
Vom Organisieren und Schreiben: Wie organisieren eigentlich Profis Büro, Ablage und Schreiballtag?
Gerade die Yoga-Session beendet, die E-Mail abgeschickt und den Flug gebucht … ich schaue auf die Uhr: Viertel nach drei. In einer halben Stunde habe ich einen Termin mit Sigrid Hess, Fachfrau für Büroorganisation. Ich suche im PC den Fragebogen, den ich schon vor ein paar Wochen entworfen habe und – finde ihn NICHT.
„Das fängt ja gut an“, denke ich, nehme Block und Stift und springe ins Auto. Zum Glück gehöre ich zu jenen Menschen, die sich, haben sie etwas einmal aufgeschrieben, gut erinnern können. Während der kurzen Autofahrt gehen mir noch einmal die Fragen durch den Kopf, mit denen alles anfing: Wie ist das eigentlich mit der Organisation von Schreibprozess, Schreibtisch und Büroablage? Sind spezielle Schreibprogramme hilfreich oder eher kontraproduktiv? Finden Autorinnen und Autoren in ihrer Dateienstruktur, was sie suchen? Wie schreibt man, wenn man vier kleine Kinder zuhause hat? Könnte alles vielleicht auch einfacher und effizienter gehen?
Obwohl es zu meiner Arbeit als Schreibcoach gehört, Antworten auf derartige Fragen zu finden, bin auch ich manchmal genervt von nicht funktionierender Technik oder hakenden Abläufen, die ich schon längst optimieren wollte. „Ich bin doch keine Chefsekretärin!“, denke ich mir oft. „Mein Metier ist das Schreiben, Lektorieren, Beraten und Coachen.“ Daher erlebe ich – wie so viele Kolleginnen und Kollegen – zwei Seiten an mir: Die eine liebt das kreative Experimentieren, indem sie Notizbücher füllt, Mindmaps skizziert und Entwürfe oder Zettelgedichte zum Herumliegen schreibt. Die andere Seite arbeitet gerne systematisch, denn das spart Zeit, Geld und Nerven und lässt mich Deadlines präzise einhalten.
Bei Sigrid Hess, Fachfrau für Büroorganisation
Mein nicht auffindbarer Fragebogen führt uns mitten ins Thema: Wie bringe ich eine vernünftige Dateienstruktur auf meinen Rechner? Sigrid Hess (www.sigridhess.de) zieht einen interessanten Vergleich: „Denke an die analoge Welt der guten alten Leitz-Ordner. Wenn sie voll waren, kamen sie ins Archiv im Keller. Niemand hat sie endlos gefüllt. In der analogen Welt heißt es auch Jedes Dinge hat seinen Platz – dann findet man auch den Locher und den Tesafilm. In der digitalen Welt muss es heißen: Jede Art von Information geht ihren definierten Weg! Willst du dir eine neue Struktur aufbauen, nutze die sogenannte Stichtagumstellung – das sollte man tatsächlich alle zwei bis fünf Jahre machen. Dann kommt ein ‚Deckel‘ auf die alten Ordner, das heißt, man setzt sie auf ‚schreibgeschützt‘ und legt sich ein neues System mit neuen Namen an. Hier ist es wichtig, Ordner nicht nach Themen zu benennen, wozu die meisten Menschen leider spontan neigen, sondern lieber prozess- oder projektbezogen zu denken. Zum Beispiel kann man drei Hauptordner anlegen: Material, das ich recherchiere, Material, das ich selbst schreibe, Material, das ich weitergebe. Eine derartige Trennung ist wichtig, damit ich auch später noch weiß, welche Texte von mir oder von anderen sind.
Dateien in einem ‚Reiseordner‘ werden chronologisch sortiert nach dem Wann und Wohin. Der Rechnungsordner ist sortiert nach Rechnungsnummer, Auftragsart und Auftraggeber.“
„Okay, das sieht bei mir auch so aus: 2018_4_Lektorat_Lieschen Müller.“
„Genau! Die Benennung einer neuen Struktur solltest du in einem Rutsch erledigen. Hilfreich ist im Vorfeld eine Mindmap auf dem Papier, um überhaupt erst einmal einen Überblick zu gewinnen. Dann muss ich für mich die Wege regeln und dann eben auch genau diese Wege einhalten.“
„Genau da liegt mein Problem: Ich bin mit meiner Dateienstruktur im Grunde sehr zufrieden, aber es passiert hin und wieder, dass ich doch irgendetwas auf einem anderen Weg ablege! Ich bin gespannt, wo ich meinen verloren gegangenen Fragebogen wiederfinde.“
Im Gespräch betont Sigrid: „Vieles muss überhaupt nicht digital sein.“ Sie berichtet von Menschen, „die einen Roman schreiben wollen, sich als Erstes ein Schreibprogramm kaufen, dann aber damit nicht umgehen können“ und frustriert seien. Der kreative Prozess gerate ins Stocken. Ihr Rat lautet: „Nutze, was du hast und was du kannst! Mit Microsoft OneNote lassen sich zum Beispiel wunderbar Steckbriefe erstellen, für jede Figur einfach eine neue Seite nehmen. Schließlich will ich doch schreiben … und mich nicht mit der Technik herumärgern.“
Beruhigt greife ich nach der Tasse Kaffee, die Sigrid mir eingeschenkt hat, denn ich nutze für den kreativen Prozess gerne großformatiges Papier und Stift, schreibe am PC (fast) ausschließlich mit Word und habe wenig Lust auf aufwendige Softwareprogramme. Doch was nutzen andere Autorinnen und Autoren? Nach meinem Gespräch mit Sigrid habe ich rumgefragt und die Antworten hier direkt in meinen Text eingeflochten.
