
In offiziellen Dokumenten des US-Außenministeriums wird jetzt die Times New Roman Pflicht. Die Calibri wird abgeschafft.
Politische Auseinandersetzungen über Schriftarten sind für uns Deutsche nichts Neues. Denken wir an den Antiqua-Fraktur-Streit oder an den Normalschrifterlass während des Nationalsozialismus.
Auch Donald Trump, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, hat sich nun des Themas angenommen. Nein, er hat nicht die Trajan, eine Schrift, die keine Klein-, sondern nur Großbuchstaben kennt, per Dekret umbenannt in „Font of America“ und verfügt, ab sofort nur noch sie zu verwenden. Etwa um “MAKE AMERIKA GREAT AGAIN” ruckzuck umzusetzen. Kommt voraussichtlich 2027.
Das Verbot von Calibri – eine Art Infantizid?
Nein, es geht ihm – wie so oft – darum, Dinge, die seine Amtsvorgänger eingeführt haben, rückgängig zu machen. Wir kennen dieses Verhalten aus dem Tierreich, Stichwort Infantizid: Da beißt das neue Löwenmännchen eines Rudels die süßen kleinen Löwenbabys seines Vorgängers tot. So ähnlich ist es jetzt der Schriftart Calibri ergangen.
Calibri ist besonders am Computer gut zu lesen. Das ist für Menschen mit einer Seh- oder Leseschwäche ideal. Der mit Joe Biden zusammenarbeitende US-Außenminister Antony Blinken verfügte daher im Februar 2023 die Calibri zu verwenden und nicht mehr die Times New Roman, die seit 2004 offiziell in Gebrauch war. Das hat Blinkens Amtsnachfolger Marco Rubio nun rückgängig gemacht. Ab sofort ist für offizielle Dokumente des US-Außenministeriums wieder die Times New Roman zu verwenden.
Marco Rubios Begründung:
“Typography shapes how official documents are perceived in terms of cohesion, professionalism and formality. [...] The 2023 shift to the sans serif Calibri font emerged from misguided diversity, equity and inclusion policies.”
Übersetzung: „Die Typografie prägt die Wahrnehmung offizieller Dokumente in Bezug auf Kohärenz, Professionalität und Formalität. [...] Die Umstellung auf die serifenlose Schriftart Calibri im Jahr 2023 ist das Ergebnis einer fehlgeleiteten Politik der Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion.“
Calibri sei zu informell, zu „woke“.
Was bedeutet noch mal „woke“?
Der Duden nennt für „woke“ die Synonyme „sensibel“ und „wachsam“ und übersetzt den Begriff mit den Worten: „in hohem Maß politisch wach und engagiert gegen (insbesondere rassistische, sexistische, soziale) Diskriminierung“.
Links:
- Antiqua-Fraktur-Streit, Normalschrifterlass
- Schriftexpertin Johanna Siebein in einem Interview für die Augsburger Allgemeine über Trumps Schriftwahl
Blogbild: Collage aus den Schriftarten Tannenberg, Times New Roman und Calibri von Sandra Uschtrin
