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LovelyBooks führt Credits ein – ohne Moos nix los

Branchen-News
Sandra Uschtrin
Moos als Illustration der Redensart "Ohne Moos nix los", was bei LovelyBooks seit 2024 durch das Credit System der Fall ist

Bei LovelyBooks will man ab 2024 mehr Geld verdienen. Autor:innen, Verlage und Selfpublishing-Dienstleister müssen jetzt sogenannte Credits kaufen. Nur dann können sie zu Leserunden einladen, bei denen Rezensionsexemplare an die Leser:innen verlost werden. Ob die Rechnung aufgeht?

Leserunden bei LovelyBooks waren bisher sehr beliebt. Oft wurden dafür vorab Leseexemplare verlost. Leser:innen kamen auf diese Weise kostenlos an Lesestoff. Dafür mussten sie sich lediglich verpflichten, über das »gewonnene« Buch oder E-Book anschließend eine Rezension zu schreiben. Rezensionen schaffen Sichtbarkeit. Und davon profitierten wiederum Autor:innen und Verlage.

Ab sofort ist alles anders. Die Nachricht breitet sich gerade wie ein Lauffeuer durch die Autorencommunitys im Internet aus:

LovelyBooks – ohne Moos nix los!

Leserunden mit Verlosungsexemplaren kosten ab Januar 2024 in der Regel Geld. Aber nicht die Leserinnen und Leser müssen Geld bezahlen, was ja auch denkbar wäre, sondern Autor:innen und Verlage. Sie müssen nun sogenannte Credit-Pakete kaufen. Für jede Aktion – also jede Leserunde mit Buchverlosung – wird ein Credit fällig. Oder auch nicht. Denn offenbar gibt es derzeit noch manchmal Ausnahmen.

Um herauszufinden, was es mit den Credits auf sich hat, hilft ein Blick in die neu gestalteten FAQ-Seiten von LovelyBooks. Davon gibt es auf LovelyBooks drei Stück: FAQ Allgemein, FAQ für Autor*innen, FAQ für Verlage.

Credit-Regelung für Verlage

Fangen wir bei den Verlagen an und springen dort gleich zu dem Menüpunkt Credits. Auf dieser Unterseite erläutert LovelyBooks die neue Credit-Regelung und äußert sich auch gleich zu den Kosten der einzelnen Credit-Pakete. Credits kann man nämlich – leider, leider! – nur in Paketen kaufen. Die neue Währung lautet: 1 Credit = 1 Aktion. Und 1 Aktion = 1 Lesung mit Verlosungsexemplaren.

  • Das kleinste Credit-Paket umfasst 10 Credits und kostet 790 Euro; macht 79 Euro je Leserunde mit Verlosungsexemplaren.
  • Ab 30 Credits gibt es 10% Rabatt; macht 2.133 Euro = 71,10 Euro je Leserunde mit Verlosungsexemplaren,
  • ab 60 Credits gibt es 20% Rabatt; macht 3.792 Euro = 63,20 Euro je Leserunde mit Verlosungsexemplaren,
  • ab 100 Credits gibt es 30% Rabatt; macht 5.530 Euro = 55,30 Euro je Leserunde mit Verlosungsexemplaren.

Nun könnte man sich als Verlegerin denken, na gut, dann beiße ich halt in den sauren Apfel und kaufe gleich eine größeres Paket, das ich dann mit den Jahren aufbrauche. Aber nichts da! LovelyBooks hat mitgedacht und will, dass man sein jeweiliges Paket zügig aufbraucht. Daher gibt es einen eigenen Passus zum Thema Gültigkeit: »Credits sind ab Kauf/Erwerb für 12 Monate gültig. Nicht eingelöste Credits verfallen nach 12 Monaten.« – Ach so. Schade!

Ein Verlag zahlt demnach mindestens 790 Euro und kann dann in den nächsten 365 Tagen bis zu 10 Leserunden mit Verlosungsexemplaren veranstalten. Außerdem können einzelne Credits »durch die Buchung von Zusatzpaketen freigeschaltet werden«. Verlage, die bereits ein Werbebudget bei LovelyBooks gebucht haben, erhalten derzeit außerdem »automatisch eine passende Anzahl an Credits«. Pro 1.000 Euro Mediabudget gibt es einen Frei-Credit – man ist schließlich großzügig.

Gibt es Ausnahmen?  »Aktuell« – doch wer weiß, wie lange noch – ist LovelyBooks bereit, Ausnahmen zu machen. Auf der Website heißt es hierzu: »Verlage, die in der Vergangenheit nur wenige, vereinzelte Leserunden und/oder Buchverlosungen mit Verlosungsexemplaren angelegt haben, fallen aktuell nicht unter die Credit-Regelung.«

Die Aktionen können sowohl vom Verlag als auch von den betreffenden Verlagsautor*innen angelegt werden. LovelyBooks rät: »Am besten sprechen Sie mit Ihren Autor*innen ab, wer eine Aktion anlegen kann und soll oder melden sich bei Ihren LovelyBooks-Ansprechpartner*innen.«

Credit-Regelung für Autorinnen und Autoren

Auf der FAQ-Seite für Autor:innen schreibt LovelyBooks nun im Unterbereich Credits: »Damit Sie eine Leserunde oder Buchverlosung mit Verlosung von Rezensionsexemplaren anlegen können, wird ein Credit benötigt. Credits können durch Ihren Verlag oder Ihren Selfpublishing-Dienstleister erworben werden.«

Was aber, wenn der Verlag oder Selfpublishing-Dienstleister keine Lust hat, derartige Credits zu kaufen? Weil das ja, wie wir nun schon wissen, gar nicht so wenig Geld kostet?

