Autor*in, Journalist*in

Die Ereignisse, die ich im Buch beschreibe, haben sich vor fünfunddreissig Jahren abgespielt. Von einem Tag zum andern wurde ich von einer Lebenskrise erfasst, die mich mit unbekannter Heftigkeit erschütterte und veränderte. Während der intensiven Auseinandersetzung damit, die sich über Monate hinzog, war Schreiben meine einzige Therapie. Ich schrieb Hunderte von Tagebuchseiten, um die Erlebnisse zu fassen, zu sichten und zu reflektieren. Aus diesen Texten habe ich – dreissig Jahre später – wichtige Episoden ausgewählt und zu diesem Buch gestaltet.
Die Krise war ein Aufstand der Gefühle, die Revolution des Unbewussten, das mich überrollte und mich mit seiner Macht, seiner Übermacht konfrontierte. Es überspülte mich mit der Wucht einer Meeresflut und brach meinen Widerstand. Ich habe die Flut überlebt, ich bin wieder aufgestanden und habe neue Kraft gefunden.
Der Verlauf dieser Krise hat viel damit zu tun, dass ich ein Mann bin. Ein Repräsentant des Patriarchats – ob ich es will oder nicht. Der Aufstand aus der Tiefe trifft die Männer anders als die Frauen. Während Frauen aufgerufen sind, auf eigenen Beinen zu stehen, sich selbst Wert und Bedeutung zu geben, müssen Männer lernen, loszulassen und Kontrolle preiszugeben. Frauen gewinnen Macht, Männer müssen Macht abgeben. Vereinfacht gesagt: Frauen lernen, sich selber zu finden. Männer müssen lernen, sich zu verlieren.
«Das Persönlichste ist das Allgemeinste» – wie oft habe ich von Anne-Marie Tausch diesen Satz vernommen! Die Hamburger Psychologin war mir Lehrerin und Vorbild, sie hat mir zum Durchbruch verholfen und mir Mut gemacht, mich mitzuteilen. Ähnlich wie Elisabeth Kübler-Ross, die mir bei einem Interview sagte: «Share your personal experience» – «Teile deine persönliche Erfahrung».