
Mit dem Roman »Nordblut« hat es Mira Valentin auf die Belletristik-Shortlist für den Selfpublishing-Buchpreis 2020 geschafft. Der Selfpublisher-Verband hat mit Mira Valentin ein Interview für die Autorenfachzeitschrift »der selfpublisher« und die Autorenwelt geführt.
Auf die Shortlist 2020 des Selfpublishing-Buchpreises haben es neun Buchtitel geschafft, und zwar je drei aus den Kategorien Belletristik, Kinder- und Jugendbuch und Sachbuch/Ratgeber.
Neben Mira Valentin befanden sich Greg Walters mit »Der Lehrling des Feldschers« und Sameena Jehanzeb mit »Was Preema nicht weiß« auf der Belletristik-Shortlist.
»Mich faszinieren schon immer ferne und fremde Welten«
Interview mit Mira Valentin, Autorin des Romans »Nordblut«
Bereits für zwei Buchpreise wurde die Wikinger-Saga von Mira Valentin nominiert. Warum die Autorin selbst gerne in die Haut ihrer Charaktere schlüpft, warum die Autorin es für »Nordblut« mit einer Herde Schafen aufgenommen hat und was die Wikinger für Kerle sind, erfahrt ihr in diesem Interview.
Mit Pferdegeschichten hast du angefangen. Und außer deinem Jugendbuch »Der Mitreiser und die Überfliegerin« bist du hauptsächlich in der Fantastik vertreten. Was genau fasziniert dich an der fantastischen Literatur?
Mich faszinieren schon immer ferne und fremde Welten. Daher war ich früher auch als Reisejournalistin tätig. Mit fantastischer Literatur kann man noch weiter weg reisen, noch mehr entdecken, noch mehr Abenteuer erleben. Egal ob Drachen, Gestaltwandler, Götter, Einhörner oder die Wesen aus der klassischen High-Fantasy-Literatur – ich liebe sie alle. Ich kämpfe mit ihnen, ich fliege auf ihnen durch die Lüfte, ich küsse sie. Lesen ist Abenteuer im Kopf. Dann ist es gleich weniger schlimm, wegen Corona zu Hause zu sitzen.
In »Nordblut 1« reisen deine Leser:innen nach Island und treffen dort auf den Wikinger Sven, der gleich zu Beginn seine Frau im Kindbett tötet und danach nicht nur sein Leben, sondern auch das seines Neugeborenen den Göttern opfern möchte. Kann man Sven also als eher kalt- oder warmherzig beschreiben? Was ist er für ein Kerl?
Er ist weder das eine noch das andere, sondern ein Wikinger-Krieger und -Familienvater aus dem zehnten Jahrhundert. Die damalige Zeit hat vielen Menschen keine Möglichkeit gegeben, um „warmherzig« in dem Sinne zu werden, wie wir das heute sehen. Es waren zähe Männer und Frauen, die von klein auf lernen mussten, mit den Widrigkeiten des Lebens und der Unberechenbarkeit der Natur zu leben. Aber dennoch hatten sie Gefühle, waren leidenschaftlich und von ihren Träumen getrieben. Sven ist jedenfalls ein »Guter« – ein ehrenhafter Mann, der seine Familie beschützt und diesen Mord aus Gnade begeht.
Bräuche spielen bei den Wikingern eine große Rolle. Viele davon lernen wir in deinem Buch kennen. Welcher ist dein liebster Brauch?
Ganz besonders mag ich die Met-Brau-Zeremonie, mit der die »Nordblut«-Protagonisten aus dem letzten verfügbaren Honig ihr liebstes Getränk brauen. Anders als angenommen war Met nämlich damals auf Island nur selten verfügbar, weil es keine Bienen gab. Neun Männer setzten sich also in geheimer Zusammenkunft um den Braukessel, gaben Wasser und Honig hinein und dann spuckte reihum jeder einmal in die Brühe. – Warum? Weil sie leider auch keine Hefe hatten, die für den Gärungsprozess dringend nötig ist. Diese wurde also über den Speichel zugefügt. Ziemlich eklige Vorstellung – aber in der Not trinkt der Wikinger auch Spuckewein.
Wann bist du das erste Mal auf das Thema Wikinger und deren Mythologie gestoßen?
Eigentlich schon als Kind über »Wickie«, aber dann endgültig über meine Faszination für Mittelaltermärkte. Da war schnell klar, in welche Richtung meine Gewandung gehen wird. Und dann lief fast zeitgleich »Vikings« auf Netflix – spätestens beim Anblick von Ragnar war es um mich geschehen.
Musstest du für »Nordblut« mehr recherchieren als für deine anderen Bücher?
Um ein Vielfaches! Bislang habe ich mich meist in meinen eigenen Welten bewegt, deren Gesetze ich selbst erschaffen habe. Dabei ist eher grobe Kenntnis des Mittelalters gefragt, weil man (zumindest ich) oft ein mittelalterliches Setting wählt. »Nordblut« war ganz anders! Ich wollte als Grundlage wirklich einen authentischen historischen Roman schreiben und die Fantasy nur oben drauf geben. Da ich aber keine Historikerin bin, musste ich umso mehr recherchieren, und zwar bis ins kleinste Detail. Ich habe ein ganzes Regal mit Fachliteratur zu Wikingern, einen Archäologen als Berater, habe Recherchereisen nach Skandinavien und Island gemacht, ein Wikingerschiff über die Ruhr gerudert, Schafe getrieben und mich im Schwertkampf versucht. Und dennoch hänge ich immer noch alle paar Seiten fest und muss wieder neu recherchieren.
Wie viel Met hast du eigentlich während des Schreibens getrunken?
Interessanterweise sehr wenig. Met ist für mich mit Mittelaltermärkten verbunden, nicht mit dem Schreibprozess. Ich trinke ihn am liebsten warm mit Apfelsaft. Aber er steigt mir sehr zu Kopf und das wäre nicht gut fürs Schreiben. Da entkorke ich eher mal eine Flasche Rotwein – ganz klischeehaft und klassisch.
Das Erste, was dem/der Betrachter:in auf deinem Cover ins Auge springt, ist ein Wolf. Welche Bedeutung hat er für die Geschichte?
In »Nordblut« spielen drei Götter (Odin, Frigg und Loki) drei Familienväter gegeneinander aus. Eine ihrer Spielregeln lautet, dass keiner der Götter sich einmischen und auch keinen anderen Gott um Hilfe bitten darf. Odin jedoch hat ein Schlupfloch aus dieser Regel gefunden, denn er hat ja mehrere Tiere, unter anderem zwei Wölfe. Tja, und die schickt er dann nach Midgard, um seinen Schützlingen beizustehen.
Was überwiegt in deinem Buch? Der historische oder der fantastische Anteil?
Der historische. Wobei ein reiner History-Leser das vielleicht anders sehen würde. Ich habe versucht, mich in die Denkweise der alten Nordmänner hineinzuversetzen, und alles so geschrieben, dass ein Wikinger sagen würde: »Da ist doch keine Fantasy drin, genau so war es!«
Mehr über Mira Valentin: https://mira-valentin.de
Links
https://shop.autorenwelt.de/products/nordblut-1-wolfe-wie-wir-von-mira-valentin
https://selfpublishing-buchpreis.de/shortlist-2020/
https://www.selfpublisher-verband.de/
Blogbild: Foto von Mira Valentin: (c) wustaphoto