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Erfolgreich bloggen

Federwelt
Nicole Neuberger

Erfolgreich bloggen
Eine „gute Schreibe“ allein genügt nicht
Von Nicole Neuberger
Die italienische Modebloggerin Chiara Ferragni (The Blonde Salad) hat 2015 rund acht Millionen US-Dollar verdient. Damit gehörte sie laut Forbes zu den 30 weltweit einflussreichsten Personen unter 30 im Bereich Kunst und Stil.

Das Einkommen klingt utopisch und ist dennoch nicht einmalig. Die gebürtige Schweizerin Kristina Bazan (Kayture) soll allein durch ihren Vertrag mit einem Kosmetikhersteller ähnlich viel erwirtschaftet haben. Aber nicht nur Modebloggerinnen verdienen das ganz große Geld. Auch Inhaber von Technikblogs wie TechCrunch sowie Fitness- und Foodblogger leben bequem von ihrer Tätigkeit. Doch wie ist das möglich? Wie unterscheiden sich die Superverdiener von denen, die nicht vom Bloggen leben können? Und was können AutorInnen von ihnen lernen?

Erfolgreiche Bloggerinnen müssen heute ein Rundumpaket bieten. Sie müssen sogenannte „Influencer“, also Meinungsmacher, werden. Dazu nutzen sie in erster Linie Social-Media-Kanäle.

Kristina Bazan beispielsweise hat über 2,3 Millionen Instagram-Follower. Ein gekonnt gepostetes Produkt oder eine ausgesprochene Empfehlung bringt einer Marke leicht einen ordentlichen Umsatzsprung, für den sie gerne bereit ist, die Bloggerin fürstlich zu entlohnen. Wer glaubt, er könne mit schönen Fotos und cleveren Texten nebenbei ebenfalls ein hübsches Sümmchen verdienen – es müssen ja nicht Millionen sein –, liegt falsch. Diese Art zu bloggen ist kein Job, sondern eine Lebenseinstellung. Die Bloggerinnen arbeiten nicht von neun bis fünf, sondern rund um die Uhr. Das Schreiben von Artikeln und das Fotografieren machen nur einen Bruchteil der Arbeit aus.

Ein Blog ist ein Unternehmen

Ein Blog, der Aussicht auf großen Erfolg hat, ist ein Unternehmen, das es zu managen gilt, Büroarbeit und Organisation inklusive. Hinzu kommen Events, aktives Netzwerken und eben Social-Media-Management. Und all das müssten Sie als AutorInnen neben Ihrer eigentlichen Arbeit, dem Schreiben, bewältigen.

Das Internet ist schnelllebig, die LeserInnen erwarten täglich neue Inhalte und die Konkurrenz schläft nicht. Ein Blog macht Arbeit und wer nicht bereit ist, viele Stunden zu investieren, sollte ihn als Hobby betrachten.

Die Aussage „Wer seinen Blog behandelt wie ein Hobby, wird niemals mehr verdienen als bei einem Hobby“ stimmt zu hundert Prozent. Dennoch lohnt es sich zu beginnen. Ein Blog kann die perfekte Ausgangsbasis für den Aufbau einer Autorenmarke bilden.

Doch was macht einen guten Blog aus? Die Antwort ist leicht: Qualität. Sowohl technisch als auch inhaltlich. Viele NeueinsteigerInnen entscheiden sich für eine der kostenlosen Plattformen wie Blogger.de oder Jimdo. Das erscheint zunächst praktisch. Die Einrichtung ist kinderleicht, es geht kein Geld verloren. Problematisch wird es jedoch, wenn sich Erfolg einstellt. Die Designvorlagen lassen oft nicht ausreichend Spielraum, die Blogadresse enthält den Zusatz des jeweilige Anbieters und ist meist viel zu lang, ein späterer Wechsel zur eigenen Domain schwierig. Der etablierte Blogname könnte bereits vergeben sein und die hart erarbeitete Linkstruktur bezieht sich auf die zuerst gewählte Adresse. Wer ernsthaft starten will, sollte also eine selbstständige Domain wählen. Der Name muss neu und einprägsam sein sowie Platz für Entwicklung lassen. Für AutorInnen ist oft der eigene Name oder das Pseudonym als Webadresse die beste Wahl, weil LeserInnen genau danach am ehesten suchen. Neben dem perfekten Namen und guter Technik ist natürlich auch die Optik wichtig.

