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Marketingtechnisch überleben ohne Social-Media-Gen

Federwelt
Janet Clark
Rettungsring als Symbol für Hilfe in Not

Es gibt Dinge, die kann ich richtig gut. Manche liegen mir im Blut, andere habe ich mir mühsam antrainiert. Das kann ich nämlich auch gut – etwas lernen und das Gelernte zügig umsetzen. Meistens jedenfalls, solange ich dabei nicht rechts und links unterscheiden muss oder über soziale Medien meine Reichweite erhöhen soll. Denn das ist etwas, das ich auch nach Lernanstoß 132 nicht hinbekomme. Und das als ehemalige Marketingchefin und erfolgreiche Marketing-Strategin.
Warum?
Eine Spurensuche ...

Pädagogische Falle
Meine ersten Kontakte mit Facebook hatte ich über meine Söhne – als Wächterin über den negativen Einfluss unkontrollierter Gruppendynamik und ungebremsten Mobbings auf ihre unerfahrenen Seelen. Auf Facebook ging es mir damals also vor allem um eines: die Einschränkung der Sichtbarkeit von Schnappschüssen, die jugendliches Fehlverhalten zeigten. Mehr noch, nachdem ich 2010 meine Marketingkarriere gegen die Berufsschriftstellerei getauscht hatte, verewigte ich meinen mütterlichen Kreuzzug gegen die verheerende Wirkung von Facebook-Mobbing und anonymisierten Shitstorms in gleich zwei Jugendthrillern. Mit denen tingelte ich dann von Rosenheim bis Flensburg aufklärenderweise durch die Schulen.
Ungünstigerweise kristallisierte sich just in dieser Zeit Facebook als die Plattform Nummer eins heraus, auf der ich als Autorin aktiv meine Bücher bewerben und meine Sichtbarkeit erhöhen sollte. Als Botschaft klang das in etwa so: Finger weg von Facebook, aber bitte erst nachdem ihr mir ein Like gegeben habt.
Klingt absurd?
Fand ich auch.
Also hielt ich mich dezent im Facebook-Hintergrund. Wofür trat ich 92 Prozent des Verkaufserlöses an den Verlag ab? Da musste doch das Marketing mit abgedeckt sein!
Während ich also durch Social-Media-Abstinenz pädagogisch glänzte, nahm das Autoren-Selbst-Marketing rasant Fahrt auf. Eifrige Kolleginnen setzten auf dem Weg vom Schlafzimmer ins Bad vier „Ich bin-noch-so-verschlafen-Posts“ mit Handtuch, mit Kaffee, mit Seifenschaumgesicht und mit nassen Haaren ab. Ich dagegen brauchte drei Tage für den perfekten Zweizeiler zu einem Trend-Thema, das dann allerdings nicht mehr trendete.
Bei einer Waffe würde man das, was ich bei meinem eigenen Engagement in den sozialen Medien erlebte, als Ladehemmung bezeichnen. Immer wieder kamen mir großartige Ideen für Posts, die meine Reichweite vervielfachen, meinen Verlag glücklich machen könnten. Begeistert formulierte ich sie in Gedanken aus, mit Bild und Link, nur eingetippt habe ich sie nie.
Wegen der Söhne, die Facebook da schon längst verlassen hatten?
Oder ist da mehr?

