Für wen ist ein Medientraining geeignet? Was kann man dabei lernen? Und woran erkennt man die Qualität von Trainerinnen und Trainern?
Wann und für wen zahlen Verlage einen Medientrainer oder eine Medientrainerin?
Der Verlag zahlt ein Training für Autoren, bei denen die Pressestelle sicher ist, dass Bestseller-Potenzial da ist. Sprich: Die Medien haben vorab Interesse angemeldet, Interviews stehen ins Haus und vielleicht hat sogar schon eine Talkshow für ein Vorgespräch – das ist ein Vorab-Interview mit einem Talkshow-Redakteur – angeklopft. Je knackiger und überzeugender der Autor seine Kernthesen formulieren kann und je sympathischer und lockerer er rüberkommt, desto größer sind die Chancen, in den Medien zu landen und noch mehr Interviews an Land zu ziehen. Und damit steigen auch die Chancen, wirklich einen Bestseller zu landen.
Wenn ich nun aber nicht das Glück habe, dass mein Verlag mir ein Medientraining anbietet – wie und wo finde ich am besten eine Medientrainerin oder einen Medientrainer?
Da kann man im Internet suchen, in jeder größeren Stadt gibt es Journalisten, die diesen Service anbieten. Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt, aber es sind viele tolle Kollegen unterwegs.
Woran erkenne ich, dass ich an jemand Professionellen geraten bin?
Man sollte sich die Vita und die Erfahrung angucken und, wenn man Zweifel hat, mal nachfragen, mit welchem Verlag oder welcher Autorin derjenige zuletzt zusammengearbeitet hat. Ansonsten würde ich sagen: Erst mal unverbindlich telefonieren – und danach wird man ein Gefühl dafür haben, ob es passt, denn die Wünsche sind sehr individuell: Der eine braucht jemanden, der nur erzählt, dass er gut ist, der andere will vor allem wissen, was er anziehen soll, die nächste will Konfrontation üben ...
Muss ein Training immer persönlich stattfinden oder geht so was auch schon per Skype?
Das geht auch per Skype, wenn man vor allem die Inhalte seines Buches und schlagfertige Antworten üben will. Wenn es um das Agieren und Üben vor der Kamera geht, ist ein persönliches Treffen nötig. Oder auch, wenn es sehr lange dauert, weil man seine wichtigsten Aussagen und die Begründungen dafür noch erarbeiten muss. Dann ist es einfach für beide viel angenehmer zusammenzusitzen.
Wie viel Zeit muss ich für ein Medientraining einplanen?
Mindestens zwei bis drei Stunden, danach ist meistens die Konzentration weg. Dann gilt es, erst mal zu verarbeiten, was man gehört und gelernt hat. Oft reicht ein Termin, um sich sicherer und gut vorbereitet zu fühlen. Falls nicht, schiebt man ein zweites Training nach.
Was kann ich alles bei einem Medientraining lernen?
Zum einen geht es darum, die eigenen Inhalte rüberzubringen. Wenn ein Buch erscheint, ist es oft ein Jahr her, seit der Autor oder die Autorin das Manuskript abgegeben hat. Erster Rat: Man sollte das eigene Buch intensiv mit Textmarker durcharbeiten, auch wenn es schwerfällt.
Wenn ich ein Medientraining gebe, lese ich vorab das Buch und notiere mir Fragen, die ungefähr so auch in einer Talkshow oder in einem Interview fallen werden. Ich erkenne, welche Aussagen Widersprüche hervorrufen könnten, wo Kontroversen auf dich zukommen könnten oder wo Nachfragen entstehen werden, weil im Buch Informationen weggelassen wurden.
Wie bleibe ich auch dann noch ruhig, wenn ich mit Sätzen wie „Ist es nicht eher so, dass ...?“ herausgefordert werde?
Dafür entwickeln wir gemeinsam schlagfertige Antworten. Und dann heißt es: üben, üben, üben … Wie lautet die Kernthese, wie begründe ich sie, was will ich mit dem Buch bewirken? Oder: Was sind die besten und unterhaltsamsten Geschichten? Wie setze ich meine Pointen?
