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    Beigetreten: 27.12.2020
    Rechtliche Sicherheit

    Hallo liebe Kollegen,

    in wie weit darf man eine Szene beschreiben, die wichtig für die gesamte Story des Buches ist, in der ein Pädophiler Sex mit einem Kind hat, ohne sich rechtlich strafbar zu machen. Gibt es dazu eine genaue rechtliche Aussage vom Staat oder ein Grundsatzurteil?

    Für einen Tipp wäre ich dankbar,

    euer Matthias. 

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      Beigetreten: 12.03.2014
      RE: Rechtliche Sicherheit
      So, 27.12.2020 13:17

      Lieber Matthias,

      den Missbrauch explizit zu beschreiben dürfte eine Veröffentlichung in einem Publikumsverlag schwierig machen und bei SP-Portalen eventuell ebenfalls. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, wieso eine Szene wichtig sein kann, die einen Kindesmissbrauch explizit beschreibt. Ich persönlich stoße mich an dem Begriff "Sex" in Bezug auf den Kindesmissbrauch. Das ist nie Sex, sondern Missbrauch, eine schwere Straftat. Ich würde dich bitten, das zu reflektieren, bevor du die Szene schreibst. Verboten ist die Beschreibung soweit ich weiß nicht, ich würde sie aber nicht zur Unterhaltung lesen wollen. Dafür ist mir das Thema zu ernst.

      Liebe Grüße
      Dirk

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        Beigetreten: 22.10.2017
        RE: Rechtliche Sicherheit
        Di, 29.12.2020 02:46

        Hallo Matthias, Dirk,

        Sphärenspringer schrieb:

        Verboten ist die Beschreibung soweit ich weiß nicht, ich würde sie aber nicht zur Unterhaltung lesen wollen.

        Ich bin kein Jurist.  Mein Laienverständnis der rechtlichen Lage ist dieses:

        Eine rein sachliche Darstellung von Missbrauchsereignissen, der Vorgänge und Resultate findet sich auch in Anklageschriften vor Gericht, und die sind öffentlich und selbstverständlich nicht verboten.  So etwas habe ich als Schöffe schon selbst mit anhören müssen (da war zum Glück kein Kind betroffen).

        Die Darstellung kinderpornographischer Inhalte ist aber verboten, egal in welcher Form (also auch Text).  Wenn die Beschreibung des Missbrauchs in diese Richtung tendiert (d. h. geeignet sein könnte, Erregung auszulösen, eine starke Betonung von Genitalien aufweist oder andere Kriterien für Pornographie erfüllt), dann wäre sie verboten.  Verboten würde bedeuten, dass alle Datenträger, auf denen sich dieses Material befindet, konfisziert werden können, und die Besitzer hätten sich strafbar gemacht.

        Ebenso ist übrigens gewaltverherrlichendes Material verboten.  Auch in diese Richtung sollte man überlegen, wenn man so etwas niederschreiben möchte.

        Ich würde mich damit sehr zurückhalten.  Zu weit das Feld.  Im Zweifel, wenn man es für unabdingbar für sein Werk hält, sollte man es heimlich schreiben, sich dann von einem Anwalt ein Gutachten erstellen lassen, das einem bestätigt, dass es keine verbotenen Inhalte enthält.  Sollte dann später ein Gericht anders entscheiden, käme man über den Verbotsirrtum straffrei davon (allerdings würden immer noch die Datenträger konfisziert werden, was auch schon sehr ärgerlich sein kann).

         

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          Beigetreten: 12.03.2014
          RE: Rechtliche Sicherheit
          Di, 29.12.2020 13:21

          Lieber Alfe,

          dein Laienverständnis in Ehren, aber du solltest vor einem solchen Beitrag vielleicht eine kurze Recherche durchführen. Dann wäre dir eventuell aufgefallen, dass es eine ganze Reihe teils hochumstrittener Romane gibt, die in die oben genannten Rubriken passen (Kindesmissbrauch, Gewaltverherrlichung etc.). Manche waren verboten, sind es aber inzwischen nicht mehr und umgekehrt. Kindesmissbrauch ist selbstverständlich verboten, eine Beschreibung dessen, was sich dabei ereignet hat, aber nicht. 

          Ich wollte mit dem von dir zitierten Satz auch nur ausdrücken, dass meiner persönlichen Meinung nach in einem belletristischen Text eine explizite (!) Beschreibung solcherlei Vorgänge nichts zu suchen haben, erlaubt oder nicht. Da reichen Andeutungen, die Fantasie der Leser*innen erledigt den Rest und sollte im Normalfall abstoßen. Dann kann der/die Kommissar*in den Bösewicht jagen und festnehmen sowie der Gerichtsbarkeit überlassen

          Liebe Grüße
          Dirk.