Ausstattung, Software & Co
Antje Szillat (www.antjeszillat.de): „Ich habe am Anfang gedacht, ich müsste mich extrem durchorganisieren, habe Memowände in der Größe 2 mal 3 Meter gekauft, um ein Buch zu planen. Ich habe Regale voller Notizbücher – alle unbeschrieben. Mir wurde schnell klar, dass ich das alles nicht brauche; ich arbeite lediglich mit kleinen Zetteln, notiere nur kurz, welche Figur wie heißt – alles andere habe ich im Kopf.
Einmal habe ich mir Papyrus gekauft, doch es hat ewig gedauert, um das Manuskript damit zu überarbeiten und meine Lektorin sagte danach: ‚Das bist du nicht!‘ Daher habe ich Schluss gemacht mit all diesen Möglichkeiten. Mein Schreiben lebt von meiner Individualität, denn derartige Software nimmt neue Wortschöpfungen nicht an. Das wäre zum Beispiel für FLÄTSCHER echt ungünstig.“
Mario Giordano (www.mariogiordano.de) arbeitet mit Word. „Ich habe mir eine eigene Formatvorlage erstellt, die reicht mir völlig. Bei den Drehbüchern wünschen sich die Produzenten allerdings Final Draft, weil es ihnen die Arbeit erleichtert; ihnen zuliebe nutze ich das dann natürlich. Das Wichtigste ist, dass der Schreibflow stimmt. Wer eine Schreibsoftware verwenden will, sollte sich vor dem eigentlichen Schreiben ein bis zwei Tage mit ihr vertraut machen.
Andreas Eschbach (www.andreaseschbach.de) hat sich vorher vertraut gemacht. Er arbeitet gerne mit Papyrus, denn es „hat eine Menge Features, die man sonst nirgends findet“. Neben einer wirklich guten Rechtschreibprüfung und einer Leerzeichenkontrolle gebe es ein Klemmbrett, das sich neben dem Text anbringen lasse. Weiter betont er: „Papyrus ist schnell – ob zehn oder tausend Seiten, das macht fast keinen Unterschied. Es ist außerdem, was man im Englischen so schön rock-solid nennt: Es stürzt so gut wie nie ab, speichert automatisch zwischen und rennt und rennt und rennt. Es exportiert PDFs, Word-DOCs, HTML und noch ein paar andere Formate; importiert die natürlich auch. Manche Leute, habe ich gehört, erzeugen mit Papyrus Druckvorlagen für Bücher, die anstandslos direkt in die Maschine gehen können. Inhalts-, Stichwort-, Literaturverzeichnisse kann man erstellen, Serienbriefe, Fußnoten, Endnoten, interne Hyperlinks, externe Hyperlinks ... Was man halt so hat heutzutage.“
Matthias Wenzel (www.matthias-wenzel.net) schätzt Papyrus noch aus ganz anderen Gründen: „Ich habe am Anfang mit Open Office geschrieben und auch vieles ausprobiert, zum Beispiel Scrivener oder Drama Queen. Wirklich überzeugt hat mich aber Papyrus. Zum einen, weil mir die Philosophie gefällt: Es gibt einen Austausch zwischen Hersteller und Anwender, das heißt, der Support ist immer erreichbar, offen für Vorschläge und Wünsche seitens der Anwender. So gehen zum Beispiel der Zeitstrahl oder das Denkbrett auf die Wünsche der Anwender zurück. Zum anderen, weil es auch mit 1000 Seiten Text kein Problem hat, während da Open Office oder Word immer langsamer werden. So spart es mir Zeit und Nerven.“
Wer einsteigen will, solle sich nicht einschüchtern lassen von den vielen Funktionen, die Papyrus bietet: „Wenn ich im analogen Sinne einen Werkzeugkasten habe, nehme ich ja auch nicht gleichzeitig den Hammer und den Schraubenzieher in die Hand. Ich muss mir eine Einarbeitungszeit gönnen und nicht alles gleichzeitig ausprobieren wollen. Zudem gibt es ein gutes Wiki, das viele Fragen klären hilft.“
Während Sigrid ein Stückchen Apfelkuchen nimmt, denke ich laut: „Mir gefallen diese Hinweise auf die analoge Welt; sie machen es mir leichter zu verstehen.“
„Ja, das höre ich in meinen Workshops auch immer. Interessant ist natürlich nicht nur die Frage nach den Programmen, sondern auch nach den Inhalten, die verarbeitet oder gespeichert werden sollen.“
Reflexionsfragen: Arbeiten mit Software
- Wie zufrieden bin ich mit meiner Schreibsoftware? Habe ich alle Möglichkeiten, die sie bietet, wirklich ausgeschöpft, oder wäre es sinnvoll, eine Fortbildung zu besuchen, um mein Repertoire zu erweitern?
