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Filmtechniken fürs Schreiben im Vergleich

Federwelt
Susanne Pavlovic
Filmtechniken fürs Schreiben im Vergleich

Welche Filmtechniken sich fürs Schreiben eignen und welche nicht, Plus- und Minuspunkte, Risikoabwägungen und Chancen.

Haben Sie kürzlich einen Roman von Thomas Mann gelesen? Ungeachtet dessen, ob die Lektüre Ihnen gefallen hat, haben Sie vielleicht festgestellt, dass die Erzählweise und die gesamte Aufbereitung des Stoffes anders sind als in aktuellen Romanen. Die „alten Meister“ verwendeten oft einen auktorialen Duktus, setzten einen Erzähler ein und schufen so eine Ebene, auf der sie direkt mit ihrer Leserschaft kommunizieren konnten (einseitig zumindest). AutorInnen tun das heute noch, wenn sie Informationsblöcke oder Erklärungen in die Handlung ihrer Geschichte einfügen – Infodump nennt man eine solche Textpassage im Lektorenjargon. Heutige LeserInnen fühlen sich bei Infodumps allerdings gelangweilt bis hin zu bevormundet. Deshalb gehören Mann, Hesse und Co. auch nicht mehr zu den beliebtesten Schullektüren.
Was ist passiert?

Bewegte Bilder bewegen

Das Kino und später das Fernsehen haben sich zu den Massenmedien etabliert, wie wir sie heute kennen. Und sie haben durch ihre Allgegenwärtigkeit unsere Art, Geschichten zu erzählen und erzählt zu bekommen, nachhaltig verändert. Auch wenn Thomas Mann vermutlich den einen oder anderen Kinofilm gesehen hat, ist seine Erzählweise dennoch die Fortsetzung der Lagerfeuergeschichte mit anderen (schriftlichen) Mitteln. Heute ist Kopfkino gefragt, um LeserInnen spannend zu unterhalten.
Der wesentliche Unterschied zwischen Lagerfeuer und Kino: Während ich als Zuhörerin am Lagerfeuer den Geschichtenerzähler direkt greifbar habe und mir (freiwillig oder ungewollt) seine Einschätzungen, Kommentare und sein Hintergrundwissen zur Geschichte abholen kann, bin ich im Kino allein mit der Geschichte. Regisseur und Drehbuchautorin sind nicht da. Niemand erklärt mir etwas; ich muss alle nötigen Informationen aus der Handlung erschließen. Wenn Sie als AutorIn Ihr Buch so verfassen, als wär’s ein Film, nennt man das: szenisch schreiben.
Und szenisch ist gleichbedeutend mit spannend.
Gerade wir AutorInnen, die mit bewegten Bildern groß geworden sind, imitieren gerne die Erzählweise dieses Mediums – oft unbewusst und nicht immer zum Besten des Textes. Denn nicht alle Filmtechniken eignen sich dafür, ins Geschriebene übernommen zu werden.

Der Kameraschwenk

Als Silke eintraf, war die Party bereits in vollem Gange. Der Garten war groß, sicher 2000 Quadratmeter, und im hinteren Teil mit Obstbäumen bestanden, zwischen denen Lichterketten bunt blinkten und leuchteten. Der vordere Teil war als opulenter Bauerngarten gehalten. Eine großzügige Terrasse, umrahmt von Blumenbeeten, schwang sich um das Haus.
Auf dem weißen Kiesweg prostete sich ein Pärchen mit Sektgläsern zu. Die Frau trug ein aprikosenfarbenes Kleid zu silbrig glänzenden High Heels, der Mann hatte sich in einen schicken Anzug italienischen Fabrikats geworfen. Ein paar Schritte weiter unterhielten sich zwei dicke Männer lautstark. Sie hatten sich dunkle Flecken unter die Arme geschwitzt und versuchten offenbar, den Flüssigkeitsverlust mit Bier auszugleichen.
Das Haus war im schmucklosen Stil der Sechzigerjahre erbaut, aber inzwischen mehrfach erweitert worden. Die Fassade …