Die Manipulationsmaschinerie
Tatsächlich ist da mehr. Mit zunehmender Sorge beobachte ich die wachsende Präsenz von Fake News (Falschmeldungen), Trollen, Info-Blasen und Hatespeech (Hassrede). Gerade weil ich mich für Frauenrechte engagiere, reagiere ich empfindlich, wenn mutige Frauen aufs Übelste beleidigt und bedroht werden. Jaron Larnier bezeichnet den harschen Umgangston als „Arschloch-Herrschaft“  (1), die durch die erhöhte Aufmerksamkeit, die Boshaftigkeit erzeugt, sich selbst befeuert und noch dazu von den Social-Media-Konzernen als einträgliche Einnahmequelle fleißig gefördert wird.
Chamath Palihapitiya, der ehemalige Vizepräsident für „Nutzer-Wachstum“ bei Facebook beklagt, dass die „schnell reagierenden, dopamingetriebenen Feedbackschleifen zerstören, wie die Gesellschaft funktioniert.“ (2)
Leider hat er recht. Die Jagd nach dem virtuellen Like von Menschen, die wir teils nicht einmal kennen, ist plötzlich wichtiger, als die reale Zuwendung zu einer Person im gleichen Raum. Erst gestern waren die Freundinnen meiner Tochter deutlich mehr an der Anzahl der Likes interessiert, die ich für den Post meines neuen Kinderbuches erhalten hatte, als an dem Post oder gar dem Buch selbst. Das Einzige, was zählte, war: Wie viele Likes hast du? Obwohl die Zehnjährigen noch nicht einmal Profile auf sozialen Netzwerken haben – aber die Programmierung auf Likes beginnt inzwischen schon mit den Kinderlernapps. (3)
Likes als Währung des Selbstwerts. Wenn nun aber Likes sich mit Gemeinheiten oder mit viel „foto-shoptimierter“ Haut leichter verdienen als mit Freundlichkeit oder sinnvollen Inhalten, was macht das dann mit unserer Welt? Und ... *Schluck*, was macht es mit unseren Kindern? Wie soll ich sehenden Auges dieses System unterstützen, wenn selbst ich, als ladegehemmte, oberkritische, zwangsrekrutierte Social-Media-Nutzerin ab und an dem Sog der Likes erliege? Dem Sog, der schnell zu einer im Marketingsprech als „Engagement“ schöngeredeten Sucht (4) werden kann. Einer Sucht nach immer mehr Likes und Reaktionen auf eigene Posts.

Gruppenzwang und falsche Hoffnungen
Der Cambridge-Analytica-Skandal hat eine Miniwelle an gelöschten Facebook-Konten ausgelöst und eine öffentliche Anhörung für Mark Zuckerberg. Wirklich geändert hat sich nichts. Trolle beeinflussen ungeniert Wähler. Hass und Fake News dürfen sich weiterhin verbreiten. Twitter hat es vor kurzem endlich gewagt, verhetzende Trump-Posts mit den firmeninternen Richtlinien zu Fake News und Hatespeech zu begegnen. Bei Facebook blieben die gleichen Posts unbehelligt, bis ADL und NAACP (5) namhafte Marken wie adidas, Coca-Cola, Ford, Starbucks und viele andere zu einem schmerzhaften Werbeboykott aufrütteln konnten. Der Aktienkurs brach ein. Der Wert von Facebook verringerte sich über Nacht um Milliarden und siehe da – Herr Zuckerberg erlebte einen Sinneswandel.
Was die Politik nicht schaffte, schubsten die Werbetreibenden an, die es gewagt (!) haben, sich dem Zwang der Werbepräsenz auf dem weltgrößten sozialen Netzwerk zu entziehen.
Zwang. Ja, ich wiederhole das ganz laut: ZWANG.
Natürlich steht niemand mit der Pistole hinter einem. Der Druck befindet sich in uns: Es ist die Angst davor, vollends unsichtbar zu werden, die viele dazu zwingt, Zeit (und Geld) in etwas zu investieren, dessen messbarer Erfolg häufig verschwindend gering ist. Diese Angst ist durchaus berechtigt. Denn ist man auf Sichtbarkeit in den Suchmaschinen angewiesen, sieht es ohne Einsatz schwindelerregend hoher Summen düster aus, will man bei heiß umkämpften Suchbegriffen auf der ersten Seite landen. (Wer klickt schon zur zweiten oder gar dritten Seite?) Also kompensiert man im Marketing-Mix, der sich zunehmend auf das Internet reduziert, mit teurer Werbung in den sozialen Medien. Dass dabei auf YouTube Werbung auch mit IS-Köpfvideos oder Hassvideos verknüpft wurde (6), spielten YouTube und Google als unvermeidbar herab. Auch damals sorgte erst ein groß angelegter Werbeboykott für plötzliche Vermeidbarkeit.
Als Autorin verspüre auch ich den Zwang, mich in den sozialen Medien zu präsentieren – weil es zum Autorinnendasein dazugehört. Weil viele Follower den Verlagen die Vermarktungsfähigkeit der Autorin zeigen. Ob deswegen mehr Bücher von mir verkauft wurden?
Kann mir niemand sagen.

