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    Beigetreten: 22.10.2017
    Praktische Fragen zum Einstieg

    Hallo!

    Das hier ist ein kleiner Rant geworden und entsprechend lang, dafür entschuldige ich mich im Voraus.  Ein paar Fragen finden sich aber dennoch im Text, vielleicht hat ja jemand etwas dazu zu sagen.

    Ich ergründe gerade die Möglichkeiten, ein Roman-Manuskript bei einem Verlag zu veröffentlichen, und bin auf die Option gestoßen, sich von einem Literatur-Agenten vertreten zu lassen.  Grundsätzlich kann ich mich also sowohl an einen passenden Verlag als auch an einen passenden Agenten wenden.

    Aus unergründlichen Motiven heraus erwarten aber die verschiedenen Empfänger auch zum Teil sehr verschiedene Formen der Kontaktaufnahme.  Einiges ist bei allen Verlagen und Agenturen gleich; ich will hier nur mal die – geradezu frustrierende – Fülle an Unterschieden im jeweils Geforderten aufzählen.

    • Papier oder E-Mail
      Die meisten Empfänger wollen E-Mails mit Anhängen.  Einige aber nennen nur eine Post-Anschrift, wo dann einige Dutzend Seiten Papier hingeschickt werden sollen.  Sicher, machbar.  Aber wozu?  Heizen manche Verlage noch mit Papier?
    • Länge der Inhaltsangabe
      Ich habe schon "Pitches" (zwei bis drei Zeilen), eine "Viertelseite", eine "halbe Seite", "bis zu einer Seite", "zwei bis drei Seiten" und "etwa vier Seiten" gefordert gesehen.
      Sicher ist es eine gute Fingerübung, seinen Plot noch einmal in sechs verschiedenen Längen zusammenzufassen.  Das gibt einem den richtigen Überblick, was man da eigentlich geschrieben hat.
    • Charakterisierung der Protagonisten
      Manch einer will sie, dann aber sicher wieder in verschiedenen Längen ("drei Zeilen", "halbe Seite").  Die meisten erwähnen sie nicht.
    • Weltenaufbau
      Habe ich auch schon gefordert gesehen (F/SF).  Aber selten.
    • Vita
      Meist wird von einer Kurz-Vita gesprochen.  Manchmal wird erwähnt, dass nur Veröffentlichungen gemeint sind (aha? Mein Leben reduziert auf meine Schriftstellerei?), aber natürlich wieder nicht immer.
    • Leseprobe
      Natürlich, die muss sein, das versteht jeder.  Aber warum muss sie in der geforderten Länge derart schwanken?  Ich sah schon alles Mögliche von 20 bis 50 Seiten, teilweise auch angegeben in Kapitelanzahlen.  Was mach ich jetzt, wenn nach 20 Seiten mein Text keinen sinnvollen Abschneidepunkt aufweist?
    • Dateiformate
      Viele wollen PDF.  Aber natürlich wieder nicht alle.  Einige verlangen explizit das von Microsoft benutzte proprietäre Word-Format, das sich natürlich großer Beliebtheit und Verbreitung erfreut.  Einige wollten sogar, dass man ihre .doc-Datei als Vorlage verwendet, ausfüllt und zurückschickt.  Muss das sein?  Bin ich Autor oder Behördengänger, der sein Formular 27B/6 noch braucht?
    • Genres
      Sehr oft liest man, man möge sich bitte informieren, ob das Manuskript zum Verlag/zur Agentur passe.  Natürlich, ich gehe ja auch nicht zum Bäcker und suche da nach einer neuen Badewanne.  Aber dann wird bei den betreuten Themen das Universalgenre "Belletristik" genannt, einschränkungslos.  (Oft mit so lustigen Formulierungen wie "eigentlich nur X, Y und Z, aber wenn das Werk der Hammer ist, ist das Genre auch egal".  Tja, nur wie kriegt der Lektor die Qualität mit, wenn er Reisebeschreibungen sofort auf den Ablehnenstapel legt, weil er sich dafür gar nicht zuständig fühlt?)
      Also schaut man sich die veröffentlichten Bücher an.  Und scrollt und scrollt und scrollt.  Ist das erhoffte Genre ohnehin nur für 5% Marktanteil der gesamten Belletristik (https://de.wikipedia.org/wiki/Belletristik#Marktsegment_Belletristik) verantwortlich, kann man nach 50 betrachteten Büchern ohne Treffer immerhin zu fast 94% sicher sein (sofern man die Formel kennt), dass das gesuchte Genre nicht zum Programm passt.  Oder gerade halt nicht en vogue ist.  Oder immer nur im Herbstquartal dran ist.  Oder einfach nur selten angeboten wird.
      Können die Damen und Herren nicht einfach eine Liste der von ihnen gesuchten Genres einstellen?

    All diese netten Unterschiede bewirken jetzt, dass ich mein Werk (und mich) nicht mehr in einer Form vorstellen kann, die ich selbst für besonders passend erachte, sondern einem Schema entsprechen muss, das vielleicht besonders ungeeignet ist.  Ich kann verstehen, wenn ein Lektor meint, er möchte Inhaltsangaben, die immer eine Seite lang sind.  So kann er vermutlich seine Arbeit besser planen.  Aber für mich ist das ein Zeichen von geringer Wertschätzung oder einem extrem kleinen Betätigungsfeld.  Man wählt ein Gemälde ja auch nicht nach seinen Maßen aus.

    Zudem bedeutet es natürlich einen erheblichen Aufwand, den jeweiligen Vorlieben der Empfänger zu entsprechen.  Ist eine Charakterisierung der Protagonisten enthalten, muss das in der Inhaltsangabe nicht mehr drin sein.  Die Varianten multiplizieren sich schnell.  Meine Hauptaufgabe als Autor sollte aber doch eigentlich etwas anderes sein, als Zusammenfassungen jeglicher Länge zu erzeugen, von Freunden checken zu lassen, umzustellen, zu verbessern, neu zu schreiben, …   Man verbraucht auch seine Beta-Leser ab einem bestimmten Punkt.  Ich frag schon keinen mehr.