Tja: »Wenn Ihr Verlag oder Ihr Selfpubishing-Dienstleister Ihnen keine Credits zur Verfügung stellt, gibt es aktuell leider keine Möglichkeit, Einzel-Credits direkt bei LovelyBooks zu kaufen.« Wieder begegnet uns das Wörtchen »aktuell«. Offenbar will man bei LovelyBooks abwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Doch so ganz mag man es sich mit diesen Autor:innen nicht verscherzen und auf diese Klientel als Geldeinnahmequelle auch nicht verzichten. Daher heißt es weiter: »Im Rahmen der Buchung eines Zusatzpakets werden Sie aber automatisch für einen Credit freigeschaltet. Wenn Sie Interesse daran haben, dann melden Sie sich gerne bei uns ([email protected]).«

Zusatzpakete für Autor:innen

Das günstigste Zusatzpaket war 2023 das Zusatzpaket Spotlight. Laut Buchungsformular für Autor*innen 2023 kostete es 300 Euro. Das Buchungsformular listet folgende Zusatzpakete auf:

  • Zusatzpaket Spotlight: 1 Woche Spotlight Teaser € 300 Euro netto    
  • Zusatzpaket S: Newsletter-Platzierung und Premium Landing Page: 600 Euro netto    
  • Zusatzpaket M: Newsletter-Platzierung, Premium Landing Page und 1 Woche Spotlight Platzierung: 900 Euro netto    
  • Zusatzpaket L: 3 Tage Startseiten-Teaser, Newsletter-Platzierung, Premium Landingpage und 1 Woche Spotlight Platzierung: 1.250 Euro netto

Um 300 Euro wieder reinzuwirtschaften, muss man viele Bücher verkaufen ...

Aktuelle Ausnahmen

»Aktuell« gibt es auch hier (noch) Ausnahmen: »Selfpublisher*innen, die ihr Buch ohne Selfpublishing-Dienstleister veröffentlichen und Autor*innen von Verlagen, die in der Vergangenheit nur wenige, vereinzelte Leserunden und/oder Buchverlosungen mit Verlosungsexemplaren angelegt haben, fallen aktuell nicht unter die Credit-Regelung.«

Schwacher Trost: Natürlich können Autor:innen nach wie vor Aktionen (Leserunden) OHNE Verlosung von Rezensionsexemplaren anlegen »und interessierte Leser*innen einladen, mit einem selbst gekauften Buch gemeinsam zu diskutieren. Hierfür sind keine Credits nötig. Wählen Sie dazu einfach den Menüpunkt „Leserunde ohne Verlosungsexemplare“.«

Und weil man seine Pappenheimer kennt, heißt es dann gleich im nächsten Satz: »Beachten Sie allerdings, dass es nicht gestattet ist, in einer Aktion ohne Verlosung dennoch Bücher zu verlosen.« Dieser Satz klingt ein wenig kryptisch und lädt zu verschiedenen Interpretationen ein:

Matthias Matting von der Self-Publishing-Bibel interpretiert diesen Satz so: »Es ist nicht erlaubt, die Bücher dafür anderswo zu verlosen.«
Andere Autorinnen und Autoren interpretieren den Satz anders und schlagen als Ausweg vor, kostenlose Rezensionsexemplare zum Beispiel auf Instagram zu verlosen und dann ...

Fragen über Fragen

Warum verlangt LovelyBooks plötzlich Geld von Verlagen, Selfpublishing-Dienstleistern und Autor:innen? Matthias Matting mutmaßt: »Lovelybooks will sich wohl neue Einnahmequellen erschließen.« Damit hat er vermutlich recht.

Andere Frage: Warum sollte LovelyBooks kein Geld verlangen? – Die Plattform ist die größte deutschsprachige Buchcommunity. Angeblich über 1,9 Millionen Leser:innen besuchen sie jeden Monat. Mehr als 500.000 registrierte Nutzer:innen verfassen bis zu 40.000 Bewertungen und Rezensionen. Und »über 10.000 Autor:innen sind bei LovelyBooks angemeldet«. – Weil es nett wäre? Weil viele Kleinverlage ohnehin schon am Limit sind? Weil die meisten Autorinnen und Autoren mit ihren Büchern ohnehin nur ein kleines Zubrot verdienen?

Weitere Frage: Warum verlangt LovelyBooks kein Geld von Leserinnen und Lesern? Zum Beispiel einen Euro pro Leserunde? Wo sie von den Verlagen und Autor:innen doch schon mit kostenlosen Leseexemplaren verwöhnt werden?

Was noch nicht ist, kann ja noch werden. »Aktuell« ist das offenbar noch nicht geplant. Aber wer weiß, was 2025 an Schrecklichkeiten bereithält.

Blogbild: Foto von Aidan Hodel auf Unsplash