„Meine“ Plattformen – wofür ich sie nutze und wer mir dort folgt

Facebook nutze ich primär, um mit Kolleginnen in Kontakt zu bleiben und meine Aktivitäten für das Netzwerk Autorenrechte, die Mörderischen Schwestern und #frauenzählen zu verbreiten.
Auf Instagram bin ich, um meine Kinder- und Jugendbücher vorzustellen.
Meine Facebook-Follower sind vorwiegend Kolleginnen, gefolgt von Menschen, die sich mit mir anfreunden, um dann auf meiner Timeline ihre Werbung zu platzieren, gefolgt von Menschen, die meine Bücher lesen, gefolgt von Identitätsraub-Fake-Accounts aus Nigeria.
Auf Instagram sieht es ähnlich aus, mit dem Unterschied, dass die Selbstwerbetrolle wegfallen, und mir dafür deutlich mehr Buchbloggerinnen und Leserinnen folgen, mit denen ich regelmäßig im Austausch bin.

Es geht auch anders! 
Zwei Kolleginnen, Stefanie Hasse und Stefanie Gregg, bespielen „ihre“ Plattformen sehr professionell und gehen mit dem Thema anders um. Was gut ist – denn je mehr Menschen die Plattformen POSITIV nutzen, desto besser für unsere Welt!

Stefanie Hasse (@stefaniehasse | https://stefaniehasse.de), so gut wie 40 Jahre alt, hat über 20 Bücher geschrieben, überwiegend Jugendfantasy und Romantic-Suspense-Romane. Ihr aktuellster Titel: Pretty Dead. Wenn zwei sich lieben, stirbt die Dritte.
„Mit Instagram habe ich erst recht spät begonnen“, erzählt sie mir bei unserem Austausch zu diesem Beitrag. Sie war also schon schriftstellerisch erfolgreich, bevor sie die Plattform nutzte. Was sie daran liebt, ist vor allem der direkte Austausch mit den Leserinnen und Lesern. „Gerade für die jüngere Zielgruppe ist der Kontakt über E-Mails doch viel zu umständlich. Eine Markierung auf Instagram geht schnell und wirklich alle freuen sich über eine Antwort, eine Reaktion oder ein Repost in der Story.“ Ihr mache es aber auch Spaß, Fotos für den Feed zu schießen, ihn optisch an das nächste Buch anzupassen und so zu zeigen, „dass es bald etwas Neues gibt“. „So kann ich immer wieder hübsch aufbereitete Häppchen servieren und (hoffentlich) die Lust auf meine Bücher schüren“, erklärt sie.
Auf Facebook ist Stefanie Hasse nur noch „theoretisch aktiv“: „Ich spüre mit jedem Tag mehr, dass ich die eigentliche (jugendliche) Zielgruppe dort gar nicht mehr erreichen kann (O-Ton meines Teenagers: ‚Das ist für alte Leute.‘) und auch selbst immer mehr den Spaß daran verliere, weil man mit Videos und Werbung erschlagen wird.“

