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Der - Frankfurter - Buchmesse - Survival- Guide

der selfpublisher
Linda Schipp

Der Frankfurter Buchmesse Survival Guide

Tipps und Tricks für den Messebesuch

»Ich bin jetzt Selfpublisher. Ich muss die Buchmesse besuchen!« Dieser Sache war ich mir absolut sicher, als mir die Frankfurter Buchmesse zum ersten Mal bevorstand. Schließlich hatte ich nur drei Monate zuvor meinen Debütroman veröffentlicht. Nicht dass ich es gewagt hätte auf Fans zu hoffen, deren Bücher ich auf der Messe signieren könnte, oder auf Buchblogger, die sich um das erste Interview mit mir stritten. Trotzdem musste ich dahin! Warum, das wusste ich selbst nicht so genau.  

Schon nach wenigen Klicks fand ich heraus: Nur Laien glauben daran, auf der Frankfurter Buchmesse einen Verlagsvertrag abzuschließen. Die FBM ist eine Fachmesse. Hier kaufen die großen Verlage internationale Lizenzen ein, machen Millionengeschäfte, preisen ihre Neuerscheinungen des Jahres an. Auf dieser Messe interessieren sich die Großen der Branche kaum für Privatbesucher und Selfpublisher. Wer den Kontakt zu Verlagen sucht, ist auf der Leipziger Buchmesse im Frühjahr besser aufgehoben, der Schwerpunkt ist dort ein anderer.

Immerhin kann ich die Messe nutzen, um für mein Buch zu werben – oder? Besser nicht. Das Verteilen von Promo- und Werbematerial ohne Autorisierung ist streng untersagt. Selbst das Kaufen und Verkaufen von Büchern ist nur am Sonntag, dem letzten Messetag, erlaubt. Langsam kommen Zweifel auf: Können Selfpublisher überhaupt vom Messebesuch profitieren?

Warum Buchmesse? – Input, Inspiration, Motivation

Die Frankfurter Buchmesse bietet Ihnen eine Gelegenheit, wie Sie sie nur einmal im Jahr erhalten: die Chance, sich mit vielen zu vernetzen, die sich in der Welt der Bücher bewegen.

Christian Milkus („Der Schatten in mir“)

Kennen Sie einen erfolgreichen Selfpublisher ohne gute Kontakte? Ich auch nicht. Jeder Kontakt ist ein potenzieller Kollege, Ratgeber, Vermittler oder Fan. Und wo knüpft man diese besser als auf einer Messe? Das Zwitschern und Verteilen blauer Daumen im Internet in Ehren, aber gutes Netzwerken klappt „face-to-face“ immer noch am besten. Bedenken Sie: Wann öffnet man sich anderen Menschen am ehesten? Richtig, wenn man sie persönlich kennt und ihnen vertraut. Also nur Mut, auf ins Gespräch!

Wer sich bei denselben Ständen und Vorträgen informiert wie Sie, ist nicht nur Gleichgesinnter, sondern auch Verlagsautor, Lektorin, Coverdesigner oder Marketing-Beraterin. Letztere lassen Selfpublisher gerne Häppchen von ihrem Wissen kosten, um Sie von ihrer Kompetenz zu überzeugen und als Kunden zu gewinnen. Nehmen Sie jedes Häppchen mit, das Sie kriegen können!

Wo Sie solche Leute treffen? Seit 2013 gibt die Frankfurter Buchmesse Selfpublishern eine Heimat – die Self-Publishing Area. Hier bekommen Sie an einem einzigen Tag einen Überblick, den durch Online-Recherche zu erlangen Sie Tage kosten würde! Die Angebote verschiedener Selfpublishing-Dienste lassen sich kaum schneller vergleichen als in der einstündigen Autorenführung durch die Area. Auf der Bühne finden ganztägig Veranstaltungen und Workshops statt, hier ist „Aufschlauen“ angesagt!

Laura Labas („Pharos – Die Unwandelbaren“)

Nach meiner Erfahrung als Selfpublisher ist es auf einer Buchmesse besonders wichtig, auf andere Menschen zuzugehen, um sein soziales Netzwerk zu erweitern. Die Frankfurter Buchmesse gibt Ihnen die Chance, Ihren Namen und Ihr Buch bekannter zu machen. Am besten bereiten Sie sich darauf vor, indem Sie vorher üben, Ihr Buch zu „pitchen“, den Inhalt also in zwei, drei Sätzen zusammenzufassen. So können Sie allen kurz und knapp von Ihrem Projekt erzählen und sie begeistern.

