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Fast alles über Literaturwettbewerbe

Federwelt
Angelika Lonnemann
Bild zum Thema Fast alles über Literaturwettbewerbe

In diesem Artikel geht es um Literaturwettbewerbe, an denen alle AutorInnen teilnehmen können. Und da stellt sich oft die Frage: Was bringt die Teilnahme? Was kann sie einen kosten? Folgen auf den Gewinn eines Literaturpreises stets Ruhm, Verlagsverträge und Reichtum? Was sollten AutorInnen bei Textsendungen beachten? Und was, wenn sie selbst Wettbewerbe ausrichten möchten? All diesen Fragen ist Angelika Lonnemann nachgegangen – im Gespräch mit Preisträgern und Veranstaltern.

2014 wurden in Deutschland rund 600 Literatur- und Schreibhauptpreise vergeben, verrät das „Handbuch der Kulturpreise“. Wettbewerbsveranstalter waren dabei Städte und Regionen, die Kirchen, Verlage, Buchhandlungen, Radiosender, Stiftungen, Unternehmen oder gemeinnützige Einrichtungen. (Sogar die Forschung beschäftigt sich mit dem Thema, so heißt eine Seminararbeit aus dem Jahr 2011: „Germanys Next Bestseller. Wie Auszeichnungen und Preise den deutschen Buchhandel beeinflussen.“) All diese Wettbewerbe funktionieren nach ganz unterschiedlichen Regeln. Und wer mitmacht, braucht zunächst mal eine gute Portion detektivische Kompetenz, um alle Bedingungen und vor allem das Kleingedruckte zu erfassen.

Unter den Bedingungen ist manchmal folgender Hinweis zu finden: „Die Kosten für Quartier, Verpflegung (Taggeld) sowie die Reisekosten (im Wert eines Zugtickets 2. Klasse) der teilnehmenden Autoren übernimmt der Veranstalter“, so etwa beim Literaturpreis Wartholz. Zu anderen Wettbewerben muss man auf eigene Kosten reisen, dafür wird die Lesung vergütet – man weiß nur meist nicht in welcher Höhe: „Die Anreise der Finalisten erfolgt auf eigene Kosten, die Lesung am Abend wird vergütet. Die Preisträger erhalten hochwertige Sachpreise.“ (Kunsthalle Bremen, Literaturwettbewerb zu „Leben – Lebenslinien“, 2013). Es kommt also durchaus vor, dass TeilnehmerInnen Fahrt und Logis selbst zahlen müssen, wollen sie die finale Lesung live erleben oder den Preis persönlich entgegennehmen.

Gewinnertexte sollen oft in einer Anthologie erscheinen. Teils bekommen die AutorInnen hierfür ein Honorar, beim Literaturpreis Schwaben zum Beispiel 100 Euro pro Text, bei anderen Wettbewerben gilt der Abdruck des Textes bereits als „Gewinnerlohn“: „Der Preis ist ein Publikationsvertrag mit Chicken House Deutschland“, so stand es in der Ausschreibung zum Literaturwettbewerb „Der goldene Pick 2010“.

Die Sicht der TeilnehmerInnen

Siegerin beim Wettbewerb um die Ecke
Renate Fröhlig-Striesow aus Bonn hat beim Bad Godesberger Literaturwettbewerb 2014 einen Doppelsieg errungen. Sie gewann den ersten Preis der Jury und den Publikumspreis. Die psychologische Beraterin hatte sich spontan entschieden, am Wettbewerb der Godesberger Parkbuchhandlung teilzunehmen und einen Text über Familie, Heimat und Abschied eingereicht, den sie bereits vor Jahren geschrieben und frisch überarbeitet hatte. „Es war meine erste Teilnahme an einem Wettbewerb. Ich habe vor rund 20 Jahren schon einmal Kurzgeschichten und Gedichte in einer Anthologie veröffentlicht, habe auch vor einigen Jahren einen Schreibsalon eröffnet und lektoriere Texte anderer Leute, war dazwischen aber nicht mehr literarisch aktiv im öffentlichen Diskurs“, berichtet sie und erzählt, sie habe per E-Mail erfahren, dass sie zu den acht Finalisten des Wettbewerbs zählte. Da sie nur sechs Kilometer von der Buchhandlung entfernt wohnt, waren Reisekosten und Logis kein Thema. Die Lesung in der mit rund 70 ZuhörerInnen vollbesetzten Buchhandlung sei schön gewesen, in der Pause wurde Wein gereicht, so Fröhlig-Striesow. In den letzten Jahren hatte der Sieger 500 Euro erhalten oder auch mal einen Aufenthalt in einem Literaturhotel gewonnen, 2014 gab es lediglich Buchpreise. Allerdings landeten die Texte der acht Finalisten „wegen des hohen Niveaus der Einsendungen“ diesmal in der Anthologie „Schattenzeit“ des Kid Verlages. Der Verleger erklärte sich bereit, 10 Prozent des Gewinns an die AutorInnen auszuschütten. Dazu Fröhlig-Striesow: „Bei einem Verkaufspreis von 10,80 Euro und der Tatsache, dass die 10 Prozent auf acht Menschen verteilt werden sollten, können Sie sich ausrechnen, wie viel ich daran verdient hätte.“

