
Stipendien und Preisgelder sind für Autorinnen und Autoren eine willkommene Finanzspritze und – unter gewissen Umständen – sogar steuerfrei. Dieser Artikel stellt Ihnen die Kernpunkte der gesetzlichen Regelung vor und gibt Tipps, wie Sie Ihr Stipendium oder Preisgeld in der Steuererklärung behandeln.
Stipendien für Autorinnen und Autoren
Herkunft der Mittel: Welche Voraussetzungen muss der Stipendiengeber erfüllen?
Soll Ihr Stipendium für Sie als StipendiatIn steuerfrei sein, muss es – beziehungsweise der Ausschreibende – bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das Einkommensteuergesetz nennt hierzu folgende Kriterien: Es muss sich um ein Stipendium handeln, das aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen stammt, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört. Steuerfreie Stipendien können also nicht nur von deutschen Institutionen kommen, sondern auch aus anderen Ländern. Ferner kommen Stipendien infrage, die von einer Einrichtung gewährt werden, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet worden ist oder verwaltet wird. Oder Stipendien von gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Körperschaften und Personenvereinigungen sowie Vermögensmassen im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes. Dazu zählen Stipendien von Städten und Gemeinden, von öffentlich-rechtlichen Anstalten, von Stiftungen oder gemeinnützig eingetragenen Vereinen (e. V.) und gemeinnützigen GmbHs (gGmbH).
Wichtige Fundstellen zu Stipendien
- § 3 Nr. 44 des Einkommensteuergesetzes (EStG) regelt die Voraussetzungen der Steuerfreiheit für Stipendien www.gesetze-im-internet.de/estg/__3.html
- Ein Gerichtsurteil in Sachen Steuerfreiheit von Stipendien: Bundesfinanzhof BFH-Urteil vom 24.2.2015 – BStBl II S. 691 https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/541698/
- Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt am Main, die zeigt, wie einzelne Stipendien steuerlich beurteilt werden: Verfügung vom 23.07.2018 S 2121 A – 013 – St 213 https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/692448/
- Hinweis H. 3.44 der Einkommensteuerhinweise, der Einzelheiten zum Lebensunterhalt erläutert. www.steuerschroeder.de/steuergesetze/esth/3.44
Zweck des Stipendiums
Der Stipendiengeber muss das Stipendium zur Förderung der Forschung gewährt haben oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Aus- oder Fortbildung. Hierbei kann es sich um Forschung auf Ihrem literarischen Gebiet handeln oder um Ihre Aus- oder Fortbildung als AutorIn. Die Förderung kann insbesondere erfolgen:
- im Rahmen eines Aufenthalts- oder Arbeitsstipendiums,
- als Reise- oder Recherchestipendium
- durch eine Projektförderung oder als Werkstatt.
Höhe des Betrages
Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Stipendien den Betrag nicht übersteigen, der für die Erfüllung der Forschungsaufgabe erforderlich ist beziehungsweise für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs. Die Steuerbefreiung umfasst dabei sowohl Sach- als auch Geldbeihilfen. Für die Erfüllung der Forschungsaufgabe können zum Beispiel Material-, Reise- und Recherchekosten oder Gebühren anfallen. Zum Ausbildungsbedarf zählen unter anderem Fachbücher und Schreibwaren.
Was aber gehört zum Lebensunterhalt?
Nach den Vorgaben von Finanzgerichten und Steuerverwaltung gehören dazu die Mittel, die nötig sind, um Ihnen ein menschenwürdiges Leben in einem sozialen Umfeld zu sichern. Zu berücksichtigen sind dabei: Ihr Alter, Ihre akademische Vorbildung sowie Ihre nach der Verkehrsauffassung typischen Lebenshaltungskosten in Ihrer aktuellen sozialen Situation. Das Stipendium liegt im Rahmen des für die Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Betrags, wenn es nicht wesentlich über die Einnahmen hinausgeht, die Sie zuvor aus einem Beschäftigungsverhältnis bezogen haben. (Bei Ihnen als Autor oder Autorin sind das insbesondere die Honorare, die Sie zuvor üblicherweise erhalten haben.) Im Klartext bedeutet dies: Für jede einzelne Stipendiatin und jeden einzelnen Stipendiaten muss das vom Finanzamt neu ermittelt werden.
Der Lebensunterhalt umfasst die unentbehrlichen Aufwendungen für:
- Wohnung,
- Verpflegung,
- Kleidung,
- Ausbildung,
- Gesundheit,
- angemessene Freizeitgestaltung und
- andere notwendige Ausgaben dieser Art.
Vergaberichtlinien
Die Stipendien sind nur dann steuerfrei, wenn sie nicht willkürlich an die Bewerberinnen und Bewerber ausgeschüttet werden, sondern nach Richtlinien vergeben werden, die von den Gebern erlassen worden sind.
Ausschlusskriterium
Auch wenn alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, ist das Stipendium dann nicht steuerfrei, wenn der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung verpflichtet ist oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit. Hier droht beispielsweise bei Stadtschreiberstipendien und anderen Aufenthaltsstipendien „Gefahr“: Sie verpflichten StipendiatInnen oftmals dazu, das literarische Leben ihres Ortes aktiv zu bereichern.