Ansprechende Optik

Mit Instagram, Tumblr und Snapchat erobern optische Medien mehr und mehr die Social-Media-Landschaft. Um mit dem eigenen Blog mitzuhalten, sollte man – auch als AutorIn – dem Trend folgen. Das klingt zunächst unklug, will man sich doch von der Konkurrenz absetzen, ist aber absolut ratsam. Das Stichwort hierzu heißt: Sehgewohnheit. Wir empfinden Dinge, die dem Zeitgeist entsprechen, als angenehm, andere als skurril oder sogar altmodisch. Dies gilt für Filme, Mode und eben auch für das Internet. Das richtige Design für einen Blog sollte also modern sein und zur Zielgruppe passen. Ein Blick auf die Konkurrenz ist oft Gold wert. Ist der Blog einmal im Netz, beginnt die (tägliche) Arbeit. Fehlerfreie Texte sind selbstverständlich, genauso wie hochwertige Fotos. Dazu reicht es nicht, ein schnelles Foto mit dem Handy zu knipsen und hochzuladen. Die Bilder sollten gut belichtet, scharf und vor allen Dingen interessant sein. Und wenn ein Foto schnell optimiert werden soll, um es sofort zu „teilen“? Bieten sich Fotobearbeitungs-Apps an: zum Aufhellen, Zuschneiden et cetera. Apps wie Afterlight, PowerCam ™ oder Snappseed. Für alle, die Bilderstrecken veröffentlichen wollen – etwa von Lesungen oder Reisen –, gilt es, auf Ladezeiten zu achten. Tipp: Die Fotos entweder in einer Galerie unterbringen oder nach dem „Weiterlesen“-Klick, damit die Startseite auf allen Geräten problemlos lädt.

Was macht einen guten Blog erfolgreich?

  1. BloggerInnen müssen für ihr Blogthema brennen, sodass sie regelmäßig darüber schreiben können. Das klingt offensichtlich, sollte aber durchdacht werden. Test für Neueinsteiger: Können Sie spontan mindestens zwanzig Artikelthemen aufzählen? Ihnen sollte nicht schon nach wenigen Wochen die Luft ausgehen. Das gilt auch für AutorInnen. Sind die Coverenthüllung und der Klappentext Ihres nächsten Buches die einzigen Themen, die Ihnen für den Blog in den Sinn kommen? Dann sollten Sie keinen Blog im eigentlichen Sinne wählen, sondern auf Ihrer Webseite eine Newskategorie einführen, die Sie mit Neuigkeiten zu Ihren Büchern füllen. Ein echter Blog ist mehr als die Ankündigung des nächsten Werkes.
  2. Die eigene Nische finden. Mode und Beauty, Reisen, Technik, Ernährung, Gesundheit, Partnerschaft und Bücher sind die beliebtesten Themen. Entsprechend viele BloggerInnen gibt es in diesen Bereichen. Trotzdem bleibt genügend Raum für Neues. Lokal bezogene Blogs beispielweise – mit Empfehlungen für Restaurants, Hotels, Buchhandlungen, Ausflüge – sind selten. Für AutorInnen von Büchern mit regionalem Bezug ist dies eine tolle Möglichkeit, neue LeserInnen auf sich aufmerksam zu machen. Eine Führung durch die Stadt oder Region, in der Ihre Bücher spielen, ist nicht nur für eingefleischte Fans eine Bereicherung. Auch besondere Themen wie interkontinentale Reisen mit Kind, Reisen mit Hunden oder auch Technik für Senioren bieten sich als Nische an und sind für SachbuchautorInnen aus diesen oder verwandten Themengebieten interessante Blogthemen. Wichtig: Halten Sie sich an aktuelle, persönliche Themen oder orientieren Sie sich an Ihren Buchinhalten. Überlegen Sie als Neueinsteiger gut, ob Sie sich wirklich in die lange Reihe von Schreibtippgebern stellen möchten. Eine Nische ist dieses Gebiet längst nicht mehr und als Neuling müssten Sie das Rad neu erfinden, um sich gegen die alten Hasen durchzusetzen.
  3. Die gängigen Social-Media-Plattformen einbeziehen: Instagram und Facebook sind unumgänglich. Für ReisebloggerInnen ist Snapchat ebenfalls ein Muss. Die Plattform liefert authentische ungefilterte Eindrücke. Pinterest und Twitter sind für viele Blogger eine gute Idee. Pinterest besonders für fotostarke Blogs.
  4. Networking ist das A und O des Bloggens. BloggerInnen begreifen sich als Gemeinschaft und helfen einander mit Empfehlungen und Verlinkungen.
  5. Dranbleiben. Das gilt für neue Trends ebenso wie für neue Technik. Konzepte funktionieren nur so lange, bis ein neues spannenderes daherkommt und die Internetgemeinde weiterzieht.

