Hallo,
ich habe vor Kurzem etwas gelesen, das meinen Kopf permanent beschäftigt: Berufsleser, egal ob sie aus dem Verlagsbetrieb kommen, Literaturwissenschafter, Journalisten oder etwas Ähnliches sind, lesen grundsätzlich anders. Sie analysieren Handlungsstränge, Spannungsbögen und Figuren, stellen den Text in einen historischen, soziologischen oder philosophischen Kontext, und geben am Ende ein sachlich fundiertes Urteil ab.
Ich bemerke bei mir einen ähnlichen Effekt, obwohl ich Hobbyschreiber und nicht Berufsleser bin. Ich beneide Autoren um geniale Ideen, denke an anderen Stellen, dass ich über so einen Satz vor seiner Veröffentlichung noch fünf Mal drübergegangen wäre, und was am allerschlimmsten ist, ich löse Krimis, indem ich über die Rollen der Figuren im Plot nachdenke.
Was dabei verloren geht, ist das Eintauchen in den Text, sich mittreiben lassen, ihn einfach zu genießen. Ich vermisse das immer mehr. Genau das will aber der Leser.
Nachdem hier viele der betroffenen Gruppen unterwegs sind, wage ich die Fragen: Wie geht es euch damit? Wie seht ihr das? Ist es ein Paradoxon oder ein Widerspruch, dass Menschen über die Rolle von Literatur in der Öffentlichkeit bestimmen oder Texte als Autor gestalten, die Literatur ganz anders als die Öffentlichkeit wahrnehmen?
lg
Hermann