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Ein Kinderliederbuch in Eigenregie

der selfpublisher
Philine Oberwalleney
Bild zum Thema Kinderliederbuch

Das Making-of von „Grunzen, Murren und Gesang“, ein illustriertes Mitmach-Kinderliederbuch mit CD, Noten und Akkorden.

Auf der Leipziger Buchmesse erzählte uns Philine Oberwalleney von ihrem Buch, das sie selbst verlegt hat, und führte uns an ihren Messestand. Dort stapelte sich ihr Debüt: Grunzen, Murren und Gesang – kein gewöhnliches Buch, sondern ein illustriertes Mitmach-Kinderliederbuch mit CD, Noten und Akkorden.
Grafik und Musik – ihre beiden Leidenschaften – ließen sich bei diesem Projekt wunderbar miteinander vereinen. Dafür hat sich die 47-jährige Berlinerin eine Auszeit von sechs Monaten genommen. Unglaublich, was sie in der kurzen Zeit auf die Beine gestellt hat!
 

Die Idee: Texte, Lieder, Illustrationen – alles aus einer Hand

Schon seit meiner Schulzeit gestaltete ich immer wieder Buchunikate für Freunde und Familie. Auch „Grunzen, Murren und Gesang“ sollte zunächst nur eine illustrierte Sammlung selbst geschriebener Lieder für unsere damals 4-jährige Tochter Mascha werden, aufgenommen von mir und meinem Mann. Hin und wieder ließ ich Freunde reinhören und reinschauen. Die Resonanz war jedes Mal die gleiche: Mach da doch mal was Größeres draus!
Die Idee wuchs und wurde immer konkreter. Das Buch sollte ein musikalisches Angebot für Familien sein, wie wir eine sind. Für Menschen ab 3, für Erzieher und Lehrerinnen, für alle, die Lust auf Musik haben, für lange Autofahrten oder musikalisch vergnügliche Stunden im Kinderzimmer. Eine Einladung zum Anhören, Anschauen, Lesen, Mitmachen, Nachmachen und vor allem zum Selbst-Musik-Machen. Denn Singen kann jeder, und zusammen macht es am meisten Spaß. Dafür muss man nicht besonders musikalisch sein.
Professionell und dabei hausgemacht – diese Mischung wollte ich hinbekommen. Und alle sollten auf ihre Art mitmachen können: ganz klassisch nach Noten und Akkorden zu den im Download angebotenen Karaoke-Fassungen oder einfach nur der CD lauschend und durch das Buch und die Illustrationen blätternd. Der Vater kann die verstaubte Gitarre vom Speicher holen und die Lieder mit seinen Kindern nachspielen. Das Kind, das Blockflöte lernt, kann sich an ersten Melodien erproben. Die ganze Familie kann laut zur CD mitträllern.

Die Umsetzung: live und unplugged – am Küchentisch

Entstanden ist „Grunzen, Murren und Gesang“ als Familienprojekt in unserer Berliner Küche. Am Familienküchentisch komponiere und illustriere ich.

Meine Illustrationen mache ich im weitesten Sinne aus Papier. Ich liebe Papier. Es sind Collagen aus gesammelten Papierschnipseln und eigenen Drucken unterschiedlichster Techniken; ausgeschnitten, gescannt und dann am Rechner weiterbearbeitet.

Meine Texte entstehen an den unterschiedlichsten Orten: auf dem Fahrrad, im Bus, am Küchentisch. Den Prozess des Textens kann ich kaum beschreiben. Das ist eher wie eine Eingebung im Traum, die ich dann sofort festhalten muss. Früher hatte ich immer ein Diktiergerät in der Tasche für Textschnipsel und Melodien, die mir unterwegs in den Sinn kamen. Heute übernimmt diese Aufgabe mein Smartphone.

Die Musik folgt meist einer Textidee. Sobald ein Stück Text da ist, nehme ich die Gitarre und suche nach passenden Melodien und Akkorden. Ich schreibe sehr gerne und schon lange selbst Lieder und in diesem Fall erstmals für Kinder.
Zusammen mit meinem Mann Boris, Freunden und Nachbarn haben wir die Lieder dann in den letzten zwei Jahren ausprobiert, weiterentwickelt, eingespielt und aufgenommen. Das lief folgendermaßen ab: Sobald Text und Komposition abgeschlossen waren, fanden Boris und ich die beste gemeinsame Gesangstonlage, probierten Mehrstimmigkeiten aus und übten die Stücke bis dann nach und nach Freunde und Nachbarn vorbeikamen.
Als erstes kam immer unser Freund Hannes, der Tontechniker. Er saß hinter dem Laptop und machte die Aufnahme. Außerdem spielte er die Hauptgitarre ein, da Boris und ich uns bei gleichzeitigem Einsingen damit schwer taten. Danach vervollständigten weitere Musiker-Freunde mit unterschiedlichsten Instrumenten die Lieder und machten die Aufnahme rund. Alles am Küchentisch, live und unplugged!
Die Stücke haben wir mit einfachen akustischen Instrumenten wie Gitarre, Akkordeon, Geige, singende Säge, Maultrommel und allerlei Flöt- und Trötinstrumenten bis hin zu Küchenutensilien wie Topfdeckel und Löffel eingespielt. Jedes Lied bekam dadurch seine eigene passende Atmosphäre: mal schwungvoll flott, mal träumerisch ruhig, mal vorher geplant, mal im Eifer des Gefechts direkt beim Machen entstanden.