Die AutorInnen entschieden sich, ihren Anteil der veranstaltenden Buchhändlerin zu spenden – „für die nächsten Preisträger“. Alle Finalisten erhielten lediglich ein „Autorenexemplar“ des Buches.

„Zusammenfassend kann man sagen: Es gab Ruhm und Ehre, ein bisschen Aufmerksamkeit durch die lokale Presse – das hat bei mir Freude und Stolz ausgelöst, auch Erleichterung, wegen der positiven Vergewisserung, die dadurch entsteht. Aber ein gewisser Wermutstropfen ist schon dabei, denn eine bessere Honorierung hätte ich mir durchaus gewünscht.“ Fröhlig-Striesow fand es höchst interessant, wie ihre Umwelt auf den Preis reagierte. „Da gab es alle Reaktionen: Staunen, Schweigen, Distanzierung, offene Freude und auch Stolz. Nur wenige sind auf die Texte selbst eingegangen, was ich schade finde, aber da wird wohl Scheu eine Rolle spielen. Aber es war wunderbar, wenn mal jemand eine persönliche Resonanz auf den Text zeigte. Tatsächlich gab es eine Reaktion, die mich ganz neu mit meinem Text konfrontiert hat – das war spannend, so hatte ich das bis dahin nicht gesehen. Das ist wirklich ein Gewinn, wenn der eigene Text fremd zurückkommt und mich wiederum bereichert!“ Für Fröhlig-Striesow war der gewonnene Preis dennoch ein Anfang – als einzige Autorin wird sie im November in einer Weinhandlung in der Reihe „Literaturausschank“ lesen. Auch eine Buchhandlung hat schon angefragt. Und der Verleger der Anthologie hat sein Interesse bekundet, weitere Texte von Fröhlig-Striesow kennenzulernen.

Der Wettbewerbsjunkie
„Ich bin ein echter Wettbewerbsjunkie“, erzählt die 47-jährige Birgit Jennerjahn-Hakenes aus Karlsruhe. Seitdem sie 2008 mit zehn weiteren AutorInnen den Schreibwettbewerb „Wendepunkte“ von dieGesellschafter.de gewonnen hat, ist sie angefixt und ständig dabei, Ausschreibungen ganz genau zu lesen und die Termine zur Einreichung in ihren Kalender zu schreiben. Inzwischen hat sie schon viel gelernt – zum Beispiel was eine Normseite ist – und macht deswegen immer alles richtig. Das hat sich ausgezahlt. Inzwischen sind in 16 Anthologien Kurzgeschichten, Kurzkrimis und Erzählungen von ihr erschienen, zuletzt 2014 der Kurzkrimi „Schrottreif“ in der Weihnachtskrimi-Sammlung „Tödlicher Glühwein“ im Leinpfad Verlag.