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            Beigetreten: 22.10.2017
            RE: Rechtliche Sicherheit
            So, 03.01.2021 02:38

            Hallo Dirk,

            Sphärenspringer schrieb:

            dein Laienverständnis in Ehren, aber du solltest vor einem solchen Beitrag vielleicht eine kurze Recherche durchführen. Dann wäre dir eventuell aufgefallen, dass es eine ganze Reihe teils hochumstrittener Romane gibt, die in die oben genannten Rubriken passen (Kindesmissbrauch, Gewaltverherrlichung etc.). Manche waren verboten, sind es aber inzwischen nicht mehr und umgekehrt. Kindesmissbrauch ist selbstverständlich verboten, eine Beschreibung dessen, was sich dabei ereignet hat, aber nicht.

            Es tut mir leid, den Eindruck hinterlassen zu haben, ich wüsste gar nichts über das Thema.  Laie nenne ich mich vor allem deshalb so explizit, weil ich damit gleich klarstelle, dass ich keine Rechtsberatung durchführen darf, sondern eben nur meine Meinung äußere.  Das nicht klarzustellen, kann einen auch in Teufels Küche bringen ;-)

            Ich glaube, ich hatte Dich schon vorher richtig verstanden.  Und was Du schreibst, widerspricht meiner Aussage auch gar nicht (ich hab jedenfalls keinen Widerspruch gefunden).  Nicht eine Beschreibung ist verboten, sondern Pornographie, die »tatsächlichen« oder »wirklichkeitsnahen« Missbrauch darstellt (die es auch als Textform geben kann, aber dazu am Ende noch eine Einschränkung).  Es gibt immer mehrere Rechtsgüter abzuwägen, und die Kunstfreiheit wiegt auch sehr schwer.  Was daher als Pornographie oder Gewaltverherrlichung angesehen und daraufhin verboten wird (wenn es z. B. Kindesmissbrauch thematisiert), unterliegt auch dem Zeitgeist, und der wandelt sich im Laufe der Jahrzehnte eben.  Das erklärt, warum z. B. einige Lieder der Ärzte eine zeitlang verboten waren.  Nabokovs Lolita ist ein weiteres prominentes Beispiel, das seit seiner Entstehung immer wieder auf entsprechenden Listen gelandet ist.

            Allerdings kenne ich keine Beispiel von Dingen, die früher erlaubt waren (also verfügbar), heute aber verboten sind.  Mag daran liegen, dass die eben aus dem Blickfeld verschwinden.  (Vielleicht hast Du da ja Beispiele.)

            Sphärenspringer schrieb:

            Ich wollte mit dem von dir zitierten Satz auch nur ausdrücken, dass meiner persönlichen Meinung nach in einem belletristischen Text eine explizite (!) Beschreibung solcherlei Vorgänge nichts zu suchen haben, erlaubt oder nicht […]

            Ja, so hatte ich Dich auch verstanden, und so unterschreibe ich das auch.

            Nichtsdestotrotz hatte ich die ursprüngliche Frage eher als eine rechtliche verstanden, nicht eine nach unserer Meinung.  Ob der Autor meint, die Explizität der Darstellung sei notwendig oder nicht, muss er selbst entscheiden (und ich lese das dann halt nicht, eben wegen meiner Meinung).  Die rechtliche Frage ist davon aber unberührt, und da bleibe ich bei meinem Rat:  Im Zweifel ein Rechtsgutachten vom Profi einholen (teuer) oder es nicht schreiben.

            Zum Thema generell habe ich übrigens noch Folgendes gefunden:  https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bgh-beschluss-1-str-8-13-kinderpo... . Grob zusammengefasst:  Eine ausgedachte Darstellung (d. h. die also nichts »tatsächlich« Erfolgtes schildert), ist nach diesem Urteil nicht von der Rechtsnorm erfasst (also keine Straftat), da ein Text auch nicht »wirklichkeitsnah« genug sein könne (da runzel ich mal die Stirn drüber, aber gut, so das Urteil).  Beim Fragesteller klang es mir vage nach einer Schilderung einer realen (»tatsächlichen«) Gegebenheit, die wiedergegeben werden soll.  Da wäre ich dann entsprechend vorsichtig, weil ich nicht sicher ausschließen kann, das »tatsächlich« nicht schon ausreicht, wenn es denn eben die Pornographiekriterien in den Augen des Gerichts erfüllt (zum Zwecke der Erregung, Betonung des Genitalien, starke Sexualisierung usw.).

            Das würde jedenfalls meinem Rechtsempfinden auch entsprechen (eine Schilderung eines tatsächlichen Missbrauchs zum Zwecke [usw.] sollte verboten sein, eben auch aus Opferschutzgründen).

            Herzlichen Gruß

            Alfe

             

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              Beigetreten: 12.03.2014
              RE: Rechtliche Sicherheit
              So, 03.01.2021 15:34

              Lieber Alfe,

              ich denke, wir vertreten den gleichen Standpunkt. 

