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Datenreport zum Autoreneinkommen in Deutschland

Branchen-News
Sandra Uschtrin
Mann von schräg hinten bei Nacht im Regen

Was verdienen Autorinnen und Autoren in Deutschland? Die meisten verdienen wenig, ein paar wenige sehr viel. Zu diesem Ergebnis kommt ein Datenreport, der auf der amtlichen Statistik 2023 basiert. Nur rund 5,7 Prozent der Autor*innen können demnach ausschließlich vom Schreiben leben. Das Autoreneinkommen ist oft ein komplexer Mix, der aus verschiedenen Tätigkeiten stammt.

Der Datenreport zum Autoreneinkommen wurde vom Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS in ver.di) bei Michael Söndermann und seinem Büro für Kulturwirtschaftsforschung in Köln in Auftrag gegeben. Er liegt seit einigen Wochen vor, basiert auf der der amtlichen Statistik 2023, hat 57 Seiten und kann hier heruntergeladen werden.

Gleich zu Beginn klärt Michael Söndermann darüber auf, dass es derzeit keine Statistik gibt, »die übergreifend Auskunft über die Anzahl der berufstätigen Autor/innen und Schriftsteller/innen [...] und der damit verbundenen Einkommen geben könnte«.
Der Datenreport nutzt daher verschiedene Statistiken, um herauszufinden, wie viel Autorinnen und Autoren in Deutschland verdienen: die Einkommensteuerstatistik, die Umsatzsteuerstatistik, die Statistik der Künstlersozialkasse (KSK) sowie Statistiken der Bundesagentur für Arbeit.

Auch was ein Autor oder eine Autorin genau ist und wer dazu zählt, werde überall anders definiert. Im Datenreport lautet die Definition wie folgt: »Ein/e Autor/in bzw. Schriftsteller/in ist demnach, wer seine Berufstätigkeit erwerbsmäßig ausübt, also auf Dauer und zur Erzielung von Einnahmen.« (Seite 8)

75.100 freiberufliche Autor*innen waren 2019 beim Finanzamt als einkommensteuerpflichtig gemeldet

Demnach gab es in Deutschland 2019 rund 75.100 freiberufliche Autorinnen und Autoren, die beim Finanzamt einkommensteuerpflichtig gemeldet waren. Unter den einkommensteuerpflichtigen freiberuflichen Autor*innen sind knapp 33.000, oder 44 Prozent, zugleich auch umsatzsteuerpflichtig. Darüber hinaus ist ein kleiner Teil dieser einkommensteuerpflichtigen freiberuflichen Autor*innen, nämlich rund 9.400, zugleich in der Künstlersozialkasse (KSK) versichert, dazu kommen hier rund 2.700 freiberufliche Übersetzer*innen. Das entspricht einem Anteil von zusammen 16 Prozent an allen einkommensteuerpflichtigen Autor*innen. (Seite 11)

Durchschnittseinkommen von Autorinnen und Autoren

Zum Durchschnittseinkommen heißt es im Datenreport: »Das Durchschnittseinkommen eines/einer Autor/in aus freiberuflicher Tätigkeit liegt im Jahr 2019 bei rund 17.000 Euro, das Medianeinkommen* bei rund 1.000 Euro [im Jahr]. Diese überdurchschnittliche Differenz erklärt sich dadurch, dass die Umsatzsteuerstatistik im Jahr 2019 rund 30 selbständige Autor/innen mit Millionenumsätzen ausweist, während rund die Hälfte aller freiberuflich tätigen Autor/innen lediglich ein Einkommen von rund 1.000 Euro [im Jahr] erreicht.« (Seite 19/20)

* Medianeinkommen

Im Datenreport ist oft vom sogenannten »Medianeinkommen« die Rede. Dazu heißt es dort:
»Nach den vorliegenden statischen Daten gibt es eine enorme Spannbreite der Autoreneinkommen. Einerseits ist da eine Minderheit von „Spitzenverdienern“ oder „Bestsellerautoren“, andererseits gibt es eine Vielzahl von Autor/innen mit geringen Einkünften. Daher bietet die Berechnung eines statistischen „Medianeinkommens“ gegenüber dem oft zitierten „Durchschnittseinkommen“ einen realistischeren Blick auf die Einkommen.« (Seite 4)

Und ferner: »Das Medianeinkommen (oder der Medianwert) wird auch als Mittelwert bezeichnet. Er teilt die untersuchte Gruppe in zwei Hälften: 50 Prozent der Einkommen liegen über und 50 Prozent unter dem Mittelwert. Die wenigen aber gut Verdienenden haben dadurch geringeren Einfluss auf den so ermittelten Medianwert. Für die vorliegende Untersuchung ist das von besonderer Bedeutung, denn die beim arithmetischen Durchschnittseinkommen entstehende typische Verzerrung von künstlerischen Einkommen durch wenige sehr hohe Einkommen wird beim Medianwert vermieden beziehungsweise abgemildert.« (Seite 10)

