschaft an, und das ist per se nicht verwerflich. Man kann natürlich darüber diskutieren, ob 99 Cent nicht ein bisschen wenig für ein Buch sind – meiner Meinung nach ja. Allgemein sind Preisaktionen aber nicht das Problem. Sie sind beliebt und funktionieren gut. Wenn es zur Zielgruppe passt und zur Marketingstrategie, die hinter einem Buch stecken sollte, dann kann man das durchaus machen. Ich würde den Preis aber nur dauerhaft auf 99 Cent setzen, wenn mir das Image des Verramschens nichts ausmacht.“
Ein weiterer Grund, Bücher günstiger anbieten zu können: wenn die Kette derjenigen, die davon leben wollen, kleiner ist. Obwohl sich Timo Leibig grundsätzlich für teurere Buchpreise ausspricht, sieht er die Situation für Selfpublisher differenzierter. „Ein Großteil läuft im Selfpublishing über E-Books. Hier fallen keine Druck- und Lagerkosten an und keine Gemeinkosten für einen Verlag. Mir als Autor bleibt da deutlich mehr. Deswegen können Selfpublisher ihre E-Books zu günstigeren Preisen anbieten.“
Zu 99-Cent-Aktionen meint er: „Wenn du dir ein 99-Cent-E-Book bei Amazon/Kindle Direct Publishing (KDP) anschaust, bleiben dem Autor 35 Cent. Im Vergleich bleiben dem Autor bei einem Zehn-Euro-Taschenbuch im Verlag etwa 65 Cent. Man verkauft einfach deutlich leichter zwei 99-Cent-E-Books als ein Taschenbuch. Da stimmt einfach das Verhältnis nicht. Und so lange das so ist, wird sich auch an dem Markt nichts ändern. Viele fahren mit den 99-Cent-Aktionen wirtschaftlich einfach besser als mit E-Books zum Preis von drei, vier, fünf Euro.“
Martina Raschke weiß, dass 99-Cent-Aktionen jenseits von Amazon nicht gut laufen. „In den Shops der tolino-Allianz funktionieren höhere Preise auch fürs Ranking besser. Die Shop-Algorithmen setzen sich aus vielen Faktoren zusammen: Umsatz, Absatz, diverse Klick-Raten, Konversionsraten et cetera. Das sind viele Faktoren, die da hineinspielen und die bei jedem Shop anders sind und dort auch anders gewichtet werden. In den Shops der tolino-Allianz wird der Umsatz immer höher gerankt als der Absatz. Das heißt, man kommt in unseren Charts mit dem teureren Preis auch besser ins Ranking, erhält damit mehr Sichtbarkeit und mit Sichtbarkeit mehr Verkäufe. Das ist eine Triple-Win-Situation: Der Autor verdient mehr, der Shop verdient mehr und – ja – wir verdienen auch mehr.“

Also auf 99-Cent-Aktionen verzichten – yay oder nay?

Jetzt bin ich hin- und hergerissen. Viele meiner Kolleg*innen machen 99-Cent-Aktionen. Wenn ich zum Beispiel einen Romance-Titel veröffentliche und auf eine solche Preisaktion verzichte – kann ich meiner Buch-Performance damit schaden? 
„Das kommt darauf an ...“ 
Bekäme ich jedes mal zehn Cent, wenn Martina Raschke das zu mir sagt, dann könnte mir der Buchpreis schnuppe sein, denn dann wäre ich reich!
„... in den Shops der tolino-Allianz schadet man sich damit nicht. Wir haben erfolgreiche Autor*innen über alle Genres, auch im Bereich Romance, die zum vollen Preis starten – mit 3,99 Euro, auch mit 5,99 Euro – und damit sehr gut fahren. Bei Amazon funktioniert es immer ein bisschen anders. Und was man nicht vergessen darf: Es gibt einfach Leser*innen, die schon etwas verzogen sind. Sie sind gewöhnt, dass ihre Autorin ihr Buch in den ersten Wochen für 99 Cent rausgibt. Sie akzeptieren keinen höheren Preis, auch wenn wir hier von Preisunterschieden von 99 Cent zu 2,99 Euro reden, was ja wirklich lächerliche Beträge sind.“