              Zu deiner Frage: 

              Zitat:
              Allerdings kenne ich keine Beispiel (sic!) von Dingen, die früher erlaubt waren (also verfügbar), heute aber verboten sind.

              Ich habe bei einer Internetrecherche eine Seite gefunden (Extern, Erotik Buecher Titel Listen (alxanderkutsche.de) Dort finden sich einige Titel einer erotischen Reihe bei rororo, die nach Jahren auf den Index kamen und zum Teil heute noch indiziert sind (fett gedruckte Titel). Dies betrifft nur gelegentlich Schilderungen von sexuellen Handlungen an Minderjährigen oder Schutzbefohlenen.

              In den Niederlanden ist seit 2010 die Durchführung zoophilischer Handlungen verboten, ebenso die Verbreitung entsprechender Pornographie. Bei uns übrigens seit ca. 1968/1969 erlaubt, ebenso der Besitz entsprechender Pornographie, nicht aber die Verbreitung (Quelle: Wikipedia Zoophilie – Wikipedia)

              Liebe Grüße
              Dirk

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                Beigetreten: 22.10.2017
                RE: Rechtliche Sicherheit
                Mo, 04.01.2021 13:08

                Hallo Dirk,

                Sphärenspringer schrieb:

                Ich habe bei einer Internetrecherche eine Seite gefunden (Extern, Erotik Buecher Titel Listen (alxanderkutsche.de) Dort finden sich einige Titel einer erotischen Reihe bei rororo, die nach Jahren auf den Index kamen und zum Teil heute noch indiziert sind (fett gedruckte Titel).

                Ich hab die mal kurz durchgeklickt.  Da ist aber immer nur von einer »Indizierung« die Rede.  Der Begriff wird in der Regel verwendet, wenn die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) das Werk als jugendgefährdend eingestuft hat (»auf den ›Index‹ gesetzt hat«), in der Regel wegen Pornographie (und so klingen auch hier die Beschreibungen).  So eine Indizierung stellt kein Verbot des Werkes dar.  Man darf es weiterhin herstellen, vertreiben und besitzen.  Es darf nur nicht öffentlich beworben und Jugendlichen und Kindern nicht zugänglich gemacht werden.  Alles in der Ab-18-Abteilung der Videothek ist so etwas.  Für den Verlag ist eine Indizierung natürlich ein Schlag ins Kontor, denn wenn er geplant hatte, das bei Thalia und Amazon anzubieten, ist sein normaler Vertriebsweg damit abgeschnitten.  (Bei Beate Uhse ginge es aber noch.)  Der Autor geht damit also kein juristisches Risiko ein, sondern nur ein kommerzielles.  Indiziertes Material wird auch nicht konfisziert, solange man sich an die Jugendschutzauflagen hält und es nur in Sex-Shops oder im Hinterzimmer ab 18 verkauft.

                Ein Verbot wie bei Kinderpornographie ist aber etwas anderes.  Ein Verbot ergibt sich aus Gesetzen direkt, ganz ohne vorherige Prüfung durch eine Stelle, und das hat auch nichts per se mit Jugendschutz zu tun, sondern mit dem Schutz der gesamten Gesellschaft.  Mit der Herstellung macht sich der Autor strafbar, auch bevor ein Gericht entsprechend urteilt, und riskiert die Konfiszierung.

                Matthias sollte also vor allem der Verbotsaspekt interessieren, wenn auch der Jugendschutzaspekt nicht egal ist.

                Herzlichen Gruß

                Alfe

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                  Beigetreten: 12.03.2014
                  RE: Rechtliche Sicherheit
                  Mo, 04.01.2021 23:12

                  Lieber Alfe,

                  danke für Deine Ausführungen. Bin ich froh, dass ich mich da nicht so genau auskennen muss ...

                  Liebe Grüße
                  Dirk

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                    Beigetreten: 30.11.2020
                    RE: Rechtliche Sicherheit
                    Mi, 13.01.2021 17:01

                    Ich persönlich würde davon Abstand nehmen. Zunächst einmal würde mich jedoch die Frage interessieren, in welchem Genre der betreffende Titel angesiedelt ist? Handelt es sich beispielsweise um ein ernsthaftes Drama? Dann würde ich den Missbrauch an einer Stelle erwähnen, ohne die betreffende Szene direkt zu beschreiben. Oder möchtest du einfach schocken, einen Text verfassen, der bewusst provoziert, mit der Absicht, dass die Schrift kontrovers diskutiert wird? Gleich vorweg: Ich bin kein Gegner der Provokation (eher im Gegenteil), aber dafür gibt es so viele Möglichkeiten... Einen Kindesmissbrauch explizit zu beschreiben, um der Schockwirkung willen, halte ich jedoch für keine gute Idee. Wie die Sache juristisch aussieht... Dazu kann ich nichts sagen, da sollte man sich an einen Experten wenden.