Inwieweit ihre Instagram-Präsenz tatsächlich zu Verkäufen führt, kann auch sie nicht beurteilen. „Aber geht es bei Marketingerfolg nicht ums Gesehen-Werden?“, fragt sie. Dieses Ziel erreicht sie auf jeden Fall und nutzt dafür alle Möglichkeiten: „Ich poste spontane Fotos über Alltagsdinge in den Storys, reposte Beiträge, in denen ich markiert werde, oder teile auch die neuesten Bilder aus dem Feed dort, den ich fast ausschließlich mit inszenierten Bildern zu meinen Büchern oder auch mal meinem Lesestoff bestücke.“ Gerade, wenn  die nächste Veröffentlichung ansteht, sieht sie Story Templates (Anmerkung der Redaktion: Was Story Templates sind, wie man sie nutzt, erklärt im Netz zum Beispiel Carina Hartmann: https://carina-hartmann.de/instagram-story-templates) als fantastisches Werkzeug, zusätzliche Aufmerksamkeit zu gewinnen. So, dass es auch ihrer Community Spaß macht. „Seit neuestem“ nutzt sie auch Reels (https://www.bravo.de/was-ist-reels-das-kann-die-neue-instagram-funktion-386636.html) oder geht im Rahmen von Aktionen live. Ihre Highlights (https://ulrichesch.de/instagram-stories-highlight) bestehen aus „einer bunten Sammlung an Beiträgen über meine Bücher und aktuellen Aktionen“, die sie nach Abschluss löscht.
Es ist diese Mischung aus allem, die ihr am meisten Spaß bereitet, und, so sagt sie „auch den größten Effekt bringt, weil man so alle Follower erreichen kann.“
Laut Handystatistik verbringt sie im Tagesdurchschnitt rund anderthalb Stunden mit Instagram. „Aber das variiert, je nachdem, wie viel Zeit ich dort auch mit Liken und dem Anschauen von Storys prokrastiniere oder ob eine Aktion läuft, bei der ich viel zu beantworten habe oder präsent bin.“
Fotos nimmt sie in der Regel am Wochenende auf. „Und dann immer gleich mehrere, sodass sich der Aufbau der ‚Kulisse‘ beziehungsweise das Aufräumen danach auch lohnt. Den Zeitaufwand für einen Beitrag im Feed schätzt sie auf rund eine Stunde „inklusive Fotografieren und Bildbearbeitung“.

Vier Tipps von Stefanie Hasse an alle, die überlegen, Instagram für ihr Autorenmarketing zu nutzen

  • Prüfen Sie, ob sich die Zielgruppe überhaupt auf Instagram befindet, sowas kann man schnell über die Accounts von Autoren im selben Genre herausfinden oder via Suche nach dem eigenen Buch (über die Lupe).
  • Wenn Instagram dann Spaß macht (Ohne Spaß geht nichts!) und einem der Aufbau und die Möglichkeiten sinnvoll erscheinen, gilt es, sich zu fragen: Bin ich bereit, die Zeit aufzuwenden, auch selbst Likes und Kommentare zu verteilen? Instagram ist keine Einbahnstraße: Wenn man nicht auf andere reagiert, merkt das der Algorithmus schnell und bestraft das Verhalten.
  • Und ganz wichtig: Unter irgendwelchen Nicknames finden einen die Fans nur sehr schwer. Entsprechend selten wird man verlinkt und benachrichtigt, wenn jemand eins der eigenen Bücher postet, was ja echt schade ist.
  • Hilfreich ist auch, den Hashtag des eigenen Namens zu abonnieren und die eigenen Buchtitel, so verpasst man nichts.
     