Amazon: Wer nicht ranken will, muss fühlen

Schon oft habe ich von befreundeten Autorinnen und Autoren gehört, dass sie Amazon nicht außen vor lassen könnten, da sie von ihren Büchern leben. Wer es bei diesem Onlinehändler nicht in die oberen Ränge schafft, büßt Sichtbarkeit ein. Aber gerade Sichtbarkeit brauchen wir Schreibenden, damit unsere Zielgruppen überhaupt erfahren, dass es unsere Bücher gibt. Die Rechnung ist leicht: 99-Cent-Aktionen kurbeln die Verkäufe an. Viele Verkäufe (nicht generell, sondern bei Amazon) lassen mich im Ranking steigen.
Wie jetzt? Macht Don Amazone uns ein Angebot, das wir nicht ablehnen können? Wir machen mit oder wir saufen ab? 
Annika Bühnemann meint: „99-Cent-Aktionen sind legitim. Man muss sich nur persönlich dafür entscheiden, dass man sein Buch guten Gewissens so günstig anbietet. Ich glaube, das hat eher etwas mit dem Image zu tun als mit einer moralischen Instanz, ob das gut ist oder nicht.“

Die Preisschwelle bei den Distributoren

„Was die Autor*innen bedenken sollten: Im Selfpublishing haben fast alle Distributoren eine Schwelle, ab der man mehr verdient“, erklärt Martina Raschke. „Die liegt bei uns bei 2,99 Euro. Das heißt, wenn das E-Book 2,99 Euro und mehr kostet, kriegt man 70 Prozent Tantiemen und darunter bei uns nur 40 Prozent. Auch die Wahl des Verkaufspreises sagt also schon etwas darüber aus, wie viel man verdient. Ich empfehle immer, den Preis für ein E-Book bei mindestens 2,99 Euro anzusetzen, um die 70 Prozent Tantiemen zu erhalten. Besser wären 5,99 Euro! Wenn die Autor*innen nämlich dann den Buchpreis im Deal um 50 Prozent reduzieren, erhalten sie trotzdem noch die 70 Prozent Tantiemen. Ansonsten fällt man automatisch auf 40 Prozent Tantiemen zurück. Da bleibt von 99 Cent einfach nicht mehr viel übrig.“
„Dein E-Book muss bei Amazon mindestens 2,99 Euro und weniger als 9,99 Euro kosten, damit du die Marge von 70 Prozent bekommst. Kostet es weniger als 2,99 Euro oder mehr als 9,99 Euro bekommst du nur 35 Prozent“, erklärt mir die Selfpublisherin Katrin Ils. Sie hat bereits Bücher exklusiv bei Amazon veröffentlicht, mittlerweile ist sie aber auch bei tolino media.

Den Preis für das eigene E-Book kalkulieren

Timo Leibig ist beste Qualität wichtig. Seine Selfpublishing-Titel sollen sich nicht von Verlagsveröffentlichungen unterscheiden. Er investiert in ein professionelles Lektorat und analysiert die Verkaufszahlen. „Nach mittlerweile 15 Büchern habe ich Erfahrungswerte. Natürlich beobachte ich auch den Markt. Früher lagen die E-Book-Preise bei 2,99 Euro. Irgendwann haben viele – ich auch – im Krimibereich auf 3,99 Euro erhöht. Weil es zwischen 2,99 Euro und 3,99 Euro keinen Unterschied gemacht hat. Die Verkäufe waren identisch. Es ist schwer zu berechnen, da bei Amazon durch Kindle Unlimeted auch Einnahmen durch die Leseflatrate hinzukommen. Da zahlen die Benutzer*innen einen monatlichen Festpreis und können so viele Bücher aus dem Programm lesen, wie sie möchten. Logischerweise wählen die Besucher*innen dann teurere Bücher aus. Es fühlt sich für sie besser an, weil sie mehr aus der Flatrate rausgeholt haben. Insofern hat man vielleicht bei 3,99 Euro ein bisschen weniger Verkäufe, aber dafür wieder mehr Ausleihen in der Leihbibliothek. Wirtschaftlich kommt es wieder aufs Gleiche raus – oder ist sogar besser.“

Rauf mit dem Preis!

