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Sind Selfpublishing-Plattformen moderne Verlage – oder etwas ganz anderes?

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Selfpublishing-Plattformen und Dienstleister erleichtern AutorInnen das Veröffentlichen eines Buches ungemein - aber wie sind diese Unternehmen eigentlich einzuordnen?

Ruckzuckbuch, tredition, neobooks – das sind bekannte Selfpublishing-Plattformen. Aber sind sie reine Serviceanbieter für Selfpublisher? Die moderne Form des Verlages? Oder doch etwas ganz anderes? Eine Betrachtung samt Apell!

Verlag – das kommt Wort kommt von „vorlegen“ und beschrieb ursprünglich den Vorschuss, den ein Verleger einem Schriftsteller gewährt, um dafür später dessen Werke drucken und verkaufen zu dürfen. Und obwohl dieses Konzept um entscheidende Punkte erweitert wurde, zum Beispiel um Lektorat oder Marketing, blieb es im Kern lange dasselbe: Der Verlag übernimmt das wirtschaftliche Risiko, der Schriftsteller stellt dafür sein Werk zur Verfügung. Selfpublisher übernehmen selbst die Rolle des Verlages und behalten sowohl die Verbreitungsrechte als auch das Risiko.

hybrid publishing

Selfpublishing-Plattformen versuchen, in die durch den Selfpublishing-Boom entstandene Schnittstelle zu gelangen. Die Idee ist es, dem Autor die Kontrolle über sein Werk zu lassen, ihm aber den Service eines Verlages anzubieten. Und da haben wir sie: Die Weiterentwicklung des klassischen Verlages in der modernen Zeit, die Synthese aus dem Service der Verlage und der Autonomie des Selfpublisher. Daher benutzt man im englischen den schönen Begriff hybrid publisher, daher werben Plattformen wie tredition mit Begriffen wie „Das moderne Verlagskonzept“. Aber ist es wirklich so?

Allein die Vielfältigkeit dieser Anbieter macht eine grundsätzliche Antwort schwierig. Von Books on Demand bis zur She Writes Press gibt es unterschiedlichste Modelle, welche Leistungen angeboten und abgegeben werden, welche Manuskripte veröffentlicht werden, welche Betreuung der Kunde erfährt. Aber eine Sache ist ihnen bei aller Verschiedenheit gemein – es gibt keinen Vorschuss. Der Autor selbst muss das finanzielle Risiko tragen, für das er einen größeren Teil an den Rechten und Einnahmen erhält. Das klingt verdächtig nach der Gleichung, die wir bereits für Selfpublisher aufgestellt haben.

Die Frage nach der Qualität

Schauen wir uns noch einen anderen Punkt an, der die Diskussion um die Zukunft der Verlage prägt. Nicht selten wird argumentiert, dass Verlage durch ihre Vorauswahl die Qualität der veröffentlichten Bücher hoch halten würde. Nun gibt es zwar Anbieter, die diesen Punkt teilweise übernehmen, z.B. die erwähnte She Writes Press, die es sich erlaubt, nur Bücher anzunehmen, von denen sie selbst überzeugt ist. Die meisten Anbieter besitzen allerdings keine Qualitätskontrolle und bieten qualitätssteigernden Service nur nach Bezahlung an.

Fazit

Kurz gesagt: Selfpublishing-Plattformen sind keine Verlage, keine modernen Weiterentwicklungen von Verlagen und schon gar keine Hybriden aus Verlag und Selfpublishing. Sie sind die logische Folge aus den Bedürfnissen der selbstverlegenden Community. Entgegen einigen anderslautenden Versicherungen hat die Idee Verlag immer noch Autorität unter Selfpublishern. Das erkennt man, an einer Diskussion über Standardisierung im Selfpublishing, an für selbstverlegte Werke reservierten Bestsellerlisten und an Selfpublishern, die sich darüber beschweren, dass ihre Bücher nicht in Buchhandlungen genommen werden. Aber ein Mimikry ist nicht sinnvoll, niemand braucht eine Verlagswelt für Autoren, die nicht in der eigentlichen Verlagswelt unterkommen. Was wir brauchen ist eine selbstbewusste Selfpublishing-Community, die in ihrem Selbstverständnis etwas anderes ist und es nicht nötig hat, sich am Bestehenden zu messen.

von Samuel Kerber, www.spubbles.de