    Wer das schon gemacht und dabei geahnt hat, dass er nur eine einzige Gelegenheit hat, einen ersten Eindruck zu erwecken, der weiß auch, wie viel Zeit in diesen Teil der Arbeit fließen kann.  Ich bin jetzt seit Wochen kaum noch zum eigentlichen Schreiben gekommen, weil das ganze Drumherum um die Vorstellung des Werkes (Recherche, Exposé-Varianten usw.) meine dürftigen Ressourcen aufzehrt.

    Dann, Agenturen im Speziellen

    • Exklusivität
      Ich verstehe die Leute ja, sie wollen keine nutzlose Arbeit machen, und sechs Wochen nach Empfang ein Exposé anschauen, das schon vor vier Wochen bei der Konkurrenz positiv beschieden und vor zwei Wochen zu einem Vertrag geführt hat, ist eben relativ nutzlos.  Ich finde es natürlich auch ärgerlich, wenn man als Autor keine etablierte Möglichkeit hat, ein Angebot wieder zurückzuziehen, weil man es in der Zwischenzeit schon anderweitig vergeben hat.
      Aber muss man als Agentur deshalb wirklich Exklusivität des Angebots verlangen?  Nicht falsch verstehen – wenn das Werk schon bei 20 Verlagen abgelehnt worden ist, sollte die Agentur das wissen.  Dazu später noch mehr.  Hier meine ich nur, dass verlangt wird, die Konkurrenz außen vor zu lassen.  (Hin und wieder übrigens verpackt in Formulierungen der Art "Lassen Sie es uns wissen, wenn sie auch andere Agenturen angeschrieben haben.")
      Die Exklusivität des Angebots einzufordern ist etwas ziemlich Unverschämtes.  Diese Forderung ist nur aus der Position der Stärke der Agentur heraus zu verstehen.  Man stelle sich vor, ein Arbeitsuchender dürfe nur einem potenziellen Arbeitgeber gleichzeitig eine Bewerbung schicken.  Es bedeutet aus meiner Sicht als Autor, dass ich die Agenturen sequenziell anschreiben muss und jedes Mal auf eine Absage warten muss, die oft auch noch – oh, das ist mein nächster Punkt.
    • Absage per Wartezeit
      Viele Agenturen schreiben allen Ernstes, wenn eine bestimmte Zeit verstrichen sei, sei das als Absage zu werten.  Eine explizite Absage (E-Mail) sei nicht zu leisten(!) aufgrund der Masse.  Wir reden hier auch nicht davon, ein paar Tage oder eine Woche warten zu müssen, sondern oft von mehreren Monaten.  Ich kann also bei Dutzenden von möglichen Agenturen Jahre damit verbringen, Absagen nicht zu erhalten, sondern aus der Länge des Schweigens zu deduzieren.
      Wie lange dauert es, eine E-Mail mit einem Textbaustein zu verschicken?  Ich tippe mal auf eine Minute, wenn man das routiniert macht.  Es sind nur ein paar Klicks, um auf eine E-Mail mit Template zu antworten.  Und es geht nur darum, dem Autor zu sagen, dass die Exklusivität nicht mehr gilt, dass er zur nächsten Agentur ziehen kann.
      Okay, die Lektor*innen haben also die Minute nicht, da sie dann entsprechend weniger Angebote durchschauen können, und das ist ihre Hauptaufgabe, denn nur über die gefundenen Nuggets finanziert sich die Agentur.
      Da kommt in mir die Frage hoch, wie lange sich die Leute denn jedes Angebot überhaupt anschauen, wenn ein paar Klicks so sehr ins Gewicht fallen.  Absagen verschicken kann ja im Übrigen auch ein Praktikant, dafür braucht man kein Fachwissen.  Stapel durchsehen, E-Mails schicken.
      Ich weiß schon, dass die Agenturen nichts direkt davon haben, wenn sie diese Minute investieren.  So wie ein Autor auch nichts direkt davon hat, wenn er sich an die Forderung hält, das Angebot nicht zeitgleich auch noch anderen zu unterbreiten.
      Nur indirekt haben beide Seiten etwas davon, wenn sie sich mit Respekt behandeln.  Es ist eine Frage des Anstandes, der langfristig eben doch das Zusammenleben verbessert.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ich noch nicht klar sehe, wie meine Strategie als Einsteiger sein sollte.

    Agenturen wollen nur Angebote, die noch kein Verlag (oder möglichst wenige) abgelehnt hat.  Daher liegt nahe, erst einmal alle Agenturen abzuklappern, und wenn sich da keine findet, die Verlage im Anschluss (denn ein Verlag sollte kein Problem damit haben, dass Agenturen kein Interesse hatten).

    Dem steht aber das eigentümliche Verhalten der Agenturen entgegen, die oben genannte Absage per Wartezeit und die Exklusivität.

    Zudem lese ich hier (und anderswo) vermehrt, dass die Zusammenarbeit mit einer Agentur nicht unbedingt ein Zuckerschlecken ist, oft geprägt von langen Wartezeiten und Vernachlässigungsgefühlen.  Wie ist es, wenn ich einen Vertrag mit einem Agenten habe und dann das Gefühl habe, da passiert nichts?  Kann ich ihm das Mandat wieder entziehen?  Mir einen anderen suchen?  Oder sind ich und mein Werk dann womöglich an jemanden gekettet, der es in der Schublade verrotten lässt?