Stundenlang könnte ich so weitermachen, und ich erwarte mindestens ein Fleißsternchen von Ihnen – schließlich habe ich Ihnen alles aufgezählt, was es da zu sehen gibt!
Warum sind Sie trotzdem froh, dass ich mich bremse? Weil ich aufgezählt habe, nicht inszeniert. Ich habe ein Wimmelbild geschaffen, keine Kamerafahrt. Einzelheiten über Einzelheiten, und Sie als LeserIn haben keine Ahnung, was davon Sie sich jetzt merken sollen und was nicht.
Eine Kamerafahrt soll die Aufmerksamkeit der LeserInnen auf bestimmte Informationen richten, die entweder wichtig fürs Ambiente sind oder wichtig für die Handlung. Bezüglich des Ambientes ist die Leserschaft in manchen Genres wie Liebesroman oder Fantasy toleranter als in anderen – ich würde damit aber nie übertreiben. Mit jeder noch so kurzen Beschreibung kommt die Handlung zum Erliegen. Brauche ich gerade einen ruhenden Pol, ist mir eine Beschreibung recht. In aller Regel verträgt eine Geschichte allerdings wesentlich weniger Ruhezonen, als AutorInnen annehmen.
Vollständigkeit ist in diesem Fall tödlich. Beim Versuch, alles zu beschreiben, was Ihnen zum Thema Gartenparty einfällt, überlasten und verwirren Sie Ihre LeserInnen. Sinnvoller ist es, Beschreibungen zu akzentuieren: Sie greifen sich ein Leitmotiv heraus – bei meiner Gartenparty könnte das beispielsweise „Musik und festliche Beleuchtung“ sein – und lassen Ihre LeserInnen den Rest aus ihrer eigenen Lebenserfahrung ergänzen.

Ihre Figur entscheidet

Beschreibungen, die sich aus der Handlung heraus ergeben, sind der Idealfall. Allerdings haben nicht Sie als AutorIn das letzte Wort darüber, was Sie in Nahaufnahme zeigen; Ihre Perspektivfigur entscheidet. Selbst wenn Sie wissen, dass die chinesische Vase auf Seite 56 einen entscheidenden Einfluss auf die Handlung haben wird –, wenn Ihre Figur sich nicht für Porzellan interessiert, wird sie sich auf Seite 28 die Vase nicht näher anschauen, und dann können Sie sie auch nicht näher beschreiben. Wenn’s nicht ohne geht, greifen Sie zu einem Trick und erzwingen die Aufmerksamkeit Ihrer Figur: Ein Katzenbaby, das in der Vase festsitzt und von der tierlieben Silke gerettet wird, holt die Vase ins Bild, ohne dass Silke eine Schwäche für chinesische Vasen hat. Bei Katzenallergiker Klaus funktioniert der gleiche Trick natürlich nicht.

Pluspunkt: Der Kameraschwenk bietet Ihnen zwei Möglichkeiten zugleich. Zum einen bringen Sie Ihrer Leserschaft Ihr Setting nahe – und je ungewöhnlicher das ist, desto mehr lohnt sich der Schwenk –, zum anderen können Sie ihn nutzen, um Ihre Perspektivfigur zu charakterisieren. Klaus, der erfolgreiche Gartenarchitekt, wird unsere Gartenparty ganz anders wahrnehmen als Silke, die den Trubel nutzen will, um ein Diamantcollier zu stehlen. Die selektive Wahrnehmung Ihrer Perspektivfigur wirkt sich direkt auf den Schwerpunkt Ihrer Beschreibung aus.
Das Wichtigste bei einer Kamerafahrt: Sie ist, wie der Name schon sagt, dynamisch. Bleiben Sie mit Ihren Bildern in Bewegung. Am einfachsten erreichen Sie das, indem Sie Ihre Perspektivfigur in Bewegung setzen: Silke, die auf der Suche nach Klaus durch Haus und Garten irrt, transportiert ein sehr viel bewegteres Bild als Silke, die unter den Bäumen rumsteht und die Pailletten auf dem Kleid der Aprikosenfrau zählt.

