Autor*in, Redakteur*in

"Vor rund 200 Jahren begann alles mit den ersten Langzeittouristen Fréderic Chopin und George Sand, deren vernichtende Charakterbeschreibung "der Mallorquiner" in ihrem Buch "Un Hiver à Majorque" ("Ein Winter auf Mallorca"),1841, bis heute bitter nachwirkt, obwohl ihr mehrmonatiger, skandalträchtiger Besuch in Valldemossa diesem Dorf dauerhafte touristische Attraktion beschert hat. Immer wieder wurde ich darauf hingewiesen, wenn ich von meinem Buchprojekt erzählte: Aber nicht wie bei George Sand! Und so ganz eindeutig, wie immer kolportiert wird, ist auch diese Geschichte nicht. Denn trotz aller Kritik befand Madame Sand über Mallorca - obwohl sie nur einen kleinen Teil der Insel sah: "Ein Paradies, aber man muss es aushalten können." Sie sagte schon damals voraus, dass die herrliche Mittelmeerinsel ein beliebtes Touristenziel werden würde.
"Mallorca - the sunny island for shady people." urteilte hundert Jahre später Lady Bedford, eine Bekannte von Harry Graf Kessler, die er 1934 auf der Flucht vor dem deutschen Nationalsozialismus auf Mallorca wiedertraf.
Trotz Millionen Touristen hat sich die Mentalität der Einwohner nicht verändert, umso mehr hält man an den Traditionen fest, die in immer wieder erzählten Geschichten, Musik und Tanz zu den Fiestas weitergegeben werden. Liest man die akribischen Aufzeichnungen des Erzherzogs Louis Salvator (um 1868), so sind diese in den vergangenen 200 Jahren die gleichen geblieben, ebenso wie die Essgewohnheiten oder die Wohnungseinrichtung der Inseleinwohner. Und so wie das Mallorquin seine mündliche Tradition pflegt, bildet sich so manches aus der wechselvollen Vergangenheit und der Mentalität der Einwohner Mallorcas in persönlichen Geschichten ab, die man geduldig aufspüren muss. Wenn man sich Zeit nimmt, stehenbleibt, zuhört und zum Erstaunen bereit ist und mit "offenen und ungetrübten Augen spaziert" (R.Walser).