In der Theorie mag das ein netter Gedanke sein: Wir heben alle die Preise für unsere Bücher an, alle verdienen mehr, haben weniger Geldsorgen und leben glücklich bis ans Ende unserer Tage. Aber ist das in der Praxis wirklich so einfach?
„Es gibt schon Tendenzen“, meint Timo Leibig. „Das neue Tribute-von-Panem-Buch soll zum Beispiel deutlich teurer werden als die Bücher zuvor. Verlage haben selbst das Problem mit den steigenden Kosten. Allein das Porto für eine Büchersendung ist von 1,00 Euro auf 1,90 Euro gestiegen. Wie soll das funktionieren? Ich hoffe, dass viele auf diesen Zug aufspringen. Wenn die Verlagsbranche die Bücher verteuert, werden die Selfpublisher irgendwann nachziehen.“
„Wollen Selfpublisher vom Schreiben leben, liegt es nahe, Amazon als Hauptvertriebsquelle zu nutzen. Ich möchte damit aber nicht sagen, dass man das machen muss“, meint Annika Bühnemann. „Man kann sich seine Leserschaft ja auch etwas aussuchen. Für meine Bücher müssen sie mehr als 99 Cent ausgeben. Heutzutage würde ich meine E-Books für mindestens 3,99 Euro anbieten. Eventuell sogar für mehr. Vielleicht verdiene ich mit dieser Entscheidung insgesamt weniger, aber ich habe ein besseres Gefühl, weil ich meine Arbeit nicht verschleudere.“
Die Entscheidung, die eigenen Preise anzuheben, kann Ingrid Stratmann nur begrüßen: „Wenn man neu dabei ist und über Preise nachdenkt, muss man im Blick haben, was mir mein Werk wert ist. Dann selbstbewusst dastehen und die kaufmännische Seite der Verwertungskette im Blick haben. Unsere Arbeit, diese Dienstleistung, muss finanziert werden, und jeder in dieser Kette möchte etwas daran verdienen. Dass unterm Strich für den/die Autor*in nichts übrig bleibt, das kann nicht Sinn der Sache sein. Dafür steckt zu viel Arbeit und zu viel Energie in den Produkten.“
„Man muss bedenken“, ergänzt Martina Raschke, „dass man eine gewisse Abhängigkeit in der Verwertungskette hat. Wir sind von den Autor*innen abhängig und andersherum. Ich glaube, dass wir uns alle einen großen Gefallen täten, auch wirtschaftlich mittelfristig oder langfristig gesehen, wenn die Bücher teurer wären. Denn mal ehrlich – viele geben für einen Kaffee, ohne mit der Wimper zu zucken, fünf Euro aus, aber sind nicht bereit, für einen 600-Seiten-Fantasywälzer, an dem die Autorin vielleicht zwei oder drei Jahre geschrieben hat, genauso viel zu bezahlen? Dabei habe ich wirklich Schmerzen. Ich möchte, dass unsere Autor*innen von dem Geld leben können. Insofern: Macht die Bücher wieder teurer!“

Nun gut, jetzt weiß ich all diese Dinge. Ich habe mit Fachleuten gesprochen. Wie sehe ich nun die Preispolitik bei meinem eigenen Buch? Okay, bei „Zickiger Zuckerguss“, dem Nachfolgebuch von „Himmeldonnerglöckchen“, werde ich darauf achten, dass der Preis ähnlich ist, weil ich es einfach blöd finde, da große Unterschiede bei zusammenhängenden Büchern zu machen. 
Aber was weitere Bücher angeht? Zukünftig werde ich mich wohl aufrecht hinstellen, meine Krone zurechtrücken und den Preis verlangen, den mein Buch nun einmal wert ist. Denn: Herzblut ist einiges wert. Take it or leave it.

Über die Autorin: Jasmin „Zippi“ Zipperling lebt in Köln. Sie schreibt Kinderbücher und Romane und ist Teammitglied der Autorenwelt. Falls man ihr auf einer Veranstaltung begegnet: Sie ist die, die an ihrem Handy festgewachsen ist und dauernd twittert.
https://jasmin-zipperling.de | [email protected]

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