    Muss ich davon ausgehen, dass mein Agent eine weitere Schicht ist, die mein Werk in den (von mir akzeptierten, sonst wäre ich ja nicht auf diesem Pfad) kommerziellen Mainstream pressen will?  Wird es so sein, dass erst mein Agent mein Werk verändert, dann einen Verlag gewinnen kann und dann der Verlag das noch einmal tut?  Wenn das das zu Erwartende ist, kann man argumentieren, dass beide Schritte das Werk ja verbessern sollen.  Aber ich habe den Verdacht, dass dann auch eine Menge Hin und Her zu erwarten ist.  Die Metapher der Vielen Köche drängt sich mir auf.

    Oder ist nach der Einflussnahme des Agenten in der Regel Schluss (weil dann üblicherweise alle Schwächen ausgemerzt sind) und Verlage übernehmen das Werk so, wie es ist?

    Oder schätze ich Agenten da grundsätzlich falsch ein, nehmen die ein Werk eher so, wie es ist, und legen es Verlagen ans Herz, auf dass diese die Schwächen bearbeiten?

     

    Gelöschter Nutzer
    RE: Praktische Fragen zum Einstieg
    Mo, 23.10.2017 08:29

    Hallo Alfe, 

    ich will versuchen, möglichst kurz auf deinen langen Post zu antworten.

    Wenn dieser Einstieg in die Branche für dich so furchtbar und inakzeptabel ist, wie du ihn oben schilderst, dann tu dir das doch nicht an. Ganz im Ernst, wenn ich das so lese, frage ich mich, wie all die schönen Bücher in die Läden kommen. Ich will dir zugute halten, dass du als Neu-Autor vor einem riesigen Berg von Informationen und Meinungen stehst. Allerdings kommt es nicht gut, wenn mal als Neu-Autor erstmal nur nörgelt. Wie gesagt, niemand zwingt dich, dein Manuskript in irgendeiner Form irgendwohin zu schicken. Und um es auch ganz deutlich zu sagen, niemand wartet auf dein Manuskript.

    Was die verschiedenen Formate angeht, ehrlich, keine Ahnung. Ich arbeite seit vielen Jahren mit Agenturen und Verlagen zusammen, die Form hat noch nie eine kriegsentscheidende Rolle gespielt, da ich aber ein höflicher Mensch bin und die "Forderungen" der bösen Agenturen und Verlage bei mir als Bitte ankamen, war es für mich kein Problem, ein Exposé so oder so zu erstellen.

    Die Wartezeit und das Nicht-Versenden von Absagen. Was meinst du, woher diese Vorgehensweise stammt? Vielleicht daher, dass die Agenturen und Verlage sehr viele und sehr schlechte Erfahrungen mit uneinsichtigen Autoren gemacht haben, die eine begründete Absage zum Anlass nehmen, zu diskutieren, zu beleidigen, zu drohen, zu betteln und dann wieder von vorn. Vielleicht ist dir das nicht bewusst, aber Agenturen wie auch Verlage bekommen nicht hunderte von Bewerbungen im Monat. Sie bekommen hunderte am Tag.

    Natürlich ist die Zusammenarbeit mit einer Agentur oder einem Verlag kein Zuckerschlecken, jedenfalls nicht immer und nicht dauernd. Aber warte mal, ich muss mal kurz überlegen, ob das in irgendeinem anderen Job der Fall ist.

    Kurz zu deinen Fragen:

    Ja, es macht Sinn, sich zuerst an Agenturen zu wenden, zumindest wenn du bei einem der großen Verlage unterkommen willst. Kleinverlage kannst du direkt anschreiben.

    Die gute Nachricht ist aber, wenn eine Agentur dich unter Vertrag nimmt, dann sehen sie zumindest das Potential, aus deinem Manuskript ein lesbares Buch zu machen.

    Und nein, du bist nicht lebenslang an einen Agenten gebunden, Kündigungsfristen, Art und Umfang der Arbeit sind vertraglich geregelt.

    Ja, sowohl die Agentur als auch jeder (normale) Verlag, werden versuchen, dein Manuskript in den Mainstream zu pressen. :-) Denn das sind Unternehmen, die mit Büchern Geld verdienen wollen/müssen. Und ja, es kann passieren, dass sowohl Agentur als auch der Verlag noch einmal umfangreichere Überarbeitungen deines Manuskriptes erwarten. Sie tun das allerdings nicht, weil sie dich ärgern oder drangsalieren wollen, oder weil sie ganz viel Zeit haben, sondern weil sie Bücher verkaufen wollen. Siehe oben.

    Tut mir sehr leid, Alfe, aber so sieht es aus. Die Welt ist grausam und die Literaturwelt erst recht. Was bin ich froh, dass ich trotzdem Autorin bin und all das, was du da oben so grauenvoll schilderst, von einer ganz anderen Seite sehe. Vielleicht täte dir ein Perspektivwechsel auch mal ganz gut?

    Trotzdem zum Schluss von mir der ehrlich gemeinte Rat: Wenn du dein Manuskript für den großen Wurf des Jahres hältst und wenn du fest davon überzeugt bist, dass es ganz wunderbar und ausgezeichnet ist, und jeder Agent oder Verlag, Erfahrungen hin oder her, dieses Werk nur schlechter machen könnte, dann bleibt dir ja der Weg über Selfpublishing. Auch dort gibt es sehr, sehr erfolgreiche Autoren. Die dann aber alles in einer Person sind. Autor, Verleger, Marketingexperte, Layouter usw. Und wie hast du oben so schön geschrieben? Eigentlich würde schon das Schreiben deine Ressourcen genügend beanspruchen?

    VG, Dorit 

    PS: Und ja, viele der Autoren hier im Forum sind diesen Weg schon gegangen, habe sich diese Arbeit schon gemacht und wissen, dass es nicht Wochen dauert, bis man ein Buch veröffentlicht hat, sondern Monate und Jahre.

