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Interview mit Diana Hillebrand - Inspiration und Disziplin

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3 Fragen an Diana Hillebrand, Autorin, Schreibtrainerin, Allroundtalent.

1. Auf Facebook habe ich gesehen, dass Du angefangen hast, Saxophon zu spielen. Du beschreibst es als inspirierend. Kommen Dir beim Musizieren Ideen? Und wie wichtig sind inspirative Beschäftigungen für AutorInnen?

Genau genommen habe ich sogar schon Saxophon gespielt, bevor ich professionell angefangen habe zu schreiben. Ich habe nach meiner Ausbildung zur Rechtsfachwirtin von meinem ersten Gehalt nicht etwa den Führerschein gemacht, sondern bin zum nächsten Musikladen marschiert und habe ein Saxophon finanziert und mir einen Lehrer gesucht. Saxophon zu spielen, war mein großer Traum, seit ich Teenager war. Endlich konnte ich damit anfangen! Dann habe ich gut zehn, elf Jahre gespielt, also so richtig, mit Unterricht und allem Drum und Dran. Ich war sogar in einer kleinen Band und habe noch drei Jahre Gesangsstunden dazu genommen.

Musik hat in meinem Leben aber schon immer eine wichtige Rolle gespielt und tut es bis heute. Ich war auch im Schulchor, den Sunflowers. Morgens drehe ich als erstes das Radio auf. Ich merke mir Telefonnummern anhand einer Melodie, die ich zu den Nummern im Kopf habe. Und ich finde, auch Texte haben unbedingt eine Melodie. Früher habe ich viele Gedichte geschrieben, da ist mir das besonders aufgefallen. Aber auch in der Prosa höre ich oft, ob ein Satz passt oder nicht. Deshalb lese ich mir immer alles laut vor.

Auf einen Fernseher kann ich gut verzichten (habe auch keinen). Auf Musik nicht. Sie bringt mich in Stimmung oder bestätigt meine Stimmung. Leider musste ich damals aufhören Saxophon zu spielen, weil ich immer so spät von der Arbeit nach Hause kam und keine Zeit zum Üben hatte. Ich war total frustriert und habe das Instrument schließlich verkauft. Dann war ich mindestens 12 Jahre saxophonlos. Irgendwann hörte ich dann diese aktuellen Songs mit den Saxsolis, z. B. „Jubel“ von Klingande oder „Changes“ von Faul & Wad Ad & Pnau. Die haben mich total gepackt und ich habe ein unglaubliche Sehnsucht entwickelt, wieder Saxophon zu spielen. Zu Weihnachten 2013 war es dann soweit. Das Christkind hatte ein Einsehen. Seitdem spiele ich wieder und nehme auch wieder Unterricht. Und ich kann nur sagen, das ist fabelhaft! Dieses Instrument spricht mir so aus der Seele! Man kann viel Gefühl erspielen. Ich denke ich an nichts anderes und bekomme den Kopf frei. Alle Texte und Abgabetermine rücken in den Hintergrund. Ich spiele Saxophon. Danach fühle ich mich beschwingt und kann wieder mit frischen Gedanken an die Arbeit gehen. Die Ideen kommen also nicht beim Spielen, sondern eher danach.

2. Kommen wir zum kompletten Gegenteil. Heute wird es immer wichtiger, dass AutorInnen auf sozialen Netzwerken wie Facebook aktiv sind. Welche Ratschläge hast Du für AutorInnen, damit sie nicht zu viel Zeit damit verbringen? Dein Tipp gegen Prokrastination, die »Aufschieberitis«?

Soziale Netzwerke sind in der Tat enorm wichtig geworden. Ich selbst nutze sie gern, um mit meinen Lesern oder den Teilnehmern meiner Kurse in Kontakt zu treten. Allerdings halte ich die eigene Webseite fast für noch wichtiger, weil mir da nicht so viele reinfunken können. Nur da kann ich mich und meine Arbeit 1:1 so darstellen, wie ich möchte und ich mag da wirklich das statische und verlässliche. Man soll sich zurechtfinden, einen Eindruck bekommen, das ist wichtig, um sich ein Bild von einer Dozentin oder einer Autorin zu machen. Facebook dagegen ist voller Bewegung, gerade noch einen interessanten Post gelesen, ist er auch schon wieder weg! Das flutscht alles so an einem vorbei. Klar ist es wunderbar, dort auf neue Bücher hinzuweisen oder seine Leser hautnah an seinem aktuellen Projekt teilhaben zu lassen, aber es gibt zum Glück noch anderes. Ich liebe zum Beispiel meinen monatlichen Literaturtreff hier in München, wo sich echte Menschen zu einem schönen Glas Rotwein und einer Lesung zusammenfinden. Und am Ende verabschiedet man sich mit einer echten Umarmung und nicht mit einem Gefällt-mir-Klick. Ich persönlich bin gern auf Facebook aktiv, schließe die Fenster aber  auch ganz bewusst, wenn ich intensiv arbeite.