Stefanie Gregg, (www.stefanie-gregg.de | www.facebook.com/profile.php?id=100008079616548)
arbeitete im Bereich Bucheinkauf bei Bertelsmann, als Unternehmensberaterin, freie Journalistin und Sachbuchautorin und widmet sich heute nahezu ausschließlich der Belletristik. Ihr neuer Roman Nebelkinder, eine Drei-Generationen-Geschichte, thematisiert die Problematik der Kriegsenkel. ((Illu: Das Cover von Nebelkinder.))
Knapp 5000 Freunde hat sie auf Facebook (FB) und steht mit diesen im regen Austausch. Was FB für sie ist, Privatvergnügen oder Teil ihrer Öffentlichkeitsarbeit, will ich als Erstes von ihr wissen. „Es ist eine Mischung aus beidem“, erklärt sie. „Dieser Facebook-Account ist nicht wirklich ein privater, auf dem ich mich mit persönlich bekannten Freunden austausche. Hier erzähle ich weder über meine Familie noch über wirklich Privates. Aber ich erzähle aus meinem Berufsleben als Autorin, manchmal auch Persönliches. Und das gerne! Dies ist vermutlich auch der Grund, warum meine Seite gut besucht ist und ich sehr oft rege Diskussionen und Gespräche unter meinen Beiträgen habe.“
Sie berichtet beispielsweise, in welcher Phase ihr Buch gerade steckt, welche Gedanken sie dazu hat, über Recherchereisen und Lesungen. „Aber auch, ob ich im Garten liege, weil es mir ab 28 Grad zu heiß zum Arbeiten ist oder ob ich mit dem Hund durch die Berge streife. Meine Facebook-Freunde schätzen das und nehmen teil. Natürlich erzähle ich dabei von meinen Büchern und hoffe auch, dass ich damit Interesse wecken kann. Wenn ich auf einer Bestenliste stehe, teile ich meine Freude darüber mit und mache so natürlich auch Werbung. Mehr aber erzähle ich über das Schreiben, über meine Gedanken zu meinen Büchern, und zur Welt.“
Rund um ihren Roman Nebelkinder, der erzählt, wie die Traumata der Kriegszeit und das darauf folgende Schweigen sich noch auf die Kriegsenkel auswirken, hat sie auch viele Gedanken geteilt. „Das Thema der Nebelkinder hat bei der Recherche, beim Schreiben und nun beim Erscheinen des Romans viele Menschen bewegt, und immer wieder haben einige unter meinen Posts sehr intensiv und zum Teil sehr persönlich darüber miteinander gesprochen“, berichtet sie.

Stefanie Gregg findet auf FB auch Menschen, die ihr bei der Recherche helfen, die ihr Mut zusprechen, wenn sie einen ‚Hänger‘ hat, und die ein Thema auch mal kontrovers aufgreifen. „Ich mag das sehr gerne“, betont sie. „Auch wenn es 5.000 sind, so sind diese Facebook-Freunde eine ausgewählte Gruppe.“
Meist beginnt sogar der Morgen von Stefanie Gregg mit Facebook: „Ich diskutiere, halte ein wenig Smalltalk, es ist ein sanftes Hineingehen in meinen Arbeitstag. Und es ist mein Blick nach draußen, in die Welt, zu den Menschen, bevor ich mich in meine einsame Arbeit versenke.“
Ob sich ihr FB-Engagement im Verkauf widerspiegelt, kann sie nicht genau beziffern. Was sie weiß ist, dass ihre Facebook-Freunde „oft genug auch die Inhalte“ ihrer „Bücher kennen, darauf eingehen, sich auf den neuen Roman freuen“. Daneben gebe es viele, die sich für Lesen, Kunst allgemein oder einfach für neue Gedanken interessierten. „Hier gehe ich schon davon aus, dass ich diese ab und an für meine Bücher gewinnen kann.“
Sie nutzt auch Twitter und Instagram, hat allerdings gemerkt, dass diese zwei Kanäle offensichtlich weniger ‚ihre‘ sind. „Bei Facebook fühle ich mich wohl in meinem Freundeskreis, kann mich länger über ein Thema auslassen. Bei Twitter sind eher kurze, manchmal witzige Statements gefragt, die wohl weniger zu mir passen. Auf Instagram bekomme ich für meine Fotos Likes, aber auch hier fehlt mir persönlich der Text dabei.“

Übrigens: Stefanie Gregg betreut auch die Webseite und die sozialen Medien-Kanäle der Autorenvereinigung SYNDIKAT (www.das-syndikat.com). Autor*innen hier Relevantes für ihre Arbeit mitzugeben, ist ihr ein Anliegen. Deshalb finden sich dort zum Beispiel: Hinweise zu Autoren- und Urheberrechten, Lesungen zu Corona-Zeiten, zu Fördermöglichkeiten und Literaturpreisen.
 