Die Geschichte ihrer ersten Wettbewerbsteilnahme ist fast so spannend wie einer ihrer Kurzkrimis. 350 AutorInnen hatten teilgenommen, im Briefkasten fand Jennerjahn-Hakenes eine Absage. Kurz darauf entdeckte sie durch Zufall im Spamfilter ihres Mailprogramms eine Mail mit dem Inhalt, die Absage sei ein Irrtum gewesen und sie unter den 30 ausgewählten Finalisten, die man nach Berlin einlade. Wegen einer Familienfeier konnte Jennerjahn-Hakenes nicht teilnehmen und schickte einen Verwandten zur sehr edlen Lesung nach Berlin. Maybritt Illner moderierte, die Snacks waren von Sarah Wiener und Schauspieler lasen die Texte der 30 AutorInnen. Jennerjahn-Hakenes war eine von elf ausgewählten GewinnerInnen, die ein zweites Mal nach Berlin eingeladen wurden, um – und das war der Hauptpreis – an einer Schreibwerkstatt teilzunehmen. Hotel und Zug – alles zahlten die Veranstalter. „Dann bekamen wir elf Gewinner noch ein gerahmtes Gemälde und später ein Freiexemplar der Anthologie, die im Zweitausendeins Verlag erschien.“

In den folgenden Jahren landete Jennerjahn-Hakenes immer wieder auf den vorderen Plätzen von Schreibwettbewerben – zum Beispiel auf Platz 11 bei „Zwei. Die Besten 12 von 1.200 Texten aus dem Wettbewerb des Autorenforums Berlin“. „Den ersten drei Gewinnern hat der Preis Geld gebracht, uns anderen nicht“, erzählt Jennerjahn-Hakenes. Ein anderes Mal wurde ein Wettbewerb ausgerichtet, wo man nur gewinnen konnte, wenn man an der Lesung im „Grünen Salon“ im Theater Volksbühne in Berlin teilnahm. Jennerjahn-Hakenes hatte die Ausschreibung genau gelesen, war sich also dieser Bedingungen voll bewusst und fuhr mit ihrem Mann auf eigene Kosten nach Berlin. „Wir haben bei Freunden geschlafen und die Teilnahme am Wettbewerb mit einem schönen privaten Wochenende in Berlin verbunden. Die Atmosphäre bei der Lesung war super, wir hatten rund 100 Zuhörer.“ Auch hier war der Preis für die Autorin, dass ihr Text in einer Anthologie landete.

Mit 26 ganz vorne gelandet
Der 1988 geborene Stefan Ferdinand Etgeton gewann 2013 den Evangelischen Literaturpreis, der mit insgesamt 7.000 Euro dotiert ist (1. Preis 3.000 Euro, 2. Preis 2.000 Euro, 3. Preis 1.000 Euro, Förderpreis: 1.000 Euro). Beim MDR-Literaturwettbewerb, einem mit insgesamt 10.000 Euro sehr hoch dotierten Preis mit hohem Renommee, erhielt er 2014 den Jury- sowie den Publikumspreis (1. Preis der Jury 5.000 Euro, 2. Preis 2.500 Euro, 3. Preis 1.500 Euro, Publikumspreis: 1.000 Euro). Aktuell lebt er als Promotionsstudent in Berlin. Sein erster Roman „rucksackkometen“ erschien im Juli 2015 bei C. H. Beck. „Der Informationsfluss und das ganze Drumherum beim MDR-Literaturwettbewerb waren sehr professionell und routiniert, es war ja auch schon die 19. Auflage. Das lief alles sehr glatt. Der MDR-Preis wurde von der Presse gut wahrgenommen, ich schätze mal, weil der Wettbewerb einfach bekannt ist und jährlich stattfindet. Beim Evangelischen Literaturpreis war es alles ein wenig improvisierter, dadurch vielleicht auch ein wenig persönlicher, aber auch gut organisiert, so große Unterschiede gab es da nicht, ich vermute, die meiste Arbeit bekommt man als Außenstehender sowieso nicht mit“, berichtet Etgeton.

Die Resonanz auf den Gewinn des MDR-Literaturwettbewerbs war überwältigend für den jungen Autor. Es meldeten sich Zeitschriften und andere Leute aus dem Literaturbetrieb: Agenten, Lektorinnen, Veranstalter. Nach dem Evangelischen Literaturpreis ein Jahr zuvor hatte es kaum öffentliche Resonanz gegeben. Das persönliche Umfeld kommentierte beide Preise gleich – mit einem Schulterklopfen. Dazu Etgeton: „Natürlich haben die sich gefreut für mich, aber da ist niemand ausgerastet, weil eigentlich auch niemand wusste, was so ein Preis bedeutet. Ich auch nicht. Ich hatte da ja auch keine Ahnung von, ich hab einfach immer mal irgendwo was eingesandt, habe dann gewonnen und mich erst mal über das Geld gefreut. Ich wusste nicht so genau, was das sonst noch bedeutet – dass es zum Beispiel die Chance oder das Risiko, sich später mal Schriftsteller zu nennen, erheblich erhöht. Denn im Nachhinein hat mir zumindest der MDR-Literaturwettbewerb geholfen, einen Verlag zu finden, oder hat mich überhaupt erst ermutigt, einen Roman zu schreiben. Das ist schon sehr verrückt gelaufen in den Monaten danach.“