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      Beigetreten: 12.03.2014
      RE: Praktische Fragen zum Einstieg
      Mo, 23.10.2017 12:47

      Lieber Alfe,

      ich kann Dorit nur zustimmen. Ich selbst hätte vermutlich aus Höflichkeit etwas mehr um den heißen Brei herumgeredet, daher ist es gut, dass Dorit zuerst geantwortet hat. Es ist tatsächlich so, dass wir Jung- und Neuautoren*innen nicht gerade die begehrtesten am Markt sind. Auf uns und unserer Werke wartet niemand. Daher ist es unser Job, die von uns erschaffenen Kunstwerke den Entscheidern der Branche anzudienen. Und da es von uns fast unendlich viele gibt, habe ich vollstes Verständndis, wenn die Entscheider (Verlage, Agenten) gewisse Rahmenbedingungen vorgeben, die die Bearbeitung der vielen Bewerbungen möglichst ohne Zeitverschwendung gewährleistet wissen wollen.

      Dass es da kein einheitliches Vorgehen der verschiedenen Agenturen und Verlage gibt, ist auch nachvollziehbar. Das liegt an der Größe der Unternehmen, der zu erwartenden Anzahl der Bewerbungen, dem Personal (ein*e Lektor*in oder eine ganze Abteilung oder an eine externe Stelle ausgelagert), der Genres und der Vorgehensweise innerhalb des Unternehmens und wahrscheinlich spielen noch mehr Faktoren eine Rolle.

      Möchtest du bei einem großen Publikunsverlag unterkommen, mache dein Buch perfekt und halte dich an die Spielregeln. Den rebellischen Helden spielen bringt dir vermutlich nicht direkt einen Verlagsvertrag ein, und jammern und nörgeln deutet für einen potenziellen Vertragspartner auch nicht auf ein einfaches "Dienstverhältnis" hin.

      Ich will dir jetzt keine schlaflosen Nächte machen, aber bedenke bitte, dass Agenturen und Verlage in Autorenforen sicher auch präsent sind und einiges mitlesen.

      Ich nehme mal an, Alfe Berlin ist nicht dein Klarname, da darf dein Nachtschlaf weiter unbeschwert bleiben, was diesen Punkt angeht.

      Ich wünsche dir viel Erfolg für dein Projekt, und falls dich "der Markt" ob seiner Größe und Vielfalt (auch in den Anforderungen) abstösst, denke wirklich über das Selfpublishing nach. Gerade Werke ausn dem Bereich Phantastik laufen da recht gut.

      Liebe Grüße
      Dirk 

        Status:
        Offline
        Beigetreten: 22.10.2017
        RE: Praktische Fragen zum Einstieg
        Mo, 23.10.2017 22:27

        Hi Dorit & Dirk,

        erstmal vielen Dank für Eure Antworten!  Und: Oh, Eure Antworten überraschen mich.  So schlimm sehe ich das alles nicht.  Ich muss mich nochmal entschuldigen, denn mit "Rant" meinte ich eine bewusst überzogene Kritik an den Verhältnissen, aufgebauscht bis zynisch, auf jeden Fall nicht ganz ernst.  Ich selbst bin pragmatischer als ich es in dem Text habe scheinen lassen.  Vielleicht ein wenig Sklave meines eigenen Perfektionismus (aber dafür können ja Verlage und Agenturen nichts).

        Meine Ausgangslage ist, dass ich den Roman fertig gemacht habe (was man so fertig nennt), ohne an eine Veröffentlichung zu denken.  Mit den Jahren, die er in der Schublade liegt, wuchs aber der Gedanke, dass es schade sein könnte, ihn auf ewig dort zu lassen.  Vielleicht hätte ein Verlag ja Interesse.  Ein Self-Publishing kommt also nicht in Frage.  Wenn ihn keiner veröffentlichen will, ist mir das recht.  Ich wollte ihn einfach mal vorstellen, und wenn ihn jemand gut findet, schön.

        Ich stellte mir das Vorstellen nur nicht derart arbeitsintensiv vor ;-)  Natürlich muss ich auch nicht solchen Aufwand treiben, kann das Ding wie es ist, unvorbereitet und unüberarbeitet verschicken.  Aber das liegt mir nicht.  Wenn, dann richtig.  Und da ist es schon überraschend, wie unnötig kompliziert es einem gemacht wird.  Und diese Überraschung, die war Vater meines Posts.  Ich denke schon, dass die Empfänger der Werke (Verlage und Agenturen) das besser organisieren könnten (es wäre auch in ihrem Interesse), aber ich verstehe auch, wie es dazu kommt, dass es nicht so ist.

        Ich habe die naive Vorstellung, dass Schriftsteller und Verlag zusammenarbeiten sollten und daher jede Seite es der anderen erleichtern sollte, ihren Teil zu erledigen (auch vor Vertragsabschluss).  In der Realität sind aber vermarktbare Autoren offenbar von so vielen unvermarktbaren Autoren umgeben, dass Verlage und Agenturen sich in ihrem Verhalten vor allem an die unvermarktbaren angepasst haben (also starke Ausrichtung in Richtung Ablehnung bis Abschreckung).  Es ist ein wenig wie die berüchtigte Berliner Schnauze.  Erstmal blaffen – der andere könnte es ja verdient haben.  Dass die freundlichen Zeitgenossen dann mit angeblafft werden, nimmt man in kauf.

        Vielleicht bin ich ja unvermarktbar, dann ist meine Kritik auch irrelevant.

        Wenn ich aber vermarktbar bin, dann wäre es auch für die Verlage und Agenturen schade, wenn sie mich abschrecken.  (Ich natürlich nur stellvertretend für jeden vermarktbaren Autor.)