- Habe ich bereits spezielle Schreibprogramme ausprobiert und wieder verworfen? Was hat meine Unzufriedenheit hervorgerufen? Ließe sich daran etwas ändern? (Bessere Einführung, mehr Übung, andere Gründe …)
Das Archivieren und der Charme der Ablage P wie Papierkorb
Anette Bengelsdorf (www.anette-bengelsdorf.de) verriet mir: „Für die Tageszeitung archiviere ich außer den Fotos überhaupt nichts, das Schreiben ist oftmals tagesaktuell, bietet kaum Zeit für Recherche. Ich habe einen Termin, gehe dorthin, mache mir Notizen und verfasse anschließend gleich den Artikel, der ja zumeist am nächsten Tag in der Zeitung stehen muss. Pressemappen werfe ich, gleich nachdem der Artikel geschrieben ist, weg, denn die Berge davon würden nur mein Arbeitszimmer verstopfen. Bei Artikeln für Wassersportmagazine sieht das schon anders aus – da recherchiere ich intensiv, habe viele Details oder Informationen zu Geschichte und Technik. Für jeden Auftraggeber gibt es auf meinem Rechner Ordner mit den entsprechenden Projekten, in denen nicht nur die fertigen Texte, sondern auch die Recherchematerialien abgespeichert sind. So habe ich bei ähnlichen Themen wieder Zugriff darauf und spare mir das erneute Suchen.“
„Das Arbeitszimmer verstopfen“ – was für ein herrliches Stichwort. Ich spüre deutlich, warum ich Ablage P so sehr liebe und immer wieder nutze. Es lohnt sich, den eigenen Arbeitsplatz anzuschauen. Ist der Arbeitsplatz verstopft, können weder Texte noch Ideen fließen.
Besonders spannend finde ich, was mir Franziska Schramm (www.franziskaschramm.de) über ihren Schreibtisch erzählt: „Vor zwei Jahren empfahl mir eine Freundin ein Buch übers Aufräumen, Magic Cleaning von Marie Kondo. Das erschien mir völlig überflüssig. Wozu sollte ein organisierter Mensch wie ich ein Buch übers Aufräumen brauchen? Doch dann habe ich das Buch gelesen, war fasziniert und habe die Methode umgesetzt. Als ich meinen Schreibtisch komplett freigeräumt hatte, habe ich zum ersten Mal bemerkt, wie viel Raum ich tatsächlich zum Schreiben brauche. Seither lebe ich mit einer sehr puristischen Schreibtischoberfläche. Auch fand ich beim systematischen Aufräumen viel altes Zeug, das nicht mehr zu meinem Leben passte, zum Beispiel meinen Füller aus der Schulzeit. Den habe ich dann beherzt entsorgt.“
Mario bringt es auf den Punkt: „Der Schreibtisch ist ein Ort, an dem ich als Schriftsteller viel Zeit verbringe, daher muss ich mich dort wirklich wohlfühlen. Mein Schreibtisch ist aufgeräumt; sobald ich schreibe, muss er frei sein; es gibt keine große Zettelwirtschaft. Wir treten ja schließlich eine gemeinsame erzählerische Reise an. Während man einen PC öfter austauscht, begleitet mich mein Schreibtisch schon sehr lang – es ist das Modell Kant von Nils Moormann. Die integrierte Ablage nutze ich für Bücher; so habe ich immer eine freie Fläche zum Arbeiten. Auch mein Arbeitszimmer ist aufgeräumt und hat eine angenehme Atmosphäre.“
Interessant ist Marios Vorgehensweise beim Recherchieren, denn es fällt gar nicht erst endloses Material an, das archiviert werden muss oder irgendwo herumliegt: „Ich kläre zunächst die Frage, welches Wissen ich überhaupt brauche, daher recherchiere ich am Anfang eher grob: zum einen im Internet, zum anderen frage ich gerne Freunde und Bekannte, die einer bestimmten Berufsgruppe angehören, nach Details. Das klappt per Mail weitaus gezielter. Ich speichere übrigens nur die Links – alles, was im Manuskript eingearbeitet ist, ist ja dort gespeichert und braucht keinen zusätzlichen Ort. Es gibt aber auch Buchprojekte, für die ich mich mit Kunst- und Bildbänden richtig tief eingearbeitet habe, zum Beispiel für meine Apocalypsis-Thriller.“
Antje geht das Recherchieren locker an: „Für meine Romane reicht mir oftmals eine Internetrecherche. Beim Durchblättern von Reisemagazinen bekomme ich ein gutes Gespür für die Atmosphäre einer Gegend; darüber hinaus nutze ich Google Maps und Google Earth. – Einmal war ich allerdings ein paar Tage mit meiner Tochter (19) auf Sylt, wo ich sonst häufig alleine bin. Durch unsere gemeinsame Inselerkundung konnte ich die Insel mehr durch ihre Augen wahrnehmen. Das war ein sehr interessanter Prozess und äußerst hilfreich für mein damaliges Jugendbuchprojekt.“
Es geht jedoch nicht nur darum, das recherchierte Material zu ordnen, sondern auch die eigenen Überlegungen. Anke Gasch (www.frohes-schreiben.de): „Plotlinien, die den Spannungsverlauf anzeigen, samt Konflikten und beteiligten Personen, zeichne ich mit der Hand. Gerne auf Plakate. Das hilft, die Übersicht zu behalten.“
Reflexionsfragen: Archivieren
- Was muss ich im Hinblick auf mein Schreibprojekt wirklich wissen?