Mascha war von Beginn an größter Fan und stärkste Kritikerin dieses Projektes. Durch sie sind Buch und CD zu dem geworden, was sie sind. Sie wünschte sich vollere, buntere Seiten mit mehr Abbildungen, wollte den Text eins zu eins in den Illustrationen wiederfinden und hatte schnell ihre Lieblingsgestalten, denen sie immer wieder begegnen wollte: Tanzschwein, Triangelbär und Trompetenhase.
Ich wollte ungern eine Hauptfigur für mein Buch entwickeln, zumal die Lieder das inhaltlich auch nicht boten. Aber die Lieblingsgestalten immer wieder mal auftauchen zu lassen, das konnte ich gut einbinden. So findet man das Tanzschwein mal tanzend, mal gelangweilt dösend, mal schlafend und mal Zeppelin fliegend, meist mit grünen Kopfhörern auf den Ohren.
Kurz vor der Druckfreigabe stellte Mascha bei der letzten Durchsicht fest: „Dein Buch ist noch nicht fertig. Es fehlt noch ein Geburtstagslied.“ Das gewünschte Lied über die Geburtstagsfee hat schließlich als eine Art Auftragsarbeit die Sammlung von 15 Liedern abgerundet und das Buch komplett gemacht.

Arbeiten in den eigenen vier Wänden

So verlockend es klingt, von zu Hause aus zu arbeiten: Es erforderte viel Energie, das Projekt in Eigenregie in den eigenen vier Wänden umzusetzen. Finanziell bot sich keine Möglichkeit, meinen Arbeitsplatz für das Buch andernorts einzurichten, und zu Hause lauerten überall Ablenkungen. Unsere Wohnung bot keinen eigenen Raum für meine Arbeit, und so mussten andere Räume wie die Küche und das Wohnzimmer als Arbeitsplatz herhalten. Damit waren Konflikte vorprogrammiert.
Ich hatte das Gefühl, nie genug Platz und eigenen Raum zu haben. Meine Familie wiederum empfand mich als übergriffig und okkupierend und nahm meine Arbeit in jedem Winkel der Wohnung wahr. Noch dazu bin ich zwar im Kopf gut sortiert, aber auf meinem Arbeitsplatz ein Kind des Chaos. Es war bald nicht mehr klar, welcher Platz in der Wohnung mit Arbeit und welcher mit Familienleben belegt war.

Der Weg zum fertigen Buch: Zeit und Geld

Die Idee zu diesem Buch keimte schon zwei Jahre in mir. Anfangs lief alles sehr gut parallel. Aber je konkreter das Projekt wurde, umso schleppender ging es neben Familie und Job voran. Einige Lieder waren noch nicht aufgenommen, und es fehlten noch Illustrationen und der letzte Feinschliff. Hinzu kam, dass ich mich um die anstehende Produktion kümmern musste. Nachts, wenn meine Tochter schlief, hatte ich zwar Zeit, aber da konnte ich keine Telefonate führen, um organisatorisch weiterzukommen.
In solch engen Zeitfenstern gelang es nicht immer, kreativ zu sein. Allmählich begann ich, das Projekt nicht mehr zu mögen. Ich hatte so viel Energie, aber keinen zeitlichen Rahmen dafür.

Unbezahlter Urlaub
Irgendwann kam die erlösende Idee, unbezahlten Urlaub zu nehmen. Den Gedanken hatte eines Tages mein Mann, als meine Laune mal wieder am Tiefpunkt war. Auch mein Chef bestärkte mich und sagte: „Das Projekt ist gut. Du musst das machen.“ Wenn diese beide Männer Ja sagten, worauf wartete ich noch? In den darauf folgenden sechs Monaten habe ich dann Buch und CD fertiggestellt und das BOOK-Release-Konzert geplant.

Selfpublishing
Ich hatte mich fürs Selfpublishing entschieden, wollte alles selbst machen, selbst entscheiden bis ins Detail. Ich bin ein Papierfreak, hatte ganz genaue Vorstellungen, etwa von der Papierart und der Papierstärke, von Format und Vorsatzpapier. Und auch beim Druck und der Weiterverarbeitung wollte ich unbedingt alle Entscheidungen selbst treffen und dabei sein: Bindemöglichkeiten, Einbinden der CD, Farbanpassungen beim Andruck. Zudem hatte ich in meinem Büroalltag schon etliche Eigenpublikationen durchgeführt – sowohl gestalterisch als auch im Umgang mit dem Programm InDesign bis hin zur Druckbetreuung. Das traue ich mir zu, dachte ich. Und da, wo ich nicht weiter weiß, hole ich mir Hilfe.
Zu guter Letzt wollte ich auch alle Rechte behalten und die Vermarktung des Buches bei Konzerten, Workshops, über Buchläden, Online-Portale et cetera ganz in meiner Hand wissen.

Zeitplan
Gleich zu Beginn machte ich mir einen Zeitplan. Es war mir klar, dass ich zur Buchfertigstellung ein BOOK-Release-Konzert in einer ganz bestimmten Location machen wollte. Ich buchte also die gewünschte Räumlichkeit für einen festen Termin in sechs Monaten. Von da ab habe ich dann rückwärts gerechnet und mich an diesem Zeitplan entlanggehangelt.
Zu den übergeordneten Fixpunkten wie Abgabetermin beim CD-Presswerk und der Druckerei kamen Termine wie Lektorat für Text und Noten und das ganze Drumherum wie Druckereisuche, Papiermuster anfordern, ...

Autorin: Philine Oberwalleney | www.berlinerkulturgestalten.de
Weiterlesen in: »der selfpublisher«, Heft 11, September 2018
Foto: privat

 

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