 

Geld verdienen mit dem Autorenblog – sinnvoll?

Steht der Blog inhaltlich und technisch, denken viele BloggerInnen ans Geldverdienen. Zu den Klassikern unter den Verdienstmöglichkeiten gehören Banner. Sie eignen sich allerdings nur bei extrem hohen Klickzahlen und: Sie stören viele BlogleserInnen und verlieren aufgrund von Werbeblockern zunehmend an Bedeutung. Affiliate Links, das sind Links zu Onlineshops bei denen der Blogger pro Leserklick bezahlt oder am Umsatz beteiligt wird, lohnen sich vor allem für Mode- und Beautyblogger. AutorInnen können Affiliate Links zu ihren Büchern in den entsprechenden Onlineshops setzen, reich werden sie allerdings damit nicht.

Die häufigste Einnahmequelle ist heute so genannter bezahlter Content. Das heißt, ein Unternehmen bezahlt die Bloggerin, den Blogger dafür, dass er über ein Produkt – zum Beispiel einen neuen Lippenstift, ein neues Tablet oder ein Hotel – berichtet. Die jeweiligen Produkte oder Reisen sind für die Blogger kostenlos. Je bekannter eine Seite ist, desto mehr kostenlose Produkte bekommt die Bloggerin unaufgefordert zugeschickt. Diese zusätzliche Einnahmequelle steht vor allem SachbuchautorInnen offen, sollte allerdings genau geprüft werden. Sponsoren haben Erwartungen. Sie wollen ihr Produkt im rechten Licht präsentiert sehen. Hier gilt es Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen. Eine Marke als Sponsor des eigenen Kochblogs kann lukrativ sein. Verschreckt die Dauerpräsenz allerdings LeserInnen, ist der Preis eventuell zu hoch. Erfolgreiche BloggerInnen verdienen außerdem Geld durch ihre Bekanntheit. Sie treten als Experten für ihr Thema bei Veranstaltungen auf, arbeiten als MarkenbotschafterIn oder veröffentlichen dank ihres Blogs Bücher.

Vom Blog zum Buch

Der Schritt vom Blogautor zum Buchautor ist besonders in Deutschland noch eher selten, obwohl er naheliegt. Christine Neder (Lilies Diary) bloggt über den alltäglichen Wahnsinn. Mit ihrem Projekt 90 Nächte, 90 Betten, für das sie 90 Nächte durch Berlin von Couch zu Couch surfte, erntete sie so viel Aufmerksamkeit, dass Spiegel online ihr eine Kolumne einräumte und der Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf sie bat, ihre Blogartikel für ein Buch aufzubereiten. Das Nachfolgeprojekt 40 Festivals in 40 Wochen war ebenso erfolgreich und brachte Christine Neder einen weiteren Buchvertrag ein. Stefanie Luxat schreibt auf ihrem Lifestyleblog Ohhh...Mhhh über Interieur, Mode, Kinder, Gastgeben und in ihrer persönlichen Kolumne auch über Gespräche mit ihrem Mann, Freunden und der Familie. Verwandelt hat sie ihre Erkenntnisse inzwischen in ein Wohnbuch (das meist verkaufte 2014!), je einen Ratgeber zum Thema Heiraten und Partnerschaft sowie eine Ideensammlung für „kreatives Gastgeben“. Ihr Blog und die Bücher sind so erfolgreich, dass sie gelegentlich beim NDR zu Gast ist, um ihre Wohn- und Dekorationsideen vorzustellen. Virginia „Jeanny“ Horstmann hat die Rezepte ihres Foodblogs Zucker, Zimt und Liebe mithilfe des Hölker Verlags in zwei Rezeptbücher verwandelt und zeigt eindrucksvoll, wie wichtig gute Fotos für den Erfolg sind.

