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PEN solidarisiert sich mit dem serbischen Schriftsteller Marko Vidojković

Branchen-News
Sandra Uschtrin

Der PEN International und der PEN Berlin solidarisieren sich mit dem serbischen Bestsellerautor Marko Vidojković. Die Meinungsfreiheit in Serbien sei massiv eingeschränkt.

In einer Pressemeldung vom 12. Januar 2023 schreibt der PEN Berlin:

Wir solidarisieren uns mit Marko Vidojković

»PEN Berlin beobachtet mit großer Sorge die teilweise gewalttätige Radikalisierung der serbischen Öffentlichkeit. Regierungskritische Bürger, Schriftsteller und Journalisten werden massiv unter Druck gesetzt und erhalten Todesdrohungen. In den vergangenen Jahren sind mindestens vier bekannte Journalisten ermordet, die Verbrechen aber nie aufgeklärt worden.

Die Lage ist besonders für den Bestseller-Autor Marko Vidojković untragbar geworden. Der prominente Streiter für Demokratie, Zivilgesellschaft und Meinungsfreiheit ist zur Zielscheibe höchster Politiker geworden, die ihn immer wieder öffentlich als „Landesverräter“ gebrandmarkt haben, der „aus der Öffentlichkeit entfernt“ werden müsse. Inzwischen wurde ihm und seiner Frau über hundertmal gedroht, sie zu ermorden, bis hin zum „Zerstückeln“. Aus Sicherheitsgründen lebt Vidojković inzwischen fast durchgehend im selbstgewählten Hausarrest.

Vidojković, der bereits ein lautstarker Gegner des Milošević-Regimes war, ringt seit jeher um eine serbische Zivilgesellschaft. Die Veröffentlichung seiner Podcasts und Zeitungsartikel setzt er trotz der permanenten Einschüchterungsversuche unbeirrt fort. Darin prangert er unter anderem die serbische Gesellschaft an, die Kriegsverbrecher wie Ratko Mladić verherrlicht, die Republik Kosovo nicht anerkennt, den russischen Angriff auf die Ukraine unterstützt und der die Leugnung des Völkermords von Srebrenica zur Staatsräson geworden ist. Vidojkovićs Kritik richtet sich aber auch gegen die EU, die seiner Meinung nach nicht genug Druck auf Serbien ausübt.

Wir fordern die politische Führung Serbiens unter Präsident Aleksandar Vučić auf, Hassrede endlich einzudämmen und Todesdrohungen wie jene gegen Vidojković zu untersuchen und zu bestrafen. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Regierung eines Landes, das der EU beitreten will, solche Methoden toleriert oder gar selbst anwendet, um Kritiker zum Schweigen zu bringen.

Wir fordern die EU sowie die deutsche Regierung auf, die politische Führung Serbiens im Zuge der Beitrittsverhandlungen hier ganz besonders in die Verantwortung zu nehmen.

Wir solidarisieren uns mit Marko Vidojković und bieten ihm, gemeinsam mit PEN Slowenien, unsere Hilfe an.«

PEN International zeigt sich ebenfalls besorgt

Der PEN International schreibt über Marko Vidojković am 12.01.23 auf seiner Website:

»[...] Marko Vidojković, 47, ist ein Schriftsteller, Journalist und Fernsehmoderator aus Serbien, der sich regelmäßig zu politischen und gesellschaftlichen Themen äußert, unter anderem in seinem Podcast Dobar, Los, Zao (Die Guten, die Bösen und das Böse). Er schreibt für die unabhängige Tageszeitung Danas, die im November 2022 eine Droh-E-Mail erhielt, in der die Mitarbeiter von Danas mit ermordeten Journalisten der französischen Satirezeitung Charlie Hebdo verglichen wurden.

Vidojkovićs dystopischer Roman Djubre (Müll) befasst sich mit Korruption und zog den Zorn regierungsnaher Medien und der Öffentlichkeit auf sich. In anonymen Drohungen wurde er verbrannt oder zu Tode geprügelt, gehängt, enthauptet, seine Zunge herausgeschnitten und seine Arme gebrochen, damit er nicht mehr schreiben kann.