- Könnte ein Perspektivwechsel mit Hilfe einer anderen Person hilfreich sein?
- Welches Material sollte ich archivieren?
- Muss ich wirklich alles aufheben?
Den Arbeitsplatz optimieren mit Freewriting
Ich begleite Schreibende auch beim Optimieren ihres Arbeitsplatzes. Dabei benutze ich bestimmte Freewriting-Techniken. Erste zielführende Fragen könnten sein:
- Wie sieht mein Schreibtisch aus? Bin ich zufrieden?
- Wenn nein, was sollte besser/anders/leichter gehen?
- Wäre es gut, ihn wirklich einmal ganz freizuräumen und dann zu schauen, was wirklich auf der Oberfläche liegen sollte?
- Hat alles seinen Platz? Müssen feste Gewohnheiten angelegt werden?
Dann geht es weiter mit dieser Aufgabe: Schreiben Sie frei und spontan drauflos. Nutzen Sie folgenden Satzanfang „Ich bin der Schreibtisch von …“ Dann setzen Sie Ihren Vornamen ein und lassen Ihren Schreibtisch zehn bis 15 Minuten „erzählen“. Dieser Perspektivwechsel kann interessante Erkenntnisse liefern.
Und vielleicht schauen Sie noch einmal hier vorbei: http://eselweisheit.de/minimalismus-trifft-schreibtisch/.
Ohne Struktur geht gar nichts: AutorInnen zwischen Druck und Muße
Ohne Struktur geht für Anette gar nichts. „Selbst vage Ideen brauchen irgendwann Struktur. Auch mein Tag ist absolut strukturiert. Sitze ich nach Frühsport und Frühstück am Schreibtisch, beginne ich immer mit der Sichtung meiner E-Mails oder der Post und erledige alles Dringende; auch anstehende Hausarbeit wie Wäsche waschen oder Blumen gießen. So habe ich den Rest des Tages den Kopf frei. Schreiben ist für mich nichts, was man mit ‘ner Tasse Kaffee unterm Kirschbaum macht. Für mich ist das Arbeit, mit der ich mein Geld verdiene. Ich habe mal einen Satz gelesen, der das gut zusammenfasst: Schreiben heißt, den Hintern auf dem Stuhl zu lassen! Ja, wer ernsthaft schreiben und veröffentlichen will, muss einfach konzentriert am Schreiben bleiben. Das entspricht natürlich überhaupt nicht einer romantischen Vorstellung, in der es eher um Schreiben als Freizeitgestaltung geht. Wenn ich weiß, dass ich für einen Artikel in der Tageszeitung drei Stunden Zeit habe, dann blende ich alles aus und bin für nichts und niemanden erreichbar. Nur so komme ich in den nötigen Flow, in dem die Außenwelt nicht mehr existiert.“
Während Anette sich unter dem Druck der Tageszeitungsarbeit absolut strukturiert durch den Tag schreibt, setzt Franziska auf Muße: „Ich habe keine durchorganisierte Schreibroutine, sondern genieße es, ein Leben zu führen, das mir Zeit lässt für Rückzug und Mußestunden. Die brauche ich zum Schreiben unabdingbar. Mein Schreiben lebt ja von Alltagserfahrungen, von Klängen, visuellen Eindrücken, vom Beobachten der Menschen, dem Lauschen auf Stimmen … und die muss ich in aller Ruhe sortieren und verdichten können.“
Mario: „Ich habe den Eindruck, dass meine Muse ein launisches Wesen ist. Ich muss ihr immer wieder beweisen, dass ich es ernst meine mit dem Schreiben!“
Mir fällt zu Marios Aussage ein Satz ein, den ich irgendwo einmal gelesen habe: Die Muse kann dich nur küssen, wenn sie dich bei der Arbeit trifft.
Reflexionsfrage: Druck oder Muße
- Habe ich schon einmal einen Schreibflow gehabt? Wenn ja, welche Bedinungen haben ihn unterstützt? Kann ich ihn „hervorzaubern“?
Konkrete Schreibziele: Wie wichtig sind sie?
Drei Stunden am Tag, fünf Seiten an einem Vormittag; viele, die schreiben, setzen sich ein Mindestziel, das sie erreichen wollen. Dieses Prinzip hat sich auch Antje zu eigen gemacht: „Ich habe einen Haushalt mit vier Kindern, zwei Hunden, drei Pferden und einem Mann, der beruflich viel unterwegs ist. Zum Glück bin ich Frühaufsteherin und sitze häufig schon kurz vor fünf am Schreibtisch – mit Kaffee! Mein absolutes Muss ist ein Kapitel pro Tag, vorher höre ich nicht auf. Ich schreibe um die acht Bücher pro Jahr, das ist nur so möglich. – Doch mir macht meine Arbeit viel Freude, sie ist sozusagen mein Ding. Als ich meine ersten Bücher schrieb, waren die Kinder noch klein – der jüngste Sohn ein Baby. So musste ich häufig mitten im Familienchaos schreiben, heute eher zwischen Schule, Zahnarztterminen und Pferdestall. Ich brauche inzwischen tatsächlich einfach mehr Ruhe zum Schreiben.“
Ursula Kraemers (www.navigo-coaching.de; www.leben50plus.info; www.selbstbewusst-werden.info) Kinder sind längst aus dem Haus, auch hat sie keinen Chefredakteur im Nacken. Sie hat in Eigenregie bereits mehrere Bücher veröffentlicht und sagt: „Als Selfpublisherin ist es immer wieder eine Kunst, sich die Zeit zum Schreiben zu nehmen. Ich schreibe mir abends To-do-Listen für jedes Projekt mit jeweils ganz konkret formulierten Schritten, sodass ich am nächsten Tag sofort weiß, was ansteht und gemacht werden muss und ich sofort loslegen kann.“
Deadline als Schrittmacher?