Autoreneinkommen – Einkommensmix sichert bei vielen die Existenz

Und weiter (Seite 15): »Die Existenz von Autor/innen ist komplex. Entsprechend komplex ist auch ihr Einkommensmix. [...] Je nach Einkommensart lassen sie sich statistisch gesehen in drei Gruppen aufteilen, die sich zum Teil überlappen. Insbesondere in der 2. Gruppe finden sich auch Autor/innen der 1. sowie der 3. Gruppe. Daher ist die Gesamtsumme aller drei Gruppen höher als die Anzahl der in der Einkommensteuerstatistik erfassten Autor/innen insgesamt:

  1. Rund 11.600 Autor/innen erzielen Einkünfte ausschließlich mit ihrer Autorentätigkeit und können zum Teil davon leben.
  2. Eine zweite Gruppe von rund 25.800 Autor/innen erzielt ihre Einkünfte überwiegend mit ihrer freiberuflichen Tätigkeit. Daneben weisen sie weitere Einkünfte aus anderen beruflichen Tätigkeiten aus.
  3. Die Einkünfte einer dritten Gruppe von rund 51.200 Autor/innen aus der freiberuflichen Autorentätigkeit sind so gering, dass Einnahmen aus anderen beruflichen Tätigkeiten deutlich überwiegen. Autor/innen dieser Gruppe sind sowohl freiberuflich als auch nicht selbständig tätig.

Die Erwerbseinkommen der beiden letzteren Gruppen werden in der vorliegenden Studie als hybride bezeichnet. Dabei können Autor/innen dieser beiden Gruppen auch Mitglieder der KSK werden, falls sie deren Kriterien erfüllen.«

Etwa drei Dutzend Umsatzmillionäre

Die meisten Autorinnen und Autoren – das heißt weit über 50 Prozent – sind Kleinunternehmer*innen und nicht umsatzsteuerpflichtig. Erst wer über 17.500 Euro (2019) bzw. über 22.000 Euro (2022) im Jahr verdient, ist in Deutschland umsatzsteuerpflichtig. Das waren 2019 11.355 und 2022 7.354 Autor*innen. Sie werden vom Finanzamt als Unternehmer*innen geführt. Der Datenreport spricht hier von Solo-Selbstständigen und bildet neben der Gruppe der Mini-Selbstständigen (unter 17.500 Euro, die freiwillig Umsatzsteuer zahlen) die folgenden Untergruppen (Seite 34 und Seite 36):

  • Kleine Solo-Selbstständige (17.500 bis 50.000 Euro): 6.894 Autor*innen (2019) | 3.489 Autor*innen (2022)
  • Mittlere Solo-Selbständige (50.000 bis 100.000 Euro): 2.726 Autor*innen (2019) | 2.252 Autor*innen (2022)
  • Größere Solo-Selbstständige (100.000 bis 250.000 Euro): 1.345 Autor*innen (2019) | 1.233 Autor*innen (2022)
  • Große Selbstständige (ab 250.000 Euro): 390 Autor*innen, davon Umsatzmillionäre: 30 Autor*innen (2019) | 380 Autor*innen, davon 37 Umsatzmillionäre (2022)

Zusammenfassung des VS

Der Schriftstellerverband fasst auf seiner Website zusammen: »„Kannst du denn vom Schreiben leben?“ Dies ist die wohl meistgehörte Frage, wenn sich Schriftsteller*innen anderen Menschen vorstellen. Auf diese Frage können in Deutschland nur 4.304 Autor*innen mit „Ja!“ antworten, wobei auch davon lediglich 1.802 Autor*innen ohne Existenznot und mit mehr als 50.000 Euro Jahreseinkommen brutto leben. Dies wurde nun in einer auf amtlichen Statistiken beruhenden Einkommensstudie herausgearbeitet.

Dort heißt es auch: »Wichtig zum Verständnis der Zahlen der gesamten Studie ist, dass in den Steuerstatistiken nicht sauber zwischen den schriftstellerischen Formaten der Autor*innen differenziert werden kann. Auch nach dieser Studie wissen wir also nicht, ob das Einkommen der Autor*innen mit Belletristik, Lyrik, Fach-/Sachbüchern, Drehbüchern oder aber Computerspielen erzielt wird. Diese unterschiedlichen Einkommensarten weisen große Diskrepanzen in den Jahreseinkommen auf: Drehbuchautor*innen z.B. verzerren die Statistiken mutmaßlich nach oben, Lyriker*innen nach unten.«

Der Verband deutscher Schriftsteller*innen fordert daher ein ein Kulturberufe-Monitoring zur Einkommenssituation der künstlerischen, publizistischen und kreativen Berufe. Die Datenlage zu den Arbeits- und Einkommensbedingungen von Menschen in kulturellen Berufen müsse verbessert werden. Nur dann ließe sich die wirtschaftliche Situation dieser Berufsgruppe genauer erfassen, als es derzeit möglich sei.

Blogbild: Foto: NoName_13, Pixabay