        Zitat:
        Die Wartezeit und das Nicht-Versenden von Absagen. Was meinst du, woher diese Vorgehensweise stammt? Vielleicht daher, dass die Agenturen und Verlage sehr viele und sehr schlechte Erfahrungen mit uneinsichtigen Autoren gemacht haben, die eine begründete Absage zum Anlass nehmen, zu diskutieren, zu beleidigen, zu drohen, zu betteln und dann wieder von vorn.

        Nein, eine ausführliche Begründung für eine Absage finde ich auch eine übertriebene Forderung.  Auch weitere Kommunikation (diskutieren usw.) schwebt mir nicht vor.  Nur die höfliche Absage, damit man weiß, dass man weiterziehen kann.  Viele (vor allem Verlage, weniger Agenturen) tun das ja auch, nach dem, was ich hier lese.  Ich finde es schon befremdlich, dass es nicht eine feste Regel ist.  Ich vermute stark, dass sich (auch aufgrund dieser Haltung der Agenturen) sehr viele Autoren nicht darum scheren werden, ob Exklusivität verlangt wird.  Das ist für die Agenturen auch kein Vorteil.

        Zitat:
        Und nein, du bist nicht lebenslang an einen Agenten gebunden, Kündigungsfristen, Art und Umfang der Arbeit sind vertraglich geregelt

        Danke für diese Klärungen!  Wenn ich jetzt eine Agentur finde, die mein Werk vertreten will, was wäre dann so eine typische Regelung?  Die Agentur versucht ja, einen Verlag zu finden, was schnell Monate dauern kann.

        • Gibt es eine typische Frist (vielleicht ein Jahr?  Zwei?), nach deren Verstreichung das Verhältnis aufgelöst ist, sofern kein Verlag gefunden worden ist?
        • Haben die Agenturen innerhalb der Frist das Recht, die Verträge mit Verlagen abzuschließen, egal, wie ich dazu stehe?  Ich nehme mal an, die handeln nur die Verträge aus, aber abschließen muss ich sie (und kann eben auch ablehnen, wenn sie mir unvorteilhaft erscheinen), richtig?

        Und, nein, ich sehe nicht schwarz.  Ich will nur wissen, was auf mich zukommen könnte.  Die Alternative, Verlage direkt anzusprechen, gibt es schließlich auch.

        Zitat:
        […] umfangreichere Überarbeitungen […] Sie tun das allerdings nicht, weil sie dich ärgern oder drangsalieren wollen[…]

        Nein, das war auch nicht mein Eindruck.  Aber gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.  Meine Frage zielte nur darauf ab, ob das nicht wegen der Zweischichtigkeit (erst Agentur, dann Verlag) zu einem Hickhack führen kann und ich als Diener zweier Herren schlechter dastehe als mit einem Herrn (Verlag ohne Agentur).  Also konkret:  Der Agent könnte finden, dass man das Buch besser kürzt, also kürze ich es.  Dann findet sich tatsächlich ein Verlag, der Lektor dort findet es zu hastig oder unverständlich, also ergänze ich wieder Teile.  Ich frage mich nur, ob solche Situationen beim Zusammenarbeiten mit einer Agentur vorkommen, vielleicht sogar typisch sind.  Vielleicht ja eben auch nicht, weil Lektoren in Agenturen und Verlagen ziemlich genau das gleiche in die gleiche Richtung verändern wollen.

        Gibt es dazu Erfahrungen?

        Zitat:
        Möchtest du bei einem großen Publikunsverlag unterkommen, mache dein Buch perfekt und halte dich an die Spielregeln.

        Tja, welche Regel?  Wenn jeder Verlag und jede Agentur ein anderes Format will, gibt es eben keine Regel.  Man könnte es Chaos nennen, oder Willkür.  Der zu entsprechen fällt mir jetzt nicht besonders schwer, es kostet nur Zeit und scheint mir so unnötig.  Es geht mir auch weniger darum, dass speziell ich jetzt mehr zu tun habe.  Es ist ja sogar ein Vorteil für mich individuell, weil ich mir die ganze Mühe machen kann und mich schon dadurch von anderen (weniger gründlichen) Bewerbern abheben kann.

        Ich denke nur, weder Verlage noch Agenturen haben wirklich etwas davon.  Die guten Werke erkennt man ja nicht daran, dass ihre Autoren besonders viel Arbeit in die Bewerbung fließen lassen.

        Gelöschter Nutzer
        RE: Praktische Fragen zum Einstieg
        Mo, 23.10.2017 23:00

        Ich nehme jetzt mal Bezug auf deinen letzten Satz, Alfe. Und sage ganz klar, doch! Man erkennt anhand der Bewerbung sehr wohl eine Art der Qualität. Denn wenn es einem Autor schon zu viel ist, sich bei so einer Kleinigkeit wie der richtigen Bewerbung Mühe zu geben, wer traut ihm dann zu, einen ganzen Roman ordentlich zu verfassen? 

        Das angebliche Chaos, das du immer wieder erwähnst, kann ich nicht nachvollziehen. Meines Wissens gibt es rund 30 Agenturen, von denen sicher die meisten doch sehr ähnliche Vorgaben haben. Wenn es so kompliziert wäre, würden sie ja keine Bewerbungen bekommen. Das tun sie aber. Nimm dir doch einfach die vier interesantesten Kandidaten und fang an. Bewirb dich, fertig. Es wären ja dann maximal 4 verschiedene Formate. 

        Was die eventuellen Änderungen der Agenturen betrifft , und eventuell anderer im Verlag, du kannst davon ausgehen, dass sich Agent und Verleger/Lektor seit Jahren oder Jahrzehnten kennen. Wenn dir also ein Agent etwas vorschlägt, dann weil er weiß, dass der Verlag das will.