Im Juni 2021 forderte Teresa Ribeiro, die OSZE-Beauftragte für Medienfreiheit, eine sofortige Untersuchung der gegen Vidojković gerichteten Todesdrohungen und wies auf die Risiken hin, die Online-Gewalt für die Sicherheit von Journalisten und ihre Fähigkeit, ihre Arbeit frei von Selbstzensur zu verrichten, darstellt. Vidojković teilte PEN International außerdem mit, dass er mit mindestens zwei missbräuchlichen Klagen von Behördenvertretern konfrontiert sei.

Zahlreiche Schriftsteller und Journalisten in Serbien haben berichtet, dass sie in den letzten Monaten ernsthaften Drohungen ausgesetzt waren, was die Angst um ihre Sicherheit verstärkt hat. Der Jahresbericht 2022 der Plattform des Europarats zur Förderung des Schutzes des Journalismus und der Sicherheit von Journalisten, zu deren Partnerorganisationen PEN International gehört, dokumentiert zahlreiche Meldungen über Belästigungen und Einschüchterungen von Journalisten in Serbien und unterstreicht deren abschreckende Wirkung.

Der Bericht unterstreicht außerdem, dass missbräuchliche Gerichtsverfahren eine gängige Taktik gegen unabhängige Medien in Serbien sind. Er forderte alle Mitglieder des Europarats – einschließlich Serbien – auf, die bahnbrechende Empfehlung des Europarats zum Schutz des Journalismus und zur Sicherheit von Journalisten und anderen Medienakteuren (CM/Rec(2016)4) umzusetzen und alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die für Drohungen und Angriffe gegen Journalisten Verantwortlichen zu schützen, zu verhindern und wirksam zu verfolgen.«

Reporter ohne Grenzen

Bei Reporter ohne Grenzen heißt es zum Stichwort Serbien:

»Seitdem Aleksandar Vučić seit 2014 die Politik Serbiens bestimmt, können Journalist*innen dort weder auf Sicherheit noch auf Schutz durch den Staat zählen. Anschläge auf Medien und Todesdrohungen gegen Journalist*innen haben zugenommen. Die Täter werden zum einen nur in seltenen Fällen verfolgt, zum anderen leiden die Opfer unter sich endlos hinziehenden Gerichtsverfahren wie im Fall des Journalisten Milan Jovanovic. Regierungstreue Medien verunglimpfen Investigativreporter*innen. Selbst Regierungsvertreter*innen hetzen gegen Medienschaffende. Wer dennoch zu heiklen Themen wie organisierter Kriminalität oder Korruption recherchiert, kann seine Berichte meist nur in Publikationen mit begrenzter Reichweite veröffentlichen. Der Medienmarkt ist sehr stark konzentriert, und der Staat übt als größter Geldgeber und Werbekunde erheblichen Einfluss auf die Berichterstattung aus.«

»Der Einfluss russischer Medien ist riesig«

Über das innige Verhältnis zwischen Serbien und Russland berichtet Pascal Siggelkow von der Redaktion ARD-faktenfinder in einem lesenswerten Artikel mit der Überschrift »Der Einfluss russischer Medien ist riesig« auf der Website der Tagesschau am 13. Januar 2023. Darin schreibt er u.a.:

»So hat Serbien als eines der wenigen europäischen Länder bislang keine Sanktionen gegen Russland verhängt und produzierte als erster ausländischer Staat den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V. Russland wiederum unterstützt Serbien im Kosovo-Konflikt und liefert Gas zu günstigen Konditionen.«

Mit wie vielen Milliarden Wladimir Putin und sein Geheimdienst den Präsidenten Serbiens, Aleksandar Vučić, und sein Umfeld schmieren, findet Catherine Belton vielleicht noch heraus. »Putins Netz« ist bekanntlich riesig.

Marko Vidojković in den sozialen Medien:

Blogbild: (c) PEN Berlin