Für Anjali Michèle Friedli (www.matrix-live.ch) war es wichtig, eine Deadline von außen zu haben: „Ich gebe viele Seminare, von daher ist es schwierig, Zeit für das Schreiben zu finden. Die Zusammenarbeit mit einem Verlag und die gesetzte Deadline haben mir sehr geholfen. Denn ich kann zehn Jahre schreiben und empfinde mein Manuskript immer noch nicht als fertig. Immer wieder kommen neue Ideen. Ein Gegenüber ist da hilfreich, das einfach sagt: ;Okay, das kommt rein und das hebst du auf für dein nächstes Buch.‘
Als ich die Deadline hatte, habe ich systematisch Zeiten fürs Schreiben reserviert – ganze Tage oder auch Vormittage und dann wirklich sehr konzentriert geschrieben.“
Auf meine Nachfrage, wie sie es denn schaffe, sieben oder acht Stunden am Stück zu schreiben, verrät sie mir: „Ich meditiere viel und vermute, dass ich mich dadurch äußerst gut konzentrieren kann.“
Matthias arbeitet ganz anders: „Ich meide Deadlines wie der Teufel das Weihwasser, da ich leicht ablenkbar bin, sogar durch Termine, die in meinem Hinterkopf rumoren. Nach jeder Unterbrechung brauche ich eine halbe bis eine ganze Stunde, um wieder im Thema zu sein. Extrem wichtig sind für mich daher feste Rituale: Ich schreibe zum Beispiel mit einer bestimmten Hintergrundmusik, die mir signalisiert, JETZT ist Schreibzeit. Ich brauche einen klar strukturierten Schreibtag, der nicht einmal von einem anderen Termin (in meinem Kopf) gestört werden darf. Werde ich dennoch unterbrochen, gehe ich den zuletzt geschriebenen Teil durch, ohne viel zu korrigieren, nur um wieder reinzukommen.“
Anke: „Termine und Ziele notiere ich nur analog in einem DIN-A5-Kalender, aktuell zieren den Flamingos. Dass er hübsch ausschaut, ist mir wichtig. Es hebt die Laune. Was nicht erledigt wurde, versehe ich mit einem Pfeil. Alles, was einen Pfeil trägt, wird auf den nächsten Tag verschoben. Unverrückbare Deadlines versehe ich mit einem Ausrufezeichen. Ein sehr einfaches und kostengünstiges System.“
Schreiborte: Chaos oder Stille, was ist meinem Schreiben zuträglicher?
Ich lehne mich zurück und erzähle Sigrid von meinen vielen Schreiborten: Ich habe mich schon durch die Wiener Kaffeehäuser geschrieben und auf der Schriftstellerinsel Capri inspirierende Schreiborte gefunden. Durch meine Experimente mit unterschiedlichen Schreiborten weiß ich, welche Texte ich wo am besten schreiben kann. Ich unterscheide klar zwischen Schreiborten, die mich kreativ anregen und solchen, an denen ich konzentrierte Ruhe finde. Daher wechsle ich im Schreiballtag zwischen häuslichem Schreibtisch und Cafés, miete mich für eine Woche in die Stille eines buddhistischen Klosters ein oder suche das anregende Gewimmel einer Großstadt.
Reflexionsfragen: Den Kopf frei bekommen fürs Schreiben
- Wie gut kann ich mich konzentrieren?
- Welche Orte regen mein Schreiben an?
- Welche Rituale rund ums Schreiben könnten für mich hilfreich sein?
- Mit welchen Möglichkeiten schaffe ich eine „ununterbrochene Schreibzeit“?
- Wäre ein Schreib-Retreat einmal eine Erfahrung wert? Wenn ja, wo wäre ein guter Ort für mich?
Vom Verlag-Finden
Sigrid gießt mir eine zweite Tasse Kaffee ein. Sie ist in erster Linie Dozentin und gehört zu den wenigen Glücklichen, die von einem Verlag angefragt wurden (!), ob sie nicht ein Buch zu ihrem Fachgebiet veröffentlichen könne: „Wie machen das eigentlich die Autorinnen und Autoren, die du kennst? Wie bringen sie ihre Texte in die Öffentlichkeit?“
Antje schildert ihre Erfahrung: „Ich bin wirklich sehr hartnäckig am Ball geblieben, habe mich von nichts und niemanden zurückwerfen oder abschrecken lassen und an mich selbst geglaubt. Gleichzeitig bin ich realistisch geblieben. Es ist sehr wichtig, sein Genre zu finden. Nur weil vielleicht Fantasy gerade in ist, muss ich das nicht bedienen. Zudem brauchen Bücher eine ‚Message‘, Figuren müssen sich entwickeln (können).