        Verträge schließt der Autor selbst mit dem Verlag. Und da der Agent eben genau an diesem Vertrag verdient, wird er ganz in deinem Sinne verhandeln. Den Agenturvertrag gestaltet die Agentur mit dem Autor. Was da drinsteht, ist Sache zwischen euch. Wenn du eine automatische Frist drin haben willst, so musst du das sagen. Ich mache das aber nie, sondern schließe nur Projektverträge ab, also nicht auf Zeit, sondern auf ein Manuskript. Und ja, so eine Vermittlung dauert mit Sicherheit Monate, meist eher Jahre. Ich glaube, du hast keine Vorstellungen davon, wie lang dein Atem sein muss in dieser Branche. 

        Ein letztes Wort noch zur Exklusivität. Wenn du dein Manuskript zum ersten Mal auf Reisen schickst, ist es vollkommen legitim, wenn du es an vier bis fünf Agenturen gleichzeitig schickst. Du musst es nur reinschreiben in die Bewerbung. Denn eins ist auch klar: Wenn dein MS auf Interesse stößt, dann mit Sicherheit bei mindestens drei bis vier der angeschriebenen Agenturen. Die Branche kennt sich untereinander und die Programme der großen Verlage ähneln sich. Also wissen die involvierten Agenten, dass sie sich beeilen müssen, wenn sie dein MS haben wollen. Ergo melden sie sich zügig und du kannst wählen. Dann machst du deinen Vertrag und dann zählt die Exklusivität. 

        Und löse dich von dem Gedanken, dass es für die Verlage schade wäre, wenn sie dein MS nicht wollen oder gar nicht mehr bekommen. Bei jährlich um die 90.000 Neuerscheinungen kommt es nicht auf einen mehr oder weniger an.

        VG, Dorit

        PS: Vielleicht meinst du es nicht so, aber dein geschriebener Text kommt bei mir unfassbar arrogant an. Wenn ich Agentin wäre - no Way. :-) Du willst Leuten ihren Job erklären, die du nicht kennst, in einer Branche, die du nicht kennst. :-)

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          Beigetreten: 12.03.2014
          RE: Praktische Fragen zum Einstieg
          Di, 24.10.2017 13:14 / Bearbeitet am: Di, 24.10.2017 13:16

          Alfe Berlin schrieb:

          Zitat:
          Zitat: "Möchtest du bei einem großen Publikunsverlag unterkommen, mache dein Buch perfekt und halte dich an die Spielregeln.

          Tja, welche Regel?  Wenn jeder Verlag und jede Agentur ein anderes Format will, gibt es eben keine Regel.  Man könnte es Chaos nennen, oder Willkür.

          Da muss ich dir widersprechen; es ist weder Chaos noch Willkür. So, wie jeder Autor anders arbeitet, arbeitet auch jede Agentur etwas anders als die anderen am Markt. Die Agentur stellt ihre Regeln auf. Ob du dort ernsthaft angenommen werden willst (= du hälst dich an die Vorgaben) oder nicht (=du schickst ein unbearbeitetes MS ein), entscheidest du selbst. In einem der beiden Fälle war dein Bemühen allerdings von vornherein umsonst. Rate mal, in welchem?

          Ehrlich gesagt fände ich es schrecklich, wenn alle Verlage und Agenturen nach irgendeiner Norm gleich arbeiten würden. Ich suche eine, die zu mir und meinem "Flow" passt, und nicht eine, für die ich mich komplett verbiegen muss. Nicht falsch verstehen, eine gewisse Elastizität ist immer vonnöten.

          Also, meine persönliche Meinung und Ratschlag: Suche dir eine oder meinetwegen mehrere Agenturen, und bewirb dich dort nach deren Vorgaben. Lass Dir für die Bewerbung Zeit, viel Zeit! Gib dir so richtig Mühe, sonst ist es zwecklos. Deine Bewerbung wird nämlich in einem Stapel von 80 bis 100 weiteren an diesem einen Tag auf dem Schreibtisch eines total überarbeiteten Menschen landen, der nur Pitch und/oder Exposé überfliegt und nur bei purer Begeisterung über die herausragende Qualität deines Werkes die ersten vier Seiten deines Textes liest. hast du diesen Menschen dann nicht komplett "geflasht"

          ... Der Nächste, bitte!" 

          Liebe Grüße,
          Dirk

          PS.: Mich hat nicht die tatsächlich herauslesbare, dezente Arroganz in Deinem "Rant" gestört, sondern das diffuse Gefühl beim Lesen, du nimmst die ganze Branche und ihre Eigenheiten nicht sonderlich ernst. Ich befürchte, du kannst in deinem Schreiben und  Tun nur maximal die Wertschätzung erwarten, die du anderen entgegenzubringen bereit bist. Ein "Rant" (bzw. deine entsprechende Einstellung) gegen deine potenziellen Geschäftspartner  kommt dort vermutlich nicht so gut rüber. Mein Vorschlag: Denke noch mal drüber nach, ändere wenn möglich deinen Blickwinkel und mache aus dem "Rant"-Blickwinkel einen freundlicheren.

          Michael Bittner, Autor schrieb:

          Der „Rant“ verführt viele Autorinnen und Autoren zu hysterischem Gezeter, Wutgeschnaube und Betroffenheitsgeheule. Von alldem haben wir aber schon genug. Eine gute Polemik erfordert genau das Gegenteil: gelassene Heiterkeit und Sorgfalt. Aufregung hilft nicht beim Schreiben, künstliche Aufregung erst recht nicht. Polemik erfordert außerdem Haltung. Wer nur verzweifelt und ratlos ist, der schweige besser. Und ein literarischer Angriff sollte sich immer auf ein konkretes Ziel richten. Wer alle anklagt, trifft keinen.

          Aus den genannten Gründen plädiere ich dafür, die Textsorte „Rant“ wieder abzuschaffen.