Jedoch sollten Sie sich unbedingt auch mal aus der Self-Publishing Area hinaus wagen. Die Buchmesse bietet eine wunderbare Gelegenheit, sich im Markt zu orientieren: Welche Themen laufen gut, welche nicht? Gibt es eine Marktlücke, die Sie besetzen können? Welche Trends finden sich im Coverdesign Ihres Genres und wovon sieht man schon fast zu viel? All diese Beobachtungen sollten Sie im Nachhinein berücksichtigen, wenn Sie Ihren Coverdesigner „briefen“ oder Ihr nächstes Projekt planen. Darüber hinaus laufen auf den Messen zahlreiche Blogger und Multiplikatoren herum. Und obwohl die meisten Verlage ihr Augenmerk nicht darauf legen, neue Autoren für ihr Programm zu finden (es sei denn natürlich, Sie haben einen Termin), spricht nichts dagegen, die Kontaktdaten auszutauschen, nachdem Sie ein Gespräch mit einer Verlagsmitarbeiterin geführt haben.

Antonia C. Wesseling („Die Nachtsänger“)

Als Autorin kann man die Buchmesse super nutzen, um Medienaufmerksamkeit zu erregen. Meistens freut sich die lokale Presse sogar über eine Presseinfo. Einfach einen kurzen Text mit dem Tipp, dass man auf der Messe zu sehen sein wird, per Mail an die Redaktion schicken, und wieder öffnet sich eine neue Tür. Dazu kann ich aus Erfahrung sagen: Ruhig selbstbewusst präsentieren! Nur wer den Kopf aufrecht hält, kann seine Krone tragen.

Vorbereitung – 8 Tipps für den Trip zur Buchmesse

Beginnen Sie mit der Vorbereitung frühzeitig! Es gibt einiges zu beachten:

1.      Oberste Priorität: Setzen Sie sich Ziele. Erst wenn Sie sich Ihre Erwartungen und Pläne vorab bewusst machen, nutzen Sie die Zeit auf der Messe optimal.

2.      Falls nötig, suchen Sie sich eine Unterkunft – so früh wie möglich! Laut dem Vergleichsportal Check 24 erhöhen Frankfurter Hotels ihre Preise zu Messezeiten im Schnitt um 131 Prozent, in der Spitze sogar um bis zu 356 Prozent! Alternativen sind Home-Sharing-Dienste wie Airbnb oder Wimdu, Zelten auf dem Campingplatz oder das Mieten eines Wohnmobils.

3.      Erstellen Sie einen persönlichen Zeitplan und rechnen Sie stets 15 Minuten Fußweg ein. Der Veranstaltungskalender der Frankfurter Buchmesse enthielt im vergangenen Jahr über 4.000 Angebote, die man online nach Veranstaltungen zum Thema Selfpublishing filtern konnte.

4.      Machen Sie Termine, indem Sie sich frühzeitig (ab August) mit Bloggern, Kolleginnen und Kollegen und eventuell Agenten verabreden. Für das Networking sind Gruppentreffen hilfreich: Initiieren Sie ein eigenes oder schließen Sie sich dem Treffen einer Büchergruppe über Social Communities (wie den „Zeilenspringern“) an. Ziehen Sie auch in Erwägung, Ihre Anwesenheit bei der Buchmesse als Anlass zu nehmen, mit lokalen Medien in Kontakt zu treten.

5.          Kaufen Sie frühzeitig Ihr Ticket. Als AutorIn zählen Sie zu den Fachbesuchern und dürfen die Messe auch unter der Woche besuchen, wenn in den Hallen sehr viel weniger Gedränge herrscht. Allerdings ist eine Fachbesuchertageskarte relativ teuer. Sie kostet im Vorverkauf 45 Euro, an der Kasse 64 Euro (Azubis und Studenten zahlen 16 Euro). Eine Tageskarte für den Samstag oder Sonntag kostet nur 19 Euro, ermäßigt 13 Euro. Mehr dazu finden Sie unter www.book-fair.com/de/tickets/. Journalisten und Blogger kommen gegen Nachweis kostenlos auf die Messe und sollten sich vorher akkreditieren: www.buchmesse.de/de/fbm/presse/akkreditierung/.

6.      Gestalten und drucken Sie rechtzeitig Visitenkarten. Auf Ihrer Visitenkarte ist idealerweise ein Foto von Ihnen abgedruckt, die Rückseite können Sie für Ihr Buchcover verwenden. Denken Sie daran, die URL Ihrer Website, Ihres Blogs und auch Ihrer Facebook-Seite darauf zu nennen.

7.      Bereiten Sie kreative „Goodies“ vor. Die Klassiker sind Lesezeichen, Postkarten und Flyer, Ihrer Fantasie sind jedoch keine Grenzen gesetzt! Persönliche und selbstgemachte Dinge kommen am besten an.

8.      Bereiten Sie Ihren Messerucksack vor und verzichten Sie unbedingt auf den Rollkoffer, wenn Sie nicht den Hass Ihrer Mitmenschen auf sich ziehen wolle

Martin P. Anderfeldt („Nur zehn Tage“)

Auf der Buchmesse gibt es viele Souvenirjäger. Das kann man sich durchaus zunutze machen. Ich habe Lesezeichen drucken lassen und auf der Messe immer wieder kleine Stapel an taktisch günstigen Stellen verteilt (Vorsicht, man darf das nicht überall!). Der Clou: Die Lesezeichen sind nicht nur schön (oh, ja!) und nützlich (kann man doch immer brauchen), darauf stand auch ein Code für eine kostenlose Kurzgeschichte auf meiner Webseite. Was hat’s gebracht? Die Lesezeichen wurden nicht nur eifrig geklaut, viele haben in den folgenden Wochen auch die Kurzgeschichte heruntergeladen.