Auch ein Ziel zu haben ist wichtig. Ich hatte immer das Ziel, Verlagsautorin zu werden. Darauf habe ich hingearbeitet. Selfpublishing wäre für mich keine Option gewesen und ist es bis heute nicht.“
Franziska hat hier eine wesentlich breitere Perspektive: „Ich halte es für Unsinn, sich als angehende Autorin auf die Veröffentlichung eines Buches zu versteifen – denn es gibt noch tausend andere Möglichkeiten, die eigenen Texte sicht- und hörbar zu machen. Letztlich will ich als Schreibende doch einen Resonanzraum für meine Texte, und das muss nicht immer ein Buch sein. Meinen Coachees empfehle ich deshalb, möglichst viel auszuprobieren und sich immer wieder die Frage zu stellen: Wo erfahre ich Resonanz? Das kann in einer Schreibgruppe sein, beim Bloggen, in Internetforen, bei Literaturwettbewerben, auf Lesebühnen.“
Ein Lesekoffer, der parat steht
Antje erzählt von ihren Erfahrungen: „Insgeheim sage ich übrigens nicht Lesung, sondern Lese-Event. Oder in Sachen Flätscher Die Flätscher-Show, denn eine Show ist es immer. Ich lese nicht nur, sondern beziehe die Kinder mit ein, lese mit ihnen zusammen in verteilten Rollen, hole sie auf die Bühne, spiele mit ihnen Szenen aus dem Buch nach, und, und, und … Es gibt für mich nicht Besseres, wenn Kinder zu Beginn einer Veranstaltung schlechtgelaunt angeschlappt kommen mit einem Gesicht von Hab keine Lust auf so 'ne langweilige Lesung und dann diejenigen sind, die am meisten Spaß haben. Gerade diese Kids bekommen dadurch ein ganz anderes Verhältnis zum Buch, sie stellen auf einmal fest: Hey, das ist ja richtig cool! Lesen ist cool, Bücher sind cool! Das ist Leseförderung, finde ich.
Ich veranstalte diese Events allerdings auch, weil es mir sonst viel zu langweilig wäre. Ich mag Action, ich mag die Abwechslung und ich hab bei all dem (meistens) richtig viel Spaß. Damit das gut gelingt, habe ich einen Lesungskoffer – einen sehr großen Rollkoffer. Ich nehme immer unterschiedliche Bücher mit, damit ich auf die Kinder eingehen kann. Manchmal ist ein bestimmtes Buch gewünscht, doch dann sehe ich die Kinder und denke: Nö, da passt jetzt aber ein anderer Titel viel besser. Dann natürlich noch Autogrammkarten, Lesezeichen, Signiertasche, Sticker, Gewinne, der Koffer ist groß und rappeldickevoll. – Ich bekomme übrigens jede Menge Leserpost von Kindern, die ich auch beantworte. Daher gibt es für mich einen festgelegten Ablauf am Morgen: Kaffee – Internetrunde mit Mails beantworten und ein bisschen meine Instagram- und Facebook-Accounts bedienen.“
Anke sagt: „Lesungs-Checklisten anzulegen, kann helfen. Da steht dann drauf, was alles mit muss: von der Tasche über mögliche Requisiten bis zum Pfefferminz. Oder was zur Vorbereitung gehört – vom Tag vorher bis kurz vorher: Ich muss meinen Mund immer ein bisschen warm arbeiten, bevor es losgeht, sonst klinge ich piepsig vor Aufregung, hole die Stimme nicht aus meiner Mitte. Mit Blick auf die Checkliste denke ich dann auch daran.“
Wie Warm-Arbeiten geht? „Ich starte mit der Zunge. Mit ihr fahre ich durch den Mund, den Gaumen entlang, an allen Zähnen vorbei, dann lasse ich sie vibrieren und schnaube im Anschluss auch gern mal wie ein Pferd, mit Lippenflattern, um meine Kiefermuskulatur zu entspannen. Und sage leise was wie ,Mamemimomu-ommmm, a, e, i, o, u.‘ Und wenn es irgend geht, quatsche ich mich mit dem Publikum ein bisschen ein, frage, ob ich gut zu hören bin oder so.“
Sigrid und ich sind mittlerweile beim zweiten Kuchenstück: „Ich staune immer wieder über die vielfältigen Tätigkeiten rund um den Schreibprozess: recherchieren, archivieren, lesen und präsentieren, organisieren und verwalten, aber auch netzwerken.“ Ich nicke: „Es ist eine Kunst, alles erfolgreich unter den berühmten Hut zu bekommen.“