            Status:
            Offline
            Beigetreten: 22.10.2017
            RE: Praktische Fragen zum Einstieg
            Di, 24.10.2017 23:04

            Hallo Dorit & Dirk,

            erstmal danke, dass Ihr weiter antwortet, obwohl Ihr beide den Eindruck habt, ich wäre arrogant.  Dazu in meiner Antwort etwas mehr.

            Zitat:
            […] doch! Man erkennt anhand der Bewerbung sehr wohl eine Art der Qualität. Denn wenn es einem Autor schon zu viel ist, sich bei so einer Kleinigkeit wie der richtigen Bewerbung Mühe zu geben, wer traut ihm dann zu, einen ganzen Roman ordentlich zu verfassen?

            Für mich ist ein Roman vor allem ein Kunstwerk.  Ich habe schon Schwierigkeiten, da den Begriff "ordentlich" passend zu finden.  Aber stimmt, ich denke noch nicht tief genug in Branchen-Kategorien.  Aus Marktsicht gibt es sicher ein "ordentlich", und dazu gehört natürlich auch die Bewerbung.

            Und gegen "Mühe geben" bei der Bewerbung hab ich überhaupt nichts.  Ich wundere mich über die "moving Targets", also wenn jeder was anderes von mir erwartet.

            Zitat:
            Nimm dir doch einfach die vier interesantesten Kandidaten […]

            Mjoa.  Nach einer intensiven Recherche aller von mir gefundenen Agenturen kann ich für mein Projekt nur einige wenige nach harten Kriterien ausschließen und habe eigentlich keine Favoriten.  Ich würde jetzt nach so etwas Banalem wie angegebener Antwortzeit priorisieren :-/  Ja, am Ende mach ich das auch, klar.  Ich finde es nur unbefriedigend.

            Zitat:
            Du willst Leuten ihren Job erklären, die du nicht kennst, in einer Branche, die du nicht kennst.

            Wenn ich Umstände kritisiere, dann ist das nicht gemeint im Sinne von "seid ihr alle blöd", sondern mehr im Sinne von "warum ist das denn so?".  Je nach Kopfschüttelgrad auch mal ein "warum zur Hölle ist das denn so?".  Ich weiß ja, dass ich vieles nicht weiß und habe hier meine Fragen als Kritik verpackt, natürlich um Antworten zu provozieren.  Vielleicht nicht besonders glücklich gelaufen, wenn sich dadurch jemand angegriffen fühlt.  Wenn das arrogant rüberkam, tut es mir jedenfalls leid.

            Zitat:
            Aus den genannten Gründen plädiere ich dafür, die Textsorte „Rant“ wieder abzuschaffen.

            Interessanter Gedanke.  Ich finde Rants oft sehr unterhaltsam (wenn sie denn argumentieren und nicht das erwähnte Geheul anstimmen) und erhellend, weil der Autor dabei sein Unwissen nicht in vorsichtige Fragen verpacken muss und damit auch das offenlegt, was dem unbeleckten Einsteiger an Frust droht.

            Zitat:
            Ich glaube, du hast keine Vorstellungen davon, wie lang dein Atem sein muss in dieser Branche.

            So langsam bekomme ich sie ;-)  Ich hätte mal vor zehn Jahren damit anfangen sollen …

            Zitat:
            Wenn du dein Manuskript zum ersten Mal auf Reisen schickst, ist es vollkommen legitim, wenn du es an vier bis fünf Agenturen gleichzeitig schickst. Du musst es nur reinschreiben in die Bewerbung.

            So sehe ich das auch!  Aber zumindest einige Agenturen sehen das wohl anders.  Eine Agentur schreibt das z. B. (leicht verfremdet) so:

            Zitat:
            Wir möchten nicht wertvolle Zeit für das gründliche Lesen eines Manuskripts aufbringen, wenn Sie Ihr Werk einer ganzen Anzahl potentieller Interessenten vorstellen.

            Klingt für mich schon sehr danach, dass sie sich ausbitten, dass man das unterlässt.

            Bei einer anderen wird eine "verbindliche Angabe" darüber gefordert, wo man sein Werk denn noch vorgestellt hat.  Vielleicht will diese Agentur ja diese "umkämpften" Fälle vorrangig behandeln, um den anderen Agenturen zuvor kommen zu können ;-) – irgendwie glaube ich aber eher, dass man sich eine Bewerbung auch schenken kann, wenn man dazu schreibt, dass andere Agenturen zeitgleich schauen.

            Zitat:
            Und löse dich von dem Gedanken, dass es für die Verlage schade wäre, wenn sie dein MS nicht wollen oder gar nicht mehr bekommen.

            Ich habe nur den Gedanken, dass es für die Verlage schade wäre, wenn sie es wollen, aber (aus vermeidbaren Gründen) nichts davon erfahren.  Wenn sie es nicht wollen, weil es nicht gut genug ist, ist das okay.

            Zitat:
            Ich suche eine [Agentur], die zu mir und meinem "Flow" passt, und nicht eine, für die ich mich komplett verbiegen muss.

            Ich hatte bisher den Eindruck, wenn man nicht bereit ist, alle anzuschreiben, kann man es auch gleich sein lassen.  Die Chancen wären dann zu dünn, einfach aufgrund der Masse.  Aber auch aus dem, was Du, Dorit schreibst ("Wenn dein MS auf Interesse stößt, dann mit Sicherheit bei mindestens drei bis vier der angeschriebenen Agenturen."), sehe ich mich korrigiert.  Bisher dachte ich, es ist eher Glücksache, etwas Subjektives bei den Lektoren, das man "zufällig" treffen muss.  Ihr vermittelt mir eher den Eindruck, dass Ihr den Eindruck habt, dass es eine objektive Qualität gibt, die von jedem Lektor (oder zumindest vielen) erkannt werden wird.

            Zitat:
            […] das diffuse Gefühl beim Lesen, du nimmst die ganze Branche und ihre Eigenheiten nicht sonderlich ernst.