Etgeton bezeichnet beide Gewinne als „insgesamt spannende Erfahrungen“: „Man war im Hotel und bekam alles erstattet, konnte mal eine andere Stadt sehen und viele Leute kennenlernen. Aber ein bisschen ungewohnt war es, plötzlich Fremde zu treffen, die dann von meinen Texten schwärmten. Ich hab nämlich zuvor auch schon Absagen erhalten – für die gleichen Texte teilweise. Aber da ist halt teils, und zum Glück, auch viel Zufall dabei, da ist nichts wirklich objektiv, weil Literatur ja auch nicht wirklich objektiv zu erfassen ist.“

Etgeton findet, man solle die Nominierungen und Preise nicht überbewerten. Vom Berliner open mike wurde er nie eingeladen. „Keine Ahnung warum, obwohl die in den letzten Jahren – meiner Meinung nach – ab und zu auch echten Blödsinn ausgewählt haben. Aber andere Leute dürfen meine Texte natürlich im Gegenzug auch für Blödsinn halten, das freut mich sogar, ist ja schließlich ein freies Land, und ein solches lebt nun mal vom Dissens.“

Die Sicht der Veranstalter

Kulturverantwortlich: der Bezirk Schwaben
Seit 2005 verleiht der Bezirk Schwaben den Schwäbischen Literaturpreis. Ziel ist die Förderung von Literatur der Region. Teilnahmeberechtigt sind AutorInnen, die im schwäbisch-alemannischen Kulturraum leben oder dort ihre biografischen Wurzeln haben. Dies gilt für Bayerisch-Schwaben, Baden-Württemberg über Vorarlberg bis hin zur Schweiz und zu Lichtenstein. Die drei Preisträger erhalten 2.000, 1.500 und 1.000 Euro; ein junger Autor (bis 25 Jahre) gewinnt die Teilnahme an der „Meisterklasse Literatur“ in der Schwabenakademie Irsee. Die Texte der Preisträger und weiterer 12 AutorInnen werden in einer Anthologie abgedruckt, wofür sie alle ein Honorar von 100 Euro erhalten.

Initiator dieses Projektes ist der Heimatpfleger und Historiker Dr. Peter Fassl. Eine siebenköpfige Jury, die ehrenamtlich arbeitet, liest alle Einsendungen. Maximal 20 Seiten lang darf ein unveröffentlichter Prosatext sein, der angenommen wird. „Im Schnitt erhalten wir 120 Einsendungen mit rund 12 Seiten Umfang. Wir müssen dann etwa 1.400 Seiten lesen. Ich selbst lese sehr genau und brauche etwa eine Stunde für 40 Seiten. In der Regel lesen wir Juroren die Einsendungen an einem sehr langen Wochenende: von Donnerstag bis Sonntag“, sagt Fassl.

Bevor die JurorInnen die Texte bekommen, hat die wissenschaftliche Mitarbeiterin Katrin Holly die Texte auf ihre formale Richtigkeit überprüft – und gegebenenfalls auch den AutorInnen Rückmeldung gegeben, wenn etwas nicht korrekt war, sodass diese ihre Einsendungen korrigieren konnten, wenn sie wollten. Das ist extrem fair, macht viel Arbeit und ist keinesfalls eine Leistung, die man von Veranstaltern erwarten darf.

Der Schwäbische Literaturpreis kommt ohne Sponsoren aus; er wird durch den Bezirk finanziert. Dazu gehören neben den Preisgeldern die Honorare für die Abdruckrechte, die Kosten für Übernachtungen, Fahrt und Verpflegung für Jurymitglieder und Preisträger sowie die Bezahlung der Mitarbeiter.