Auf die Frage, wie viel Zeit sie auf Facebook verbringt, erwidert Stefanie Gregg: „Das ist nicht zu messen, da ich es nicht als Arbeitsmaßnahme verwende. Fällt mir etwas ein, das ich gerne teile, poste ich. Mal bin ich dort fünf oder zehn Minuten, seltener 30 Minuten. Mal sehe ich ein paar Tage gar nicht hinein, ein andermal zieht es mich dann auch für ein oder gar zwei Stunden hinein, weil ich irgendetwas verfolgen möchte.“
Als wir auf das Thema Hasskommentare zu sprechen kommen, sagt sie: „Hatespeech wird leider überall verwendet, auf nahezu jedem sozialen Medium, ebenso wie im realen Leben. Aus Erfahrung weiß ich, dass Facebook da durchaus einiges unterbindet. Auf meiner Seite bin angenehmerweise ich die Chefin. Ich erkläre meine Regeln von Höflichkeit, Toleranz, Offenheit, Akzeptanz. Wer sich daran nicht hält, fällt, nach einer Verwarnung, aus meinem Bekanntenkreis heraus. Die Datenschutz-Problematik hingegen missfällt mir sehr. Das Weitergeben von Daten, die ‚Vergabe‘ aller Fotos halte ich für falsch und hoffe, dass der Gesetzgeber hier mehr einschreitet. Ich persönlich bin mir der Probleme bewusst und versuche so damit umzugehen, dass mir immer präsent ist, dass jedes Wort und jedes Foto auf Facebook ein öffentliches ist.“
Ihr wichtigster Rat in Sachen Autorenmarketing lautet wie der von Stefanie Hasse: „Tue es nur, wenn es dir Spaß bereitet!“ Ansonsten legt sie allen ans Herz: „Sei nicht zu schnell und zu persönlich, durchaus vorsichtig.“

Als ich den Artikel zu schreiben begann, mich (mal wieder) in die Recherche stürzte, beschloss ich: Schluss. Ich lösche alle meine Konten. Dann habe ich Stefanie Gregg und Stefanie Hasse interviewt. Und bekam plötzlich Lust, wieder aktiver (!) zu werden in meinen Kanälen. Neues zu probieren und neben dem Schlechten auch das Gute der Sozialen Medien zu sehen, die eben auch positive Veränderungen anstoßen. Wer weiß, vielleicht hat dieser Artikel bei mir die Ladehemmung gelöst?

PS: Kaum war dieser Artikel redigiert, las ich, dass die KI, die in Zukunft unsere Bücher schreiben und Leben beeinflussen wird, ihre Informationen über uns auch aus Hatespeech zieht und die dort gefundenen Beleidigungen in ihre Texte einfließen. Daher: Lasst uns die KI mit Informationen über starke Frauen und Diversität füttern!

(1) Jaron Larnier, Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst, Hoffmann und Campe, 2018, S. 45
(2) Jaron Larnier, Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst, Hoffmann und Campe, 2018, S. 16
(3) Zum Beispiel beim Like-Sammeln für den Avatar im Kinderlernprogramm „Anton“ mit Schulstoff für Klasse eins bis zehn: https://anton.app/de/
(4) Jaron Larnier, Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst, Hoffmann und Campe, 2018, S. 31
(5) ADL = Anti-Defamation League; NAACP = National Association for the Advancement of Colored People; Irina Ivanova: More Advertisers fleeing Facebook as boycott grows, CBS News / Moneywatch, 30.6.2020, www.cbsnews.com/news/companies-boycotting-facebook-ads-why-different-than-other-boycott/, zuletzt abgerufen am 13.08.2020
(6) VW und Daimler stoppen YT Werbung, Stuttgarter Nachrichten.de, Panorama, 30.3.2017, www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.hassvideos-vw-und-daimler-stoppen-youtube-werbung.1b75f06f-0bd2-44c7-8cfc-e9eaa4250fb5.html, zuletzt abgerufen am 13.08.2020

Autorin: Janet Clark | www.janet-clark.de | www.facebook.com/janet.clark.autorin
Weiterlesen in: Federwelt, Heft 144, Oktober 2020
Blogbild: Carola Vogt

 

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Dieser Artikel steht in der Federwelt, Heftnr. 144, Oktober 2020: /magazin/federwelt/archiv/federwelt-52020
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