            Ich würde eher davon sprechen, dass ich den Eindruck von einer gehörigen Portion Willkür bei der Erstauswahl habe.  Wenn man hört, wie oft spätere Debut-Bestseller abgelehnt worden sind (Rowling ist da nur das prominenteste Beispiel), dann drängt sich dieser Eindruck einfach auf.  Ist ja auch in anderen Branchen so.  Die Beatles mussten Anfangs auch kämpfen.

            Nehme ich deshalb die ganze Branche nicht ernst?  Das würde ich nicht sagen.  Ich sehe nur die Schwierigkeiten, die sie hat, die Nuggets beim Goldwaschen zu finden.  Das meine ich nicht abwertend, denn ich denke, es geht nicht anders.  Ich stecke nur im Schlamm und hoffe, ein Nugget zu sein.

            Nochmal:  Vielen Dank für Eure Antworten!

             

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              RE: Praktische Fragen zum Einstieg
              Mi, 25.10.2017 10:33

              Lieber Alfe,

              Alfe Berlin schrieb:

              Nochmal: Vielen Dank für Eure Antwoten!

              Gern geschehen. Bitte lies aber unsere Beiträge noch einmal, denn wir haben  nicht geschrieben, dass wir dich arrogant finden. Dorit schrieb, dein Rant "käme unfassbar arrogant bei ihr an", ich habe dem Text eine "dezente Arroganz" entnommen. Im Grunde hast du eines der Ziele eines Rants damit doch erreicht, oder? Ich kenne dich nicht persönlich, und eine Bewertung deiner Persönlichkeit würde ich mir daher nicht herausnehmen, das wäre unfair. Dein Text aber strahlte eine Arroganz aus. Ich nehme an, das war im Rahmen der von dir gewählten Textart auch so gewollt.

              "Nuggets" müssen gewisse Eigenschaften haben, damit die Lektoren*innen der Verlage/Agenturen diese auch als solche erkennen. Diese Merkmale sind sicher, abgesehen von einem Quäntchen persönlichen Geschmacks, bei allen Lektoraten zumindest sehr ähnlich bewertet oder sogar gleich. Gute Charakterisierung der Protagonisten, Antagonisten etc., eine anhaltende und nicht unterbrochene Spannungskurve, lebendige, aktive Handlungsverläufe, perfektes Setting und so weiter und so weiter ...

              Dein Werk kann ein Nugget sein, ein Kunstwerk meinetwegen auch. Wenn die Agenturen und Verlage das auch so sehen, steht einer Veröffentlichung nicht viel im Wege. Und Willkür kann ich in dem Zusmmenhang immer noch nicht erkennen. Diese Menschen, die all die Manuskripte tagtäglich lesen (müssen), haben Erfahrung und erkennen ein "Nugget",, wenn sie eines lesen, in der Regel auf der ersten Seite. Sie lesen trotzdem drei bis vier davon. Und da diese Firmen mit guten Büchern Geld verdienen können (wollen!), werden sie niemals aus reiner Willkür ein gutes Buch ablehnen, nur weil sie den Autor nicht mögen (worauf sonst sollten sie ihre Willkür sonst begründen?). By the way: Sie kennen den Autor ja auch noch nicht einmal (bei einem Erstlingswerk).

              Und Rowling brauchte mehrere Anläufe, ja. Wer weiß, vielleicht hat sie ihre Bewerbung ja mit der Zeit verbessert? Vielleicht hat sie auch ihr Manuskript nach mehreren Ablehnungen noch einmal überarbeitet? Ich war nicht dabei...

              Ich wünsche dir viel Erfolg mit deinem Werk.

              Liebe Grüße
              Dirk

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                RE: Praktische Fragen zum Einstieg
                Di, 07.11.2017 20:22

                Klassische Antwort:

                "Es kommt immer drauf an".

                Jeder wird sich die Arbeitsweise und Vorgehensweise suchen, die ihm passt - auch Verlage und Agenturen.

                Dein Köder (Manuskript) muss dem Fisch (Verlag/Agentur) schmecken - nicht dem Angler (Autor).

                In diesem Sinne: wähle jene, bei denen du und deine Art zu schreiben gut dazu passen.

                Und dann gehe professionell an die Sache heran - so wie die das wollen.

                Man sagt ja im Supermarkt auch nicht "ich möchte gern gegen Glasmurmeln tauschen statt zu bezahlen", oder?

                 

                :-)

                 

                Nur Mut, jeder hat mal angefangen.

                Anni

                PS: Anekdote - als ich meinen nunmehr "Schwarztee" betitelten Erstling Verlagen anbot, bat mich einer - nachdem sie Gefallen an der Leseprobe fanden - das ganze Manuskript per Post zu schicken. Ich hätte es fast nicht gemacht, dann dachte ich: na, einmal kannst das ja machen, ist ja egal.

                Ratet mal, welcher Verlag das war ...

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                  RE: Praktische Fragen zum Einstieg
                  Mi, 08.11.2017 23:15

                  anni_b schrieb:

                  PS: Anekdote - als ich meinen nunmehr "Schwarztee" betitelten Erstling Verlagen anbot, bat mich einer - nachdem sie Gefallen an der Leseprobe fanden - das ganze Manuskript per Post zu schicken. Ich hätte es fast nicht gemacht, dann dachte ich: na, einmal kannst das ja machen, ist ja egal.

                  Ratet mal, welcher Verlag das war ...

                  Hmm... lass mal raten ... Gmeiner Verlag, das zuhause von Miss Marple 2.0 aka Berenike Roithers? Kann nicht sein, oder?
                  Darauf erstmal einen Schwarztee (meiner muss aber noch einen Hauch Bergamotte haben) 1f 609

                  Liebe Grüße
                  Dirk