Netzwerke als Organisationshelfer
Dazu Anette: „Ich pflege mein Netzwerk, das ist für mich sehr wichtig. Dazu gehören bei mir der Kontakt zu den einzelnen Segelclubs, das eigene Segeln, die Teilnahme an Veranstaltungen, das Kontakte halten, Gespräche führen, Messen besuchen. Nur so werde ich auch über einen Neubau informiert oder eingeladen, wenn irgendwo der neuste E-Motor getestet wird. Bootsbauer zum Beispiel haben wenig Zeit und wenn ich von denen Informationen brauche, dann tun sie mir damit einen Gefallen.“
Franziska geht es eher um den Austausch mit anderen Autorinnen: „Ich blogge und suche den Kontakt zu anderen Schreibenden, um über den Austausch mein Schreiben zu schärfen und meine Ideen in die Welt zu bringen. Beim Bloggen geht es mir vor allem darum, klüger über mein eigenes Schreiben nachzudenken – und dabei gleichzeitig mit gängigen Mythen aufzuräumen, etwa mit dem Mythos Schreibblockade. Außerdem veranstalte ich Schreibwerkstätten in Konstanz und Umgebung, um Schreibende zusammenzubringen.“
Antje bekommt viele Einladungen von Schulklassen, Bibliotheken und Buchhandlungen; daher steht sie mehr im direkten Kontakt mit ihren Leserinnen und Lesern: „Ich organisiere das fast alles selbst, was manchmal echt stressig sein kann. Zum Glück sind bei den zahlreichen Lesungsanfragen viele Wiederholungstäter dabei, die mich Jahr für Jahr buchen; da braucht es nur die Terminabstimmung. Aber die Verlage unterstützen mich auch: dtv organisiert zum Beispiel meine Flätscher-Show, andere Verlage senden Lesungsplakate an die Veranstalter. Manchmal kümmern sie sich auch um die Verträge; dtv handhabt das zum Beispiel überwiegend so. Aber auch mit Coppenrath und Loewe läuft das in der Regel prima.“
Anke regt an, im KollegInnenkreis nach Checklisten zu fragen. „Es muss ja nicht jedeR das Rad neu erfinden. – By the way: Wer was Tolles zum Teilen hat, darf es gern an mich senden und wir bringen es direkt nutzbar in die Federwelt.“ Außerdem rät sie zum Netzwerken mit der Presseabteilung des Verlags: „Wer fragt, kann im schlimmsten Fall ein Nein bekommen. Wer es lässt, bekommt garantiert nichts. Also: Eine Liste schreiben mit Sachen drauf, die man selbst übernehmen kann und will und mit Dingen, die man sich vom Verlag wünscht, und dann einfach fragen, ob das möglich ist.“ Gut sei auch,die Pressefrauen oder -männer um Anregungen zu bitten, was man noch tun könne. „Die haben vielleicht noch ganz tolle Ideen, sind aber nur zwei, die für Hunderte Autorinnen und Autoren zuständig sind, und schaffen es daher nicht selbst, sie umzusetzen.“
Reflexionsfragen: Netzwerkanalyse in fünf Schritten
- Auf ein DIN-A3-Blatt wird in die Mitte ein kleiner Kreis gezeichnet und mit „Ich“ gekennzeichnet.
- Auf das Blatt werden nun mit weiteren Kreisen alle weiteren Netzwerkpartner rund ums Schreiben eingezeichnet.
- Nun werden Pfeile von allen Partnern zum „Ich“ gezogen und mit den Dingen beschriftet, die diese Partner mir geben.
- Jetzt umgekehrt: Die Pfeile werden vom „Ich“ zu den Netzwerkpartnern gezogen und mit den Dingen versehen, die ich den Partnern gebe. (Ein Netzwerk lebt ja vom Geben und Nehmen.)
- Nun wird das Netzwerk angeschaut: Wie zufrieden bin ich? Welche Bereiche sollte ich ausbauen? Welche (wieder) mehr pflegen?
Kein Verzetteln mehr?!
Wie ist es nun aber mit den Ideen, den Zetteln und Notizen, die sich überall im Alltag zwischen die Arbeit schummeln, verloren gehen, gesucht und meistens auch wiedergefunden werden? Wie organisiert man sich damit so, dass es zu einem passt und das Suchen der Vergangenheit angehört?