„Von unseren Preisträgern haben wir ausschließlich positive Rückmeldungen erhalten. Immer wieder höre ich, dass sie sich ermutigt fühlen weiterzuschreiben, denn wir haben viele Autoren dabei, die vorher noch nie veröffentlicht hatten“, erzählt Fassl. Das Lesen der vielen Seiten ist für Fassl das Anstrengende am Wettbewerb, gleichzeitig jedoch auch das Bereichernde. „Über die Themen unseres Preises ist eine Art literarische Landeskunde und Kulturgeschichte unserer Region entstanden – da wird wirklich Schwaben beschrieben!“ Themen der vergangenen Jahre waren etwa „Landleben“, „Stadtleben“, „Fluss“ oder „In den Bergen“. Die meisten Einsendungen gab es 2012 zum Thema „Zugewandert“, nämlich rund 250.

Stolz ist Fassl auf die geballte Kompetenz seiner Jury, zu denen Wissenschaftler, Theatermacher, Verlagsmitarbeiter, Kulturfeuilletonisten und Schriftsteller gehören. „Wir haben alle total verschiedene Blickwinkel, da bleibt eigentlich nichts verborgen.“ Die gemeinsame Diskussion der Jury, die zu dem Festlegen der Preisträger führt, sei jedes Mal ein besonderes Erlebnis – „wie ein gemeinsames Literaturseminar“, sagt Fassl.

Wenn die Preisträger und die Anthologietexte feststehen, beginnt die nächste Arbeitsphase für die Mitarbeiterin: Die betreffenden AutorInnen werden angeschrieben und gebeten, ihre Texte noch mal anzusehen und eine Kurzbiografie zu senden. Vier Laudationen werden von den Juroren verfasst, Fassl selbst schreibt eine Einleitung. Der Augsburger Wißner-Verlag druckt das Buch, sodass es dann zur Preisverleihung im November bereits vorliegt.

Mitmachen. Aber richtig!
Achten Sie unbedingt darauf, die formalen Kriterien für den Wettbewerb einzuhalten! Lesen Sie die Ausschreibung genau, denn in vielen, wenn nicht in fast allen Fällen, werden Texte von TeilnehmerInnen, die Formfehler machen, einfach aussortiert, ohne dass die AutorInnen darüber informiert werden.

  • Begrenzung zum Alter und zur Region: Selbst wenn Ihr Text offenbar exakt ins Thema passt und einfach genial zu sein scheint, fliegt er raus, wenn Sie ein Jahr älter sind, als in der Ausschreibung verlangt. Also sparen Sie sich die Teilnahme und heben Sie den Text für einen anderen Wettbewerb auf. Die meisten Wettbewerbe haben sehr weit gefasste Mottos, sodass man in vielen Fällen fast alles einreichen kann und es nur noch etwas angleichen muss.
  • Normseite: Das bedeutet je Seite 30 Zeilen zu je maximal 60 Anschlägen. Wenn maximal vier Normseiten gefordert sind, formatieren Sie einen längeren Text nicht mit einer kleineren Schriftart oder einem engeren Zeilenabstand. Die Kontrolleure der Texte merken das und der Text wird nicht zugelassen. Unter dieser Adresse kann man sich Normseiten-Beispiele herunterladen: www.literaturcafe.de/normseite-dokumentvorlage-download/.
  • Anschreiben: Ins Anschreiben gehören eine freundliche Anrede und die Ankündigung, dass man den Text und die biografischen Angaben angefügt hat. Auf keinen Fall sollten Sie im Anschreiben schreiben, warum Sie teilnehmen, wie der Text entstanden ist, ob Sie krank oder gesund sind oder welche Schicksalsschläge sie erlitten haben. Denn Sie werden nicht aus Mitleid in die engere Auswahl genommen, sondern weil Ihr Text gefällt.
  • Recht am Text: Wer bei einem kleinen Wettbewerb mit einem Text in einer Anthologie gelandet ist, dessen Text ist danach in der Regel „verbrannt“, das heißt nicht mehr für andere Projekte frei. Denn in den meisten Fällen verlangen die Ausschreibungen „unveröffentlichte Texte“. Etliche Ausschreibungen sind etwa so formuliert: „Mit der Teilnahme erklären die AutorInnen sich einverstanden, dass ihr Text unentgeltlich auf unserer Website/in einer Anthologie erscheint.“ Die Folge: Der Text kann nicht mehr bei einem anderen, vielleicht besser dotierten Wettbewerb, eingereicht werden.
  • Wettbewerbsbuchhaltung: Wer an vielen Wettbewerben teilnimmt, der sollte sich eine Liste darüber anlegen, welchen Text er (oder sie) wann an wen geschickt hat. Und später googeln, wo die eigenen Texte so herumschwirren im Netz.