Risiko: Ein guter Kameraschwenk gelingt Ihnen nur, wenn Sie einerseits Ihre Perspektivfigur gut kennen und gleichzeitig in der Lage sind, sich Details zu sparen, für die sich Ihr Held oder Ihre Heldin aktuell nicht interessiert. Gerade Letzteres macht vielen AutorInnen Probleme: „Aber ich hab mir das so schön ausgedacht, jetzt will ich das auch loswerden! Wollen meine Leser nicht wissen, was da für eine Lampe über der Tür hängt?“ Wenn wir ein Setting planen, denken wir alle uns mehr Details aus, als wir später verwenden, das ist normal. Und: „Nein, wollen sie nicht.“

Die epische Slow-Motion

Seien es Autos, die in Zeitlupe explodieren, oder der Held, der sich mit einem akrobatischen Hechtsprung gerade noch in Sicherheit bringt, sei es der entscheidende Todesstoß oder der Griff nach dem Ring der Macht – Slo-Mo verleiht Bildern Wucht und Nachdruck. Was in Echtzeit in eins Komma acht Sekunden abgefrühstückt wäre, hält so länger vor, und wir Zuschauer haben mehr Zeit, das Talent des Helden, die Bedeutung des Augenblicks, die emotionale Tiefe der Situation auszukosten.
Gleiches gilt beim geschriebenen Wort. So sehr ich fürs temporeiche Erzählen bin, so wenig ist „Echtzeiterzählen“ immer das Mittel der Wahl.
Das Auto flog in die Luft. Mit einem beherzten Sprung brachte Klaus sich unter der Veranda in Sicherheit.
Eins Komma acht Sekunden. Gähn.
Slo-Mo beim Schreiben entsteht, indem Sie ein Ereignis in seine Einzelteile zerlegen und es Station für Station beschreiben. Für die richtige Dosis ist ein bisschen Fingerspitzengefühl gefragt, denn, siehe oben, Beschreibungen ziehen Ihnen immer Tempo aus dem Text.
Klaus stürmte aus dem Haus. Wo war der Vermummte? Wo war Silke? Hinter der Hecke ging er in Deckung und spähte auf die Straße. Kaum eine Armlänge entfernt stand sein Polo. Den hatte er doch weiter vorne in der Einfahrt geparkt? Und was blinkte da hinter dem Radkasten? Ein kleines rotes Licht. An. Aus. An. Aus.
O Gott.
Klaus sprang auf und rannte. Die Druckwelle erfasste ihn im Sprung und schleuderte ihn zwischen den Pfosten hindurch unter die Veranda. Dreck spritzte. Der Knall ließ ein lautes Pfeifen in seinen Ohren zurück. Und dann stellte er fest, dass sein Hemd brannte …

Wir kommen hier nicht vom Ergebnis („Das Auto explodierte“), sondern tauchen in den Prozess ein. Wir nehmen uns sogar Zeit für eine Schrecksekunde: O Gott. Es zu lesen dauert vermutlich länger, als es live zu erleben, aber uns geht es hier um den Anschein von Tempo und Dynamik, nicht darum, in Echtzeit fertig zu werden.

Pluspunkt: Slo-Mo lädt ein Ereignis mit Bedeutung auf. Es bleibt länger im Gedächtnis. Das Epische kommt dann ganz von selbst. Im Übrigen haben Sie mit Tempowechseln ein hervorragendes Erzählinstrument an der Hand, um Ihren Text dynamischer zu gestalten.

Risiko: Reiten Sie nicht zu lange drauf rum. Slo-Mo ist nur so lange episch, wie die emotionale Anspannung Ihrer LeserInnen trägt – und das ist kürzer, als Sie glauben. Eine Slo-Mo-Szene sollte sich binnen weniger Sekunden (Richtwert: unter 10) lesen lassen. Sie benutzen dieses Mittel ja, um ein Ereignis von ein, zwei Sekunden „Echtzeit“ spannend zu inszenieren; da brauchen Sie keine halbe Stunde Lesezeit draus zu machen.