Von der Theorie zur Praxis
Steuerfrei oder nicht steuerfrei, das ist hier die Frage: Anders als Shakespeares Hamlet, brauchen Sie dazu nicht die Geister Ihrer Ahnen zu befragen. Vielmehr muss – in einem ersten Schritt – der Stipendiengeber Ihnen Auskunft darüber erteilen, ob Ihr Stipendium grundsätzlich steuerfrei ist. Eine Bescheinigung über die Steuerfreiheit erhält er von dem für ihn zuständigen Finanzamt. Diese wird er dann an Sie weitergeben. Wichtig für Sie ist, dass das für Ihre Steuererklärung zuständige Finanzamt dann an diesen Bescheid gebunden ist. Es kann also nicht sagen, dass es die Steuerfreiheit nicht anerkennt.
In einem zweiten Schritt ist dann das Kriterium der Höhe zu prüfen. Hier kommt es, wie oben gesagt, auf den Einzelfall an: Ist das Stipendium für Ihre Forschungsaufgabe und/oder Ihre Lebensverhältnisse angemessen? Das Finanzamt wird sich dabei an den von Ihnen eingereichten Steuererklärungen orientieren und, wenn ihm die Angaben nicht ausreichen, bei Ihnen nachfragen.
Das Stipendium in der Steuerklärung
- Ist das Stipendium steuerpflichtig, müssen Sie es bei der entsprechenden Einkunftsart als Einnahme angeben, bei sich als AutorIn also bei den Einkünften aus selbstständiger freiberuflicher Arbeit. Hatten Sie Ausgaben, die sich auf das Stipendium beziehen (Reisekosten, Recherchematerial et cetera), können Sie diese im Gegenzug als Betriebsausgaben absetzen.
- Ist das Stipendium dem Grunde nach steuerfrei, sollten Sie dennoch die Bescheinigungen über das Stipendium vom Stipendiengeber einreichen, also die Ausschreibungsunterlagen über Bedingungen, Zweck und Höhe des Stipendiums und die Bescheinigung des Finanzamtes über die Steuerfreiheit. Zum einen hat dann Ihr Finanzamt den benötigten Nachweis über Art und Höhe des Stipendiums sowie die Steuerfreiheit. Zum anderen sind Sie „auf der sicheren Seite“, wenn Ihr Finanzamt das Stipendium wegen der Höhe des Betrages nicht anerkennt. Denn dann haben Sie alle notwendigen Unterlagen vorgelegt und laufen nicht Gefahr, als SteuerhinterzieherIn behandelt zu werden: wegen der – fälschlichen – Nichtangabe in der Steuererklärung.
Übrigens: Ist Ihr Stipendium nicht steuerpflichtig, können Sie auch die dafür angefallenen Betriebsausgaben in Höhe des Stipendiums nicht von der Steuer absetzen:
Stipendium: 500 Euro
Ihre Ausgaben für Ihr Projekt: 600 Euro
Sie dürfen als Betriebsausgaben ansetzen: 100 Euro - Was tun, wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Stipendium steuerfrei ist oder nicht? Auch dann legen Sie die Unterlagen über das Stipendium bei – einschließlich Betriebsausgaben – und schreiben dem Finanzamt, dass Sie sich nicht sicher sind und es um eine eigene Beurteilung des Falles bitten.
Preisgelder für Autorinnen und Autoren
Preisgelder sind in der Regel einkommensteuerpflichtig. Egal ob es sich um einen Wettbewerb mit eingereichten Texten handelt oder um einen Geldpreis mit Zuschusscharakter, den Sie im Rahmen Ihrer Autorentätigkeit verwenden müssen: Entscheidend ist, dass Sie das Preisgeld durch Ihre – literarische – Leistung erzielt haben. Und die ist ja auch die Einkommensquelle für Ihre Einkünfte aus freiberuflicher, selbstständiger Tätigkeit.
Über Steuerfreiheit freuen können Sie sich hingegen, wenn Sie einen Preis für Ihr Lebenswerk oder Ihr Gesamtschaffen erhalten, wenn Ihre Persönlichkeit geehrt werden soll, Ihre Grundhaltung ausgezeichnet oder Ihre Vorbildfunktion herausgestellt wird. Denn dann stehen Ihre Gesamtpersönlichkeit und Ihr gesamtes Schaffen im Mittelpunkt, nicht ein einzelnes Werk.
Auch bei Preisgeldern gibt es oft Hinweise vom Veranstalter, wie die Leistung steuerlich zu behandeln ist. Im Zweifel hilft meist ein kurzer Anruf.
Wichtige Fundstellen zu Preisgeldern
- Bundesfinanzministerium: BMF-Schreiben vom 5.9.1996 (BStBl 1996 I S. 1150) und vom 23.12.2002 (BStBl 2003 I S. 76)
- Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt am Main vom 14.5.2014 https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/503026/
Bisherige Folgen
#4: Die Recherchereise. Heft 132, Oktober 2018
#3: Der fehlerhafte Steuerbescheid. Heft 130, Juni 2018
#2: Liebhaberei im Steuerrecht. Heft 128, Februar 2018
#1: Die Lesereise. Heft 127, Dezember 2017
Autorin: Annette Warsönke | www.autorensteuerratgeber.de | [email protected]
Weiterlesen in: Federwelt, Heft 133, Dezember 2018
Blogbild: Giorgio Trovato, unsplash
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