Die Initiative Urheberrecht hat eine Stellungnahme zur Verwendung von künstlicher Intelligenz (KI) verabschiedet. Darin fordert sie, künstliche Intelligenz zu regulieren. Nur so ließen sich absehbare Schäden für die europäische Gesellschaft und für Wirtschaft und Kultur begrenzen. Das müsse jetzt passieren, denn das Zeitfenster für eine effektive Regulierung würde sich bald schließen.
140.000 Urheber:innen und Künstler:innen
In der Initiative Urheberrecht haben sich 42 Verbände und Gewerkschaften zusammengeschlossen. Mitglieder dieser Organisationen sind rund 140.000 Urheber:innen, ausübende Künstler:innen und Inhaber:innen von Urheberrechten wie Journalistinnen, Fotografen, Musikerinnen, Schauspieler, Buchautorinnen, Illustratoren, Designerinnen und mehr. In Europa gibt es mehrere Millionen Menschen mit diesen Berufen; ihre Arbeit ist Ausgangspunkt materieller wie ideeller Wertschöpfung.
Gemeinsam mit Unternehmen aus der Buchbranche, Musikwirtschaft, Filmindustrie, aus Rundfunk und Presse sind sie der Meinung, dass durch künstliche Intelligenz Grundsätzliches bedroht sei. Denn KI-generierte Erzeugnisse griffen unmittelbar in das gesellschaftliche Leben ein. KI-Systeme könnten dazu missbraucht werden, Menschen zu desinformieren und zu manipulieren. Das stelle jeden Einzelnen und die Gesellschaft insgesamt vor große Herausforderungen. Die Initiative Urheberrecht teilt die Sorge um einen Verlust der Kontrolle über solche KI-Systeme und die Rufe nach gesetzlichen Grenzen, die selbst Expert:innen immer lauter zum Ausdruck bringen.
Die geplante Europäische KI-Verordnung (AI Act), die in diesen Tagen in den Trilog von Parlament, Kommission und Rat geht, klammere – so die Initiative Urheberrecht auf ihrer Website – nicht nur die (Urheber)Rechte aus, sie schicke sich an, generative KI-Systeme unter Minimalvorgaben zuzulassen, die nicht einmal dem schon heute zu beobachtenden Missbrauch dieser Systeme und deren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Implikationen gerecht würden.
Die Initiative Urheberrecht: »Der Output von KI-Systemen hängt von dem Input ab, mit dem sie trainiert werden; dazu gehören Texte, Bilder, Videos und andere Materialien von Urheber:innen, ausübenden Künstler:innen und weiteren Rechteinhabern: Unserer digitales Gesamtrepertoire dient dem Training von künstlicher Intelligenz, oft ohne Genehmigung und unvergütet und nicht immer für legitime Zwecke. Die ungefragte Nutzung des Trainingsmaterials, seine intransparente Verarbeitung und die absehbare Substitution der Quellen durch den Output generativer KI werfen grundsätzliche Fragen nach Verantwortung und Haftung wie auch Vergütung auf, die zu klären sind, bevor der Schaden irreversibel ist.«
Die vollständige gemeinsame Stellungnahme gibt es als 26-seitiges PDF im Internet.
Die Hauptforderungen der Initiative Urheberrecht zur KI
Die Hauptforderungen lauten wie folgt:
– Generative künstliche Intelligenz muss entlang ihrer gesamten Entstehungskette reguliert werden, mit besonderem Fokus auf die Anbieter der Foundation Model (Sprachmodelle und andere große Grundmodelle).
– Das Inverkehrbringen von Foundation Models auf europäischen Märkten sollte vom Nachweis abhängig gemacht werden, dass diese Modelle die folgenden Mindestanforderungen erfüllen:
- Transparenz über das verwendete Trainingsmaterial;
- hinreichende Belastbarkeit des Trainingsmaterials in Sachen Richtigkeit, Genauigkeit, Objektivität und Vielfalt, u. a. durch den Nachweis eines angemessenen Rückgriffs auf Trainingsmaterial:
– das aus Europa stammt;
– das von professionellen Quellen stammt, statt nutzergenerierter oder illegaler Inhalte. - Nachweis einer Rechtsgrundlage für die Erhebung und Nutzung des Trainingsmaterials, für personenbezogene Daten (gemäß der GS-DVO) und nicht personenbezogene Daten (gemäß Europäischem Urheberrecht); einschließlich des Nachweises der Einführung, Umsetzung und Beachtung eines effektiven und praktikablen Systems für die granulare maschinenlesbare Kommunikation von Nutzungsrechten;
- Haftung für alle durch die KI-generierten und verbreiteten Inhalte, insbesondere für die Verletzung von Persönlichkeits- und Urheberrechten, für Falschinformationen oder Diskriminierungen;
- keine algorithmische oder sonstige Bevorzugung KI-generierter Inhalte gegenüber von Menschen geschaffenen Werken oder deren Diffamierung und angemessene Maßnahmen zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Vertrauens in KI-Inhalte;
- strukturelle Trennung von Generierung und Verbreitung von KI-Inhalten: Anbieter von Foundation Modellen können nicht zugleich zentrale Plattformdienste für die Verbreitung digitaler Inhalte im Sinne des Digital Markets Acts betreiben, insbesondere keine Suchmaschinen oder soziale Medien;
- ein Mindestmaß an kontinentaler Datenverarbeitungs-Infrastruktur: ein Teil des laufenden Betriebs (der Inference) des KI-Systems muss über eine in Europa stationierte Recheninfrastruktur erfolgen, wobei der Anteil der lokalen Datenverarbeitung im Laufe der Zeit steigen sollte.
Die Anpassung der KI-Verordnung an die heutigen Gegebenheiten ist der erste unabdingbare Schritt. In einem zweiten Schritt fordern wir eine Neujustierung der Interessen im Urheberrecht. Es sollte insbesondere klargestellt werden, dass die in Artikel 3 und 4 der DSM-Richtlinie (EU 2019/790) festgelegten Ausnahmen für Text- und Data-Mining es generativen KI-Systemen nie erlaubt haben, ihre Quellen ohne jegliche Vergütung zu ersetzen.
Blogbild: (c) Initiative Urheberrecht