Der Tunnelblick

Sie kennen das vermutlich: Wenn Sie Stress haben, verengen sich Empfinden und Wahrnehmung auf den wichtigsten, den stressauslösenden Punkt. Sie sind zehn Minuten über der Zeit, der anstehende Termin ist ungeheuer wichtig und der blöde Autoschlüssel ist weg? Keine taubekränzte Rosenblüte im Garten kann Ihre Aufmerksamkeit erhaschen, der Duft frischer Brötchen lockt Sie nicht, Ihr Lieblingslied im Radio ist Ihnen wurscht – Sie brauchen den Sch…-Autoschlüssel, jetzt!
Der Tunnelblick im Film entfernt oft den Protagonisten aus dem Bild. Die wackelige Kamera rast durch Räume und Flure, dreht sich um sich selbst, zoomt auf den Tisch – Mist, kein Schlüssel! – saust in halsbrecherischem Tempo in die Küche … Wir sind in der Egoshooter-Perspektive, beobachten die Hauptfigur nicht nur, sondern sitzen hinter ihrer Stirn und gucken zu ihren Augen raus. Dieser Kniff erzeugt die maximale, nicht weiter steigerbare Nähe zwischen Figur und Zuschauer.
Den Tunnelblick sprachlich umzusetzen, erfordert zweierlei: einen gnadenlos verfolgten roten Faden und die Bereitschaft, Dinge wegzulassen. Sie sparen alle Gedanken, alle gedachten oder gesprochenen Kommentare, alle Beschreibungen, die nicht direkt mit Ihrem roten Faden verknüpft sind. Sprachlich erzeugen Sie Druck, indem Sie Sätze verkürzen oder auf Halbsätze einschmelzen: Kein Schlüssel. Auch im Bad nicht! Wo suche ich noch? Treppenhaus! Ich hänge auch gerne mal viele kurze Sätze mit Komma aneinander – ein Komma zwingt den Leser, auf der Suche nach dem Punkt immer weiterzulesen. Über fünf oder sechs Zeilen gezogen, verspürt der Leser dadurch ein wenig von dem Druck, unter dem meine Figur steht.

Pluspunkt: Sie erzeugen Druck und Tempo und bringen LeserIn und Held oder Heldin untrennbar nah zusammen. Mit ruhigen Passagen abgewechselt, entsteht im Text eine interessante Dynamik.

Risiko: Auch hier gilt: Die Dosis macht das Gift. Der Tunnelblick reduziert die Wahrnehmung und das Empfinden Ihrer Figur – dadurch geht auch Vielfalt verloren. Wird der Tunnelblick für alltägliche Stresssituationen verwendet, wo es also nicht „um die Wurst“ geht, kippen Ihre Figuren schnell ins Hysterische.

Der Zoom

Irgendwo in den Tiefen des Weltalls ist ein kleiner blauer Planet unterwegs. Durchbricht man seine Wolkendecke, sieht man unter sich eine große Landmasse liegen, umschlossen von Ozeanen. Der ausgefranste linke Rand davon nennt sich Europa, hier mittig liegt Deutschland, im Süden davon eine austauschbare Kleinstadt, bestehend aus Grünflächen, Dächern, Straßen und Autos. Wir rauschen unter der Eisenbahnbrücke durch, von einer breiten Straße in eine schmale, von dort aus in einen Hinterhof und durch ein Fenster in ein Schlafzimmer, wo Silke gerade den Wecker zum Schweigen bringt und sich ein Kissen aufs Gesicht drückt.
Im Kino haben wir das alle schon mal gesehen. Je nach 3D-Verträglichkeit war uns kurz schwindelig, dann waren wir bei Silke und haben verfolgt, wie sie sich vom Bett unter die Dusche kämpft. Das Ganze hat vielleicht fünf oder sechs Sekunden gedauert.
Ich wette, Sie haben länger gebraucht, um den obigen „Rücksturz zur Erde“ zu lesen – dabei habe ich mich wirklich kurz gefasst. Wollte ich einen Roman so beginnen, müsste ich die Beschreibungen ausführlicher halten, um von den Klischees wegzukommen, und Sie würden noch länger lesen. Der rasante Rücksturz verwandelte sich so in das gemächliche Absinken eines Löwenzahnsamens. Hat was Meditatives – aber Sie wollen Ihre LeserInnen ja packen, nicht einschläfern.

Minuspunkt: Besonders Thriller- und Krimi-AutorInnen neigen auffallend dazu, ihre Geschichten so zu beginnen. Ich nehme an, der Zoom wird als angenehme Möglichkeit empfunden, sich selbst dem Setting und den Protagonisten anzunähern, sich sozusagen warm zu schreiben.
Den rasanten Absturz, den bewegte Bilder liefern können, kriegen Sie mit Sprache aber schlecht nachgebaut. Imitate sind immer behäbig, verlangen nach Beschreibungen, und Beschreibungen nehmen Ihnen, siehe oben, Tempo aus dem Text.