Franziska: „Früher kannte ich nur das klassische Tagebuch, heute habe ich ein ganzes Arsenal von Notizbüchern, die ich für unterschiedliche Zwecke nutze. In meine großformatigen, schwarzen Kladden schreibe und zeichne ich; dort ist mein künstlerischer Ausdruck zuhause. In mein Briefe-Buch schreibe ich Briefe an Menschen aus meinem Umfeld, die ich aber nicht abschicke – das hilft in allen Lebenslagen. Textanfänge für Gedichte und Geschichten schreibe ich meist auf weißem Papier und sammle sie in meinen Ordnern. Ich liebe diese Vielfalt!“
Anette: „Ideen notiere ich total analog. Ich nutze dafür ein großes Heft mit Spiralbindung, das immer auf dem Schreibtisch liegt. Hinein kommt alles, was mir durch den Kopf geht – auch die Projektentwicklung, wie die Sammlung aller Aspekte oder das Erstellen der Struktur, halte ich hier fest. Bei Terminen schreibe ich dagegen alles in kleine spiralgebundene Hefte. Für jeden Auftraggeber habe ich ein eigenes. Das hilft mir später beim Auffinden der Notizen.“
Mario: „Ich notiere Ideen analog und handschriftlich in große Notizbücher von Moleskin, die sind weich und flexibel, wobei ich ein Notizbuch für allgemeine Notizen habe und dann für jedes Projekt ein jeweils eigenes. In diese Bücher kommt alles völlig unsortiert, genauso wie die Ideen kommen – damit ich keine vergesse. Diese Notizbücher gehe ich regelmäßig durch, mit dem Textmarker … manchmal finde ich dann Ideen doppelt notiert, die scheinen wohl eine besondere Bedeutung zu haben. In meinen Notizbüchern muss nichts sortiert sein oder werden.“
Matthias: „Ich notiere Ideen grundsätzlich digital, egal ob abends im Bett oder tagsüber unterwegs – mit einer Notizen-App auf dem Handy. Die Ideen übertrage ich zeitnah auf den Computer. Dort gibt es für jedes aktuelle Projekt jeweils eine Ideen-Datei sowie eine für allgemeine Ideen. Genial fände ich, wenn Papyrus meinen Wunsch nach einer Ideendatenbank umsetzen und diese Funktion für die Anwender entwickeln würde.“
Anke: „Ideen für größere Projekte würde ich gerne strukturierter notieren. Tatsächlich läuft es bei mir so: Mir fällt etwas ein und ich notiere es auf Zetteln und in Notizbüchern oder spreche es auf mein Smartphone, wo immer ich gehe und stehe. Manchmal finde ich meine Zettel nicht mehr, wenn ich sie brauche und traure um verlorene, vermeintlich grandiose Ideen.“
Analog versus digital
Anke: „Wenn mir in Artikeln oder Glossen aus Zeitungen oder Magazinen, die ich gekauft habe, was fehlt, reiße ich die Seiten hemmungslos raus, pappe einen Klebezettel drauf mit einer Idee, was ich anders machen würde und packe das Ganze in meinen Karteikasten. In den passt eine einmal hälftig gefaltete DIN-A4-Seite ganz prima. Ihn nutze ich zur Inspiration, wenn ich Beiträge anbiete.“
Ursula nutzt Ideenlisten. „Erste Ideen notiere ich häufig von Hand, übertrage sie dann in den Rechner und schreibe dort weiter. Zudem arbeitet sie mit einem Karteikasten DIN A6. „Hier kommen Dialoge hinein, aber auch Situationen, einzelne Szenen, Beschreibungen, also Rohfassungen erster Textteile“, berichtet sie. „Ein Heft hätte den Vorteil, dass ich es immer dabei haben könnte. Doch müsste ich dann, wenn es gefüllt ist, ein Register anlegen, um die Dinge wiederzufinden. Auch Ringbuchblöcke brauchen Seitenzahlen und ein Register – man muss sich da einfach ein System zurechtlegen und nutzen.“
Ich erzähle Sigrid, dass ich meine Notizbücher tatsächlich mit Seitenzahlen und Register versehe, um später etwas wiederzufinden. „Das kannst du doch digital viel einfacher haben!“, ruft sie. „Ja, aber …“, entgegne ich, „bei projektbezogenen Notizbüchern brauche ich dieses haptische Arbeiten, das mir die digitale Welt so nicht bieten kann.“
Der Kuchen ist gegessen, die dritte Tasse Kaffee getrunken. „Natürlich“, fahre ich fort, „arbeite ich auch digital und scanne Zeitungsartikel oder Fotos in Magazinen, die mir als Anregung dienen sollen, mit Office lens.“ Sigrid gerät erneut ins Schwärmen über diese Scanner-App für Smartphones: „Mit OneNote kannst du das dann alles wunderbar übersichtlich archivieren!"
Reflexionsfragen: Notizen, Zettel, Skizzen
- Bin ich zufrieden mit der Aufzeichnung meiner Notizen? Wenn nein, welche der Anregungen im Text könnte ich ausprobieren (eine App, ein Register im Notizbuch …)?
- Habe ich Lust, einen Ideen-Marathon anzugehen und vier Wochen lang ein Ideentagebuch zu führen? Anregungen gibt es im Internet.
Kreativität organisieren
Zum Abschluss erzähle ich Sigrid noch von meinem Ideenmarathon, den ich auf Anregung von Takeo Higuchi ausprobiert habe: Jeden Tag, wirklich jeden Tag, muss eine Idee notiert und dann auch mit diesem Ideentagebuch gearbeitet werden: Sind sie umgesetzt oder verworfen worden? Haben sie den Status „In Bearbeitung“? Welches sind die nächsten Schritte bei der Umsetzung?
Unsere Kaffeetassen sind geleert. Auf einmal schaut mich Sigrid grinsend an: „Sag mal, du hast doch zwei Laptops – einen großen für zuhause und einen kleinen, den du unterwegs nutzt für deine Ideen, Notizen und Entwürfe. Ich wette mit dir, dass du deinen Fragebogen für unser Interview unterwegs auf deinem kleinen Laptop getippt hast.“
Dieser Satz löst ein Klick in meinem Kopf aus, denn ich weiß sofort, sie hat recht. Meine Erkenntnis des Tages: Was nützt die beste Dateienstruktur, wenn man auf zwei verschiedenen Rechnern arbeitet!
Autorin: Karin Schwind | www.schreibimpuls.de | www.eselweisheit.de | [email protected]
Weiterlesen in: Federwelt, Heft 131, August 2018
Illustration: Carola Vogt und Peter Boerboom
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Dieser Artikel steht in der Federwelt, Heftnr. 131, August 2018: /magazin/federwelt/archiv/federwelt-42018
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