Ich erzähle aber auch immer viel über die Abläufe hinter den Kulissen einer Talkshow, gebe ein paar Tipps gegen Lampenfieber, spreche über die „Klamottenwahl“ und worauf man achten sollte, um gut rüberzukommen.
Ein Kameratraining ist für Menschen wichtig, die regelmäßig auftreten müssen wie Pressesprecher, Moderatorinnen und Politiker. Bei Autorinnen und Autoren rate ich gar nicht immer dazu, denn wenn man sich selbst zum ersten Mal auf dem Bildschirm sieht und genauestens analysiert, wird man womöglich nur viel nervöser und beginnt, an sich zu zweifeln. Dann ist plötzlich die Authentizität weg – und das spüren alle, die zuschauen.
In welchen Fällen halten Sie ein Medientraining für unverzichtbar?
Wenn jemand extrem unter Lampenfieber leidet und wirklich Angst vor einem Interview hat, sollte man mit einem Profi üben. Ansonsten ist so ein Medientraining eine Art Sahnehäubchen. Es hilft, aber es ist keine Grundvoraussetzung. Es gibt erstaunlich viele Naturtalente, die im Moment des Interviews einfach „funktionieren“, auch wenn sie kurz vorher noch vor Nervosität die Wände hochgegangen sind.
Was kostet eine Stunde? In welchem Rahmen bewegen sich die Kosten?
Nach oben sind die Grenzen vermutlich offen, aber da in einem guten Medientraining viel Vorarbeit steckt, muss man schon mehrere Hundert bis Tausend Euro einplanen. Je nachdem, wie lange das dauert, wie oft man sich trifft und was man alles üben will.
Haben Sie einen Rat für AutorInnen, wie sie ihren Verlag überzeugen können, ein Training zu spendieren oder zumindest die Kosten zu teilen?
Teilen ist ein guter Ansatz, es signalisiert, dass man es ernst meint. Das Geld sitzt bei den Verlagen nicht mehr so locker wie noch vor ein paar Jahren. Die MitarbeiterInnen in der Pressestelle können aufgrund ihrer Erfahrung meist ...
[5.290 von insgesamt 12.878 Zeichen]
Autor: Adrienne Friedländer
Weiterlesen in: Federwelt, Heft 131, August 2018
Blogbild: Photo by Daiga Ella on Unsplash
WARUM ENDET DIESER ARTIKEL HIER?
Es kostet viel Geld, die Federwelt mit all ihren Fachinformationen herzustellen: Autorinnen und Autoren, die für uns schreiben, erhalten ein Honorar. Die Redaktion, das Korrektorat, Layout, Druck und (digitaler) Vertrieb - das alles kostet. Dieses Geld müssen wir durch den Verkauf von Heften und Abos erwirtschaften. Daher können wir unsere Inhalte nicht verschenken.SIE MÖCHTEN MEHR LESEN?
Dieser Artikel steht in der Federwelt, Heftnr. 131, August 2018: /magazin/federwelt/archiv/federwelt-42018
Sie möchten diese Ausgabe erwerben und unsere Arbeit damit unterstützen?
Als Print-Ausgabe oder als PDF? - Beides ist möglich:
Sie haben gerne etwas zum Anfassen, und es macht Ihnen nichts aus, sich zwei, drei Tage zu gedulden?
Dann bestellen Sie das Heft hier: /magazine/magazine-bestellen
Bitte geben Sie bei »Federwelt-Heft-Nummer« »131« ein.
Download als PDF zum Preis von 4,99 Euro bei:• beam: https://www.beam-shop.de/sachbuch/literaturwissenschaft/512722/federwelt-131-04-2018-august-2018
• umbreit: https://umbreit.e-bookshelf.de/federwelt-131-04-2018-august-2018-11499644.html
• buecher: https://www.buecher.de/shop/sprachwissenschaft--philologien/federwelt-131-04-2018-august-2018-ebook-pdf/eschbach-andreas-kellermann-ron-friedlae/products_products/detail/prod_id/53366554/
• amazon: https://www.amazon.de/Federwelt-131-04-2018-August-2018-ebook/dp/B07FY1KF95/Oder in vielen anderen E-Book-Shops.
Suchen Sie einfach mit der ISBN: 9783932522918