Chance: Wenn Sie einen auktorialen Erzählstil pflegen und diesen im gesamten Roman durchhalten, wenn Sie darüber hinaus in der Lage sind, Ihren auktorialen Erzähler so zu gestalten, dass er einen echten Mehrwert darstellt (für die LeserInnen, wohlgemerkt, nicht für Sie), und wenn Sie es auch noch schaffen, einen Zoom so interessant wie originell zu gestalten – dann will ich Sie nicht aufhalten.

Head Hopping

Ich lese gerne mal Romane aus dem Universum der Stargate – Atlantis-Fernsehserie. Die Romane orientieren sich in ihrer Erzählstruktur sehr an den Folgen der Serie. Wir sind im Technikraum, der Teamleiter ist unsere Perspektivfigur. Er führt eine heiße Diskussion mit dem Technik-Nerd, ob die Welt besser linksrum oder rechtsrum zu retten wäre. Man einigt sich auf rechtsrum und verlässt federnden Schrittes den Raum. Die Kamera, die bisher dem Teamleiter folgte, bleibt aber im Technikraum, wo der Kollege des Technik-Nerds, der immer die Schuld kriegt, wenn’s schief geht, auf Tschechisch flucht und sich an die Arbeit macht.
Im Film ist uns diese Erzählweise vertraut. Die Kamera ist ein unabhängiges Wesen und begleitet mal diese Heldin, mal jenen Helden. Wir sehen auf dem Bildschirm, mit wem wir es zu tun haben. Im Text fehlt uns aber der optische Hinweis: „Teamleiter geht raus – Kamera bleibt – jetzt im Bild ganz vorne: Technikerkollege.“ Wenn der Übergang im Text weicher ist, merke ich als Leserin oft gar nicht, dass ich vom Teamleiter zum Techniker hätte umsteigen müssen; ich bin weiter beim Teamleiter und stolpere, wenn meine Lektüre unter diesem Vorzeichen keinen Sinn mehr ergibt.

In wessen Kopf bin ich?
LektorInnen nennen so etwas „Head Hopping“ – das unbemerkte Gleiten aus der Perspektive der einen Figur in die der nächsten. In aller Regel trägt das nachhaltig zur Verwirrung des Lesers bei. Im schlimmsten Fall zieht sich der Leser emotional aus der Geschichte raus. Er ist ja nur noch damit beschäftigt, zu dechiffrieren, in wessen Kopf er jetzt wieder zu Gast ist. Und auch ich als Leserin hätte mehr Spaß mit meinen Stargate-Romanen, wenn das mal jemand den AutorInnen erklärt hätte.

Minuspunkt: Das unbemerkte Gleiten zwischen Perspektivfiguren verwirrt Ihre Leserschaft und lässt sie aus der Geschichte auftauchen, um über den eigentlichen Prozess des Lesens nachzudenken. Ihre LeserInnen müssen ihr Kopfkino justieren und schlimmstenfalls Szenen „neu verfilmen“ – sie sind ja plötzlich nicht mehr bei Klaus, wie sie eigentlich dachten, sondern bei Silke. All das unterbricht die Immersion, das völlige Eintauchen in die Geschichte, und ist deshalb unbedingt zu vermeiden.

Chance: Keine. Lassen Sie’s. Head Hopping gilt zumindest in der Unterhaltungsliteratur als handwerklicher Fehler, der Sie als AnfängerIn entlarvt. Was nicht heißt, dass es nicht auch Romane gibt, in denen Head Hopping vorkommt, siehe oben. Aber es gibt auch Menschen, die stellen sich an den oberen Rand von Wolkenkratzern, und ich muss das wirklich nicht nachmachen.
Wenn Sie die Erzählperspektive wechseln wollen, tun Sie’s anlässlich eines neuen Kapitels oder zumindest bei einem Szenenwechsel, angekündigt durch eine Leerzeile.

Autorin: Susanne Pavlovic | www.textehexe.com
Erschienen in: Federwelt, Heft 128, Februar 2018
Blogbild: Photo by Patrick Hendry on Unsplash

 

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