Das FBM-Survival-Kit

Was gehört in den Messerucksack?

  • Eintrittskarte
  • Evtl. Studenten- oder Presseausweis
  • Veranstaltungsplan
  • Handy
  • Powerbank fürs Handy
  • Visitenkarten
  • Flyer, Postkarten und Lesezeichen
  • Notizbuch und Stifte
  • Das eigene Buch
  • Essen und Trinken (ist auf der FBM sehr teuer. Gleich nebenan befindet sich aber das Einkaufscenter Skyline Plaza)
  • Namensschild
  • Kopfschmerztabletten und Blasenpflaster
  • Geld (nicht vergessen: Sonntag ist Verkaufstag!)
  • Haustürschlüssel

Den Tag optimal nutzen

Auch wenn Sie Heidi Klum mit ihren Absätzen täglich Konkurrenz machen: Eine Buchmesse ist etwas anderes! Wählen Sie unbedingt bequeme Schuhe und Kleidung. Auf der Messe ist Zwiebellook angesagt, die Temperaturen schwanken zwischen arktisch und tropisch. Eine Uhr am Handgelenk schadet nicht – Ihre Termine werden streng durchgetaktet sein.

Julia Dessalles („Rubinsplitter“)

Mein ultimativer Tipp für die Buchmesse: Originelle Goodies herstellen, das Handy aufladen, Lächeln üben (für die vielen Selfies mit Lesern, Bloggern und Kollegen) und unbedingt gute Laune und bequeme Schuhe mitbringen, dann kann nichts schiefgehen. Buchmessen machen einfach Spaß und sind perfekt, um die ganzen Facebook-Bekanntschaften in natura kennenzulernen.

Ein voller Handy-Akku kommt Ihren Online-Marketing-Aktivitäten zugute. Seien Sie dabei, wenn Daheimgebliebene die Messe unter Hashtags wie #fbm verfolgen, und posten Sie, was das Zeug hält! Damit die Messebesucher Sie als AutorIn erkennen, besorgen Sie sich in der Self-Publishing Area in Halle 3.0 K9 das Autorenbadge, ein Namensschild zum Umhängen speziell für Autoren.

Doch vergessen Sie in aller Hektik bitte nicht: Sie sind auch auf der Buchmesse, weil Sie Bücher lieben. Beobachten Sie das Treiben um sich herum. Genießen Sie das Gefühl, heute mit Tausenden die Leidenschaft fürs Lesen und Schreiben zu teilen – Sie sind nicht allein, auch wenn sich das Autorsein manchmal so anfühlt. Schöpfen Sie Motivation und Inspiration für Ihr Schreiben aus diesem Tag!

Und? Wie war’s? – Nachbereitung

Diese Frage sollten Sie für sich selbst beantworten. Gleichen Sie Ihre Erfahrungen mit Ihren Zielen ab. Wer die Messe mehrere Tage lang besucht, sollte ein Zwischenfazit ziehen: Zu leicht passiert es, dass man vermeintlich unangenehme Gespräche vor sich herschiebt und Chancen ungenutzt vergehen lässt. Wer sich an seinen Zielen orientiert, zieht zumeist einen Mehrwert aus dem Besuch der Messe. Denken Sie auch daran, sich nach ein paar Tagen per Mail oder Facebook bei Ihren frisch geknüpften Kontakten zu melden. Schließlich möchten Sie Ihr neues Netzwerk nicht gleich wieder einreißen lassen.

Falls Ihnen die Vorbereitung auf die Buchmesse nun genauso kompliziert vorkommt wie die Planung einer Weltreise: keine Panik. Im Grunde genommen können Sie alles, was Sie soeben gelesen haben, wieder vergessen, sofern Sie D. B. Granzows Tipp beherzigen:

D. B. Granzow („Raubzug des Phoenix“)

Viele Autoren machen sich grundlos verrückt, wenn es um die Messevorbereitungen geht. Natürlich ist es wichtig, was du mitbringst. Allerdings meine ich damit nichts Materielles. Viel wichtiger als unendlich viele Lesezeichen oder Ähnliches im Gepäck zu haben, sind Freude und Begeisterung, Charme, Persönlichkeit und vor allem Spaß an der Sache, die Liebe zu Büchern. Wenn man aufgeschlossen ist, wird man mit zahlreichen neuen Eindrücken sowie Kontakten in der Tasche nach Hause fahren. Manchmal hilft es, nicht zu viel nachzudenken, sondern es einfach zu tun.

Links:

Autorin: Linda Schipp | http://facebook.com/memoriestodo
In: der selfpublisher, Heft 3, September 2016