Vom Buch zum Blog – Als AutorIn bloggen

Auch wenn in der deutschsprachigen Blogosphäre Verdienste von Millionen utopisch bleiben ... das Bloggen kann sich lohnen, wenn Sie genügend Arbeit und Herzblut hineinstecken. Für AutorInnen hat ein Blog gleich zwei große Vorteile: Er bietet Ihnen eine weitere Plattform zum Schreiben und gleichzeitig die Möglichkeit, sich als Autorenmarke zu etablieren und Ihren LeserInnen näherzukommen.

Zunächst sei noch einmal betont: Eine Newsseite mit Erscheinungsterminen der nächsten Romane, den Daten von Lesungen und Signierstunden ist kein Blog. Solche Seiten werden von LeserInnen zwar besucht, wenn sie zum Beispiel Infos zu einer Fortsetzung suchen, aber nicht wöchentlich oder sogar täglich. Ein Blog lebt von interessanten Artikeln und Fotos. Dazu zählen natürlich auch Informationen zu den eigenen Büchern, aber eben nicht nur. Schlecht ist eine solche Neuigkeiten-Rubrik deshalb nicht. Im Gegenteil, sie sollte auf keiner Homepage fehlen und ist für AutorInnen, die keine Zeit, Lust oder Muße zum Bloggen haben, eine gute Alternative*.

Wer etwas zu sagen hat, vielleicht sogar über die Themen der eigenen Bücher hinaus, findet unter den KollegInnen einige tolle Vorbilder. Zoë Beck zum Beispiel schreibt auf ihrem Blog sehr lesenswerte und persönliche Artikel über Politik, Gesellschaft und Gleichberechtigung. Jan Weiler veröffentlicht auf seiner Webseite Kolumnen, die ebenfalls als Podcast erscheinen und mit ebenso viel Witz und Sorgfalt geschrieben sind wie seine Bücher. Solche Autorenblogs sind selbst für LeserInnen interessant, die nie ein Buch des Autors, der Autorin gelesen haben. Wenn Sie nicht über aktuelle Themen schreiben möchten, schreiben Sie über Ihr Leben. Adriana Popescu berichtet auf ihrem Blog über näher rückende Deadlines, ihre musikalische Inspiration und die Reise von der ersten, leeren Seite bis zum fertigen Roman. Das alles verpackt in die perfekte Optik. Modern, ansprechend und trotzdem schlicht. Seien Sie kreativ. Veröffentlichen Sie das Rezept zu den Muffins, die Ihre Protagonistin backt. Zeigen Sie die Reiseroute Ihres Roadtrip-Romans auf einer individuellen Karte. Liefern Sie interessante Anekdoten aus Ihrem Alltag als AutorIn oder Informationen, die Sie während Ihrer Recherche entdeckt haben. Oder veröffentlichen Sie eine Kurzgeschichte online und gewinnen so neue LeserInnen für Ihre Bücher. Sarah Reitz’ Roman Heartbreakers erscheint häppchenweise einmal pro Woche auf ihrem Blog: http://sarah-reitz.de/heartbreakers/.

Egal, worüber Sie schreiben, seien Sie verlässlich: Wenn Sie Ihren Blog neben Ihren Büchern etablieren wollen und Ihren LeserInnen einen echten Mehrwert liefern, müssen Sie regelmäßig schreiben. Von Modebloggerinnen werden tägliche Artikel verlangt, von Foodblogs mehrere Einträge pro Woche, Reiseblogger sind ähnlich gefordert. AutorInnen können ihren Blog etwas entspannter angehen. Ein bis zwei Kolumnen im Monat sind ausreichend. Wichtig ist, dass Ihre LeserInnen wissen, wann sie etwas Neues erwarten können (zum Beispiel jeden zweiten Montag), und nicht mehrfach vergeblich auf Ihrem Blog vorbeischauen. Allen, die sich nicht zum Bloggen berufen fühlen, zum Trost, sei versichert, dass Sie auch ohne eigenen Blog Ihre Bücher verkaufen können. Dora Heldt schreibt – wie viele andere AutorInnen auch – ganz ohne Blog Bestseller.

Autorin: Nicle Neuberger | http://nicoleneuberger.de/
In: Federwelt, Heft 120, Oktober 2016
 

 

* Zwei „Neuigkeitenblogs“ zum Reinschnuppern: http://tanyastewner.de/aktuelles/blog/; www.sebastianfitzek.de/news