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Charta der gerechten Vertragsbedingungen

Branchen-News
Sandra Uschtrin
Bild zur Charta der gerechten Vertragsbedingungen

Autorinnen und Autoren der Schweiz, Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller und IG Autorinnen Autoren unterzeichnen »Charta der gerechten Vertragsbedingungen«.

Eine »Charta der gerechten Vertragsbedingungen« haben die drei Autorenverbände aus der Schweiz, Österreich und Deutschland am 13. Oktober 2017 auf der Frankfurter Buchmesse unterzeichnet. Dort heißt es:

»Wir, die unterzeichnenden Verbände Deutschlands, Österreichs und der Schweiz,
– in Anbetracht der großen Bedeutung, welche dem gedruckten Buch als Kulturgut nach wie vor zukommt,
– in der Erkenntnis, dass das digitale Publizieren ständig neue Möglichkeiten eröffnet, aber auch das Risiko der Enteignung der Autorinnen und Autoren mit sich führt,
– in der Bekräftigung des Grundsatzes, wonach dem einfachen digitalen Zugang zu literarischen Werken starke Rechte der Autorinnen und Autoren gegenüberzustellen sind,
– in der Erwägung, dass den Literaturschaffenden für ihr schöpferisches und künstlerisches Arbeiten ein angemessenes Einkommen zusteht,
– im Hinblick darauf, dass zwischen den Literaturschaffenden und ihren Verlegern ein besonderes Vertrauensverhältnis herrscht und herrschen soll,
erachten die folgenden Mindestanforderungen für jeden Verlagsvertrag als unerlässlich:

1.
Der Verlag ist verpflichtet, ein Buch (gedruckt wie digital) auf eigene Kosten herzustellen und zu verbreiten. Dazu gehört auch ein professionelles Lektorat.

2.
Der Verlag erhält nur jene Rechte, die er auch tatsächlich verwerten oder lizensieren kann. Eine pauschale Bestimmung, wonach die Autorinnen und Autoren dem Verlag sämtliche Rechte weltweit für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechtsschutzes, also 70 Jahre über ihren Tod hinaus, zur Nutzung einräumen, ist unangemessen weit. Zumal wenn der Verlag nur das Hauptrecht – das Herstellen und Verbreiten eines Buches – ausüben muss und frei ist, die weiteren Rechte wahrzunehmen oder nicht. Deshalb sind dem Verlag nur einzelne, genau bezeichnete Nutzungsrechte einzuräumen, und dies zeitlich befristet.

3.
Die Rechte für unbekannte Nutzungsarten kann sich der Verlag nur unter der Bedingung sichern, dass die Autorinnen und Autoren vor ihrer tatsächlichen Verwirklichung ausdrücklich zustimmen oder dass sich die Beteiligten vorgängig über die zustehende zusätzliche Vergütung einigen.

4.
Beabsichtigt der Verlag eines der folgenden Nebenrechte auszuüben, ist im konkreten Fall die ausdrückliche Einwilligung der Autorin oder des Autors einzuholen und jeweils eine finanzielle Kompensation vorzusehen:

    - die Verwendung des Titels, von Charakteren oder anderen Inhalten des Werks für die Werbung von Produkten und Dienstleistungen Dritter sowie zu Merchandising-Zwecken;
    - die Verbindung mit den Werken von Dritten;
    - das Einstellen des Werks in Datenbanken und Plattformen, welche den unentgeltlichen Download oder temporären Abruf (z.B. Streaming) des gesamten Werks oder Bestandteilen desselben ermöglichen;
    - Überarbeitungen des Werks.

5.
Ist der Verlag berechtigt, das Werk zu bearbeiten oder bearbeiten zu lassen – unabhängig davon, ob es sich um Übersetzungen, Theater-, Hörspielfassungen, eine Verfilmung, Vertonung, den Einbezug in Multimediawerke oder andere Formen der Bearbeitung handelt –, hat er die persönlichen Rechte der Autorin oder des Autors zu respektieren. Dies bedeutet alles zu unterlassen, was das Werk entstellt oder geeignet ist, das Werk zu beeinträchtigen oder zu gefährden.
Nimmt der Verlag das Bearbeitungsrecht selbst wahr, hat er der Autorin oder dem Autor die entsprechende Bearbeitung des Werks anzubieten, bevor Dritte damit beauftragt werden. Überträgt der Verlag das Recht zur Bearbeitung auf Dritte, ist die Autorin oder der Autor vorgängig anzuhören. Dritte sind sowohl direkt vom Verlag mit der Bearbeitung betraute Personen wie auch Lizenznehmer.

6.
Für den Fall, dass der Verlag einzelne oder mehrere Nutzungsrechte zwei Jahre nach Vertragsabschluss nicht oder nur unzureichend ausgeübt hat, ist den Autorinnen und Autoren ein entschädigungsloses Rückrufrecht einzuräumen.

7.
Die Autorinnen und Autoren sind für jede einzelne Nutzung ihres Werks angemessen zu vergüten. Dies bedeutet nicht nur, dass der Verlag entsprechend seinen Möglichkeiten alles zu unternehmen hat, um das Werk in ausreichender Zahl zu vervielfältigen und bekanntzumachen. Die Autorin oder den Autor ist außerdem in einer Weise an den Erträgen aus der Verwertung des Werks zu beteiligen, welche deren Vorleistung entspricht.

8.
Der Verlag ist auf einen festen Erscheinungstermin zu verpflichten. Eine Verschiebung dieses Termins ist im Einverständnis mit der Autorin oder des Autors möglich. Kommt keine Einigung über eine Verschiebung zustande, gilt der Vertrag als aufgelöst und die Rechte fallen automatisch an die Autorin oder den Autor zurück.

9.
Der Verlag informiert von sich aus und unverzüglich über folgende Umstände:

    - Höhe der Auflage und von Nachdrucken beziehungsweise der Anzahl der jeweils hergestellten Werkexemplare bei Print on Demand;
    - Anzahl Downloads oder Streams von digital verbreiteten Werkexemplaren;
    - Erschöpfung einer Auflage;
    - Vergabe von Lizenzen, einschließlich des Namens des Lizenznehmers, des Umfangs und der Dauer der Lizenz und der Höhe der Lizenzgebühr.

10.
Der Verlagsvertrag muss beim Vorliegen eines der folgenden Gründe außerordentlich und mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden können:

    - Leistungsverzug trotz Mahnung;
    - mehrfaches nicht Beantworten von Korrespondenz;
    - verschuldete Urheberrechtsverletzung.

Frankfurt, 13. Oktober 2017

AdS Autorinnen und Autoren der Schweiz: https://www.a-d-s.ch
IG Autorinnen Autoren (Österreich): http://www.literaturhaus.at/index.php?id=6541
VS – Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller: https://vs.verdi.de/

> https://vs.verdi.de/++file++59dc7c1bf1b4cd0e306c95e2/download/Charta_171013.pdf