Grenzüberschreitend: der Literaturpreis Wartholz
Zu den finanziell lukrativen Wettbewerben gehört neben dem MDR-Literaturwettbewerb auch der Literaturpreis Wartholz. Er ist mit 10.000 Euro dotiert. Daneben wurden vergeben: der Publikumspreis in Höhe von 2.000 Euro und – im Jahr 2015 erstmalig – der Land Niederösterreich Literaturpreis in Höhe von 5.000 Euro sowie zwei Aufenthaltsstipendien.

Valerie Besl, Germanistin und Inhaberin der Agentur vielseitig für Kultur-PR in Wien, ist beim Wettbewerb beratend tätig und betreut die Medienarbeit. Im Schnitt gebe es für den Wartholz jährlich 700 Einsendungen, etwa zu gleichen Teilen aus Österreich und aus Deutschland, berichtet sie. Einsendungen, die der Ausschreibung nicht entsprechen, werden nicht berücksichtigt und auch nicht zurückgeschickt; aufgrund der Anzahl und des damit verbundenen Aufwandes.

Aus den anonymisierten Einsendungen wählt eine 6-köpfige Vorjury 120 Beiträge aus, die an die vier Hauptjuroren übergeben werden. Veranstalter des Wettbewerbs sind Michaela und Christian Blazek. Dem Ehepaar gehört das Schloss Wartholz, und es zahlt zwei Drittel der Wettbewerbskosten. Den Rest sponsern das Land Niederösterreich und das österreichische Bundeskanzleramt Kunst. Die Blazeks und ihr Mitarbeiter Norbert Mang, der Organisator des Wettbewerbs, hatten die Idee, die sogenannte Reichenau literarisch neu zu beleben. Denn AutorInnen wie Arthur Schnitzler, Peter Altenberg oder Heimito von Doderer waren früher oft in der Region zu Gast gewesen.

Valerie Besl schätzt den Zeitaufwand für den Wettbewerb – Organisation, Betreuung, Presse und Technik – auf rund 350 Stunden, verteilt mit 150 Stunden auf den Organisator Norbert Mang und während des Wettbewerbs mit je rund 50 Stunden auf ein vierköpfiges Kernteam. Die Kooperation mit der örtlichen Hotellerie funktioniere sehr gut, alle AutorInnen, Juroren und Journalisten seien auf verschiedene Hotels verteilt. Und da die gesamte Veranstaltung in der Schlossgärtnerei der Veranstalter stattfinde, zu der auch ein Restaurant gehört, seien die Abläufe sehr einfach.

Besl sagt, es sei spannend, bei jedem Literaturwettbewerb neue AutorInnen zu entdecken und sich direkt mit ihnen auszutauschen. „Es ist sehr schön, die Geschichte der Teilnehmer zu verfolgen und zu sehen, wie aus Wettbewerbstexten Bücher werden.“ So wie aus dem von Michael Stavarič, der 2009 mit dem Literaturpreis Wartholz ausgezeichnet worden ist. Dieser Text war ein Ausschnitt aus seinem späteren Roman „Brenntage“, der 2011 bei C. H. Beck veröffentlicht wurde. „Eine große Anerkennung war auch, dass 2011 die damalige Kulturministerin Claudia Schmied, die Stammgast beim Wettbewerb ist, ein Aufenthaltsstipendium ins Leben gerufen hat, das nach wie vor vergeben wird.“ Besl empfindet es jedoch als zunehmend schwieriger, die Redaktionen der Medien mit unbekannten Autoren zu erreichen: „Wir bekommen die immer begrenzteren personellen Ressourcen der Medien zu spüren.“

Literaturwettbewerb selbst ausrichten?
Die „Dos“:

  • Überlegen Sie, was Ihr Ziel ist: Wollen Sie literarischen Nachwuchs fördern? Oder Events veranstalten, zu denen viel Publikum kommen soll?
  • Planen Sie genügend Budget für die Ausrichtung ein, denn zu Anfang wissen Sie nicht sicher, ob Sponsoren wesentlich zur Finanzierung beitragen werden.
  • Legen Sie ein Thema fest: Fassen Sie es weit, wenn Sie viele Einsendungen wünschen, und fassen Sie es eng, wenn Sie nicht zu viele AutorInnen anlocken wollen.
  • Formulieren Sie Ihre Ausschreibung genau, schreiben Sie nicht „rund vier Seiten Text“, sondern „maximal vier Normseiten“.
  • Suchen und finden Sie Jurymitglieder.
  • Finden Sie Mitarbeiter, die die Hauptarbeit des Vorsortierens erledigen.

Finanzstark gefördert: der open mike
Der open mike wurde 1993 das erste Mal ausgerichtet und zwar von Dr. Thomas Wohlfahrt, dem Leiter der Literaturwerkstatt Berlin. Wohlfahrt hatte die Idee zum mike aus den USA mitgebracht, wollte den literarischen Nachwuchs fördern und junge AutorInnen in Kontakt mit der literarischen Öffentlichkeit bringen.

Mitmachen können deutschsprachige AutorInnen, die jünger als 35 Jahre sind und noch kein Buch oder E-Book publiziert haben. Texte, die für das Finale ausgewählt werden, erscheinen in einer Anthologie. Die Rechte verbleiben bei den AutorInnen, diese dürfen die Texte bis zum Finaltag nicht anderweitig veröffentlichen. Rund 650 Einsendungen erhalten die open mike-Veranstalter jedes Jahr. Alle gültigen Einsendungen werden anonymisiert und an eine unabhängige Vorjury weitergegeben, die aus sechs Verlagslektoren besteht. Die Lektoren werden jedes Jahr neu benannt. Jeder Lektor bekommt etwa ein Sechstel der Texte, der Lyriklektor bekommt alle Gedichte. Rund zwei Monate haben die Lektoren dann Zeit, aus allen Einsendungen maximal 22 auszuwählen, deren VerfasserInnen zum Finale nach Berlin eingeladen werden. Dort wählt eine Wettbewerbsjury, bestehend aus drei AutorInnen, die Preiträger. Die Mitglieder der Jury erhalten ein Honorar. Unter den GewinnerInnen werden 7.500 Euro aufgeteilt.

„Im Laufe der Jahre haben wir mehrfach den Veranstaltungsort gewechselt, weil der Wettbewerb immer größer geworden ist“, erzählt Jutta Büchter, Projektleiterin des open mikes. „2006 konnte der langjährige Hauptförderer das Projekt nicht weiter unterstützen, es war gefährdet. Mit der Crespo Foundation wurde dann ein engagierter und kompetenter neuer Förderer gefunden, dank dem wir unser Programm seither sogar erweitern konnten – unter anderem um Workshops für ehemalige TeilnehmerInnen, eine Lesereise der Gewinner und einen Workshop für alle Finalisten.“

Die Frankfurter Crespo Foundation wurde von der Fotografin, Psychologin und Mäzenin Ulrike Crespo gegründet, einer Enkelin des WELLA-Unternehmers Karl Ströher. Mit ihrer Stiftung will sie Soziales, ästhetische Bildung und Kunst fördern, wie sie auf ihrer Website crespo-foundation.de schreibt: „Mit der Crespo Foundation möchte ich dazu beitragen, dass Menschen Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten aufbauen, Kreativität entwickeln und ihre Potenziale entfalten. Besonders am Herzen liegen mir Menschen, die sich mit Mut und Engagement den Herausforderungen ihres Lebens stellen, um es selbst zu gestalten. Ich lege großen Wert auf eine umfassende Persönlichkeitsentwicklung. In vielen unserer Projekte spielt daher auch der aktive Umgang mit Kunst und Kultur eine wichtige Rolle.“