Was die Aufschieberitis angeht, glaube ich, dass das eine der wertvollsten Eigenschaften ist, die wir Menschen haben! Wirklich. Diese natürliche Haltung, sich Dinge vom Hals zu halten und Prioritäten zu setzen, ist ja erstmal nichts Schlechtes. Ich bin so ein Typ, der immer mehrere Sachen gleichzeitig in Angriff nimmt, aber natürlich kann ich auch immer nur eins nach dem anderen fertigstellen. Meine Aufschieberitis hilft mir, Dinge wegzuschieben, bis sie an der Reihe sind. Und ganz ehrlich, es gibt nichts, was mich mehr antreibt, als Druck. Wenn ich Zeit habe, nehme ich mir auch Zeit, meistens zu viel davon.

Wenn es eng wird, dann takte ich meine Arbeit ein. Dann werde ich effektiv. Manches wird geschoben, anderes sofort in Angriff genommen, das nächste rückt nach. Ich mach mich da nicht verrückt. Bis jetzt hat immer noch alles geklappt. Nennen wir es also nicht Aufschieberitis, sondern gesunde Selektion und die ist menschlich!

3. Welche drei wichtigsten Eigenschaften sollte Deiner Meinung nach ein Autor/eine Autorin heute mitbringen?

1.       Man muss brennen für diese 26 Buchstaben!

2.       Disziplin

3.       Sich nicht zu ernst nehmen

Ganz ehrlich, ich glaube, man muss richtig brennen für das Schreiben, vor allem, wenn man es zu seinem Beruf machen möchte. Denn man wird nicht reich, es macht viel Arbeit und jeder, wirklich jeder kann es besser! Ich persönlich habe immer geschrieben, weil ich schreiben wollte, nicht, weil ich Autorin werden oder veröffentlichen wollte. Schreiben war für mich eher wie Zähneputzen, es gehört zu meinem Leben. Ich hätte niemals gedacht, dass ich davon leben kann (oder will!). Das hat sich so entwickelt. Doch diese 26 mickrigen Buchstaben, die es vermögen, Bilder in die Köpfe zu zaubern und das Herz zum Klopfen zu bringen, faszinieren mich. Es sind nur BUCHSTABEN!!!

Ganz wichtig ist Disziplin. Sonst hält man nicht durch. Man arbeitet viel, ohne zu wissen, ob etwas daraus wird, ob man einen Verlag findet oder ob es die Leser mögen. Manchmal streicht man alles durch und fängt noch mal von vorne an. Jeder hängt an seinen Sätzen, trotzdem streicht man sie durch, schreibt sie anders, neu.  Man schneidet sich Minuten und Stunden aus dem Tag, um vor einem Bildschirm zu sitzen und Geschichten zum Leuchten zu bringen. Ein bisschen verrückt ist das schon ...

Und bei allem sollte man nicht den Bezug zu sich selbst verlieren, darf sich und seine Texte nicht zu ernst nehmen. Eine gewisse Leichtigkeit beim Schreiben ist gut. Als mein erstes Buch erschien, dachte ich in Fanfaren und Posaunen. Es ist ja auch ein großartiges Gefühl! Heute nehme ich mich und meine Bücher nicht mehr wichtig. Bücher kommen leise auf die Welt und wandern auf sanften Füßchen ins Gedächtnis. Wenn man Glück hat, bleiben sie dort haften.

Bonusfrage: Welches Buch liest du gerade und wie gefällt es dir?

Ganz ehrlich: Ich lese gerade ein Buch mit dem Titel „Das Lächeln der Frauen“ von Nicolas Barreau. Ein Buch, das ich ganz sicher selbst nicht ausgewählt hätte. Aber meine Tochter Amelie (8) hat es spontan ausgesucht, damit wir es meinem Mann schenken. Sie sagte: „Schau mal Mama, ‚das Lächeln der Frauen‘, das passt doch zu uns!“
Und ich finde, sie hatte recht. Bisher konnte ich meinen Mann aber noch nicht überreden, es zu lesen ...  Jetzt lese ich es und finde es ... süß!