Spaß und Ehrenamt: die AUTORiKA
„Die ganzen kleinen Literaturwettbewerbe, die leben vom Ehrenamt“, erzählt Birgit Jennerjahn-Hakenes, die inzwischen auch Mit-Organisatorin eines Literaturwettbewerbs ist. Sie kontrolliert alle Einsendungen für den AUTORiKA-Autorenwettbewerb in Karlsruhe. Außerdem hilft sie, dass AutorInnen, die in Karlsruhe lesen wollen, eine Bühne bekommen. „Da klappere ich die Cafés ab, frage, ob wir dort lesen lassen könnten. Und ich mache die Pressearbeit für den Wettbewerb.“ Für ihre Arbeit erhält sie eine eher symbolische Aufwandsentschädigung von 10 Euro pro Stunde. „Ich mache das alles auch aus Liebe zur Sprache“, sagt sie.

„Unsere Juroren bekommen kein Honorar, weil die Jury unser Projekt so toll und schön findet. Sie sind Profis und Würdenträger der Literaturszene und unterstützen das Projekt ehrenamtlich“, berichtet Dr. André Richter, promovierter Maschinenbauer, Initiator und Hauptorganisator des Wettbewerbs. Die AUTORiKA koste pro Durchgang rund 10.000 Euro, so Richter. „Wer einen vergleichbaren Wettbewerb auf die Beine stellen möchte, der muss mit einem Startkapital von mindestens 5.000 Euro rechnen. Nach oben gibt es natürlich keine Grenzen. Sehr stark hängt das nötige Kapital davon ab, was in Eigenleistung erbracht werden kann und was als Produkt oder Dienstleistung eingekauft werden muss. Wer im ersten Jahr mit dem Ansatz rangeht, 90 Prozent der Kosten aus eigener Tasche zu bezahlen, der ist sicherlich gut beraten.“ Für die Sponsoren sei es wichtig, dass sie „auch etwas von der Werbung haben“. Es solle eine Win-win-Situation zustande kommen, keine Schenkung. „Oft verfallen engagierte Kleinkünstler in den Irrglauben, mit Programmheft, Flyer, Plakat & Co eine Masse von Sponsoren zum Zücken der Brieftasche zu bewegen. Da entsteht meist die erste Enttäuschung. Mit der von uns veranstalteten AUTORiKA zeigen wir ja, dass es auch mal Lied, Wein, Brot oder Wortgefecht sein kann, wenn man Sponsoren und Förderern gefallen will.“ Die Organisation eines Wettbewerbs könne viel Spaß machen, die Masse an Arbeit sei aber nicht zu unterschätzen. Richter schätzt, dass rund 70 Personen an der Organisation der AUTORiKA beteiligt seien – die teilnehmenden AutorInnen nicht mitgerechnet.

Fazit
Niedrig dotierte Wettbewerbe sind eher etwas für SchreibanfängerInnen und alle, die das Schreiben (noch) als Hobby betrachten. Sie können dazu dienen, die Freude am Schreiben zu wecken, das Selbstwertgefühl zu steigern oder die Schreib-Vita aufzuwerten, und motivieren weiterzuschreiben. Diese kleinen Literaturwettbewerbe machen also Spaß, vor allem, wenn man sie gewinnt. Und sie bringen auch ein wenig Ehre und lokal begrenzte Aufmerksamkeit; Geld verdienen kann man damit aber nicht. Im Gegenteil: Sie kosten eher welches. Möchten Sie regelmäßig teilnehmen, planen Sie am besten jeden Monat ein Budget dafür ein.

Wer vom Schreiben lebt und regelmäßig abliefern muss, hat keine Zeit, an Ausschreibungen teilzunehmen, die mit 300 Euro dotiert sind. Bei einem Preis, der mit 5.000 Euro dotiert ist und der medienwirksam aufgezogen wird, machen auch die Profis gerne mit. Der Einsatz lohnt sich. Veranstalter, die große Namen anziehen wollen, tun sich also keinen Gefallen, wenn sie beim Preisgeld sparen. Geiz ist hier nicht geil, denn spannend wird’s für die Profis erst ab tausend Euro Preisgeld.

Immer gilt: Wer mitmachen will, braucht viel Zeit und sollte die Teilnahmebedingungen sorgfältig studieren!

Angelika Lonnemann im Internet: http://www.lonnemann.de/angelika/, https://postkartenkrimi.wordpress.com/

In FEDERWELT, Heft 113, August/September 2015

 

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